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Marx, Karl: Das Kapital. Buch III: Der Gesammtprocess der kapitalistischen Produktion. Kapitel I bis XXVIII. Hamburg, 1894.

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Vierzehntes Kapitel.
Entgegenwirkende Ursachen.

Wenn man die enorme Entwicklung der Produktivkräfte der
gesellschaftlichen Arbeit selbst nur in den letzten 30 Jahren,
verglichen mit allen frühern Perioden, betrachtet, wenn man
namentlich die enorme Masse von fixem Kapital betrachtet, das
ausser der eigentlichen Maschinerie in die Gesammtheit des ge-
sellschaftlichen Produktionsprocesses eingeht, so tritt an die Stelle
der Schwierigkeit, welche bisher die Oekonomen beschäftigt hat,
nämlich den Fall der Profitrate zu erklären, die umgekehrte, nämlich
zu erklären warum dieser Fall nicht grösser oder rascher ist?
Es müssen gegenwirkende Einflüsse im Spiel sein, welche die
Wirkung des allgemeinen Gesetzes durchkreuzen und aufheben,
und ihm nur den Charakter einer Tendenz geben, weshalb wir
auch den Fall der allgemeinen Profitrate als einen tendenziellen
Fall bezeichnet haben. Die allgemeinsten dieser Ursachen sind
folgende:

I. Erhöhung des Exploitationsgrads der Arbeit.

Der Exploitationsgrad der Arbeit, die Aneignung von Mehrar-
beit und Mehrwerth wird erhöht namentlich durch Verlängerung
des Arbeitstags und Intensifikation der Arbeit. Diese beiden
Punkte sind ausführlich entwickelt in Buch I bei der Produktion
des absoluten und des relativen Mehrwerths. Es gibt viele Mo-
mente der Intensifikation der Arbeit, die ein Wachsthum des kon-
stanten Kapitals gegen das variable, also Fall der Profitrate ein-
schliessen, wie wenn ein Arbeiter grössre Masse von Maschinerie
zu überwachen hat. Hier -- wie bei den meisten Proceduren,
die zur Produktion des relativen Mehrwerths dienen -- mögen
dieselben Ursachen, die ein Wachsthum in der Rate des Mehr-
werths hervorbringen, einen Fall in der Masse des Mehrwerths,
gegebne Grössen von angewandtem Gesammtkapital betrachtet,
einschliessen. Aber es gibt andre Momente der Intensifikation,
wie z. B. beschleunigte Geschwindigkeit der Maschinerie, die in
derselben Zeit zwar mehr Rohmaterial vernutzen, aber was das
fixe Kapital angeht, die Maschinerie zwar schneller aufnutzen, das
Verhältniss ihres Werths zum Preis der Arbeit, die sie in Be-
wegung setzt, indess keineswegs afficiren. Namentlich aber ist es
die Verlängerung des Arbeitstags, diese Erfindung der modernen
Industrie, welche die Masse der angeeigneten Mehrarbeit vermehrt,

Vierzehntes Kapitel.
Entgegenwirkende Ursachen.

Wenn man die enorme Entwicklung der Produktivkräfte der
gesellschaftlichen Arbeit selbst nur in den letzten 30 Jahren,
verglichen mit allen frühern Perioden, betrachtet, wenn man
namentlich die enorme Masse von fixem Kapital betrachtet, das
ausser der eigentlichen Maschinerie in die Gesammtheit des ge-
sellschaftlichen Produktionsprocesses eingeht, so tritt an die Stelle
der Schwierigkeit, welche bisher die Oekonomen beschäftigt hat,
nämlich den Fall der Profitrate zu erklären, die umgekehrte, nämlich
zu erklären warum dieser Fall nicht grösser oder rascher ist?
Es müssen gegenwirkende Einflüsse im Spiel sein, welche die
Wirkung des allgemeinen Gesetzes durchkreuzen und aufheben,
und ihm nur den Charakter einer Tendenz geben, weshalb wir
auch den Fall der allgemeinen Profitrate als einen tendenziellen
Fall bezeichnet haben. Die allgemeinsten dieser Ursachen sind
folgende:

