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Mangoldt, Hans von: Die Lehre vom Unternehmergewinn. Leipzig, 1855.

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dürfte, selber zu erzeugen oder zu bestellen. Dabei würde er von
vornherein in der Regel mit zwei Schwierigkeiten zu kämpfen
haben, mit der Unklarheit seines eigenen Bedürfnisses und mit
der Unkenntniß der vorhandenen technischen Mittel zu dessen
Befriedigung. Während es nicht schwierig ist, von einem an-
gebotenen fertigen Gegenstande zu beurtheilen, in wie weit er
einem gehegten Bedürfnisse zu entsprechen geeignet ist, ist es
keineswegs so leicht, wie man glauben sollte, sich über die Na-
tur eines Bedürfnisses klar zu werden. Ein Beispiel, in wel-
chem im wirklichen Leben sich das recht deutlich zeigt, ist das
Bauwesen. Die meisten Menschen bilden sich ein, die Bedürf-
nisse ihrer wohnlichen Einrichtung sehr genau zu kennen, und
Leute, die in der Lage sind, sich ein eigenes Haus zu bauen,
machen es sich daher gern zur besondern Liebhaberei, selbst den
Plan dafür zu entwerfen. Sehr oft aber zeigt es sich, daß,
während sie früher in einem Miethhause, das fertig von ihnen
vorgefunden worden war, leidlich bequem gewohnt hatten, in
dem neuen Gebäude die grassesten Uebelstände heraustreten, und
der Fall ist daher nichts weniger als selten, daß solche Eigen-
thümer ihre nach eigner Angabe gebauten Häuser bald möglichst
wieder zu verlassen suchen 1). Beschränkt sich nun vollends die
Thätigkeit des Eigenthümers nicht blos auf die Entwerfung des
Plans, sondern dehnt sie sich auch noch auf die Ausführung aus,
so pflegt auch der Mangel an Uebersicht über die technischen
Hülfsmittel seine Früchte zu tragen. Manche gute Idee wird

1) Dieß hat freilich oft auch noch einen andern Grund. Wer einmal
die Bauwuth hat, den läßt sie auch nicht leicht ruhen, und er besitzt selten
das Talent, sich in das einmal Geschaffene gemächlich einzuleben. Indessen
die im Text angeführte Ursache der betreffenden Erscheinung ist gewiß eben
so wenig zu verkennen.

duͤrfte, ſelber zu erzeugen oder zu beſtellen. Dabei wuͤrde er von
vornherein in der Regel mit zwei Schwierigkeiten zu kaͤmpfen
haben, mit der Unklarheit ſeines eigenen Beduͤrfniſſes und mit
der Unkenntniß der vorhandenen techniſchen Mittel zu deſſen
Befriedigung. Waͤhrend es nicht ſchwierig iſt, von einem an-
gebotenen fertigen Gegenſtande zu beurtheilen, in wie weit er
einem gehegten Beduͤrfniſſe zu entſprechen geeignet iſt, iſt es
keineswegs ſo leicht, wie man glauben ſollte, ſich uͤber die Na-
tur eines Beduͤrfniſſes klar zu werden. Ein Beiſpiel, in wel-
chem im wirklichen Leben ſich das recht deutlich zeigt, iſt das
Bauweſen. Die meiſten Menſchen bilden ſich ein, die Beduͤrf-
niſſe ihrer wohnlichen Einrichtung ſehr genau zu kennen, und
Leute, die in der Lage ſind, ſich ein eigenes Haus zu bauen,
machen es ſich daher gern zur beſondern Liebhaberei, ſelbſt den
Plan dafuͤr zu entwerfen. Sehr oft aber zeigt es ſich, daß,
waͤhrend ſie fruͤher in einem Miethhauſe, das fertig von ihnen
vorgefunden worden war, leidlich bequem gewohnt hatten, in
dem neuen Gebaͤude die graſſeſten Uebelſtaͤnde heraustreten, und
der Fall iſt daher nichts weniger als ſelten, daß ſolche Eigen-
thuͤmer ihre nach eigner Angabe gebauten Haͤuſer bald moͤglichſt
wieder zu verlaſſen ſuchen 1). Beſchraͤnkt ſich nun vollends die
Thaͤtigkeit des Eigenthuͤmers nicht blos auf die Entwerfung des
Plans, ſondern dehnt ſie ſich auch noch auf die Ausfuͤhrung aus,
ſo pflegt auch der Mangel an Ueberſicht uͤber die techniſchen
Huͤlfsmittel ſeine Fruͤchte zu tragen. Manche gute Idee wird

