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Mangoldt, Hans von: Die Lehre vom Unternehmergewinn. Leipzig, 1855.

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so muß er mir entweder als ein wohlhabender oder als ein be-
sonders fähiger und rechtschaffener Mann bekannt sein, so daß
ich einen Verlust nicht zu fürchten habe. Die Zahl der großen
Unternehmer beschränkt sich also auf diejenigen, die eines oder
mehrere der erwähnten Prädicate in ausgedehnterem Maße be-
sitzen. Was die einzelnen Prädicate anlangt, so beruht bei
minder entwickelter Cultur die Dispositionsfähigkeit über fremdes
Capital, der Credit, vorzugsweise auf eignem Vermögensbesitz,
und zwar ist bei mangelhaften Rechtsverhältnissen namentlich der
Immobiliarbesitz wirksam; nur Selbstbesitzer, insbesondere Grund-
besitzer bilden hier die Classe der größeren Unternehmer. Je
mehr Reichthum und Cultur fortschreitet, desto leichter wird es
auch der Intelligenz und Rechtschaffenheit, in die Schranken zu
treten und sich Credit zu verschaffen. Es ist auf den höheren
Culturstufen verhältnißmäßig mehr der persönliche Werth, welcher
den Credit begründet, als der todte Reichthum, freilich nur ein
ausgezeichneter persönlicher Werth, weil mit dem Umfange der
Geschäfte auch der Umfang des Credits sich erhöhen muß. Wenn
z. B. auf einer niedrigeren Culturstufe zur Betreibung eines
Geschäftes die Verfügung über 500 Thaler gehörte, so konnten
es fast nur diejenigen, welche ein entsprechendes Vermögen be-
saßen, unternehmen, denn auf persönliche Eigenschaften wollte
Niemand gern borgen. Mit dem zunehmenden Reichthum wird
es demjenigen, der sich nur durch eine tüchtige Persönlichkeit
auszeichnet, allerdings leichter, Capital zu borgen, allein zugleich
concentrirt sich der Geschäftsbetrieb. Wo sonst 500 Thaler hin-
reichten, da bedarf es jetzt vielleicht das Drei- und Vierfache, um
eine Unternehmung zu gründen, und natürlich wird man dem
entsprechend auch größere persönliche Garantieen fordern. Mit
anderen Worten: für die Mittelmäßigkeit wächst zwar die Mög-
lichkeit, Credit zu erhalten, aber in demselben, wo nicht in

