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Luz, Johann Friedrich: Unterricht vom Blitz und den Blitz- oder Wetter-Ableitern. Frankfurt und Leipzig, 1784.

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Wolcken keine runde glatte Körper, wie eine metallene
Kugel; sondern, der Funke mag aus ihr springen von
welchem Ort er will, so ist die Wolke zu betrachten

als
der Funke der aus einer Wolke springt, und den man für
den gröstmöglichsten ansehen kan, einen Sprung von vie-
len Ruthen. Wie schickt sich dieses zum Funken einer Leid-
nerflasche?
Nimmt man hingegen an: der Funke des Blitzes seye einem
electrischen Funken ähnlich den man durch die einfache Elec-
tricität, aus einem blosen Leiter bekommt; so ist alles leicht
zu erklären. Denn je gröser der Leiter ist, desto gröser
wird der Funke. Und je gröser der Funke, desto weiter
springt er. Eine Wolke ist der gröste Leiter den man sich
denken kan. Daher kan sie auch, bloß nach der einfachen
Electricität behandelt, einen Funken abgeben, der alle die
Würkung, die man beym Blitz antrift, hervorbringen
kan. Dieser grose Funke ist dann im Stande den grosen
Sprung zu bewürken, den man am Blitz siehet.
Man hat bey dieser Erklärung nicht nöthig, seine Zuflucht
zu der bekannten Franklinischen Hypothese, von der posi-
tiven und negativen Seite der Leidnerflasche zu nehmen,
welche ob wir gleich noch keine bessere Theorie von der
Electricität haben, doch immer Hypothese bleibt. -- Das
heist -- die immer noch nicht unläugbar erwiesen, die
vielmehr mit genug Zweifeln und Schwürigkeiten ver-
knüpft ist.
Ich glaube Herr Nairne in Engelland und die Herren der
Königlichen Gesellschaft der Wissenschaften, denken vom
Blitzfunken auch nicht anderst als ich. Denn als ersterer
durch electrische Versuche entscheiden wollte, ob die stum-
pfen oder spitzigen Wetterableiter vorzüglicher seyen; so
bediente er sich nicht der Leidnerflaschen, sondern eines
sehr grossen Cylinders, und die Gelehrten der Grosbrit-
tannischen Societät waren damit zufrieden.

Wolcken keine runde glatte Koͤrper, wie eine metallene
Kugel; ſondern, der Funke mag aus ihr ſpringen von
welchem Ort er will, ſo iſt die Wolke zu betrachten

als
der Funke der aus einer Wolke ſpringt, und den man fuͤr
den groͤſtmoͤglichſten anſehen kan, einen Sprung von vie-
len Ruthen. Wie ſchickt ſich dieſes zum Funken einer Leid-
nerflaſche?
Nimmt man hingegen an: der Funke des Blitzes ſeye einem
electriſchen Funken aͤhnlich den man durch die einfache Elec-
tricitaͤt, aus einem bloſen Leiter bekommt; ſo iſt alles leicht
zu erklaͤren. Denn je groͤſer der Leiter iſt, deſto groͤſer
wird der Funke. Und je groͤſer der Funke, deſto weiter
ſpringt er. Eine Wolke iſt der groͤſte Leiter den man ſich
denken kan. Daher kan ſie auch, bloß nach der einfachen
Electricitaͤt behandelt, einen Funken abgeben, der alle die
Wuͤrkung, die man beym Blitz antrift, hervorbringen
kan. Dieſer groſe Funke iſt dann im Stande den groſen
Sprung zu bewuͤrken, den man am Blitz ſiehet.
Man hat bey dieſer Erklaͤrung nicht noͤthig, ſeine Zuflucht
zu der bekannten Frankliniſchen Hypotheſe, von der poſi-
tiven und negativen Seite der Leidnerflaſche zu nehmen,
welche ob wir gleich noch keine beſſere Theorie von der
Electricitaͤt haben, doch immer Hypotheſe bleibt. — Das
heiſt — die immer noch nicht unlaͤugbar erwieſen, die
vielmehr mit genug Zweifeln und Schwuͤrigkeiten ver-
knuͤpft iſt.
Ich glaube Herr Nairne in Engelland und die Herren der
Koͤniglichen Geſellſchaft der Wiſſenſchaften, denken vom
Blitzfunken auch nicht anderſt als ich. Denn als erſterer
durch electriſche Verſuche entſcheiden wollte, ob die ſtum-
pfen oder ſpitzigen Wetterableiter vorzuͤglicher ſeyen; ſo
bediente er ſich nicht der Leidnerflaſchen, ſondern eines
ſehr groſſen Cylinders, und die Gelehrten der Grosbrit-
tanniſchen Societaͤt waren damit zufrieden.
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[33/0049] Wolcken keine runde glatte Koͤrper, wie eine metallene Kugel; ſondern, der Funke mag aus ihr ſpringen von welchem Ort er will, ſo iſt die Wolke zu betrachten als *) *) der Funke der aus einer Wolke ſpringt, und den man fuͤr den groͤſtmoͤglichſten anſehen kan, einen Sprung von vie- len Ruthen. Wie ſchickt ſich dieſes zum Funken einer Leid- nerflaſche? Nimmt man hingegen an: der Funke des Blitzes ſeye einem electriſchen Funken aͤhnlich den man durch die einfache Elec- tricitaͤt, aus einem bloſen Leiter bekommt; ſo iſt alles leicht zu erklaͤren. Denn je groͤſer der Leiter iſt, deſto groͤſer wird der Funke. Und je groͤſer der Funke, deſto weiter ſpringt er. Eine Wolke iſt der groͤſte Leiter den man ſich denken kan. Daher kan ſie auch, bloß nach der einfachen Electricitaͤt behandelt, einen Funken abgeben, der alle die Wuͤrkung, die man beym Blitz antrift, hervorbringen kan. Dieſer groſe Funke iſt dann im Stande den groſen Sprung zu bewuͤrken, den man am Blitz ſiehet. Man hat bey dieſer Erklaͤrung nicht noͤthig, ſeine Zuflucht zu der bekannten Frankliniſchen Hypotheſe, von der poſi- tiven und negativen Seite der Leidnerflaſche zu nehmen, welche ob wir gleich noch keine beſſere Theorie von der Electricitaͤt haben, doch immer Hypotheſe bleibt. — Das heiſt — die immer noch nicht unlaͤugbar erwieſen, die vielmehr mit genug Zweifeln und Schwuͤrigkeiten ver- knuͤpft iſt. Ich glaube Herr Nairne in Engelland und die Herren der Koͤniglichen Geſellſchaft der Wiſſenſchaften, denken vom Blitzfunken auch nicht anderſt als ich. Denn als erſterer durch electriſche Verſuche entſcheiden wollte, ob die ſtum- pfen oder ſpitzigen Wetterableiter vorzuͤglicher ſeyen; ſo bediente er ſich nicht der Leidnerflaſchen, ſondern eines ſehr groſſen Cylinders, und die Gelehrten der Grosbrit- tanniſchen Societaͤt waren damit zufrieden.

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Zitationshilfe: Luz, Johann Friedrich: Unterricht vom Blitz und den Blitz- oder Wetter-Ableitern. Frankfurt und Leipzig, 1784, S. 33. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/luz_blitz_1784/49>, abgerufen am 29.03.2024.