Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Marx, Karl: Das Kapital. Buch III: Der Gesammtprocess der kapitalistischen Produktion. Kapitel I bis XXVIII. Hamburg, 1894.

Bild:
<< vorherige Seite
[Tabelle]

(p. 30.) Es ist zu bemerken und ist in der That von John
Simon, dem Chef der medicinischen Abtheilung, von dem der Be-
richt ausgeht, bemerkt, dass für das Alter von 25--35 Jahren die
Sterblichkeit der Schneider, Schriftsetzer und Drucker in London
zu gering angegeben ist, weil in beiden Geschäftszweigen die
Londoner Meister eine grosse Zahl junger Leute (wahrscheinlich
bis zu 30 Jahren) vom Lande als Lehrlinge und "improvers", d. h.
zur weitern Ausbildung, erhalten. Sie vermehren die Anzahl der
Beschäftigten, worauf die industriellen Sterblichkeitsraten für Lon-
don berechnet werden müssen; aber sie tragen nicht in gleichem
Verhältniss bei zur Anzahl der Todesfälle in London, weil ihr
Aufenthalt dort nur zeitweilig ist; erkranken sie während dieser
Zeit, so gehn sie aufs Land nach Hause zurück, und dort wird,
wenn sie sterben, der Todesfall eingetragen. Dieser Umstand
afficirt noch mehr die frühern Altersstufen, und macht die Lon-
doner Sterblichkeitsraten für diese Stufen vollständig werthlos als
Maßstäbe der industriellen Gesundheitswidrigkeit (p. 30).

Aehnlich wie mit den Schneidern verhält es sich mit den Schrift-
setzern, bei denen zum Mangel an Ventilation, zur Pestluft u. s. w.
noch Nachtarbeit hinzukommt. Ihre gewöhnliche Arbeitszeit dauert
12 bis 13 Stunden, manchmal 15 bis 16. "Grosse Hitze und Stick-
luft sobald das Gas angezündet wird. . . . Es kommt nicht selten
vor, dass Dünste von einer Giesserei, oder Gestank von Maschinerie
oder Senkgruben aus dem untern Stockwerk heraufsteigen und
die Uebel des obern Zimmers verschlimmern. Die erhitzte Luft
der untern Räume heizt die obern schon durch Erwärmung des
Bodens, und wenn die Räume bei grossem Gasverbrauch niedrig
sind, ist dies ein grosses Uebel. Noch schlimmer ist es da, wo
die Dampfkessel im untern Raum stehn und das ganze Haus mit
unerwünschter Hitze füllen. . . . Im allgemeinen kann gesagt werden,
dass die Lüftung durchweg mangelhaft und total ungenügend ist, um
die Hitze und die Verbrennungsprodukte des Gases nach Sonnenunter-
gang zu entfernen, und dass in vielen Werkstätten, besonders wo

[Tabelle]

(p. 30.) Es ist zu bemerken und ist in der That von John
Simon, dem Chef der medicinischen Abtheilung, von dem der Be-
richt ausgeht, bemerkt, dass für das Alter von 25—35 Jahren die
Sterblichkeit der Schneider, Schriftsetzer und Drucker in London
zu gering angegeben ist, weil in beiden Geschäftszweigen die
Londoner Meister eine grosse Zahl junger Leute (wahrscheinlich
bis zu 30 Jahren) vom Lande als Lehrlinge und „improvers“, d. h.
zur weitern Ausbildung, erhalten. Sie vermehren die Anzahl der
Beschäftigten, worauf die industriellen Sterblichkeitsraten für Lon-
don berechnet werden müssen; aber sie tragen nicht in gleichem
Verhältniss bei zur Anzahl der Todesfälle in London, weil ihr
Aufenthalt dort nur zeitweilig ist; erkranken sie während dieser
Zeit, so gehn sie aufs Land nach Hause zurück, und dort wird,
wenn sie sterben, der Todesfall eingetragen. Dieser Umstand
afficirt noch mehr die frühern Altersstufen, und macht die Lon-
doner Sterblichkeitsraten für diese Stufen vollständig werthlos als
Maßstäbe der industriellen Gesundheitswidrigkeit (p. 30).

Aehnlich wie mit den Schneidern verhält es sich mit den Schrift-
setzern, bei denen zum Mangel an Ventilation, zur Pestluft u. s. w.
noch Nachtarbeit hinzukommt. Ihre gewöhnliche Arbeitszeit dauert
12 bis 13 Stunden, manchmal 15 bis 16. „Grosse Hitze und Stick-
luft sobald das Gas angezündet wird. . . . Es kommt nicht selten
vor, dass Dünste von einer Giesserei, oder Gestank von Maschinerie
oder Senkgruben aus dem untern Stockwerk heraufsteigen und
die Uebel des obern Zimmers verschlimmern. Die erhitzte Luft
der untern Räume heizt die obern schon durch Erwärmung des
Bodens, und wenn die Räume bei grossem Gasverbrauch niedrig
sind, ist dies ein grosses Uebel. Noch schlimmer ist es da, wo
die Dampfkessel im untern Raum stehn und das ganze Haus mit
unerwünschter Hitze füllen. . . . Im allgemeinen kann gesagt werden,
dass die Lüftung durchweg mangelhaft und total ungenügend ist, um
die Hitze und die Verbrennungsprodukte des Gases nach Sonnenunter-
gang zu entfernen, und dass in vielen Werkstätten, besonders wo

