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Marx, Karl: Das Kapital. Buch III: Der Gesammtprocess der kapitalistischen Produktion. Kapitel I bis XXVIII. Hamburg, 1894.

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der Durchschnittsarbeit steht. Indess hat der Lohn die Tendenz
zu fallen, selbst im Verhältniss zur Durchschnittsarbeit, im Fort-
schritt der kapitalistischen Produktionsweise. Theils durch Theilung
der Arbeit innerhalb des Komptoirs; daher nur einseitige Entwick-
lung der Arbeitsfähigkeit zu produciren ist, und die Kosten dieser
Produktion dem Kapitalisten zum Theil nichts kosten, sondern das
Geschick des Arbeiters sich durch die Funktion selbst entwickelt,
und um so rascher, je einseitiger es mit der Theilung der Arbeit
wird. Zweitens, weil die Vorbildung, Handels- und Sprachkennt-
nisse u. s. w. mit dem Fortschritt der Wissenschaft und Volks-
bildung immer rascher, leichter, allgemeiner, wohlfeiler reproducirt
werden, jemehr die kapitalistische Produktionsweise die Lehrmethoden
u. s. w. aufs Praktische richtet. Die Verallgemeinerung des Volks-
unterrichts erlaubt, diese Sorte aus Klassen zu rekrutiren, die früher
davon ausgeschlossen, an schlechtre Lebensweise gewöhnt waren.
Dazu vermehrt sie den Zudrang und damit die Konkurrenz. Mit
einigen Ausnahmen entwerthet sich daher im Fortgang der kapi-
talistischen Produktion die Arbeitskraft dieser Leute; ihr Lohn
sinkt, während ihre Arbeitsfähigkeit zunimmt. Der Kapitalist ver-
mehrt die Zahl dieser Arbeiter, wenn mehr Werth und Profit zu
realisiren ist. Die Zunahme dieser Arbeit ist stets Wirkung, nie
Ursache der Vermehrung des Mehrwerths.39)



Es findet also eine Verdoppelung statt. Einerseits sind die Funk-
tionen als Waarenkapital und Geldkapital (daher weiter bestimmt
als kommerzielles Kapital) allgemeine Formbestimmtheiten des in-
dustriellen Kapitals. Andrerseits sind besondre Kapitale, also auch
besondre Reihen von Kapitalisten, ausschliesslich thätig in diesen
Funktionen; und diese Funktionen werden so zu besondren Sphären
der Kapitalverwerthung.

Die kommerziellen Funktionen und Cirkulationskosten finden sich
nur verselbständigt für das merkantile Kapital. Die der Cirkulation
zugekehrte Seite des industriellen Kapitals existirt nicht nur in

39) Wie diese 1865 geschriebne Prognose der Schicksale des kommerziellen
Proletariats sich seitdem bewährt hat, davon können die hunderte deutscher
Kommis ein Liedchen singen, die, in allen kommerziellen Operationen und
in 3--4 Sprachen bewandert, in der Londoner City vergebens ihre Dienste
um 25 Schill. die Woche anbieten -- weit unter dem Lohn eines geschickten
Maschinenschlossers. -- Eine Lücke von zwei Seiten im Manuskript deutet
an, dass dieser Punkt noch weiter entwickelt werden sollte. Im Uebrigen ist
zu verweisen auf Buch II, Kap. VI (die Cirkulationskosten) S. 105--113, wo
bereits verschiednes hieher Gehörige berührt ist. -- F. E.

der Durchschnittsarbeit steht. Indess hat der Lohn die Tendenz
zu fallen, selbst im Verhältniss zur Durchschnittsarbeit, im Fort-
schritt der kapitalistischen Produktionsweise. Theils durch Theilung
der Arbeit innerhalb des Komptoirs; daher nur einseitige Entwick-
lung der Arbeitsfähigkeit zu produciren ist, und die Kosten dieser
Produktion dem Kapitalisten zum Theil nichts kosten, sondern das
Geschick des Arbeiters sich durch die Funktion selbst entwickelt,
und um so rascher, je einseitiger es mit der Theilung der Arbeit
wird. Zweitens, weil die Vorbildung, Handels- und Sprachkennt-
nisse u. s. w. mit dem Fortschritt der Wissenschaft und Volks-
bildung immer rascher, leichter, allgemeiner, wohlfeiler reproducirt
werden, jemehr die kapitalistische Produktionsweise die Lehrmethoden
u. s. w. aufs Praktische richtet. Die Verallgemeinerung des Volks-
unterrichts erlaubt, diese Sorte aus Klassen zu rekrutiren, die früher
davon ausgeschlossen, an schlechtre Lebensweise gewöhnt waren.
Dazu vermehrt sie den Zudrang und damit die Konkurrenz. Mit
einigen Ausnahmen entwerthet sich daher im Fortgang der kapi-
talistischen Produktion die Arbeitskraft dieser Leute; ihr Lohn
sinkt, während ihre Arbeitsfähigkeit zunimmt. Der Kapitalist ver-
mehrt die Zahl dieser Arbeiter, wenn mehr Werth und Profit zu
realisiren ist. Die Zunahme dieser Arbeit ist stets Wirkung, nie
Ursache der Vermehrung des Mehrwerths.39)



Es findet also eine Verdoppelung statt. Einerseits sind die Funk-
tionen als Waarenkapital und Geldkapital (daher weiter bestimmt
als kommerzielles Kapital) allgemeine Formbestimmtheiten des in-
dustriellen Kapitals. Andrerseits sind besondre Kapitale, also auch
besondre Reihen von Kapitalisten, ausschliesslich thätig in diesen
Funktionen; und diese Funktionen werden so zu besondren Sphären
der Kapitalverwerthung.

