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Vergilius Maro, Publius: Eigentlicher Abriß Eines verständigen/ tapfferen und frommen Fürsten/ Von dem fürtrefflichsten Poeten Virgilius. Cölln (Spree), 1668.

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Das Erste Buch.
Sie sucht ihn bittlich an/ er wol ihr eine stelle
Verkauffen/ welche man mit einmochsen felle
Begreiffen könte nur. Der könig stellt ihrs frey.
Da schneidet sie das fell in kleine stück entzwey/
Und nimmt sich einen raum fast auff sechs welsche meilen/
Da läßt sie weit und breit die stückelein vertheilen/
Und baut sich eine stadt in eil und kurtzer frist/
Die nun/ gestalt ihr seht/ sehr groß und volckreich ist.
Sagt aber/ wer seyd ihr? Von wannen seyd ihr kommen?
Und wo gedenckt ihr hin? Sie hattens kaum vernommen/
Da seufftzt Eneas tieff und hebt so traurig an/
Daß er auff ihre frag kaum antwort geben kan:
O Göttin/ sollt ich dir mein elend ohn perheelen
Von ersten anfang her der länge nach erzehlen/
Und du dir nehmen köntst die weile/ meine müh
Und noht zu hören an/ die ich so spat/ so früh
Zu wasser und zu land mit tausend hertz beschwerden
Gelitten und beseufftzt/ würds eher abend werden:
Wir sind von Troja her (so anders euch diß land
Zu ohren kommen ist und namen ist bekant)
Nach dem wir aber seind durch manches meer gezogen/
Getrieben hin und her vom wind und wasserwogen/
Hat uns von ohngefehr ein sturm in Libyen
Verschlagen/ daß wir da gestrand und stille stehn.
Im fall du aber fragst nach mir und meinen namen/
Bin ich Eneas/ der gezeugt aus Götter saamen
Und königlichen stamm/ der fromme sonst genand/
Weil meinen vater ich getragen aus dem brand
Auff
Das Erſte Buch.
Sie ſucht ihn bittlich an/ er wol ihr eine ſtelle
Verkauffen/ welche man mit einmochſen felle
Begreiffen koͤnte nur. Der koͤnig ſtellt ihrs frey.
Da ſchneidet ſie das fell in kleine ſtuͤck entzwey/
Und nimmt ſich einen raum faſt auff ſechs welſche meilẽ/
Da laͤßt ſie weit und breit die ſtuͤckelein vertheilen/
Und baut ſich eine ſtadt in eil und kurtzer friſt/
Die nun/ geſtalt ihr ſeht/ ſehr groß und volckreich iſt.
Sagt aber/ wer ſeyd ihr? Von wannen ſeyd ihr kommen?
Und wo gedenckt ihr hin? Sie hattens kaum vernom̃en/
Da ſeufftzt Eneas tieff und hebt ſo traurig an/
Daß er auff ihre frag kaum antwort geben kan:
O Goͤttin/ ſollt ich dir mein elend ohn perheelen
Von erſten anfang her der laͤnge nach erzehlen/
Und du dir nehmen koͤntſt die weile/ meine muͤh
Und noht zu hoͤren an/ die ich ſo ſpat/ ſo fruͤh
Zu waſſer und zu land mit tauſend hertz beſchwerden
Gelitten und beſeufftzt/ wuͤrds eher abend werden:
Wir ſind von Troja her (ſo anders euch diß land
Zu ohren kommen iſt und namen iſt bekant)
Nach dem wir aber ſeind durch manches meer gezogen/
Getrieben hin und her vom wind und waſſerwogen/
Hat uns von ohngefehr ein ſturm in Libyen
Verſchlagen/ daß wir da geſtrand und ſtille ſtehn.
Im fall du aber fragſt nach mir und meinen namen/
Bin ich Eneas/ der gezeugt aus Goͤtter ſaamen
Und koͤniglichen ſtamm/ der fromme ſonſt genand/
Weil meinen vater ich getragen aus dem brand
Auff
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[26/0048] Das Erſte Buch. Sie ſucht ihn bittlich an/ er wol ihr eine ſtelle Verkauffen/ welche man mit einmochſen felle Begreiffen koͤnte nur. Der koͤnig ſtellt ihrs frey. Da ſchneidet ſie das fell in kleine ſtuͤck entzwey/ Und nimmt ſich einen raum faſt auff ſechs welſche meilẽ/ Da laͤßt ſie weit und breit die ſtuͤckelein vertheilen/ Und baut ſich eine ſtadt in eil und kurtzer friſt/ Die nun/ geſtalt ihr ſeht/ ſehr groß und volckreich iſt. Sagt aber/ wer ſeyd ihr? Von wannen ſeyd ihr kommen? Und wo gedenckt ihr hin? Sie hattens kaum vernom̃en/ Da ſeufftzt Eneas tieff und hebt ſo traurig an/ Daß er auff ihre frag kaum antwort geben kan: O Goͤttin/ ſollt ich dir mein elend ohn perheelen Von erſten anfang her der laͤnge nach erzehlen/ Und du dir nehmen koͤntſt die weile/ meine muͤh Und noht zu hoͤren an/ die ich ſo ſpat/ ſo fruͤh Zu waſſer und zu land mit tauſend hertz beſchwerden Gelitten und beſeufftzt/ wuͤrds eher abend werden: Wir ſind von Troja her (ſo anders euch diß land Zu ohren kommen iſt und namen iſt bekant) Nach dem wir aber ſeind durch manches meer gezogen/ Getrieben hin und her vom wind und waſſerwogen/ Hat uns von ohngefehr ein ſturm in Libyen Verſchlagen/ daß wir da geſtrand und ſtille ſtehn. Im fall du aber fragſt nach mir und meinen namen/ Bin ich Eneas/ der gezeugt aus Goͤtter ſaamen Und koͤniglichen ſtamm/ der fromme ſonſt genand/ Weil meinen vater ich getragen aus dem brand Auff

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Zitationshilfe: Vergilius Maro, Publius: Eigentlicher Abriß Eines verständigen/ tapfferen und frommen Fürsten/ Von dem fürtrefflichsten Poeten Virgilius. Cölln (Spree), 1668, S. 26. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/maro_abriss_1668/48>, abgerufen am 29.03.2024.