Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Mangoldt, Hans von: Die Lehre vom Unternehmergewinn. Leipzig, 1855.

Bild:
<< vorherige Seite

aufgegeben, weil man sie nicht auszuführen weiß, bei der Aus-
führung andrer vergreift man sich im Material, man spart am
unrechten Orte und verschwendet am andern u. s. w. Und wie
mit den Häusern, so würde es mit tausend andern Gegenstän-
den des menschlichen Bedürfens gehen, wenn man aus Neigung
oder Nothwendigkeit sie nach eigner Angabe herstellen ließe.
Die Unternehmungen bringen darüber hinaus; sie kommen den
Bedürfnissen des Einzelnen entgegen, ja zuvor. Indem die Un-
ternehmer sich irgend eine Art der Production zur Lebensaufgabe
machen, müssen sie ihr besonderes Augenmerk darauf richten, die
Natur und die Varietäten des Bedürfnisses, dem sie dienen
wollen, genau zu erforschen, sowie sich mit den Mitteln, die zu
diesem Behufe zu Gebote stehen, sorgfältig bekannt zu machen.
Dadurch entsteht eine große Manichfaltigkeit der Production
und ein Raffinement, das mit seinen Erzeugnissen die latenten
Bedürfnisse oft erst zu wecken versteht, wie Jeder schon an sich
selbst erfahren haben wird. Denn wer hätte sich nicht einmal
bei einem Gang über einen Markt oder durch eine große Waa-
renniederlage zum Ankauf irgend einer Kleinigkeit verleiten lassen,
von der es ihm früher nicht im Traume eingefallen wäre, daß
er sie brauchen könnte? Zu den Vortheilen, welche die unter-
nehmende Production den Ausnutzern dadurch gewährt, daß sie
dieselben der Untersuchung ihrer Bedürfnisse und der Erörterung
der Mittel überhebt, mit welchen sich die gewünschten Güter her-
stellen lassen, kommt nun unmittelbar die größere Sicherheit hin-
sichtlich der Gebrauchsfähigkeit der letzteren hinzu. Einem fer-
tigen Producte gegenüber, wie es der vollkommene Unternehmer
anbietet, kann man sich sein Urtheil leicht bilden; bei einem
Gute, das man sich ohne Dazwischenkunft eines Unternehmers
verschaffen müßte, bleibt es, wie bereits oben angedeutet, immer
zweifelhaft, ob es schließlich von der Art sein wird, wie man es

aufgegeben, weil man ſie nicht auszufuͤhren weiß, bei der Aus-
fuͤhrung andrer vergreift man ſich im Material, man ſpart am
unrechten Orte und verſchwendet am andern u. ſ. w. Und wie
mit den Haͤuſern, ſo wuͤrde es mit tauſend andern Gegenſtaͤn-
den des menſchlichen Beduͤrfens gehen, wenn man aus Neigung
oder Nothwendigkeit ſie nach eigner Angabe herſtellen ließe.
Die Unternehmungen bringen daruͤber hinaus; ſie kommen den
Beduͤrfniſſen des Einzelnen entgegen, ja zuvor. Indem die Un-
ternehmer ſich irgend eine Art der Production zur Lebensaufgabe
machen, muͤſſen ſie ihr beſonderes Augenmerk darauf richten, die
Natur und die Varietaͤten des Beduͤrfniſſes, dem ſie dienen
wollen, genau zu erforſchen, ſowie ſich mit den Mitteln, die zu
dieſem Behufe zu Gebote ſtehen, ſorgfaͤltig bekannt zu machen.
Dadurch entſteht eine große Manichfaltigkeit der Production
und ein Raffinement, das mit ſeinen Erzeugniſſen die latenten
Beduͤrfniſſe oft erſt zu wecken verſteht, wie Jeder ſchon an ſich
ſelbſt erfahren haben wird. Denn wer haͤtte ſich nicht einmal
bei einem Gang uͤber einen Markt oder durch eine große Waa-
renniederlage zum Ankauf irgend einer Kleinigkeit verleiten laſſen,
von der es ihm fruͤher nicht im Traume eingefallen waͤre, daß
er ſie brauchen koͤnnte? Zu den Vortheilen, welche die unter-
nehmende Production den Ausnutzern dadurch gewaͤhrt, daß ſie
dieſelben der Unterſuchung ihrer Beduͤrfniſſe und der Eroͤrterung
der Mittel uͤberhebt, mit welchen ſich die gewuͤnſchten Guͤter her-
ſtellen laſſen, kommt nun unmittelbar die groͤßere Sicherheit hin-
ſichtlich der Gebrauchsfaͤhigkeit der letzteren hinzu. Einem fer-
tigen Producte gegenuͤber, wie es der vollkommene Unternehmer
anbietet, kann man ſich ſein Urtheil leicht bilden; bei einem
Gute, das man ſich ohne Dazwiſchenkunft eines Unternehmers
verſchaffen muͤßte, bleibt es, wie bereits oben angedeutet, immer
zweifelhaft, ob es ſchließlich von der Art ſein wird, wie man es

