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Mangoldt, Hans von: Die Lehre vom Unternehmergewinn. Leipzig, 1855.

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eine Ueberfüllungseinbuße den Unternehmungsgeist niederzu-
halten geeignet ist. Ihr Zweck soll nicht sein, Unterneh-
mungen zu verhindern, sondern vielmehr Hindernisse, welche
deren Hervortreten entgegenstehen, zu beseitigen. Von diesem
Gesichtspunkte aus mag man es vielleicht rechtfertigen, wenn
auf niedern Culturstufen der dort nur noch schüchtern hervor-
tretende Unternehmungsgeist einigen Schutz gegen Verluste der
erwähnten Art erhält; nur sollte dieser sich nie so weit erstrecken,
daß dadurch die freie ökonomische Entwickelung behindert oder
in falsche Bahnen geleitet und die naturgemäße Beschränkung
der Unternehmerüberfüllungseinbuße, nach der sie strebt, beein-
trächtigt würde. Namentlich sind alle Maßregeln zu verwerfen,
welche auf eine Reglementirerei der Bedürfnisse und der Art ihrer
Befriedigung hinauslaufen. Bei vorgeschrittener Entwickelung
aber wird der Schutz der Unternehmer nicht weiter zu gehen
brauchen und gehen dürfen, als genügt, um bei ihnen an fort-
dauernden Versuchen zur Verbesserung der Production ein leben-
diges Interesse aufrecht zu erhalten. Gegen die in der längern
Dauer, für welche die Unternehmer an die Ausnutzung und
Entschädigung der erworbenen Productionsfactoren gebunden sind,
begründete Gefahr aber wird ein besonderer Schutz um so we-
niger angemessen sein, als gerade in dieser Gefahr die wirk-
samste Warnung vor übereilten Geschäftsanlagen und der natür-
lichste Antrieb zur Berücksichtigung aller von Wissenschaft und
Erfahrung angegebenen Productionsvortheile liegt.

Die Möglichkeit der Unternehmerrente und Ueberfüllungs-
einbuße kann nach allem Gesagten auf einer gegebenen Wirth-
schaftsstufe nicht für alle Unternehmungen eine gleich weite sein;
denn nicht alle Gattungen der Unternehmungen stehen in einem
bestimmten Zeitpunkt auf einer gleichen Höhe der Entwickelung.
Der auswärtige Handel entwickelt sich z. B. früher, als der

eine Ueberfuͤllungseinbuße den Unternehmungsgeiſt niederzu-
halten geeignet iſt. Ihr Zweck ſoll nicht ſein, Unterneh-
mungen zu verhindern, ſondern vielmehr Hinderniſſe, welche
deren Hervortreten entgegenſtehen, zu beſeitigen. Von dieſem
Geſichtspunkte aus mag man es vielleicht rechtfertigen, wenn
auf niedern Culturſtufen der dort nur noch ſchuͤchtern hervor-
tretende Unternehmungsgeiſt einigen Schutz gegen Verluſte der
erwaͤhnten Art erhaͤlt; nur ſollte dieſer ſich nie ſo weit erſtrecken,
daß dadurch die freie oͤkonomiſche Entwickelung behindert oder
in falſche Bahnen geleitet und die naturgemaͤße Beſchraͤnkung
der Unternehmeruͤberfuͤllungseinbuße, nach der ſie ſtrebt, beein-
traͤchtigt wuͤrde. Namentlich ſind alle Maßregeln zu verwerfen,
welche auf eine Reglementirerei der Beduͤrfniſſe und der Art ihrer
Befriedigung hinauslaufen. Bei vorgeſchrittener Entwickelung
aber wird der Schutz der Unternehmer nicht weiter zu gehen
brauchen und gehen duͤrfen, als genuͤgt, um bei ihnen an fort-
dauernden Verſuchen zur Verbeſſerung der Production ein leben-
diges Intereſſe aufrecht zu erhalten. Gegen die in der laͤngern
Dauer, fuͤr welche die Unternehmer an die Ausnutzung und
Entſchaͤdigung der erworbenen Productionsfactoren gebunden ſind,
begruͤndete Gefahr aber wird ein beſonderer Schutz um ſo we-
niger angemeſſen ſein, als gerade in dieſer Gefahr die wirk-
ſamſte Warnung vor uͤbereilten Geſchaͤftsanlagen und der natuͤr-
lichſte Antrieb zur Beruͤckſichtigung aller von Wiſſenſchaft und
Erfahrung angegebenen Productionsvortheile liegt.

