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Männling, Johann Christoph: Der Europæische Helicon, Oder Musen-Berg. Alten Stettin, 1704.

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das Oel reichet/ welches den Geist helle macht und
anflammet. Harsdörff: Poet. Trichter/ Poet. Inst.
Poet. c. 1. Poet. Gis. L. 2. c. 3. Hubmeyer Disp. 1. il-
lustr. Philos.
21.

4. Gewiß ists/ wo nicht gute Naturalia sind/ da
fliessen harte und gezwungene Versse/ massen es da-
bey bleibt/ non tam fieri quam nasci Poetas; Je-
doch darff deswegen keiner abstehen/ weilen die Kunst
an viel tausenden die Stelle der Natur vertreten hat/
wann sie die stete Ubung zur Gespielen erwehlet/
denn ein guter Grund nimmt auch ein gutes Bau-
Werck an/ und eine angenommene treue Unterwei-
sung macht/ wann der eigne Fleiß dazu kommt/ in
allewege geschickte Leute. Der unvergleichliche
Caspari hat mehr durch Fleiß und Ubung ausgerich-
tet und erlanget/ als andere durch Austheilung der
Natur/ die Kunst muß ohn diß alles vollkommen
machen/ was die Natur anfänget/ und aus einem
Klotze kan ja wohl ein künstlicher Bildschnitzer ent-
weder einen Mercurium oder Vulcanum schneiden.
Wer durch fleissiges Lesen anderer Poeten Safft
aussäuget/ und ihnen nachahmet/ der kan den Man-
gel der Natur/ wo nicht vollkommen/ doch meisten-
theils ersetzen. Conf. M. Filitzii Dissert. de Poetis
pag. ult.
Und ist nach dem Urtheil Hn. Bergmanns
in seinem AErario Poetico, ein Poet zwar im Anfang
nur einer Bienen gleich/ so wird er doch hernach ein
Seiden-Wurm/ und endlich gleich dem Bären der
seine Jungen lecket.

5. Nicht genug ist es reimen/ daher brauche

man

das Oel reichet/ welches den Geiſt helle macht und
anflammet. Harsdoͤrff: Poet. Trichter/ Poet. Inſt.
Poet. c. 1. Poet. Giſ. L. 2. c. 3. Hubmeyer Diſp. 1. il-
luſtr. Philoſ.
21.

4. Gewiß iſts/ wo nicht gute Naturalia ſind/ da
flieſſen harte und gezwungene Verſſe/ maſſen es da-
bey bleibt/ non tam fieri quam naſci Poetas; Je-
doch darff deswegen keiner abſtehen/ weilen die Kunſt
an viel tauſenden die Stelle der Natur vertreten hat/
wann ſie die ſtete Ubung zur Geſpielen erwehlet/
denn ein guter Grund nimmt auch ein gutes Bau-
Werck an/ und eine angenommene treue Unterwei-
ſung macht/ wann der eigne Fleiß dazu kommt/ in
allewege geſchickte Leute. Der unvergleichliche
Caſpari hat mehr durch Fleiß und Ubung ausgerich-
tet und erlanget/ als andere durch Austheilung der
Natur/ die Kunſt muß ohn diß alles vollkommen
machen/ was die Natur anfaͤnget/ und aus einem
Klotze kan ja wohl ein kuͤnſtlicher Bildſchnitzer ent-
weder einen Mercurium oder Vulcanum ſchneiden.
Wer durch fleiſſiges Leſen anderer Poeten Safft
ausſaͤuget/ und ihnen nachahmet/ der kan den Man-
gel der Natur/ wo nicht vollkommen/ doch meiſten-
theils erſetzen. Conf. M. Filitzii Disſert. de Poetis
pag. ult.
Und iſt nach dem Urtheil Hn. Bergmanns
in ſeinem Ærario Poetico, ein Poet zwar im Anfang
nur einer Bienen gleich/ ſo wird er doch hernach ein
Seiden-Wurm/ und endlich gleich dem Baͤren der
ſeine Jungen lecket.

5. Nicht genug iſt es reimen/ daher brauche

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[28/0040] das Oel reichet/ welches den Geiſt helle macht und anflammet. Harsdoͤrff: Poet. Trichter/ Poet. Inſt. Poet. c. 1. Poet. Giſ. L. 2. c. 3. Hubmeyer Diſp. 1. il- luſtr. Philoſ. 21. 4. Gewiß iſts/ wo nicht gute Naturalia ſind/ da flieſſen harte und gezwungene Verſſe/ maſſen es da- bey bleibt/ non tam fieri quam naſci Poetas; Je- doch darff deswegen keiner abſtehen/ weilen die Kunſt an viel tauſenden die Stelle der Natur vertreten hat/ wann ſie die ſtete Ubung zur Geſpielen erwehlet/ denn ein guter Grund nimmt auch ein gutes Bau- Werck an/ und eine angenommene treue Unterwei- ſung macht/ wann der eigne Fleiß dazu kommt/ in allewege geſchickte Leute. Der unvergleichliche Caſpari hat mehr durch Fleiß und Ubung ausgerich- tet und erlanget/ als andere durch Austheilung der Natur/ die Kunſt muß ohn diß alles vollkommen machen/ was die Natur anfaͤnget/ und aus einem Klotze kan ja wohl ein kuͤnſtlicher Bildſchnitzer ent- weder einen Mercurium oder Vulcanum ſchneiden. Wer durch fleiſſiges Leſen anderer Poeten Safft ausſaͤuget/ und ihnen nachahmet/ der kan den Man- gel der Natur/ wo nicht vollkommen/ doch meiſten- theils erſetzen. Conf. M. Filitzii Disſert. de Poetis pag. ult. Und iſt nach dem Urtheil Hn. Bergmanns in ſeinem Ærario Poetico, ein Poet zwar im Anfang nur einer Bienen gleich/ ſo wird er doch hernach ein Seiden-Wurm/ und endlich gleich dem Baͤren der ſeine Jungen lecket. 5. Nicht genug iſt es reimen/ daher brauche man

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Zitationshilfe: Männling, Johann Christoph: Der Europæische Helicon, Oder Musen-Berg. Alten Stettin, 1704. , S. 28. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/maennling_helicon_1704/40>, abgerufen am 20.04.2024.