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0075" n="63"/>
aufgegeben, weil man &#x017F;ie nicht auszufu&#x0364;hren weiß, bei der Aus-<lb/>
fu&#x0364;hrung andrer vergreift man &#x017F;ich im Material, man &#x017F;part am<lb/>
unrechten Orte und ver&#x017F;chwendet am andern u. &#x017F;. w. Und wie<lb/>
mit den Ha&#x0364;u&#x017F;ern, &#x017F;o wu&#x0364;rde es mit tau&#x017F;end andern Gegen&#x017F;ta&#x0364;n-<lb/>
den des men&#x017F;chlichen Bedu&#x0364;rfens gehen, wenn man aus Neigung<lb/>
oder Nothwendigkeit &#x017F;ie nach eigner Angabe her&#x017F;tellen ließe.<lb/>
Die Unternehmungen bringen daru&#x0364;ber hinaus; &#x017F;ie kommen den<lb/>
Bedu&#x0364;rfni&#x017F;&#x017F;en des Einzelnen entgegen, ja zuvor. Indem die Un-<lb/>
ternehmer &#x017F;ich irgend eine Art der Production zur Lebensaufgabe<lb/>
machen, mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ie ihr be&#x017F;onderes Augenmerk darauf richten, die<lb/>
Natur und die Varieta&#x0364;ten des Bedu&#x0364;rfni&#x017F;&#x017F;es, dem &#x017F;ie dienen<lb/>
wollen, genau zu erfor&#x017F;chen, &#x017F;owie &#x017F;ich mit den Mitteln, die zu<lb/>
die&#x017F;em Behufe zu Gebote &#x017F;tehen, &#x017F;orgfa&#x0364;ltig bekannt zu machen.<lb/>
Dadurch ent&#x017F;teht eine große Manichfaltigkeit der Production<lb/>
und ein Raffinement, das mit &#x017F;einen Erzeugni&#x017F;&#x017F;en die latenten<lb/>
Bedu&#x0364;rfni&#x017F;&#x017F;e oft er&#x017F;t zu wecken ver&#x017F;teht, wie Jeder &#x017F;chon an &#x017F;ich<lb/>
&#x017F;elb&#x017F;t erfahren haben wird. Denn wer ha&#x0364;tte &#x017F;ich nicht einmal<lb/>
bei einem Gang u&#x0364;ber einen Markt oder durch eine große Waa-<lb/>
renniederlage zum Ankauf irgend einer Kleinigkeit verleiten la&#x017F;&#x017F;en,<lb/>
von der es ihm fru&#x0364;her nicht im Traume eingefallen wa&#x0364;re, daß<lb/>
er &#x017F;ie brauchen ko&#x0364;nnte? Zu den Vortheilen, welche die unter-<lb/>
nehmende Production den Ausnutzern dadurch gewa&#x0364;hrt, daß &#x017F;ie<lb/>
die&#x017F;elben der Unter&#x017F;uchung ihrer Bedu&#x0364;rfni&#x017F;&#x017F;e und der Ero&#x0364;rterung<lb/>
der Mittel u&#x0364;berhebt, mit welchen &#x017F;ich die gewu&#x0364;n&#x017F;chten Gu&#x0364;ter her-<lb/>
&#x017F;tellen la&#x017F;&#x017F;en, kommt nun unmittelbar die gro&#x0364;ßere Sicherheit hin-<lb/>
&#x017F;ichtlich der Gebrauchsfa&#x0364;higkeit der letzteren hinzu. Einem fer-<lb/>
tigen Producte gegenu&#x0364;ber, wie es der vollkommene Unternehmer<lb/>
anbietet, kann man &#x017F;ich &#x017F;ein Urtheil leicht bilden; bei einem<lb/>
