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Luz, Johann Friedrich: Unterricht vom Blitz und den Blitz- oder Wetter-Ableitern. Frankfurt und Leipzig, 1784.

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Dritter Beweiß. Die Schläge der Blizen
sind auf dem Erdboden nicht also ausgetheilt, daß
man sie für göttliche Strafgerichte halten könnte.

Der Bliz schlägt gewöhnlich in hohe Bäume,
in hohe Gebäude und Thürme, in Wasser und unter
Heerden Vieh auf dem Feld. Kan man, da der Bliz
gröstentheils so regelmäsig einschlägt, ihn noch ein
bloses Werkzeug der Strafe Gottes nennen? Verdie-
nen hohe Bäume, hohe Gebäude, Kirchen, Thür-
me, Wasser, und die Heerden Viehe mit ihrem Hir-
ten, vor allem die göttliche Strafe? Sind bloß diese
Dinge - - und sonst keine andere, ein Jahr wie das
andere der Gegenstand der göttlichen Rache? der
Unverstädigste wird dieses nicht behaupten können.
Es muß also mit dem Bliz eine andere Beschaffenheit
haben. Träfe er bloß die Ruchlosesten Menschen und
verschonte er die Frommen, so mögte man ihn eher
für ein blosses Werkzeug der göttlichen Rache ansehen.
Aber der beste unter den Menschen kan so leicht als der
gröste Missethäter, oder alsein Eichenbaum vom Bliz
zerschmettert werden.

Vierter Beweis. Wenn Blize und Donner-
wetter bloße Werkzeuge der göttlichen Rache wären;
so ist kein Grund einzusehen, warum dieselben sich nur
im Sommer, nicht aber im Winter (wenigstens in die-
sem nicht gewöhnlich) zeigen. Sind denn aber die
Menschen im Winter frömmer, als im Sommer?
Verdienten sie nicht im Winter eben sowohl als im
Sommer Züchtigungen? Gewiß wenn Gott ein be-
sonderes Element, dergleichen das Blizfeuer ist, blos
zur Strafe der Welt erschaffen hätte, und dieses nur
im Sommer sich kräftig sollte erzeigen können, so wür-

de

Dritter Beweiß. Die Schlaͤge der Blizen
ſind auf dem Erdboden nicht alſo ausgetheilt, daß
man ſie fuͤr goͤttliche Strafgerichte halten koͤnnte.

Der Bliz ſchlaͤgt gewoͤhnlich in hohe Baͤume,
in hohe Gebaͤude und Thuͤrme, in Waſſer und unter
Heerden Vieh auf dem Feld. Kan man, da der Bliz
groͤſtentheils ſo regelmaͤſig einſchlaͤgt, ihn noch ein
bloſes Werkzeug der Strafe Gottes nennen? Verdie-
nen hohe Baͤume, hohe Gebaͤude, Kirchen, Thuͤr-
me, Waſſer, und die Heerden Viehe mit ihrem Hir-
ten, vor allem die goͤttliche Strafe? Sind bloß dieſe
Dinge ‒ ‒ und ſonſt keine andere, ein Jahr wie das
andere der Gegenſtand der goͤttlichen Rache? der
Unverſtaͤdigſte wird dieſes nicht behaupten koͤnnen.
Es muß alſo mit dem Bliz eine andere Beſchaffenheit
haben. Traͤfe er bloß die Ruchloſeſten Menſchen und
verſchonte er die Frommen, ſo moͤgte man ihn eher
fuͤr ein bloſſes Werkzeug der goͤttlichen Rache anſehen.
Aber der beſte unter den Menſchen kan ſo leicht als der
groͤſte Miſſethaͤter, oder alsein Eichenbaum vom Bliz
zerſchmettert werden.

Vierter Beweis. Wenn Blize und Donner-
wetter bloße Werkzeuge der goͤttlichen Rache waͤren;
ſo iſt kein Grund einzuſehen, warum dieſelben ſich nur
im Sommer, nicht aber im Winter (wenigſtens in die-
ſem nicht gewoͤhnlich) zeigen. Sind denn aber die
Menſchen im Winter froͤmmer, als im Sommer?
Verdienten ſie nicht im Winter eben ſowohl als im
Sommer Zuͤchtigungen? Gewiß wenn Gott ein be-
ſonderes Element, dergleichen das Blizfeuer iſt, blos
zur Strafe der Welt erſchaffen haͤtte, und dieſes nur
im Sommer ſich kraͤftig ſollte erzeigen koͤnnen, ſo wuͤr-

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[86/0102] Dritter Beweiß. Die Schlaͤge der Blizen ſind auf dem Erdboden nicht alſo ausgetheilt, daß man ſie fuͤr goͤttliche Strafgerichte halten koͤnnte. Der Bliz ſchlaͤgt gewoͤhnlich in hohe Baͤume, in hohe Gebaͤude und Thuͤrme, in Waſſer und unter Heerden Vieh auf dem Feld. Kan man, da der Bliz groͤſtentheils ſo regelmaͤſig einſchlaͤgt, ihn noch ein bloſes Werkzeug der Strafe Gottes nennen? Verdie- nen hohe Baͤume, hohe Gebaͤude, Kirchen, Thuͤr- me, Waſſer, und die Heerden Viehe mit ihrem Hir- ten, vor allem die goͤttliche Strafe? Sind bloß dieſe Dinge ‒ ‒ und ſonſt keine andere, ein Jahr wie das andere der Gegenſtand der goͤttlichen Rache? der Unverſtaͤdigſte wird dieſes nicht behaupten koͤnnen. Es muß alſo mit dem Bliz eine andere Beſchaffenheit haben. Traͤfe er bloß die Ruchloſeſten Menſchen und verſchonte er die Frommen, ſo moͤgte man ihn eher fuͤr ein bloſſes Werkzeug der goͤttlichen Rache anſehen. Aber der beſte unter den Menſchen kan ſo leicht als der groͤſte Miſſethaͤter, oder alsein Eichenbaum vom Bliz zerſchmettert werden. Vierter Beweis. Wenn Blize und Donner- wetter bloße Werkzeuge der goͤttlichen Rache waͤren; ſo iſt kein Grund einzuſehen, warum dieſelben ſich nur im Sommer, nicht aber im Winter (wenigſtens in die- ſem nicht gewoͤhnlich) zeigen. Sind denn aber die Menſchen im Winter froͤmmer, als im Sommer? Verdienten ſie nicht im Winter eben ſowohl als im Sommer Zuͤchtigungen? Gewiß wenn Gott ein be- ſonderes Element, dergleichen das Blizfeuer iſt, blos zur Strafe der Welt erſchaffen haͤtte, und dieſes nur im Sommer ſich kraͤftig ſollte erzeigen koͤnnen, ſo wuͤr- de

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Zitationshilfe: Luz, Johann Friedrich: Unterricht vom Blitz und den Blitz- oder Wetter-Ableitern. Frankfurt und Leipzig, 1784, S. 86. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/luz_blitz_1784/102>, abgerufen am 19.04.2024.