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Marx, Karl: Das Kapital. Buch III: Der Gesammtprocess der kapitalistischen Produktion. Kapitel I bis XXVIII. Hamburg, 1894.

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vorübergehenden Gestalt als Waarenkapital, für den Kaufmann
G--W--G', eine besondre Verwerthung des von ihm vorge-
schossnen Geldkapitals ist. Eine Phase der Waarenmetamorphose
zeigt sich hier, mit Bezug auf den Kaufmann, als G--W--G',
also als Evolution einer eignen Sorte von Kapital.

Der Kaufmann verkauft definitiv die Waare, also die Leinwand,
an den Konsumenten, ob dies nun ein produktiver Konsument sei
(z. B. ein Bleicher) oder ein individueller, der die Leinwand zu
seinem Privatgebrauch vernutzt. Dadurch kehrt ihm das vorge-
schossne Kapital (mit Profit) zurück, und er kann die Operation
von neuem beginnen. Hätte beim Kauf der Leinwand das Geld
nur als Zahlungsmittel fungirt, sodass er erst sechs Wochen nach
Abnahme zu zahlen brauchte, und hätte er vor dieser Zeit ver-
kauft, so könnte er den Leinwandproducenten zahlen, ohne selbst
Geldkapital vorgeschossen zu haben. Hätte er sie nicht verkauft,
so müsste er die 3000 £ bei Verfall, statt sogleich bei Ablieferung
der Leinwand an ihn, vorschiessen; und hätte er wegen eines Falls
der Marktpreise sie unter dem Einkaufspreis verkauft, so müsste
er den fehlenden Theil aus seinem eignen Kapital ersetzen.

Was gibt nun dem Waarenhandlungskapital den Charakter eines
selbständig fungirenden Kapitals, während es in der Hand des
selbstverkaufenden Producenten augenscheinlich nur als eine be-
sondre Form seines Kapitals in einer besondren Phase seines Re-
produktionsprocesses, während seines Aufenthalts in der Cirkulations-
sphäre erscheint?

Erstens: Dass das Waarenkapital in der Hand eines, von seinem
Producenten verschiednen, Agenten seine definitive Verwandlung
in Geld, also seine erste Metamorphose, seine ihm qua Waaren-
kapital zukommende Funktion auf dem Markt vollzieht, und dass
diese Funktion des Waarenkapitals vermittelt ist durch die Opera-
tionen des Kaufmanns, durch sein Kaufen und Verkaufen, sodass
diese Operation als eignes, von den übrigen Funktionen des indu-
striellen Kapitals getrenntes, und daher verselbständigtes Geschäft
sich gestaltet. Es ist eine besondre Form der gesellschaftlichen
Theilung der Arbeit, sodass ein Theil der, sonst in einer besondren
Phase des Reproduktionsprocesses des Kapitals, hier der Cirkulation,
zu verrichtenden Funktion als die ausschliessliche Funktion eines
eignen, vom Producenten unterschiednen Cirkulationsagenten er-
scheint. Aber damit erschiene dies besondre Geschäft noch keines-
wegs als die Funktion eines besondren, von dem in seinem Repro-
duktionsprocess begriffnen industriellen Kapitals verschiednen, und

vorübergehenden Gestalt als Waarenkapital, für den Kaufmann
G—W—G', eine besondre Verwerthung des von ihm vorge-
schossnen Geldkapitals ist. Eine Phase der Waarenmetamorphose
zeigt sich hier, mit Bezug auf den Kaufmann, als G—W—G',
also als Evolution einer eignen Sorte von Kapital.

Der Kaufmann verkauft definitiv die Waare, also die Leinwand,
an den Konsumenten, ob dies nun ein produktiver Konsument sei
(z. B. ein Bleicher) oder ein individueller, der die Leinwand zu
seinem Privatgebrauch vernutzt. Dadurch kehrt ihm das vorge-
schossne Kapital (mit Profit) zurück, und er kann die Operation
von neuem beginnen. Hätte beim Kauf der Leinwand das Geld
nur als Zahlungsmittel fungirt, sodass er erst sechs Wochen nach
Abnahme zu zahlen brauchte, und hätte er vor dieser Zeit ver-
kauft, so könnte er den Leinwandproducenten zahlen, ohne selbst
Geldkapital vorgeschossen zu haben. Hätte er sie nicht verkauft,
so müsste er die 3000 £ bei Verfall, statt sogleich bei Ablieferung
der Leinwand an ihn, vorschiessen; und hätte er wegen eines Falls
der Marktpreise sie unter dem Einkaufspreis verkauft, so müsste
er den fehlenden Theil aus seinem eignen Kapital ersetzen.