1) Dieß hat freilich oft auch noch einen andern Grund. Wer einmal
die Bauwuth hat, den läßt ſie auch nicht leicht ruhen, und er beſitzt ſelten
das Talent, ſich in das einmal Geſchaffene gemächlich einzuleben. Indeſſen
die im Text angeführte Urſache der betreffenden Erſcheinung iſt gewiß eben
ſo wenig zu verkennen.
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[62/0074] duͤrfte, ſelber zu erzeugen oder zu beſtellen. Dabei wuͤrde er von vornherein in der Regel mit zwei Schwierigkeiten zu kaͤmpfen haben, mit der Unklarheit ſeines eigenen Beduͤrfniſſes und mit der Unkenntniß der vorhandenen techniſchen Mittel zu deſſen Befriedigung. Waͤhrend es nicht ſchwierig iſt, von einem an- gebotenen fertigen Gegenſtande zu beurtheilen, in wie weit er einem gehegten Beduͤrfniſſe zu entſprechen geeignet iſt, iſt es keineswegs ſo leicht, wie man glauben ſollte, ſich uͤber die Na- tur eines Beduͤrfniſſes klar zu werden. Ein Beiſpiel, in wel- chem im wirklichen Leben ſich das recht deutlich zeigt, iſt das Bauweſen. Die meiſten Menſchen bilden ſich ein, die Beduͤrf- niſſe ihrer wohnlichen Einrichtung ſehr genau zu kennen, und Leute, die in der Lage ſind, ſich ein eigenes Haus zu bauen, machen es ſich daher gern zur beſondern Liebhaberei, ſelbſt den Plan dafuͤr zu entwerfen. Sehr oft aber zeigt es ſich, daß, waͤhrend ſie fruͤher in einem Miethhauſe, das fertig von ihnen vorgefunden worden war, leidlich bequem gewohnt hatten, in dem neuen Gebaͤude die graſſeſten Uebelſtaͤnde heraustreten, und der Fall iſt daher nichts weniger als ſelten, daß ſolche Eigen- thuͤmer ihre nach eigner Angabe gebauten Haͤuſer bald moͤglichſt wieder zu verlaſſen ſuchen 1). Beſchraͤnkt ſich nun vollends die Thaͤtigkeit des Eigenthuͤmers nicht blos auf die Entwerfung des Plans, ſondern dehnt ſie ſich auch noch auf die Ausfuͤhrung aus, ſo pflegt auch der Mangel an Ueberſicht uͤber die techniſchen Huͤlfsmittel ſeine Fruͤchte zu tragen. Manche gute Idee wird 1) Dieß hat freilich oft auch noch einen andern Grund. Wer einmal die Bauwuth hat, den läßt ſie auch nicht leicht ruhen, und er beſitzt ſelten das Talent, ſich in das einmal Geſchaffene gemächlich einzuleben. Indeſſen die im Text angeführte Urſache der betreffenden Erſcheinung iſt gewiß eben ſo wenig zu verkennen.

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Zitationshilfe: Mangoldt, Hans von: Die Lehre vom Unternehmergewinn. Leipzig, 1855, S. 62. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mangoldt_unternehmergewinn_1855/74>, abgerufen am 20.04.2024.