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Marx, Karl: Das Kapital. Buch III: Der Gesammtprocess der kapitalistischen Produktion. Kapitel I bis XXVIII. Hamburg, 1894.

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gleich dem Werth der Hüte, also das Kapital, das die Hüte pro-
ducirt, von gesellschaftlicher Durchschnittszusammensetzung. Ist
der Profit = 15 %, so realisirt der Hutmacher einen Profit von
15 £ dadurch, dass er die Waaren zu ihrem Werth von 115 ver-
kauft. Ihm kosten sie nur 100 £. Hat er mit seinem eignen
Kapital producirt, so steckt er den Ueberschuss von 15 £ ganz in
die Tasche; wenn mit geliehenem, hat er vielleicht 5 £ davon ab-
zugeben als Zins. Es ändert dies nichts am Werth der Hüte,
sondern nur an der Vertheilung des in diesem Werth schon
steckenden Mehrwerths unter verschiedne Personen. Da also
der Werth der Hüte durch das Zinszahlen nicht afficirt wird, so
ist es Unsinn, wenn Proudhon sagt: "Da sich im Handel der Zins
des Kapitals dem Lohn des Arbeiters hinzufügt, um den Preis der
Waare zusammenzusetzen, so ist es unmöglich, dass der Arbeiter
das Produkt seiner eignen Arbeit zurückkaufen kann. Vivre en
travaillant ist ein Princip, das, unter der Herrschaft des Zinses,
einen Widerspruch einschliesst." (p. 105.)56)

Wie wenig Proudhon die Natur des Kapitals verstanden hat,
zeigt folgender Satz, worin er die Bewegung des Kapitals über-
haupt als eine dem zinstragenden Kapital eigenthümliche Bewegung
beschreibt: "Comme, par l'accumulation des interets, le capital-
argent, d'echange en echange, revient toujours a sa source, il
s'ensuit que la relocation toujours faite par la meme main, profite
toujours au meme personnage.

Was ist es nun, das ihm in der eigenthümlichen Bewegung des
zinstragenden Kapitals räthselhaft bleibt? Die Kategorien: Kaufen,
Preis, Gegenstände abtreten, und die unvermittelte Form, worin
hier der Mehrwerth erscheint; kurz das Phänomen, dass hier Kapital
als Kapital zur Waare geworden ist, dass daher das Verkaufen in
Leihen, der Preis in einen Antheil am Profit sich verwandelt hat.

Die Rückkehr des Kapitals zu seinem Ausgangspunkt ist über-
haupt die charakteristische Bewegung des Kapitals in seinem Ge-
sammtkreislauf. Dies zeichnet keineswegs nur das zinstragende
Kapital aus. Was es auszeichnet, ist die äusserliche, vom ver-

56) "Ein Haus," "Geld" etc. sollen daher, wenn's nach Proudhon geht,
nicht als "Kapital" verliehen, sondern als "Waare ... zum Kostpreis" (p. 44)
veräussert werden. Luther stand etwas höher als Proudhon. Er wusste
schon, dass das Profitmachen unabhängig ist von der Form des Leihens oder
Kaufens: "Machen aus dem Kaufen auch einen Wucher. Aber das ist jetzt
zu viel auf einen Bissen. Müssen jetzt das eine Stück, als vom Wucher im
Leihen handeln, wenn wir dem haben gesteuret (nach dem jüngsten Tage)
so wollen wir dem Kaufwucher auch seinen Text wol lesen." (M. Luther:
An die Pfarherrn wider den Wucher zu predigen. Wittenberg 1525.)

gleich dem Werth der Hüte, also das Kapital, das die Hüte pro-
ducirt, von gesellschaftlicher Durchschnittszusammensetzung. Ist
der Profit = 15 %, so realisirt der Hutmacher einen Profit von
15 £ dadurch, dass er die Waaren zu ihrem Werth von 115 ver-
kauft. Ihm kosten sie nur 100 £. Hat er mit seinem eignen
Kapital producirt, so steckt er den Ueberschuss von 15 £ ganz in
die Tasche; wenn mit geliehenem, hat er vielleicht 5 £ davon ab-
zugeben als Zins. Es ändert dies nichts am Werth der Hüte,
sondern nur an der Vertheilung des in diesem Werth schon
steckenden Mehrwerths unter verschiedne Personen. Da also
der Werth der Hüte durch das Zinszahlen nicht afficirt wird, so
ist es Unsinn, wenn Proudhon sagt: „Da sich im Handel der Zins
des Kapitals dem Lohn des Arbeiters hinzufügt, um den Preis der
Waare zusammenzusetzen, so ist es unmöglich, dass der Arbeiter
das Produkt seiner eignen Arbeit zurückkaufen kann. Vivre en
travaillant ist ein Princip, das, unter der Herrschaft des Zinses,
einen Widerspruch einschliesst.“ (p. 105.)56)

Wie wenig Proudhon die Natur des Kapitals verstanden hat,
zeigt folgender Satz, worin er die Bewegung des Kapitals über-
haupt als eine dem zinstragenden Kapital eigenthümliche Bewegung
beschreibt: „Comme, par l’accumulation des intérêts, le capital-
argent, d’échange en échange, revient toujours à sa source, il
s’ensuit que la relocation toujours faite par la même main, profite
toujours au même personnage.

