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Marx, Karl: Das Kapital. Buch III: Der Gesammtprocess der kapitalistischen Produktion. Kapitel I bis XXVIII. Hamburg, 1894.

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historischen Präexistenz des zinstragenden Kapitals und der Existenz
eines traditionell überlieferten allgemeinen Zinsfusses; 2) dem viel
grössern unmittelbaren Einfluss, den der Weltmarkt, unabhängig
von den Produktionsbedingungen eines Landes, auf die Feststellung
des Zinsfusses ausübt, verglichen mit seinem Einfluss auf die
Profitrate.

Der Durchschnittsprofit erscheint nicht als unmittelbar gegebne
Thatsache, sondern als erst durch die Untersuchung festzustellendes
Endresultat der Ausgleichung entgegengesetzter Schwankungen.
Anders mit dem Zinsfuss. Er ist in seiner, wenigstens lokalen,
Allgemeingültigkeit ein täglich fixirtes Faktum, ein Faktum, das
dem industriellen und merkantilen Kapital sogar als Voraussetzung
und Posten in der Kalkulation bei seinen Operationen dient. Es
wird ein allgemeines Vermögen jeder Geldsumme von 100 £, 2,
3, 4, 5 % abzuwerfen. Metereologische Berichte zeichnen nicht
genauer den Stand von Barometer und Thermometer auf, als
Börsenberichte den Stand des Zinsfusses, nicht für dieses oder jenes
Kapital, sondern für das auf dem Geldmarkt befindliche, d. h über-
haupt verleihbare Kapital.

Auf dem Geldmarkt stehn sich nur Verleiher und Borger gegen-
über. Die Waare hat dieselbe Form, Geld. Alle besondren Ge-
stalten des Kapitals, je nach seiner Anlage in besondren Produktions-
oder Cirkulationssphären, sind hier ausgelöscht. Es existirt hier
in der unterschiedslosen, sich selbst gleichen Gestalt des selbstän-
digen Werths, des Geldes. Die Konkurrenz der besondren Sphären
hört hier auf; sie sind alle zusammengeworfen als Geldborger, und
das Kapital steht allen auch gegenüber in der Form, worin es
noch gleichgültig gegen die bestimmte Art und Weise seiner An-
wendung ist. Als was das industrielle Kapital nur in der Bewe-
gung und Konkurrenz zwischen den besondren Sphären erscheint,
als an sich gemeinsames Kapital der Klasse, tritt es hier
wirklich, der Wucht nach, in der Nachfrage und Angebot von
Kapital auf. Andrerseits besitzt das Geldkapital auf dem Geld-
markt wirklich die Gestalt, worin es als gemeinsames Element,
gleichgültig gegen seine besondre Anwendung, sich unter die ver-
schiednen Sphären, unter die Kapitalistenklasse vertheilt, je nach
den Produktionsbedürfnissen jeder besondren Sphäre. Es kommt
hinzu, dass mit Entwicklung der grossen Industrie das Geldkapital
mehr und mehr, soweit es auf dem Markt erscheint, nicht vom ein-
zelnen Kapitalisten vertreten wird, dem Eigenthümer dieses oder
jenes Bruchtheils des auf dem Markt befindlichen Kapitals, sondern

Marx, Kapital III. 23

historischen Präexistenz des zinstragenden Kapitals und der Existenz
eines traditionell überlieferten allgemeinen Zinsfusses; 2) dem viel
grössern unmittelbaren Einfluss, den der Weltmarkt, unabhängig
von den Produktionsbedingungen eines Landes, auf die Feststellung
des Zinsfusses ausübt, verglichen mit seinem Einfluss auf die
Profitrate.

Der Durchschnittsprofit erscheint nicht als unmittelbar gegebne
Thatsache, sondern als erst durch die Untersuchung festzustellendes
Endresultat der Ausgleichung entgegengesetzter Schwankungen.
Anders mit dem Zinsfuss. Er ist in seiner, wenigstens lokalen,
Allgemeingültigkeit ein täglich fixirtes Faktum, ein Faktum, das
dem industriellen und merkantilen Kapital sogar als Voraussetzung
und Posten in der Kalkulation bei seinen Operationen dient. Es
wird ein allgemeines Vermögen jeder Geldsumme von 100 £, 2,
3, 4, 5 % abzuwerfen. Metereologische Berichte zeichnen nicht
genauer den Stand von Barometer und Thermometer auf, als
Börsenberichte den Stand des Zinsfusses, nicht für dieses oder jenes
Kapital, sondern für das auf dem Geldmarkt befindliche, d. h über-
haupt verleihbare Kapital.

