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Mangoldt, Hans von: Die Lehre vom Unternehmergewinn. Leipzig, 1855.

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schaftliche Gefahr eben darin, daß keine Aussicht auf Wieder-
beibringung eines erlittenen Verlustes vorhanden ist, wie ein
einmal gemachter Gewinn nicht zum Ersatze künftiger oder vor-
hergegangener Verluste verwendet zu werden braucht, daß es
mithin verschiedene Personen sind, auf welche der eine und auf
welche der andere fällt. Der Grund hiervon kann sowohl darin
liegen, daß eine Unternehmung nur auf eine einmalige oder
wenigstens beschränkte Zahl von Operationen berechnet und nach
deren Vollendung ein für allemal zu Ende ist, als darin, daß
die Ursache des Verlustes so außerordentlicher Art ist, daß man
nicht annehmen kann, sie kehre auf eine bestimmte wiederholte,
wenn auch noch so große Zahl von Operationen regelmäßig
wieder. Was in solchem Falle Einer verloren hat, das wird
ihm, wie gesagt, nicht wieder ersetzt, und umgekehrt braucht auch
derjenige, welcher hier mehr als die Kosten gewinnt, von diesem
Ertrage nichts für Capitalersatz in Abzug zu bringen, sondern
der Mehrbetrag ist reiner Unternehmergewinn. Dem entspricht
auch das Verfahren des wirklichen Lebens. Von den Actionären
der zwölf englischen Gascompagnieen, welche nach Schön 1) 6 bis
12 Procent Dividende gewähren, ersetzt keiner den Actionären der
übrigen vierzig Gesellschaften, welche nicht einmal die landesüblichen
Zinsen geben, ihre Verluste. Jeder gesuchte Advocat kann einen
Theil seines Einkommens als eine Folge davon ansehen, daß
Viele, die mit ihm nach dem gleichen Ziele strebten, dasselbe
nicht erreicht haben; aber es wird ihm nicht einfallen, deshalb
diesen Theil sparend zurückzulegen, sondern er consumirt ihn
eben auch, wie sein übriges Einkommen.

Es fragt sich nun, ob auch für diese Verhältnisse die obige
Regel gilt, die wir kurz dahin bezeichnen können, daß der mög-

1) a. a. O. S. 114.

ſchaftliche Gefahr eben darin, daß keine Ausſicht auf Wieder-
beibringung eines erlittenen Verluſtes vorhanden iſt, wie ein
einmal gemachter Gewinn nicht zum Erſatze kuͤnftiger oder vor-
hergegangener Verluſte verwendet zu werden braucht, daß es
mithin verſchiedene Perſonen ſind, auf welche der eine und auf
welche der andere faͤllt. Der Grund hiervon kann ſowohl darin
liegen, daß eine Unternehmung nur auf eine einmalige oder
wenigſtens beſchraͤnkte Zahl von Operationen berechnet und nach
deren Vollendung ein fuͤr allemal zu Ende iſt, als darin, daß
die Urſache des Verluſtes ſo außerordentlicher Art iſt, daß man
nicht annehmen kann, ſie kehre auf eine beſtimmte wiederholte,
wenn auch noch ſo große Zahl von Operationen regelmaͤßig
wieder. Was in ſolchem Falle Einer verloren hat, das wird
ihm, wie geſagt, nicht wieder erſetzt, und umgekehrt braucht auch
derjenige, welcher hier mehr als die Koſten gewinnt, von dieſem
Ertrage nichts fuͤr Capitalerſatz in Abzug zu bringen, ſondern
der Mehrbetrag iſt reiner Unternehmergewinn. Dem entſpricht
auch das Verfahren des wirklichen Lebens. Von den Actionaͤren
der zwoͤlf engliſchen Gascompagnieen, welche nach Schoͤn 1) 6 bis
12 Procent Dividende gewaͤhren, erſetzt keiner den Actionaͤren der
uͤbrigen vierzig Geſellſchaften, welche nicht einmal die landesuͤblichen
Zinſen geben, ihre Verluſte. Jeder geſuchte Advocat kann einen
Theil ſeines Einkommens als eine Folge davon anſehen, daß
Viele, die mit ihm nach dem gleichen Ziele ſtrebten, daſſelbe
nicht erreicht haben; aber es wird ihm nicht einfallen, deshalb
dieſen Theil ſparend zuruͤckzulegen, ſondern er conſumirt ihn
eben auch, wie ſein uͤbriges Einkommen.

Es fragt ſich nun, ob auch fuͤr dieſe Verhaͤltniſſe die obige
Regel gilt, die wir kurz dahin bezeichnen koͤnnen, daß der moͤg-

1) a. a. O. S. 114.
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[84/0096] ſchaftliche Gefahr eben darin, daß keine Ausſicht auf Wieder- beibringung eines erlittenen Verluſtes vorhanden iſt, wie ein einmal gemachter Gewinn nicht zum Erſatze kuͤnftiger oder vor- hergegangener Verluſte verwendet zu werden braucht, daß es mithin verſchiedene Perſonen ſind, auf welche der eine und auf welche der andere faͤllt. Der Grund hiervon kann ſowohl darin liegen, daß eine Unternehmung nur auf eine einmalige oder wenigſtens beſchraͤnkte Zahl von Operationen berechnet und nach deren Vollendung ein fuͤr allemal zu Ende iſt, als darin, daß die Urſache des Verluſtes ſo außerordentlicher Art iſt, daß man nicht annehmen kann, ſie kehre auf eine beſtimmte wiederholte, wenn auch noch ſo große Zahl von Operationen regelmaͤßig wieder. Was in ſolchem Falle Einer verloren hat, das wird ihm, wie geſagt, nicht wieder erſetzt, und umgekehrt braucht auch derjenige, welcher hier mehr als die Koſten gewinnt, von dieſem Ertrage nichts fuͤr Capitalerſatz in Abzug zu bringen, ſondern der Mehrbetrag iſt reiner Unternehmergewinn. Dem entſpricht auch das Verfahren des wirklichen Lebens. Von den Actionaͤren der zwoͤlf engliſchen Gascompagnieen, welche nach Schoͤn 1) 6 bis 12 Procent Dividende gewaͤhren, erſetzt keiner den Actionaͤren der uͤbrigen vierzig Geſellſchaften, welche nicht einmal die landesuͤblichen Zinſen geben, ihre Verluſte. Jeder geſuchte Advocat kann einen Theil ſeines Einkommens als eine Folge davon anſehen, daß Viele, die mit ihm nach dem gleichen Ziele ſtrebten, daſſelbe nicht erreicht haben; aber es wird ihm nicht einfallen, deshalb dieſen Theil ſparend zuruͤckzulegen, ſondern er conſumirt ihn eben auch, wie ſein uͤbriges Einkommen. Es fragt ſich nun, ob auch fuͤr dieſe Verhaͤltniſſe die obige Regel gilt, die wir kurz dahin bezeichnen koͤnnen, daß der moͤg- 1) a. a. O. S. 114.

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Zitationshilfe: Mangoldt, Hans von: Die Lehre vom Unternehmergewinn. Leipzig, 1855, S. 84. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mangoldt_unternehmergewinn_1855/96>, abgerufen am 28.03.2024.