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Mangoldt, Hans von: Die Lehre vom Unternehmergewinn. Leipzig, 1855.

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wir in jenem Falle nur einen Lohn des Unternehmers, so sehen
wir hier einen wirklichen Bestandtheil des Unternehmergewinns,
den wir analogisch als Unternehmerlohn bezeichnen. Lohn
des Unternehmers ist also die Entschädigung für die Anwendung
solcher Fähigkeiten, die verdungen werden können, Unternehmer-
lohn die Entschädigung für die Anwendung solcher Fähigkeiten,
die nicht verdungen werden können, bezüglich für den Theil der-
selben, bei denen dieß nicht der Fall ist.

Daß eine Fähigkeit überhaupt unter allen Umständen un-
verdingbar sei, läßt sich, wie uns bedünken will, nicht anneh-
men. Wir können uns keine Fähigkeit denken, die unter allen
Verhältnissen sich ausschließlich nur in der eignen Unternehmung
verwerthen ließe. Selbst die Conception der Unternehmungen
beruht nur auf einer Combination von Lebendigkeit des Geistes
und Sach- und Menschenkenntniß, die auch in Dienstverhält-
nissen schätzbar bleiben wird 1). Dagegen kann unter gewissen
gegebenen Verhältnissen allerdings die Unmöglichkeit obwalten,
gewisse persönliche Eigenschaften, sowohl positive Kenntnisse,
wie moralische Fähigkeiten, anders, als auf eigne Rechnung
zur Ausnutzung zu bringen. Noch häufiger tritt der Fall ein,
daß gewisse Fähigkeiten, in Lohn genommen, zwar ebenfalls,
aber nicht so vollkommen ausgebeutet werden können, wie dieß
von dem Unternehmer selbst geschieht. Die Talente eines Men-
schen, der im Stande wäre, eine eigne große Fabrikunternehmung
zu leiten, werden z. B. nur zum Theil in Anspruch genommen,
wenn er von einem Dritten zu dem Geschäfte eines Buchhalters
oder Werkführers berufen wird. Der Arbeitgeber begehrt in

1) Auch der Erfindungsgeist findet unter Umständen seine Abmiether.
In Lancashire und Westriding giebt es Fabrikanten, die geschickte Mechaniker
nur zur Einführung von Verbesserungen an den Maschinen halten. Edinb.
Rev. Jan. 1849. S. 70 ff.
7 *

wir in jenem Falle nur einen Lohn des Unternehmers, ſo ſehen
wir hier einen wirklichen Beſtandtheil des Unternehmergewinns,
den wir analogiſch als Unternehmerlohn bezeichnen. Lohn
des Unternehmers iſt alſo die Entſchaͤdigung fuͤr die Anwendung
ſolcher Faͤhigkeiten, die verdungen werden koͤnnen, Unternehmer-
lohn die Entſchaͤdigung fuͤr die Anwendung ſolcher Faͤhigkeiten,
die nicht verdungen werden koͤnnen, bezuͤglich fuͤr den Theil der-
ſelben, bei denen dieß nicht der Fall iſt.

Daß eine Faͤhigkeit uͤberhaupt unter allen Umſtaͤnden un-
verdingbar ſei, laͤßt ſich, wie uns beduͤnken will, nicht anneh-
men. Wir koͤnnen uns keine Faͤhigkeit denken, die unter allen
Verhaͤltniſſen ſich ausſchließlich nur in der eignen Unternehmung
verwerthen ließe. Selbſt die Conception der Unternehmungen
beruht nur auf einer Combination von Lebendigkeit des Geiſtes
und Sach- und Menſchenkenntniß, die auch in Dienſtverhaͤlt-
niſſen ſchaͤtzbar bleiben wird 1). Dagegen kann unter gewiſſen
gegebenen Verhaͤltniſſen allerdings die Unmoͤglichkeit obwalten,
gewiſſe perſoͤnliche Eigenſchaften, ſowohl poſitive Kenntniſſe,
wie moraliſche Faͤhigkeiten, anders, als auf eigne Rechnung
zur Ausnutzung zu bringen. Noch haͤufiger tritt der Fall ein,
daß gewiſſe Faͤhigkeiten, in Lohn genommen, zwar ebenfalls,
aber nicht ſo vollkommen ausgebeutet werden koͤnnen, wie dieß
von dem Unternehmer ſelbſt geſchieht. Die Talente eines Men-
ſchen, der im Stande waͤre, eine eigne große Fabrikunternehmung
zu leiten, werden z. B. nur zum Theil in Anſpruch genommen,
wenn er von einem Dritten zu dem Geſchaͤfte eines Buchhalters
oder Werkfuͤhrers berufen wird. Der Arbeitgeber begehrt in

