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Marx, Karl: Das Kapital. Buch III: Der Gesammtprocess der kapitalistischen Produktion. Kapitel I bis XXVIII. Hamburg, 1894.

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selbständige Macht der lebendigen Arbeitskraft gegenübersteht, und
das Mittel ist sich unbezahlte Arbeit anzueignen; und dass er diese
Macht ist, indem es als fremdes Eigenthum dem Arbeiter gegen-
übersteht. Andrerseits jedoch ist in der Form des Zinses dieser
Gegensatz gegen die Lohnarbeit ausgelöscht; denn das zinstragende
Kapital hat als solches nicht die Lohnarbeit, sondern das fungi-
rende Kapital zu seinem Gegensatz; der verleihende Kapitalist
steht als solcher direkt dem im Reproduktionsprocess wirklich
fungirenden Kapitalisten gegenüber, nicht aber dem Lohnarbeiter,
der gerade auf Grundlage der kapitalistischen Produktion von den
Produktionsmitteln expropriirt ist. Das zinstragende Kapital ist
das Kapital als Eigenthum gegenüber dem Kapital als Funktion.
Aber soweit das Kapital nicht fungirt, exploitirt es nicht die
Arbeiter, und tritt in keinen Gegensatz zur Arbeit.

Andrerseits bildet der Unternehmergewinn keinen Gegensatz zur
Lohnarbeit, sondern nur zum Zins.

Erstens, den Durchschnittsprofit als gegeben vorausgesetzt, ist
die Rate des Unternehmergewinns nicht durch den Arbeitslohn be-
stimmt, sondern durch den Zinsfuss. Sie ist hoch oder niedrig im
umgekehrten Verhältniss zu diesem.72)

Zweitens: der fungirende Kapitalist leitet seinen Anspruch auf
den Unternehmergewinn, also den Unternehmergewinn selbst ab,
nicht von seinem Eigenthum am Kapital, sondern von der Funktion
des Kapitals im Gegensatz zu der Bestimmtheit, worin es nur als
träges Eigenthum existirt. Dies erscheint als unmittelbar vor-
handner Gegensatz, sobald er mit geliehenem Kapital operirt, wo
Zins und Unternehmergewinn daher zwei verschiednen Personen
zufallen. Der Unternehmergewinn entspringt aus der Funktion
des Kapitals im Reproduktionsprocess, also in Folge der Opera-
tionen, der Thätigkeit, wodurch der fungirende Kapitalist diese
Funktionen des industriellen und merkantilen Kapitals vermittelt.
Aber Repräsentant des fungirenden Kapitals sein, ist keine Sinekure,
wie die Repräsentation des zinstragenden Kapitals. Auf Basis der
kapitalistischen Produktion dirigirt der Kapitalist den Produktions-
process wie den Cirkulationsprocess. Die Exploitation der produk-
tiven Arbeit kostet Anstrengung, ob er sie selbst verrichte, oder
in seinem Namen von andern verrichten lasse. Im Gegensatz zum
Zins stellt sich ihm also sein Unternehmergewinn dar als unab-

72) "The profits of enterprise depend upon the net profits of capital, not
the latter upon the former." (Ramsay, l. c., p. 214. Net profits bei Ramsay
immer = Zins.)

selbständige Macht der lebendigen Arbeitskraft gegenübersteht, und
das Mittel ist sich unbezahlte Arbeit anzueignen; und dass er diese
Macht ist, indem es als fremdes Eigenthum dem Arbeiter gegen-
übersteht. Andrerseits jedoch ist in der Form des Zinses dieser
Gegensatz gegen die Lohnarbeit ausgelöscht; denn das zinstragende
Kapital hat als solches nicht die Lohnarbeit, sondern das fungi-
rende Kapital zu seinem Gegensatz; der verleihende Kapitalist
steht als solcher direkt dem im Reproduktionsprocess wirklich
fungirenden Kapitalisten gegenüber, nicht aber dem Lohnarbeiter,
der gerade auf Grundlage der kapitalistischen Produktion von den
Produktionsmitteln expropriirt ist. Das zinstragende Kapital ist
das Kapital als Eigenthum gegenüber dem Kapital als Funktion.
Aber soweit das Kapital nicht fungirt, exploitirt es nicht die
Arbeiter, und tritt in keinen Gegensatz zur Arbeit.

Andrerseits bildet der Unternehmergewinn keinen Gegensatz zur
Lohnarbeit, sondern nur zum Zins.