Gute, das man &#x017F;ich ohne Dazwi&#x017F;chenkunft eines Unternehmers<lb/>
ver&#x017F;chaffen mu&#x0364;ßte, bleibt es, wie bereits oben angedeutet, immer<lb/>
zweifelhaft, ob es &#x017F;chließlich von der Art &#x017F;ein wird, wie man es<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[63/0075] aufgegeben, weil man ſie nicht auszufuͤhren weiß, bei der Aus- fuͤhrung andrer vergreift man ſich im Material, man ſpart am unrechten Orte und verſchwendet am andern u. ſ. w. Und wie mit den Haͤuſern, ſo wuͤrde es mit tauſend andern Gegenſtaͤn- den des menſchlichen Beduͤrfens gehen, wenn man aus Neigung oder Nothwendigkeit ſie nach eigner Angabe herſtellen ließe. Die Unternehmungen bringen daruͤber hinaus; ſie kommen den Beduͤrfniſſen des Einzelnen entgegen, ja zuvor. Indem die Un- ternehmer ſich irgend eine Art der Production zur Lebensaufgabe machen, muͤſſen ſie ihr beſonderes Augenmerk darauf richten, die Natur und die Varietaͤten des Beduͤrfniſſes, dem ſie dienen wollen, genau zu erforſchen, ſowie ſich mit den Mitteln, die zu dieſem Behufe zu Gebote ſtehen, ſorgfaͤltig bekannt zu machen. Dadurch entſteht eine große Manichfaltigkeit der Production und ein Raffinement, das mit ſeinen Erzeugniſſen die latenten Beduͤrfniſſe oft erſt zu wecken verſteht, wie Jeder ſchon an ſich ſelbſt erfahren haben wird. Denn wer haͤtte ſich nicht einmal bei einem Gang uͤber einen Markt oder durch eine große Waa- renniederlage zum Ankauf irgend einer Kleinigkeit verleiten laſſen, von der es ihm fruͤher nicht im Traume eingefallen waͤre, daß er ſie brauchen koͤnnte? Zu den Vortheilen, welche die unter- nehmende Production den Ausnutzern dadurch gewaͤhrt, daß ſie dieſelben der Unterſuchung ihrer Beduͤrfniſſe und der Eroͤrterung der Mittel uͤberhebt, mit welchen ſich die gewuͤnſchten Guͤter her- ſtellen laſſen, kommt nun unmittelbar die groͤßere Sicherheit hin- ſichtlich der Gebrauchsfaͤhigkeit der letzteren hinzu. Einem fer- tigen Producte gegenuͤber, wie es der vollkommene Unternehmer anbietet, kann man ſich ſein Urtheil leicht bilden; bei einem Gute, das man ſich ohne Dazwiſchenkunft eines Unternehmers verſchaffen muͤßte, bleibt es, wie bereits oben angedeutet, immer zweifelhaft, ob es ſchließlich von der Art ſein wird, wie man es

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/mangoldt_unternehmergewinn_1855
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/mangoldt_unternehmergewinn_1855/75
Zitationshilfe: Mangoldt, Hans von: Die Lehre vom Unternehmergewinn. Leipzig, 1855, S. 63. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mangoldt_unternehmergewinn_1855/75>, abgerufen am 29.03.2024.