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Marx, Karl: Das Kapital. Buch III: Der Gesammtprocess der kapitalistischen Produktion. Kapitel I bis XXVIII. Hamburg, 1894.

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losigkeit beschränkt -- macht Platz dem Glauben, dass Nachfrage
und Zufuhr sich gegenseitig reguliren werden.16) Der Aberglaube
der Kapitalisten ist hier so grob, dass selbst die Fabrikinspektoren
wieder und wieder in ihren Berichten darüber die Hände über
dem Kopf zusammenschlagen. Die Abwechslung guter und schlechter
Jahre bringt natürlich auch wieder wohlfeilere Rohstoffe hervor. Ab-
gesehn von der unmittelbaren Wirkung, die dies auf Ausdehnung
der Nachfrage hat, kommt hinzu die früher erwähnte Wirkung
auf die Profitrate, als Stimulus. Und der obige Process mit dem
allmäligen Ueberholtwerden der Produktion der Rohstoffe durch
die Produktion von Maschinerie etc. wiederholt sich dann auf
grössrer Stufenleiter. Die wirkliche Verbesserung des Rohstoffs,
sodass er nicht nur der Quantität, sondern auch der erheischten
Qualität nach geliefert würde, z. B. Baumwolle amerikanischer Qualität
von Indien aus, würde erheischen langfortgesetzte, regelmäßig
wachsende und stetige europäische Nachfrage (ganz abgesehn von
den ökonomischen Bedingungen, worunter der indische Producent
in seiner Heimath gestellt ist). So aber wird die Produktions-
sphäre der Rohstoffe nur stossweise, bald plötzlich erweitert, dann
wieder gewaltsam kontrahirt. Es ist dies alles, wie auch der
Geist der kapitalistischen Produktion überhaupt, sehr gut zu
studiren an der Baumwollennoth von 1861--65, wo noch hinzu-
kam, dass ein Rohstoff zeitweis ganz fehlte, der eins der wesent-
lichsten Elemente der Reproduktion ist. Es kann nämlich auch
der Preis steigen, während die Zufuhr voll ist, aber unter schwie-
rigern Bedingungen voll. Oder es kann wirklicher Mangel an

16) Seit obiges geschrieben wurde (1865), hat sich die Konkurrenz auf
dem Weltmarkt bedeutend gesteigert durch die rapide Entwicklung der
Industrie in allen Kulturländern, namentlich in Amerika und Deutschland.
Die Thatsache, dass die rasch und riesig anschwellenden modernen Produktiv-
kräfte den Gesetzen des kapitalistischen Waarenaustausches, innerhalb deren
sie sich bewegen sollen, täglich mehr über den Kopf wachsen -- diese That-
sache drängt sich heute auch dem Bewusstsein der Kapitalisten selbst mehr
und mehr auf. Dies zeigt sich namentlich in zwei Symptomen. Erstens in
der neuen allgemeinen Schutzzoll-Manie, die sich von der alten Schutzzöll-
nerei besonders dadurch unterscheidet, dass sie gerade die exportfähigen
Artikel am meisten schützt. Zweitens in den Kartellen (Trusts) der Fabri-
kanten ganzer grosser Produktionssphären zur Regulirung der Produktion
und damit der Preise und Profite. Es ist selbstredend, dass diese Experimente
nur bei relativ günstigem ökonomischen Wetter durchführbar sind. Der
erste Sturm muss sie über den Haufen werfen und beweisen, dass, wenn
auch die Produktion einer Regulirung bedarf, es sicher nicht die Kapita-
listenklasse ist, die dazu berufen ist. Inzwischen haben diese Kartelle nur
den Zweck, dafür zu sorgen, dass die Kleinen noch rascher von den Grossen
verspeist werden als bisher. -- F. E.
Marx, Kapital III. 7

losigkeit beschränkt — macht Platz dem Glauben, dass Nachfrage
und Zufuhr sich gegenseitig reguliren werden.16) Der Aberglaube
der Kapitalisten ist hier so grob, dass selbst die Fabrikinspektoren
wieder und wieder in ihren Berichten darüber die Hände über
dem Kopf zusammenschlagen. Die Abwechslung guter und schlechter
Jahre bringt natürlich auch wieder wohlfeilere Rohstoffe hervor. Ab-
gesehn von der unmittelbaren Wirkung, die dies auf Ausdehnung
der Nachfrage hat, kommt hinzu die früher erwähnte Wirkung
auf die Profitrate, als Stimulus. Und der obige Process mit dem
allmäligen Ueberholtwerden der Produktion der Rohstoffe durch
die Produktion von Maschinerie etc. wiederholt sich dann auf
grössrer Stufenleiter. Die wirkliche Verbesserung des Rohstoffs,
sodass er nicht nur der Quantität, sondern auch der erheischten
Qualität nach geliefert würde, z. B. Baumwolle amerikanischer Qualität
von Indien aus, würde erheischen langfortgesetzte, regelmäßig
wachsende und stetige europäische Nachfrage (ganz abgesehn von
den ökonomischen Bedingungen, worunter der indische Producent
in seiner Heimath gestellt ist). So aber wird die Produktions-
sphäre der Rohstoffe nur stossweise, bald plötzlich erweitert, dann
wieder gewaltsam kontrahirt. Es ist dies alles, wie auch der
Geist der kapitalistischen Produktion überhaupt, sehr gut zu
studiren an der Baumwollennoth von 1861—65, wo noch hinzu-
kam, dass ein Rohstoff zeitweis ganz fehlte, der eins der wesent-
lichsten Elemente der Reproduktion ist. Es kann nämlich auch
der Preis steigen, während die Zufuhr voll ist, aber unter schwie-
rigern Bedingungen voll. Oder es kann wirklicher Mangel an