I. Erhöhung des Exploitationsgrads der Arbeit.

Der Exploitationsgrad der Arbeit, die Aneignung von Mehrar-
beit und Mehrwerth wird erhöht namentlich durch Verlängerung
des Arbeitstags und Intensifikation der Arbeit. Diese beiden
Punkte sind ausführlich entwickelt in Buch I bei der Produktion
des absoluten und des relativen Mehrwerths. Es gibt viele Mo-
mente der Intensifikation der Arbeit, die ein Wachsthum des kon-
stanten Kapitals gegen das variable, also Fall der Profitrate ein-
schliessen, wie wenn ein Arbeiter grössre Masse von Maschinerie
zu überwachen hat. Hier — wie bei den meisten Proceduren,
die zur Produktion des relativen Mehrwerths dienen — mögen
dieselben Ursachen, die ein Wachsthum in der Rate des Mehr-
werths hervorbringen, einen Fall in der Masse des Mehrwerths,
gegebne Grössen von angewandtem Gesammtkapital betrachtet,
einschliessen. Aber es gibt andre Momente der Intensifikation,
wie z. B. beschleunigte Geschwindigkeit der Maschinerie, die in
derselben Zeit zwar mehr Rohmaterial vernutzen, aber was das
fixe Kapital angeht, die Maschinerie zwar schneller aufnutzen, das
Verhältniss ihres Werths zum Preis der Arbeit, die sie in Be-
wegung setzt, indess keineswegs afficiren. Namentlich aber ist es
die Verlängerung des Arbeitstags, diese Erfindung der modernen
Industrie, welche die Masse der angeeigneten Mehrarbeit vermehrt,

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[213/0247] Vierzehntes Kapitel. Entgegenwirkende Ursachen. Wenn man die enorme Entwicklung der Produktivkräfte der gesellschaftlichen Arbeit selbst nur in den letzten 30 Jahren, verglichen mit allen frühern Perioden, betrachtet, wenn man namentlich die enorme Masse von fixem Kapital betrachtet, das ausser der eigentlichen Maschinerie in die Gesammtheit des ge- sellschaftlichen Produktionsprocesses eingeht, so tritt an die Stelle der Schwierigkeit, welche bisher die Oekonomen beschäftigt hat, nämlich den Fall der Profitrate zu erklären, die umgekehrte, nämlich zu erklären warum dieser Fall nicht grösser oder rascher ist? Es müssen gegenwirkende Einflüsse im Spiel sein, welche die Wirkung des allgemeinen Gesetzes durchkreuzen und aufheben, und ihm nur den Charakter einer Tendenz geben, weshalb wir auch den Fall der allgemeinen Profitrate als einen tendenziellen Fall bezeichnet haben. Die allgemeinsten dieser Ursachen sind folgende: I. Erhöhung des Exploitationsgrads der Arbeit. Der Exploitationsgrad der Arbeit, die Aneignung von Mehrar- beit und Mehrwerth wird erhöht namentlich durch Verlängerung des Arbeitstags und Intensifikation der Arbeit. Diese beiden Punkte sind ausführlich entwickelt in Buch I bei der Produktion des absoluten und des relativen Mehrwerths. Es gibt viele Mo- mente der Intensifikation der Arbeit, die ein Wachsthum des kon- stanten Kapitals gegen das variable, also Fall der Profitrate ein- schliessen, wie wenn ein Arbeiter grössre Masse von Maschinerie zu überwachen hat. Hier — wie bei den meisten Proceduren, die zur Produktion des relativen Mehrwerths dienen — mögen dieselben Ursachen, die ein Wachsthum in der Rate des Mehr- werths hervorbringen, einen Fall in der Masse des Mehrwerths, gegebne Grössen von angewandtem Gesammtkapital betrachtet, einschliessen. Aber es gibt andre Momente der Intensifikation, wie z. B. beschleunigte Geschwindigkeit der Maschinerie, die in derselben Zeit zwar mehr Rohmaterial vernutzen, aber was das fixe Kapital angeht, die Maschinerie zwar schneller aufnutzen, das Verhältniss ihres Werths zum Preis der Arbeit, die sie in Be- wegung setzt, indess keineswegs afficiren. Namentlich aber ist es die Verlängerung des Arbeitstags, diese Erfindung der modernen Industrie, welche die Masse der angeeigneten Mehrarbeit vermehrt,

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Zitationshilfe: Marx, Karl: Das Kapital. Buch III: Der Gesammtprocess der kapitalistischen Produktion. Kapitel I bis XXVIII. Hamburg, 1894, S. 213. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/marx_kapital0301_1894/247>, abgerufen am 29.03.2024.