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Mangoldt, Hans von: Die Lehre vom Unternehmergewinn. Leipzig, 1855.

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Als eine vorübergehende Erscheinung läßt sich dieß freilich
aus dem erklären, was Roscher (§. 196 a) das Princip der Vor-
hand nennt. Der Unternehmer befindet sich den Vermiethern
der Productivkräfte, von denen er Gebrauch macht, gegenüber
meistens in der günstigen Lage, den Wechsel der Conjuncturen
früher wahrzunehmen, seinen Gewinn länger geheim zu halten
und daher günstige Verhältnisse längere Zeit, ohne dem Drucke
und Concurrenz ausgesetzt zu sein, ausbeuten, die Folgen un-
günstiger Verhältnisse dagegen zeitig auf Andere überwälzen zu
können. Allein der Unternehmergewinn ist nicht blos etwas
Vorübergehendes, wir sehen Unternehmungen dauernd auch über
dasjenige Maß hinaus, welches zur vollen Ausnutzung der
eignen Kräfte der Inhaber nöthig ist, mit gedungenen Arbeitern
und Capitalkräften arbeiten, Actiengesellschaften sich keineswegs
beeilen, ihre Prioritätsanleihen abzutragen, sondern dieselben
nur aus einem gleichsam überkommenen Princip der Ordnung
und Sicherheit sehr allmälig tilgen u. s. w.

Als eine dauernde Art der Einnahme kann der Unterneh-
mergewinn seine Erklärung nur darin finden, daß das Unter-
nehmen eines Geschäfts, d. h. das Herstellen eines Products für
den Verkehr, ohne daß das Verhältniß des Ertrags zu den Ko-
sten im Voraus festgestellt ist, die betreffende Production erleich-
tert und verwohlfeilert, vielleicht wohl selbst erst möglich macht.
Denn wäre dem nicht so, könnte man Güter, indem man ihre
Herstellung übernimmt, eben so vollkommen und billig herstel-
len, wie durch Unternehmung, so würde im Preise derselben
nichts für den Unternehmer als solchen übrig bleiben. Wenn
sich der Preis der Güter dagegen auf einer Höhe hält, welche
den Unternehmern, die auf ihre Herstellung bedacht sind, als sol-
chen einen Gewinn abwirft, so beweist das eben, daß das Unter-

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Als eine voruͤbergehende Erſcheinung laͤßt ſich dieß freilich
aus dem erklaͤren, was Roſcher (§. 196 a) das Princip der Vor-
hand nennt. Der Unternehmer befindet ſich den Vermiethern
der Productivkraͤfte, von denen er Gebrauch macht, gegenuͤber
meiſtens in der guͤnſtigen Lage, den Wechſel der Conjuncturen
fruͤher wahrzunehmen, ſeinen Gewinn laͤnger geheim zu halten
und daher guͤnſtige Verhaͤltniſſe laͤngere Zeit, ohne dem Drucke
und Concurrenz ausgeſetzt zu ſein, ausbeuten, die Folgen un-
guͤnſtiger Verhaͤltniſſe dagegen zeitig auf Andere uͤberwaͤlzen zu
koͤnnen. Allein der Unternehmergewinn iſt nicht blos etwas
Voruͤbergehendes, wir ſehen Unternehmungen dauernd auch uͤber
dasjenige Maß hinaus, welches zur vollen Ausnutzung der
eignen Kraͤfte der Inhaber noͤthig iſt, mit gedungenen Arbeitern
und Capitalkraͤften arbeiten, Actiengeſellſchaften ſich keineswegs
beeilen, ihre Prioritaͤtsanleihen abzutragen, ſondern dieſelben
nur aus einem gleichſam uͤberkommenen Princip der Ordnung
und Sicherheit ſehr allmaͤlig tilgen u. ſ. w.

Als eine dauernde Art der Einnahme kann der Unterneh-
mergewinn ſeine Erklaͤrung nur darin finden, daß das Unter-
nehmen eines Geſchaͤfts, d. h. das Herſtellen eines Products fuͤr
den Verkehr, ohne daß das Verhaͤltniß des Ertrags zu den Ko-
ſten im Voraus feſtgeſtellt iſt, die betreffende Production erleich-
tert und verwohlfeilert, vielleicht wohl ſelbſt erſt moͤglich macht.
Denn waͤre dem nicht ſo, koͤnnte man Guͤter, indem man ihre
Herſtellung uͤbernimmt, eben ſo vollkommen und billig herſtel-
len, wie durch Unternehmung, ſo wuͤrde im Preiſe derſelben
nichts fuͤr den Unternehmer als ſolchen uͤbrig bleiben. Wenn
ſich der Preis der Guͤter dagegen auf einer Hoͤhe haͤlt, welche
den Unternehmern, die auf ihre Herſtellung bedacht ſind, als ſol-
chen einen Gewinn abwirft, ſo beweiſt das eben, daß das Unter-

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[51/0063] Als eine voruͤbergehende Erſcheinung laͤßt ſich dieß freilich aus dem erklaͤren, was Roſcher (§. 196 a) das Princip der Vor- hand nennt. Der Unternehmer befindet ſich den Vermiethern der Productivkraͤfte, von denen er Gebrauch macht, gegenuͤber meiſtens in der guͤnſtigen Lage, den Wechſel der Conjuncturen fruͤher wahrzunehmen, ſeinen Gewinn laͤnger geheim zu halten und daher guͤnſtige Verhaͤltniſſe laͤngere Zeit, ohne dem Drucke und Concurrenz ausgeſetzt zu ſein, ausbeuten, die Folgen un- guͤnſtiger Verhaͤltniſſe dagegen zeitig auf Andere uͤberwaͤlzen zu koͤnnen. Allein der Unternehmergewinn iſt nicht blos etwas Voruͤbergehendes, wir ſehen Unternehmungen dauernd auch uͤber dasjenige Maß hinaus, welches zur vollen Ausnutzung der eignen Kraͤfte der Inhaber noͤthig iſt, mit gedungenen Arbeitern und Capitalkraͤften arbeiten, Actiengeſellſchaften ſich keineswegs beeilen, ihre Prioritaͤtsanleihen abzutragen, ſondern dieſelben nur aus einem gleichſam uͤberkommenen Princip der Ordnung und Sicherheit ſehr allmaͤlig tilgen u. ſ. w. Als eine dauernde Art der Einnahme kann der Unterneh- mergewinn ſeine Erklaͤrung nur darin finden, daß das Unter- nehmen eines Geſchaͤfts, d. h. das Herſtellen eines Products fuͤr den Verkehr, ohne daß das Verhaͤltniß des Ertrags zu den Ko- ſten im Voraus feſtgeſtellt iſt, die betreffende Production erleich- tert und verwohlfeilert, vielleicht wohl ſelbſt erſt moͤglich macht. Denn waͤre dem nicht ſo, koͤnnte man Guͤter, indem man ihre Herſtellung uͤbernimmt, eben ſo vollkommen und billig herſtel- len, wie durch Unternehmung, ſo wuͤrde im Preiſe derſelben nichts fuͤr den Unternehmer als ſolchen uͤbrig bleiben. Wenn ſich der Preis der Guͤter dagegen auf einer Hoͤhe haͤlt, welche den Unternehmern, die auf ihre Herſtellung bedacht ſind, als ſol- chen einen Gewinn abwirft, ſo beweiſt das eben, daß das Unter- 4 *

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Zitationshilfe: Mangoldt, Hans von: Die Lehre vom Unternehmergewinn. Leipzig, 1855, S. 51. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mangoldt_unternehmergewinn_1855/63>, abgerufen am 25.04.2024.