16) Seit obiges geschrieben wurde (1865), hat sich die Konkurrenz auf
dem Weltmarkt bedeutend gesteigert durch die rapide Entwicklung der
Industrie in allen Kulturländern, namentlich in Amerika und Deutschland.
Die Thatsache, dass die rasch und riesig anschwellenden modernen Produktiv-
kräfte den Gesetzen des kapitalistischen Waarenaustausches, innerhalb deren
sie sich bewegen sollen, täglich mehr über den Kopf wachsen — diese That-
sache drängt sich heute auch dem Bewusstsein der Kapitalisten selbst mehr
und mehr auf. Dies zeigt sich namentlich in zwei Symptomen. Erstens in
der neuen allgemeinen Schutzzoll-Manie, die sich von der alten Schutzzöll-
nerei besonders dadurch unterscheidet, dass sie gerade die exportfähigen
Artikel am meisten schützt. Zweitens in den Kartellen (Trusts) der Fabri-
kanten ganzer grosser Produktionssphären zur Regulirung der Produktion
und damit der Preise und Profite. Es ist selbstredend, dass diese Experimente
nur bei relativ günstigem ökonomischen Wetter durchführbar sind. Der
erste Sturm muss sie über den Haufen werfen und beweisen, dass, wenn
auch die Produktion einer Regulirung bedarf, es sicher nicht die Kapita-
listenklasse ist, die dazu berufen ist. Inzwischen haben diese Kartelle nur
den Zweck, dafür zu sorgen, dass die Kleinen noch rascher von den Grossen
verspeist werden als bisher. — F. E.
Marx, Kapital III. 7
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[97/0131] losigkeit beschränkt — macht Platz dem Glauben, dass Nachfrage und Zufuhr sich gegenseitig reguliren werden. 16) Der Aberglaube der Kapitalisten ist hier so grob, dass selbst die Fabrikinspektoren wieder und wieder in ihren Berichten darüber die Hände über dem Kopf zusammenschlagen. Die Abwechslung guter und schlechter Jahre bringt natürlich auch wieder wohlfeilere Rohstoffe hervor. Ab- gesehn von der unmittelbaren Wirkung, die dies auf Ausdehnung der Nachfrage hat, kommt hinzu die früher erwähnte Wirkung auf die Profitrate, als Stimulus. Und der obige Process mit dem allmäligen Ueberholtwerden der Produktion der Rohstoffe durch die Produktion von Maschinerie etc. wiederholt sich dann auf grössrer Stufenleiter. Die wirkliche Verbesserung des Rohstoffs, sodass er nicht nur der Quantität, sondern auch der erheischten Qualität nach geliefert würde, z. B. Baumwolle amerikanischer Qualität von Indien aus, würde erheischen langfortgesetzte, regelmäßig wachsende und stetige europäische Nachfrage (ganz abgesehn von den ökonomischen Bedingungen, worunter der indische Producent in seiner Heimath gestellt ist). So aber wird die Produktions- sphäre der Rohstoffe nur stossweise, bald plötzlich erweitert, dann wieder gewaltsam kontrahirt. Es ist dies alles, wie auch der Geist der kapitalistischen Produktion überhaupt, sehr gut zu studiren an der Baumwollennoth von 1861—65, wo noch hinzu- kam, dass ein Rohstoff zeitweis ganz fehlte, der eins der wesent- lichsten Elemente der Reproduktion ist. Es kann nämlich auch der Preis steigen, während die Zufuhr voll ist, aber unter schwie- rigern Bedingungen voll. Oder es kann wirklicher Mangel an 16) Seit obiges geschrieben wurde (1865), hat sich die Konkurrenz auf dem Weltmarkt bedeutend gesteigert durch die rapide Entwicklung der Industrie in allen Kulturländern, namentlich in Amerika und Deutschland. Die Thatsache, dass die rasch und riesig anschwellenden modernen Produktiv- kräfte den Gesetzen des kapitalistischen Waarenaustausches, innerhalb deren sie sich bewegen sollen, täglich mehr über den Kopf wachsen — diese That- sache drängt sich heute auch dem Bewusstsein der Kapitalisten selbst mehr und mehr auf. Dies zeigt sich namentlich in zwei Symptomen. Erstens in der neuen allgemeinen Schutzzoll-Manie, die sich von der alten Schutzzöll- nerei besonders dadurch unterscheidet, dass sie gerade die exportfähigen Artikel am meisten schützt. Zweitens in den Kartellen (Trusts) der Fabri- kanten ganzer grosser Produktionssphären zur Regulirung der Produktion und damit der Preise und Profite. Es ist selbstredend, dass diese Experimente nur bei relativ günstigem ökonomischen Wetter durchführbar sind. Der erste Sturm muss sie über den Haufen werfen und beweisen, dass, wenn auch die Produktion einer Regulirung bedarf, es sicher nicht die Kapita- listenklasse ist, die dazu berufen ist. Inzwischen haben diese Kartelle nur den Zweck, dafür zu sorgen, dass die Kleinen noch rascher von den Grossen verspeist werden als bisher. — F. E. Marx, Kapital III. 7

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Zitationshilfe: Marx, Karl: Das Kapital. Buch III: Der Gesammtprocess der kapitalistischen Produktion. Kapitel I bis XXVIII. Hamburg, 1894, S. 97. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/marx_kapital0301_1894/131>, abgerufen am 24.04.2024.