Auf dem Geldmarkt stehn sich nur Verleiher und Borger gegen-
über. Die Waare hat dieselbe Form, Geld. Alle besondren Ge-
stalten des Kapitals, je nach seiner Anlage in besondren Produktions-
oder Cirkulationssphären, sind hier ausgelöscht. Es existirt hier
in der unterschiedslosen, sich selbst gleichen Gestalt des selbstän-
digen Werths, des Geldes. Die Konkurrenz der besondren Sphären
hört hier auf; sie sind alle zusammengeworfen als Geldborger, und
das Kapital steht allen auch gegenüber in der Form, worin es
noch gleichgültig gegen die bestimmte Art und Weise seiner An-
wendung ist. Als was das industrielle Kapital nur in der Bewe-
gung und Konkurrenz zwischen den besondren Sphären erscheint,
als an sich gemeinsames Kapital der Klasse, tritt es hier
wirklich, der Wucht nach, in der Nachfrage und Angebot von
Kapital auf. Andrerseits besitzt das Geldkapital auf dem Geld-
markt wirklich die Gestalt, worin es als gemeinsames Element,
gleichgültig gegen seine besondre Anwendung, sich unter die ver-
schiednen Sphären, unter die Kapitalistenklasse vertheilt, je nach
den Produktionsbedürfnissen jeder besondren Sphäre. Es kommt
hinzu, dass mit Entwicklung der grossen Industrie das Geldkapital
mehr und mehr, soweit es auf dem Markt erscheint, nicht vom ein-
zelnen Kapitalisten vertreten wird, dem Eigenthümer dieses oder
jenes Bruchtheils des auf dem Markt befindlichen Kapitals, sondern

Marx, Kapital III. 23
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[353/0387] historischen Präexistenz des zinstragenden Kapitals und der Existenz eines traditionell überlieferten allgemeinen Zinsfusses; 2) dem viel grössern unmittelbaren Einfluss, den der Weltmarkt, unabhängig von den Produktionsbedingungen eines Landes, auf die Feststellung des Zinsfusses ausübt, verglichen mit seinem Einfluss auf die Profitrate. Der Durchschnittsprofit erscheint nicht als unmittelbar gegebne Thatsache, sondern als erst durch die Untersuchung festzustellendes Endresultat der Ausgleichung entgegengesetzter Schwankungen. Anders mit dem Zinsfuss. Er ist in seiner, wenigstens lokalen, Allgemeingültigkeit ein täglich fixirtes Faktum, ein Faktum, das dem industriellen und merkantilen Kapital sogar als Voraussetzung und Posten in der Kalkulation bei seinen Operationen dient. Es wird ein allgemeines Vermögen jeder Geldsumme von 100 £, 2, 3, 4, 5 % abzuwerfen. Metereologische Berichte zeichnen nicht genauer den Stand von Barometer und Thermometer auf, als Börsenberichte den Stand des Zinsfusses, nicht für dieses oder jenes Kapital, sondern für das auf dem Geldmarkt befindliche, d. h über- haupt verleihbare Kapital. Auf dem Geldmarkt stehn sich nur Verleiher und Borger gegen- über. Die Waare hat dieselbe Form, Geld. Alle besondren Ge- stalten des Kapitals, je nach seiner Anlage in besondren Produktions- oder Cirkulationssphären, sind hier ausgelöscht. Es existirt hier in der unterschiedslosen, sich selbst gleichen Gestalt des selbstän- digen Werths, des Geldes. Die Konkurrenz der besondren Sphären hört hier auf; sie sind alle zusammengeworfen als Geldborger, und das Kapital steht allen auch gegenüber in der Form, worin es noch gleichgültig gegen die bestimmte Art und Weise seiner An- wendung ist. Als was das industrielle Kapital nur in der Bewe- gung und Konkurrenz zwischen den besondren Sphären erscheint, als an sich gemeinsames Kapital der Klasse, tritt es hier wirklich, der Wucht nach, in der Nachfrage und Angebot von Kapital auf. Andrerseits besitzt das Geldkapital auf dem Geld- markt wirklich die Gestalt, worin es als gemeinsames Element, gleichgültig gegen seine besondre Anwendung, sich unter die ver- schiednen Sphären, unter die Kapitalistenklasse vertheilt, je nach den Produktionsbedürfnissen jeder besondren Sphäre. Es kommt hinzu, dass mit Entwicklung der grossen Industrie das Geldkapital mehr und mehr, soweit es auf dem Markt erscheint, nicht vom ein- zelnen Kapitalisten vertreten wird, dem Eigenthümer dieses oder jenes Bruchtheils des auf dem Markt befindlichen Kapitals, sondern Marx, Kapital III. 23

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Zitationshilfe: Marx, Karl: Das Kapital. Buch III: Der Gesammtprocess der kapitalistischen Produktion. Kapitel I bis XXVIII. Hamburg, 1894, S. 353. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/marx_kapital0301_1894/387>, abgerufen am 25.04.2024.