1) Auch der Erfindungsgeiſt findet unter Umſtänden ſeine Abmiether.
In Lancaſhire und Weſtriding giebt es Fabrikanten, die geſchickte Mechaniker
nur zur Einführung von Verbeſſerungen an den Maſchinen halten. Edinb.
Rev. Jan. 1849. S. 70 ff.
7 *
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[99/0111] wir in jenem Falle nur einen Lohn des Unternehmers, ſo ſehen wir hier einen wirklichen Beſtandtheil des Unternehmergewinns, den wir analogiſch als Unternehmerlohn bezeichnen. Lohn des Unternehmers iſt alſo die Entſchaͤdigung fuͤr die Anwendung ſolcher Faͤhigkeiten, die verdungen werden koͤnnen, Unternehmer- lohn die Entſchaͤdigung fuͤr die Anwendung ſolcher Faͤhigkeiten, die nicht verdungen werden koͤnnen, bezuͤglich fuͤr den Theil der- ſelben, bei denen dieß nicht der Fall iſt. Daß eine Faͤhigkeit uͤberhaupt unter allen Umſtaͤnden un- verdingbar ſei, laͤßt ſich, wie uns beduͤnken will, nicht anneh- men. Wir koͤnnen uns keine Faͤhigkeit denken, die unter allen Verhaͤltniſſen ſich ausſchließlich nur in der eignen Unternehmung verwerthen ließe. Selbſt die Conception der Unternehmungen beruht nur auf einer Combination von Lebendigkeit des Geiſtes und Sach- und Menſchenkenntniß, die auch in Dienſtverhaͤlt- niſſen ſchaͤtzbar bleiben wird 1). Dagegen kann unter gewiſſen gegebenen Verhaͤltniſſen allerdings die Unmoͤglichkeit obwalten, gewiſſe perſoͤnliche Eigenſchaften, ſowohl poſitive Kenntniſſe, wie moraliſche Faͤhigkeiten, anders, als auf eigne Rechnung zur Ausnutzung zu bringen. Noch haͤufiger tritt der Fall ein, daß gewiſſe Faͤhigkeiten, in Lohn genommen, zwar ebenfalls, aber nicht ſo vollkommen ausgebeutet werden koͤnnen, wie dieß von dem Unternehmer ſelbſt geſchieht. Die Talente eines Men- ſchen, der im Stande waͤre, eine eigne große Fabrikunternehmung zu leiten, werden z. B. nur zum Theil in Anſpruch genommen, wenn er von einem Dritten zu dem Geſchaͤfte eines Buchhalters oder Werkfuͤhrers berufen wird. Der Arbeitgeber begehrt in 1) Auch der Erfindungsgeiſt findet unter Umſtänden ſeine Abmiether. In Lancaſhire und Weſtriding giebt es Fabrikanten, die geſchickte Mechaniker nur zur Einführung von Verbeſſerungen an den Maſchinen halten. Edinb. Rev. Jan. 1849. S. 70 ff. 7 *

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Zitationshilfe: Mangoldt, Hans von: Die Lehre vom Unternehmergewinn. Leipzig, 1855, S. 99. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mangoldt_unternehmergewinn_1855/111>, abgerufen am 29.03.2024.