Was gibt nun dem Waarenhandlungskapital den Charakter eines
selbständig fungirenden Kapitals, während es in der Hand des
selbstverkaufenden Producenten augenscheinlich nur als eine be-
sondre Form seines Kapitals in einer besondren Phase seines Re-
produktionsprocesses, während seines Aufenthalts in der Cirkulations-
sphäre erscheint?

Erstens: Dass das Waarenkapital in der Hand eines, von seinem
Producenten verschiednen, Agenten seine definitive Verwandlung
in Geld, also seine erste Metamorphose, seine ihm qua Waaren-
kapital zukommende Funktion auf dem Markt vollzieht, und dass
diese Funktion des Waarenkapitals vermittelt ist durch die Opera-
tionen des Kaufmanns, durch sein Kaufen und Verkaufen, sodass
diese Operation als eignes, von den übrigen Funktionen des indu-
striellen Kapitals getrenntes, und daher verselbständigtes Geschäft
sich gestaltet. Es ist eine besondre Form der gesellschaftlichen
Theilung der Arbeit, sodass ein Theil der, sonst in einer besondren
Phase des Reproduktionsprocesses des Kapitals, hier der Cirkulation,
zu verrichtenden Funktion als die ausschliessliche Funktion eines
eignen, vom Producenten unterschiednen Cirkulationsagenten er-
scheint. Aber damit erschiene dies besondre Geschäft noch keines-
wegs als die Funktion eines besondren, von dem in seinem Repro-
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[255/0289] vorübergehenden Gestalt als Waarenkapital, für den Kaufmann G—W—G', eine besondre Verwerthung des von ihm vorge- schossnen Geldkapitals ist. Eine Phase der Waarenmetamorphose zeigt sich hier, mit Bezug auf den Kaufmann, als G—W—G', also als Evolution einer eignen Sorte von Kapital. Der Kaufmann verkauft definitiv die Waare, also die Leinwand, an den Konsumenten, ob dies nun ein produktiver Konsument sei (z. B. ein Bleicher) oder ein individueller, der die Leinwand zu seinem Privatgebrauch vernutzt. Dadurch kehrt ihm das vorge- schossne Kapital (mit Profit) zurück, und er kann die Operation von neuem beginnen. Hätte beim Kauf der Leinwand das Geld nur als Zahlungsmittel fungirt, sodass er erst sechs Wochen nach Abnahme zu zahlen brauchte, und hätte er vor dieser Zeit ver- kauft, so könnte er den Leinwandproducenten zahlen, ohne selbst Geldkapital vorgeschossen zu haben. Hätte er sie nicht verkauft, so müsste er die 3000 £ bei Verfall, statt sogleich bei Ablieferung der Leinwand an ihn, vorschiessen; und hätte er wegen eines Falls der Marktpreise sie unter dem Einkaufspreis verkauft, so müsste er den fehlenden Theil aus seinem eignen Kapital ersetzen. Was gibt nun dem Waarenhandlungskapital den Charakter eines selbständig fungirenden Kapitals, während es in der Hand des selbstverkaufenden Producenten augenscheinlich nur als eine be- sondre Form seines Kapitals in einer besondren Phase seines Re- produktionsprocesses, während seines Aufenthalts in der Cirkulations- sphäre erscheint? Erstens: Dass das Waarenkapital in der Hand eines, von seinem Producenten verschiednen, Agenten seine definitive Verwandlung in Geld, also seine erste Metamorphose, seine ihm qua Waaren- kapital zukommende Funktion auf dem Markt vollzieht, und dass diese Funktion des Waarenkapitals vermittelt ist durch die Opera- tionen des Kaufmanns, durch sein Kaufen und Verkaufen, sodass diese Operation als eignes, von den übrigen Funktionen des indu- striellen Kapitals getrenntes, und daher verselbständigtes Geschäft sich gestaltet. Es ist eine besondre Form der gesellschaftlichen Theilung der Arbeit, sodass ein Theil der, sonst in einer besondren Phase des Reproduktionsprocesses des Kapitals, hier der Cirkulation, zu verrichtenden Funktion als die ausschliessliche Funktion eines eignen, vom Producenten unterschiednen Cirkulationsagenten er- scheint. Aber damit erschiene dies besondre Geschäft noch keines- wegs als die Funktion eines besondren, von dem in seinem Repro- duktionsprocess begriffnen industriellen Kapitals verschiednen, und

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Zitationshilfe: Marx, Karl: Das Kapital. Buch III: Der Gesammtprocess der kapitalistischen Produktion. Kapitel I bis XXVIII. Hamburg, 1894, S. 255. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/marx_kapital0301_1894/289>, abgerufen am 24.04.2024.