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Mangoldt, Hans von: Die Lehre vom Unternehmergewinn. Leipzig, 1855.

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kann wohl sagen niemals in ihrer vollen Reinheit. Nicht allein
pflegt das Einkommen im Allgemeinen in seiner wirklichen Er-
scheinung fast stets einen größeren oder geringeren Beisatz von
Capitalersatz oder Assecuranzentschädigung zu haben, sondern auch
im Einzelnen läßt es sich kaum jemals auf einen einfachen Grund
zurückführen. In der Rente ist meistens ein Capitalzins ent-
halten, der letztere vermischt sich mit Renten- und Lohnbestand-
theilen; der Lohn verbirgt Zins- und Rentenelemente in sich.
Die Analysirung der Einkommenszweige führt daher meist zu Ab-
stractionen, deren Richtigkeit sich durch die Erscheinungen des wirk-
lichen Lebens nur schwer controliren läßt und bei denen die leere
Haarspalterei dicht neben der Unterscheidung von wesentlicher
Bedeutung liegt. Beim Unternehmergewinn ist die Gefahr,
sich in dieser Weise zu verirren, doppelt groß, weil einerseits die
Anhaltepunkte an das wirkliche Leben hier von vornherein fast
so gut wie vollständig fehlen, und weil andererseits die Unter-
nehmer selbst in der Regel keine Veranlassung finden, im Ge-
sammtbetrage ihres Einkommens den Theil, der ihnen als Unter-
nehmern zukommt, von demjenigen, welchen sie in anderer Eigen-
schaft beziehen, genau zu unterscheiden. Einen genügenden Grund,
die oben bezeichnete Untersuchung gänzlich zu umgehen, durften
gleichwohl diese Schwierigkeiten nicht abgeben, und dieß mag
den Versuch rechtfertigen, den die vorliegende Schrift macht. Wenn
die Leistung des Verfassers hinter seiner Absicht, eine wissen-
schaftliche Lücke auszufüllen, zurückbleibt, so möge man ihr den-
noch einestheils im Hinblick auf die angedeuteten Schwierig-
keiten, anderntheils in Berücksichtigung der Aufrichtigkeit des
Strebens, aus welchem sie hervorgegangen, eine nachsichtige
Beurtheilung nicht versagen.

Der Weg, den unsre Untersuchung einschlägt, ist kurz fol-
gender. Im ersten Capitel soll eine gedrängte Darstellung der

kann wohl ſagen niemals in ihrer vollen Reinheit. Nicht allein
pflegt das Einkommen im Allgemeinen in ſeiner wirklichen Er-
ſcheinung faſt ſtets einen groͤßeren oder geringeren Beiſatz von
Capitalerſatz oder Aſſecuranzentſchaͤdigung zu haben, ſondern auch
im Einzelnen laͤßt es ſich kaum jemals auf einen einfachen Grund
zuruͤckfuͤhren. In der Rente iſt meiſtens ein Capitalzins ent-
halten, der letztere vermiſcht ſich mit Renten- und Lohnbeſtand-
theilen; der Lohn verbirgt Zins- und Rentenelemente in ſich.
Die Analyſirung der Einkommenszweige fuͤhrt daher meiſt zu Ab-
ſtractionen, deren Richtigkeit ſich durch die Erſcheinungen des wirk-
lichen Lebens nur ſchwer controliren laͤßt und bei denen die leere
Haarſpalterei dicht neben der Unterſcheidung von weſentlicher
Bedeutung liegt. Beim Unternehmergewinn iſt die Gefahr,
ſich in dieſer Weiſe zu verirren, doppelt groß, weil einerſeits die
Anhaltepunkte an das wirkliche Leben hier von vornherein faſt
ſo gut wie vollſtaͤndig fehlen, und weil andererſeits die Unter-
nehmer ſelbſt in der Regel keine Veranlaſſung finden, im Ge-
ſammtbetrage ihres Einkommens den Theil, der ihnen als Unter-
nehmern zukommt, von demjenigen, welchen ſie in anderer Eigen-
ſchaft beziehen, genau zu unterſcheiden. Einen genuͤgenden Grund,
die oben bezeichnete Unterſuchung gaͤnzlich zu umgehen, durften
gleichwohl dieſe Schwierigkeiten nicht abgeben, und dieß mag
den Verſuch rechtfertigen, den die vorliegende Schrift macht. Wenn
die Leiſtung des Verfaſſers hinter ſeiner Abſicht, eine wiſſen-
ſchaftliche Luͤcke auszufuͤllen, zuruͤckbleibt, ſo moͤge man ihr den-
noch einestheils im Hinblick auf die angedeuteten Schwierig-
keiten, anderntheils in Beruͤckſichtigung der Aufrichtigkeit des
Strebens, aus welchem ſie hervorgegangen, eine nachſichtige
Beurtheilung nicht verſagen.