Die Moͤglichkeit der Unternehmerrente und Ueberfuͤllungs-
einbuße kann nach allem Geſagten auf einer gegebenen Wirth-
ſchaftsſtufe nicht fuͤr alle Unternehmungen eine gleich weite ſein;
denn nicht alle Gattungen der Unternehmungen ſtehen in einem
beſtimmten Zeitpunkt auf einer gleichen Hoͤhe der Entwickelung.
Der auswaͤrtige Handel entwickelt ſich z. B. fruͤher, als der

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[154/0166] eine Ueberfuͤllungseinbuße den Unternehmungsgeiſt niederzu- halten geeignet iſt. Ihr Zweck ſoll nicht ſein, Unterneh- mungen zu verhindern, ſondern vielmehr Hinderniſſe, welche deren Hervortreten entgegenſtehen, zu beſeitigen. Von dieſem Geſichtspunkte aus mag man es vielleicht rechtfertigen, wenn auf niedern Culturſtufen der dort nur noch ſchuͤchtern hervor- tretende Unternehmungsgeiſt einigen Schutz gegen Verluſte der erwaͤhnten Art erhaͤlt; nur ſollte dieſer ſich nie ſo weit erſtrecken, daß dadurch die freie oͤkonomiſche Entwickelung behindert oder in falſche Bahnen geleitet und die naturgemaͤße Beſchraͤnkung der Unternehmeruͤberfuͤllungseinbuße, nach der ſie ſtrebt, beein- traͤchtigt wuͤrde. Namentlich ſind alle Maßregeln zu verwerfen, welche auf eine Reglementirerei der Beduͤrfniſſe und der Art ihrer Befriedigung hinauslaufen. Bei vorgeſchrittener Entwickelung aber wird der Schutz der Unternehmer nicht weiter zu gehen brauchen und gehen duͤrfen, als genuͤgt, um bei ihnen an fort- dauernden Verſuchen zur Verbeſſerung der Production ein leben- diges Intereſſe aufrecht zu erhalten. Gegen die in der laͤngern Dauer, fuͤr welche die Unternehmer an die Ausnutzung und Entſchaͤdigung der erworbenen Productionsfactoren gebunden ſind, begruͤndete Gefahr aber wird ein beſonderer Schutz um ſo we- niger angemeſſen ſein, als gerade in dieſer Gefahr die wirk- ſamſte Warnung vor uͤbereilten Geſchaͤftsanlagen und der natuͤr- lichſte Antrieb zur Beruͤckſichtigung aller von Wiſſenſchaft und Erfahrung angegebenen Productionsvortheile liegt. Die Moͤglichkeit der Unternehmerrente und Ueberfuͤllungs- einbuße kann nach allem Geſagten auf einer gegebenen Wirth- ſchaftsſtufe nicht fuͤr alle Unternehmungen eine gleich weite ſein; denn nicht alle Gattungen der Unternehmungen ſtehen in einem beſtimmten Zeitpunkt auf einer gleichen Hoͤhe der Entwickelung. Der auswaͤrtige Handel entwickelt ſich z. B. fruͤher, als der

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Zitationshilfe: Mangoldt, Hans von: Die Lehre vom Unternehmergewinn. Leipzig, 1855, S. 154. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mangoldt_unternehmergewinn_1855/166>, abgerufen am 25.04.2024.