Was ist es nun, das ihm in der eigenthümlichen Bewegung des
zinstragenden Kapitals räthselhaft bleibt? Die Kategorien: Kaufen,
Preis, Gegenstände abtreten, und die unvermittelte Form, worin
hier der Mehrwerth erscheint; kurz das Phänomen, dass hier Kapital
als Kapital zur Waare geworden ist, dass daher das Verkaufen in
Leihen, der Preis in einen Antheil am Profit sich verwandelt hat.

Die Rückkehr des Kapitals zu seinem Ausgangspunkt ist über-
haupt die charakteristische Bewegung des Kapitals in seinem Ge-
sammtkreislauf. Dies zeichnet keineswegs nur das zinstragende
Kapital aus. Was es auszeichnet, ist die äusserliche, vom ver-

56) „Ein Haus,“ „Geld“ etc. sollen daher, wenn’s nach Proudhon geht,
nicht als „Kapital“ verliehen, sondern als „Waare … zum Kostpreis“ (p. 44)
veräussert werden. Luther stand etwas höher als Proudhon. Er wusste
schon, dass das Profitmachen unabhängig ist von der Form des Leihens oder
Kaufens: „Machen aus dem Kaufen auch einen Wucher. Aber das ist jetzt
zu viel auf einen Bissen. Müssen jetzt das eine Stück, als vom Wucher im
Leihen handeln, wenn wir dem haben gesteuret (nach dem jüngsten Tage)
so wollen wir dem Kaufwucher auch seinen Text wol lesen.“ (M. Luther:
An die Pfarherrn wider den Wucher zu predigen. Wittenberg 1525.)
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[331/0365] gleich dem Werth der Hüte, also das Kapital, das die Hüte pro- ducirt, von gesellschaftlicher Durchschnittszusammensetzung. Ist der Profit = 15 %, so realisirt der Hutmacher einen Profit von 15 £ dadurch, dass er die Waaren zu ihrem Werth von 115 ver- kauft. Ihm kosten sie nur 100 £. Hat er mit seinem eignen Kapital producirt, so steckt er den Ueberschuss von 15 £ ganz in die Tasche; wenn mit geliehenem, hat er vielleicht 5 £ davon ab- zugeben als Zins. Es ändert dies nichts am Werth der Hüte, sondern nur an der Vertheilung des in diesem Werth schon steckenden Mehrwerths unter verschiedne Personen. Da also der Werth der Hüte durch das Zinszahlen nicht afficirt wird, so ist es Unsinn, wenn Proudhon sagt: „Da sich im Handel der Zins des Kapitals dem Lohn des Arbeiters hinzufügt, um den Preis der Waare zusammenzusetzen, so ist es unmöglich, dass der Arbeiter das Produkt seiner eignen Arbeit zurückkaufen kann. Vivre en travaillant ist ein Princip, das, unter der Herrschaft des Zinses, einen Widerspruch einschliesst.“ (p. 105.) 56) Wie wenig Proudhon die Natur des Kapitals verstanden hat, zeigt folgender Satz, worin er die Bewegung des Kapitals über- haupt als eine dem zinstragenden Kapital eigenthümliche Bewegung beschreibt: „Comme, par l’accumulation des intérêts, le capital- argent, d’échange en échange, revient toujours à sa source, il s’ensuit que la relocation toujours faite par la même main, profite toujours au même personnage. Was ist es nun, das ihm in der eigenthümlichen Bewegung des zinstragenden Kapitals räthselhaft bleibt? Die Kategorien: Kaufen, Preis, Gegenstände abtreten, und die unvermittelte Form, worin hier der Mehrwerth erscheint; kurz das Phänomen, dass hier Kapital als Kapital zur Waare geworden ist, dass daher das Verkaufen in Leihen, der Preis in einen Antheil am Profit sich verwandelt hat. Die Rückkehr des Kapitals zu seinem Ausgangspunkt ist über- haupt die charakteristische Bewegung des Kapitals in seinem Ge- sammtkreislauf. Dies zeichnet keineswegs nur das zinstragende Kapital aus. Was es auszeichnet, ist die äusserliche, vom ver- 56) „Ein Haus,“ „Geld“ etc. sollen daher, wenn’s nach Proudhon geht, nicht als „Kapital“ verliehen, sondern als „Waare … zum Kostpreis“ (p. 44) veräussert werden. Luther stand etwas höher als Proudhon. Er wusste schon, dass das Profitmachen unabhängig ist von der Form des Leihens oder Kaufens: „Machen aus dem Kaufen auch einen Wucher. Aber das ist jetzt zu viel auf einen Bissen. Müssen jetzt das eine Stück, als vom Wucher im Leihen handeln, wenn wir dem haben gesteuret (nach dem jüngsten Tage) so wollen wir dem Kaufwucher auch seinen Text wol lesen.“ (M. Luther: An die Pfarherrn wider den Wucher zu predigen. Wittenberg 1525.)

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Zitationshilfe: Marx, Karl: Das Kapital. Buch III: Der Gesammtprocess der kapitalistischen Produktion. Kapitel I bis XXVIII. Hamburg, 1894, S. 331. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/marx_kapital0301_1894/365>, abgerufen am 23.04.2024.