Erstens, den Durchschnittsprofit als gegeben vorausgesetzt, ist
die Rate des Unternehmergewinns nicht durch den Arbeitslohn be-
stimmt, sondern durch den Zinsfuss. Sie ist hoch oder niedrig im
umgekehrten Verhältniss zu diesem.72)

Zweitens: der fungirende Kapitalist leitet seinen Anspruch auf
den Unternehmergewinn, also den Unternehmergewinn selbst ab,
nicht von seinem Eigenthum am Kapital, sondern von der Funktion
des Kapitals im Gegensatz zu der Bestimmtheit, worin es nur als
träges Eigenthum existirt. Dies erscheint als unmittelbar vor-
handner Gegensatz, sobald er mit geliehenem Kapital operirt, wo
Zins und Unternehmergewinn daher zwei verschiednen Personen
zufallen. Der Unternehmergewinn entspringt aus der Funktion
des Kapitals im Reproduktionsprocess, also in Folge der Opera-
tionen, der Thätigkeit, wodurch der fungirende Kapitalist diese
Funktionen des industriellen und merkantilen Kapitals vermittelt.
Aber Repräsentant des fungirenden Kapitals sein, ist keine Sinekure,
wie die Repräsentation des zinstragenden Kapitals. Auf Basis der
kapitalistischen Produktion dirigirt der Kapitalist den Produktions-
process wie den Cirkulationsprocess. Die Exploitation der produk-
tiven Arbeit kostet Anstrengung, ob er sie selbst verrichte, oder
in seinem Namen von andern verrichten lasse. Im Gegensatz zum
Zins stellt sich ihm also sein Unternehmergewinn dar als unab-

72) „The profits of enterprise depend upon the net profits of capital, not
the latter upon the former.“ (Ramsay, l. c., p. 214. Net profits bei Ramsay
immer = Zins.)
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[365/0399] selbständige Macht der lebendigen Arbeitskraft gegenübersteht, und das Mittel ist sich unbezahlte Arbeit anzueignen; und dass er diese Macht ist, indem es als fremdes Eigenthum dem Arbeiter gegen- übersteht. Andrerseits jedoch ist in der Form des Zinses dieser Gegensatz gegen die Lohnarbeit ausgelöscht; denn das zinstragende Kapital hat als solches nicht die Lohnarbeit, sondern das fungi- rende Kapital zu seinem Gegensatz; der verleihende Kapitalist steht als solcher direkt dem im Reproduktionsprocess wirklich fungirenden Kapitalisten gegenüber, nicht aber dem Lohnarbeiter, der gerade auf Grundlage der kapitalistischen Produktion von den Produktionsmitteln expropriirt ist. Das zinstragende Kapital ist das Kapital als Eigenthum gegenüber dem Kapital als Funktion. Aber soweit das Kapital nicht fungirt, exploitirt es nicht die Arbeiter, und tritt in keinen Gegensatz zur Arbeit. Andrerseits bildet der Unternehmergewinn keinen Gegensatz zur Lohnarbeit, sondern nur zum Zins. Erstens, den Durchschnittsprofit als gegeben vorausgesetzt, ist die Rate des Unternehmergewinns nicht durch den Arbeitslohn be- stimmt, sondern durch den Zinsfuss. Sie ist hoch oder niedrig im umgekehrten Verhältniss zu diesem. 72) Zweitens: der fungirende Kapitalist leitet seinen Anspruch auf den Unternehmergewinn, also den Unternehmergewinn selbst ab, nicht von seinem Eigenthum am Kapital, sondern von der Funktion des Kapitals im Gegensatz zu der Bestimmtheit, worin es nur als träges Eigenthum existirt. Dies erscheint als unmittelbar vor- handner Gegensatz, sobald er mit geliehenem Kapital operirt, wo Zins und Unternehmergewinn daher zwei verschiednen Personen zufallen. Der Unternehmergewinn entspringt aus der Funktion des Kapitals im Reproduktionsprocess, also in Folge der Opera- tionen, der Thätigkeit, wodurch der fungirende Kapitalist diese Funktionen des industriellen und merkantilen Kapitals vermittelt. Aber Repräsentant des fungirenden Kapitals sein, ist keine Sinekure, wie die Repräsentation des zinstragenden Kapitals. Auf Basis der kapitalistischen Produktion dirigirt der Kapitalist den Produktions- process wie den Cirkulationsprocess. Die Exploitation der produk- tiven Arbeit kostet Anstrengung, ob er sie selbst verrichte, oder in seinem Namen von andern verrichten lasse. Im Gegensatz zum Zins stellt sich ihm also sein Unternehmergewinn dar als unab- 72) „The profits of enterprise depend upon the net profits of capital, not the latter upon the former.“ (Ramsay, l. c., p. 214. Net profits bei Ramsay immer = Zins.)

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Zitationshilfe: Marx, Karl: Das Kapital. Buch III: Der Gesammtprocess der kapitalistischen Produktion. Kapitel I bis XXVIII. Hamburg, 1894, S. 365. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/marx_kapital0301_1894/399>, abgerufen am 24.04.2024.