Der Weg, den unſre Unterſuchung einſchlaͤgt, iſt kurz fol-
gender. Im erſten Capitel ſoll eine gedraͤngte Darſtellung der

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[5/0017] kann wohl ſagen niemals in ihrer vollen Reinheit. Nicht allein pflegt das Einkommen im Allgemeinen in ſeiner wirklichen Er- ſcheinung faſt ſtets einen groͤßeren oder geringeren Beiſatz von Capitalerſatz oder Aſſecuranzentſchaͤdigung zu haben, ſondern auch im Einzelnen laͤßt es ſich kaum jemals auf einen einfachen Grund zuruͤckfuͤhren. In der Rente iſt meiſtens ein Capitalzins ent- halten, der letztere vermiſcht ſich mit Renten- und Lohnbeſtand- theilen; der Lohn verbirgt Zins- und Rentenelemente in ſich. Die Analyſirung der Einkommenszweige fuͤhrt daher meiſt zu Ab- ſtractionen, deren Richtigkeit ſich durch die Erſcheinungen des wirk- lichen Lebens nur ſchwer controliren laͤßt und bei denen die leere Haarſpalterei dicht neben der Unterſcheidung von weſentlicher Bedeutung liegt. Beim Unternehmergewinn iſt die Gefahr, ſich in dieſer Weiſe zu verirren, doppelt groß, weil einerſeits die Anhaltepunkte an das wirkliche Leben hier von vornherein faſt ſo gut wie vollſtaͤndig fehlen, und weil andererſeits die Unter- nehmer ſelbſt in der Regel keine Veranlaſſung finden, im Ge- ſammtbetrage ihres Einkommens den Theil, der ihnen als Unter- nehmern zukommt, von demjenigen, welchen ſie in anderer Eigen- ſchaft beziehen, genau zu unterſcheiden. Einen genuͤgenden Grund, die oben bezeichnete Unterſuchung gaͤnzlich zu umgehen, durften gleichwohl dieſe Schwierigkeiten nicht abgeben, und dieß mag den Verſuch rechtfertigen, den die vorliegende Schrift macht. Wenn die Leiſtung des Verfaſſers hinter ſeiner Abſicht, eine wiſſen- ſchaftliche Luͤcke auszufuͤllen, zuruͤckbleibt, ſo moͤge man ihr den- noch einestheils im Hinblick auf die angedeuteten Schwierig- keiten, anderntheils in Beruͤckſichtigung der Aufrichtigkeit des Strebens, aus welchem ſie hervorgegangen, eine nachſichtige Beurtheilung nicht verſagen. Der Weg, den unſre Unterſuchung einſchlaͤgt, iſt kurz fol- gender. Im erſten Capitel ſoll eine gedraͤngte Darſtellung der

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Zitationshilfe: Mangoldt, Hans von: Die Lehre vom Unternehmergewinn. Leipzig, 1855, S. 5. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mangoldt_unternehmergewinn_1855/17>, abgerufen am 28.03.2024.