Die kommerziellen Funktionen und Cirkulationskosten finden sich
nur verselbständigt für das merkantile Kapital. Die der Cirkulation
zugekehrte Seite des industriellen Kapitals existirt nicht nur in

39) Wie diese 1865 geschriebne Prognose der Schicksale des kommerziellen
Proletariats sich seitdem bewährt hat, davon können die hunderte deutscher
Kommis ein Liedchen singen, die, in allen kommerziellen Operationen und
in 3—4 Sprachen bewandert, in der Londoner City vergebens ihre Dienste
um 25 Schill. die Woche anbieten — weit unter dem Lohn eines geschickten
Maschinenschlossers. — Eine Lücke von zwei Seiten im Manuskript deutet
an, dass dieser Punkt noch weiter entwickelt werden sollte. Im Uebrigen ist
zu verweisen auf Buch II, Kap. VI (die Cirkulationskosten) S. 105—113, wo
bereits verschiednes hieher Gehörige berührt ist. — F. E.
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[285/0319] der Durchschnittsarbeit steht. Indess hat der Lohn die Tendenz zu fallen, selbst im Verhältniss zur Durchschnittsarbeit, im Fort- schritt der kapitalistischen Produktionsweise. Theils durch Theilung der Arbeit innerhalb des Komptoirs; daher nur einseitige Entwick- lung der Arbeitsfähigkeit zu produciren ist, und die Kosten dieser Produktion dem Kapitalisten zum Theil nichts kosten, sondern das Geschick des Arbeiters sich durch die Funktion selbst entwickelt, und um so rascher, je einseitiger es mit der Theilung der Arbeit wird. Zweitens, weil die Vorbildung, Handels- und Sprachkennt- nisse u. s. w. mit dem Fortschritt der Wissenschaft und Volks- bildung immer rascher, leichter, allgemeiner, wohlfeiler reproducirt werden, jemehr die kapitalistische Produktionsweise die Lehrmethoden u. s. w. aufs Praktische richtet. Die Verallgemeinerung des Volks- unterrichts erlaubt, diese Sorte aus Klassen zu rekrutiren, die früher davon ausgeschlossen, an schlechtre Lebensweise gewöhnt waren. Dazu vermehrt sie den Zudrang und damit die Konkurrenz. Mit einigen Ausnahmen entwerthet sich daher im Fortgang der kapi- talistischen Produktion die Arbeitskraft dieser Leute; ihr Lohn sinkt, während ihre Arbeitsfähigkeit zunimmt. Der Kapitalist ver- mehrt die Zahl dieser Arbeiter, wenn mehr Werth und Profit zu realisiren ist. Die Zunahme dieser Arbeit ist stets Wirkung, nie Ursache der Vermehrung des Mehrwerths. 39) Es findet also eine Verdoppelung statt. Einerseits sind die Funk- tionen als Waarenkapital und Geldkapital (daher weiter bestimmt als kommerzielles Kapital) allgemeine Formbestimmtheiten des in- dustriellen Kapitals. Andrerseits sind besondre Kapitale, also auch besondre Reihen von Kapitalisten, ausschliesslich thätig in diesen Funktionen; und diese Funktionen werden so zu besondren Sphären der Kapitalverwerthung. Die kommerziellen Funktionen und Cirkulationskosten finden sich nur verselbständigt für das merkantile Kapital. Die der Cirkulation zugekehrte Seite des industriellen Kapitals existirt nicht nur in 39) Wie diese 1865 geschriebne Prognose der Schicksale des kommerziellen Proletariats sich seitdem bewährt hat, davon können die hunderte deutscher Kommis ein Liedchen singen, die, in allen kommerziellen Operationen und in 3—4 Sprachen bewandert, in der Londoner City vergebens ihre Dienste um 25 Schill. die Woche anbieten — weit unter dem Lohn eines geschickten Maschinenschlossers. — Eine Lücke von zwei Seiten im Manuskript deutet an, dass dieser Punkt noch weiter entwickelt werden sollte. Im Uebrigen ist zu verweisen auf Buch II, Kap. VI (die Cirkulationskosten) S. 105—113, wo bereits verschiednes hieher Gehörige berührt ist. — F. E.

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Zitationshilfe: Marx, Karl: Das Kapital. Buch III: Der Gesammtprocess der kapitalistischen Produktion. Kapitel I bis XXVIII. Hamburg, 1894, S. 285. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/marx_kapital0301_1894/319>, abgerufen am 29.03.2024.