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <pb facs="#f0103" n="69"/>
              <table>
                <row>
                  <cell/>
                </row>
              </table>
              <p>(p. 30.) Es ist zu bemerken und ist in der That von John<lb/>
Simon, dem Chef der medicinischen Abtheilung, von dem der Be-<lb/>
richt ausgeht, bemerkt, dass für das Alter von 25&#x2014;35 Jahren die<lb/>
Sterblichkeit der Schneider, Schriftsetzer und Drucker in London<lb/>
zu gering angegeben ist, weil in beiden Geschäftszweigen die<lb/>
Londoner Meister eine grosse Zahl junger Leute (wahrscheinlich<lb/>
bis zu 30 Jahren) vom Lande als Lehrlinge und &#x201E;improvers&#x201C;, d. h.<lb/>
zur weitern Ausbildung, erhalten. Sie vermehren die Anzahl der<lb/>
Beschäftigten, worauf die industriellen Sterblichkeitsraten für Lon-<lb/>
don berechnet werden müssen; aber sie tragen nicht in gleichem<lb/>
Verhältniss bei zur Anzahl der Todesfälle in London, weil ihr<lb/>
Aufenthalt dort nur zeitweilig ist; erkranken sie während dieser<lb/>
Zeit, so gehn sie aufs Land nach Hause zurück, und dort wird,<lb/>
wenn sie sterben, der Todesfall eingetragen. Dieser Umstand<lb/>
afficirt noch mehr die frühern Altersstufen, und macht die Lon-<lb/>
doner Sterblichkeitsraten für diese Stufen vollständig werthlos als<lb/>
Maßstäbe der industriellen Gesundheitswidrigkeit (p. 30).</p><lb/>
              <p>Aehnlich wie mit den Schneidern verhält es sich mit den Schrift-<lb/>
setzern, bei denen zum Mangel an Ventilation, zur Pestluft u. s. w.<lb/>
noch Nachtarbeit hinzukommt. Ihre gewöhnliche Arbeitszeit dauert<lb/>
12 bis 13 Stunden, manchmal 15 bis 16. &#x201E;Grosse Hitze und Stick-<lb/>
luft sobald das Gas angezündet wird. . . . Es kommt nicht selten<lb/>
vor, dass Dünste von einer Giesserei, oder Gestank von Maschinerie<lb/>
oder Senkgruben aus dem untern Stockwerk heraufsteigen und<lb/>
die Uebel des obern Zimmers verschlimmern. Die erhitzte Luft<lb/>
der untern Räume heizt die obern schon durch Erwärmung des<lb/>
Bodens, und wenn die Räume bei grossem Gasverbrauch niedrig<lb/>
sind, ist dies ein grosses Uebel. Noch schlimmer ist es da, wo<lb/>
die Dampfkessel im untern Raum stehn und das ganze Haus mit<lb/>
unerwünschter Hitze füllen. . . . Im allgemeinen kann gesagt werden,<lb/>
dass die Lüftung durchweg mangelhaft und total ungenügend ist, um<lb/>
die Hitze und die Verbrennungsprodukte des Gases nach Sonnenunter-<lb/>
gang zu entfernen, und dass in vielen Werkstätten, besonders wo<lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[69/0103] (p. 30.) Es ist zu bemerken und ist in der That von John Simon, dem Chef der medicinischen Abtheilung, von dem der Be- richt ausgeht, bemerkt, dass für das Alter von 25—35 Jahren die Sterblichkeit der Schneider, Schriftsetzer und Drucker in London zu gering angegeben ist, weil in beiden Geschäftszweigen die Londoner Meister eine grosse Zahl junger Leute (wahrscheinlich bis zu 30 Jahren) vom Lande als Lehrlinge und „improvers“, d. h. zur weitern Ausbildung, erhalten. Sie vermehren die Anzahl der Beschäftigten, worauf die industriellen Sterblichkeitsraten für Lon- don berechnet werden müssen; aber sie tragen nicht in gleichem Verhältniss bei zur Anzahl der Todesfälle in London, weil ihr Aufenthalt dort nur zeitweilig ist; erkranken sie während dieser Zeit, so gehn sie aufs Land nach Hause zurück, und dort wird, wenn sie sterben, der Todesfall eingetragen. Dieser Umstand afficirt noch mehr die frühern Altersstufen, und macht die Lon- doner Sterblichkeitsraten für diese Stufen vollständig werthlos als Maßstäbe der industriellen Gesundheitswidrigkeit (p. 30). Aehnlich wie mit den Schneidern verhält es sich mit den Schrift- setzern, bei denen zum Mangel an Ventilation, zur Pestluft u. s. w. noch Nachtarbeit hinzukommt. Ihre gewöhnliche Arbeitszeit dauert 12 bis 13 Stunden, manchmal 15 bis 16. „Grosse Hitze und Stick- luft sobald das Gas angezündet wird. . . . Es kommt nicht selten vor, dass Dünste von einer Giesserei, oder Gestank von Maschinerie oder Senkgruben aus dem untern Stockwerk heraufsteigen und die Uebel des obern Zimmers verschlimmern. Die erhitzte Luft der untern Räume heizt die obern schon durch Erwärmung des Bodens, und wenn die Räume bei grossem Gasverbrauch niedrig sind, ist dies ein grosses Uebel. Noch schlimmer ist es da, wo die Dampfkessel im untern Raum stehn und das ganze Haus mit unerwünschter Hitze füllen. . . . Im allgemeinen kann gesagt werden, dass die Lüftung durchweg mangelhaft und total ungenügend ist, um die Hitze und die Verbrennungsprodukte des Gases nach Sonnenunter- gang zu entfernen, und dass in vielen Werkstätten, besonders wo

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/marx_kapital0301_1894
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/marx_kapital0301_1894/103
Zitationshilfe: Marx, Karl: Das Kapital. Buch III: Der Gesammtprocess der kapitalistischen Produktion. Kapitel I bis XXVIII. Hamburg, 1894, S. 69. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/marx_kapital0301_1894/103>, abgerufen am 24.04.2024.