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Mangoldt, Hans von: Die Lehre vom Unternehmergewinn. Leipzig, 1855.

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der Regel von den verschiedenen Eigenschaften des Arbeitsuchenden
nur einzelne zu verwenden, oder wenn er auch keine von diesen
vollständig unbenutzt läßt, so nützt er sie doch auch eben so wenig
vollständig aus. Immerhin bleibt ein Theil der Arbeitsfähig-
keit des Lohnarbeiters todt liegen, den dieser bei einer eignen
Unternehmung wird productiv verwenden können.

Ganz ähnlich, wie mit den persönlichen Fähigkeiten, ver-
hält es sich mit den Capitalien. Jedes Capital muß man sich
natürlich in einer bestimmten concreten Form denken. In dieser
concreten Form kann es für Dritte nutzbar sein und deshalb
verdungen werden. Es können aber eben so wohl auch Um-
stände eintreten, welche verhindern, daß es von Dritten für
Miethe begehrt werde, oder die ihm wenigstens in den Augen
Dritter einen geringern Nutzungswerth beilegen, als es für den
Eigenthümer bei der Ausnutzung durch eine eigne Unternehmung
hat. Was in letzterem Falle der Unternehmer für die eigne
Ausnutzung des Capitals bezieht oder mehr bezieht, bildet einen
Bestandtheil seines Unternehmergewinns, seinen Unternehmer-
zins
im Gegensatz zum Zinse des Unternehmers, welcher
nur die durch Vermiethung zu erlangen gewesene Entschädigung
repräsentirt.

Die Höhe des Unternehmerlohns und -Zinses richtet sich
demnach nicht sowohl nach der Productivität der aufgewendeten
Fähigkeiten und Capitalien, als nach dem Verhältnisse des
Miethpreises, der von Dritten dafür zu erlangen gewesen wäre.

Die Möglichkeit, Arbeitskräfte und Capitalien an Andre
zu verdingen oder vom Standpunkte dessen aus, der sie ver-
wenden will, die Arbeitskräfte und Capitalien Andrer aus-
zunutzen, steht im genauesten Verhältnisse zu der allgemeinen
ökonomischen und Culturentwickelung überhaupt. Auf den nie-
drigsten Culturstufen wird der größte Theil der Producte im

der Regel von den verſchiedenen Eigenſchaften des Arbeitſuchenden
nur einzelne zu verwenden, oder wenn er auch keine von dieſen
vollſtaͤndig unbenutzt laͤßt, ſo nuͤtzt er ſie doch auch eben ſo wenig
vollſtaͤndig aus. Immerhin bleibt ein Theil der Arbeitsfaͤhig-
keit des Lohnarbeiters todt liegen, den dieſer bei einer eignen
Unternehmung wird productiv verwenden koͤnnen.

Ganz aͤhnlich, wie mit den perſoͤnlichen Faͤhigkeiten, ver-
haͤlt es ſich mit den Capitalien. Jedes Capital muß man ſich
natuͤrlich in einer beſtimmten concreten Form denken. In dieſer
concreten Form kann es fuͤr Dritte nutzbar ſein und deshalb
verdungen werden. Es koͤnnen aber eben ſo wohl auch Um-
ſtaͤnde eintreten, welche verhindern, daß es von Dritten fuͤr
Miethe begehrt werde, oder die ihm wenigſtens in den Augen
Dritter einen geringern Nutzungswerth beilegen, als es fuͤr den
Eigenthuͤmer bei der Ausnutzung durch eine eigne Unternehmung
hat. Was in letzterem Falle der Unternehmer fuͤr die eigne
Ausnutzung des Capitals bezieht oder mehr bezieht, bildet einen
Beſtandtheil ſeines Unternehmergewinns, ſeinen Unternehmer-
zins
im Gegenſatz zum Zinſe des Unternehmers, welcher
nur die durch Vermiethung zu erlangen geweſene Entſchaͤdigung
repraͤſentirt.

Die Hoͤhe des Unternehmerlohns und -Zinſes richtet ſich
demnach nicht ſowohl nach der Productivitaͤt der aufgewendeten
Faͤhigkeiten und Capitalien, als nach dem Verhaͤltniſſe des
Miethpreiſes, der von Dritten dafuͤr zu erlangen geweſen waͤre.

Die Moͤglichkeit, Arbeitskraͤfte und Capitalien an Andre
zu verdingen oder vom Standpunkte deſſen aus, der ſie ver-
wenden will, die Arbeitskraͤfte und Capitalien Andrer aus-
zunutzen, ſteht im genaueſten Verhaͤltniſſe zu der allgemeinen
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[100/0112] der Regel von den verſchiedenen Eigenſchaften des Arbeitſuchenden nur einzelne zu verwenden, oder wenn er auch keine von dieſen vollſtaͤndig unbenutzt laͤßt, ſo nuͤtzt er ſie doch auch eben ſo wenig vollſtaͤndig aus. Immerhin bleibt ein Theil der Arbeitsfaͤhig- keit des Lohnarbeiters todt liegen, den dieſer bei einer eignen Unternehmung wird productiv verwenden koͤnnen. Ganz aͤhnlich, wie mit den perſoͤnlichen Faͤhigkeiten, ver- haͤlt es ſich mit den Capitalien. Jedes Capital muß man ſich natuͤrlich in einer beſtimmten concreten Form denken. In dieſer concreten Form kann es fuͤr Dritte nutzbar ſein und deshalb verdungen werden. Es koͤnnen aber eben ſo wohl auch Um- ſtaͤnde eintreten, welche verhindern, daß es von Dritten fuͤr Miethe begehrt werde, oder die ihm wenigſtens in den Augen Dritter einen geringern Nutzungswerth beilegen, als es fuͤr den Eigenthuͤmer bei der Ausnutzung durch eine eigne Unternehmung hat. Was in letzterem Falle der Unternehmer fuͤr die eigne Ausnutzung des Capitals bezieht oder mehr bezieht, bildet einen Beſtandtheil ſeines Unternehmergewinns, ſeinen Unternehmer- zins im Gegenſatz zum Zinſe des Unternehmers, welcher nur die durch Vermiethung zu erlangen geweſene Entſchaͤdigung repraͤſentirt. Die Hoͤhe des Unternehmerlohns und -Zinſes richtet ſich demnach nicht ſowohl nach der Productivitaͤt der aufgewendeten Faͤhigkeiten und Capitalien, als nach dem Verhaͤltniſſe des Miethpreiſes, der von Dritten dafuͤr zu erlangen geweſen waͤre. Die Moͤglichkeit, Arbeitskraͤfte und Capitalien an Andre zu verdingen oder vom Standpunkte deſſen aus, der ſie ver- wenden will, die Arbeitskraͤfte und Capitalien Andrer aus- zunutzen, ſteht im genaueſten Verhaͤltniſſe zu der allgemeinen oͤkonomiſchen und Culturentwickelung uͤberhaupt. Auf den nie- drigſten Culturſtufen wird der groͤßte Theil der Producte im

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Zitationshilfe: Mangoldt, Hans von: Die Lehre vom Unternehmergewinn. Leipzig, 1855, S. 100. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mangoldt_unternehmergewinn_1855/112>, abgerufen am 16.04.2024.