ſo muß er mir entweder als ein wohlhabender oder als ein be-
ſonders faͤhiger und rechtſchaffener Mann bekannt ſein, ſo daß
ich einen Verluſt nicht zu fuͤrchten habe. Die Zahl der großen
Unternehmer beſchraͤnkt ſich alſo auf diejenigen, die eines oder
mehrere der erwaͤhnten Praͤdicate in ausgedehnterem Maße be-
ſitzen. Was die einzelnen Praͤdicate anlangt, ſo beruht bei
minder entwickelter Cultur die Dispoſitionsfaͤhigkeit uͤber fremdes
Capital, der Credit, vorzugsweiſe auf eignem Vermoͤgensbeſitz,
und zwar iſt bei mangelhaften Rechtsverhaͤltniſſen namentlich der
Immobiliarbeſitz wirkſam; nur Selbſtbeſitzer, insbeſondere Grund-
beſitzer bilden hier die Claſſe der groͤßeren Unternehmer. Je
mehr Reichthum und Cultur fortſchreitet, deſto leichter wird es
auch der Intelligenz und Rechtſchaffenheit, in die Schranken zu
treten und ſich Credit zu verſchaffen. Es iſt auf den hoͤheren
Culturſtufen verhaͤltnißmaͤßig mehr der perſoͤnliche Werth, welcher
den Credit begruͤndet, als der todte Reichthum, freilich nur ein
ausgezeichneter perſoͤnlicher Werth, weil mit dem Umfange der
Geſchaͤfte auch der Umfang des Credits ſich erhoͤhen muß. Wenn
z. B. auf einer niedrigeren Culturſtufe zur Betreibung eines
Geſchaͤftes die Verfuͤgung uͤber 500 Thaler gehoͤrte, ſo konnten
es faſt nur diejenigen, welche ein entſprechendes Vermoͤgen be-
ſaßen, unternehmen, denn auf perſoͤnliche Eigenſchaften wollte
Niemand gern borgen. Mit dem zunehmenden Reichthum wird
es demjenigen, der ſich nur durch eine tuͤchtige Perſoͤnlichkeit
auszeichnet, allerdings leichter, Capital zu borgen, allein zugleich
concentrirt ſich der Geſchaͤftsbetrieb. Wo ſonſt 500 Thaler hin-
reichten, da bedarf es jetzt vielleicht das Drei- und Vierfache, um
eine Unternehmung zu gruͤnden, und natuͤrlich wird man dem
entſprechend auch groͤßere perſoͤnliche Garantieen fordern. Mit
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[132/0144] ſo muß er mir entweder als ein wohlhabender oder als ein be- ſonders faͤhiger und rechtſchaffener Mann bekannt ſein, ſo daß ich einen Verluſt nicht zu fuͤrchten habe. Die Zahl der großen Unternehmer beſchraͤnkt ſich alſo auf diejenigen, die eines oder mehrere der erwaͤhnten Praͤdicate in ausgedehnterem Maße be- ſitzen. Was die einzelnen Praͤdicate anlangt, ſo beruht bei minder entwickelter Cultur die Dispoſitionsfaͤhigkeit uͤber fremdes Capital, der Credit, vorzugsweiſe auf eignem Vermoͤgensbeſitz, und zwar iſt bei mangelhaften Rechtsverhaͤltniſſen namentlich der Immobiliarbeſitz wirkſam; nur Selbſtbeſitzer, insbeſondere Grund- beſitzer bilden hier die Claſſe der groͤßeren Unternehmer. Je mehr Reichthum und Cultur fortſchreitet, deſto leichter wird es auch der Intelligenz und Rechtſchaffenheit, in die Schranken zu treten und ſich Credit zu verſchaffen. Es iſt auf den hoͤheren Culturſtufen verhaͤltnißmaͤßig mehr der perſoͤnliche Werth, welcher den Credit begruͤndet, als der todte Reichthum, freilich nur ein ausgezeichneter perſoͤnlicher Werth, weil mit dem Umfange der Geſchaͤfte auch der Umfang des Credits ſich erhoͤhen muß. Wenn z. B. auf einer niedrigeren Culturſtufe zur Betreibung eines Geſchaͤftes die Verfuͤgung uͤber 500 Thaler gehoͤrte, ſo konnten es faſt nur diejenigen, welche ein entſprechendes Vermoͤgen be- ſaßen, unternehmen, denn auf perſoͤnliche Eigenſchaften wollte Niemand gern borgen. Mit dem zunehmenden Reichthum wird es demjenigen, der ſich nur durch eine tuͤchtige Perſoͤnlichkeit auszeichnet, allerdings leichter, Capital zu borgen, allein zugleich concentrirt ſich der Geſchaͤftsbetrieb. Wo ſonſt 500 Thaler hin- reichten, da bedarf es jetzt vielleicht das Drei- und Vierfache, um eine Unternehmung zu gruͤnden, und natuͤrlich wird man dem entſprechend auch groͤßere perſoͤnliche Garantieen fordern. Mit anderen Worten: fuͤr die Mittelmaͤßigkeit waͤchſt zwar die Moͤg- lichkeit, Credit zu erhalten, aber in demſelben, wo nicht in

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Zitationshilfe: Mangoldt, Hans von: Die Lehre vom Unternehmergewinn. Leipzig, 1855, S. 132. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mangoldt_unternehmergewinn_1855/144>, abgerufen am 28.03.2024.