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Ludwig, Carl: Lehrbuch der Physiologie des Menschen. Bd. 2. Heidelberg und Leipzig, 1856.

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Gefässhaut; elastisches und muskulöses Gewebe.
Stücke homogener, nicht von groben Löchern durchbrochener Platten
gewinnen konnte. Wir wissen nur, dass selbst sehr dünne Platten der
sog. innersten Arterienhaut einen nicht unbeträchtlichen Druck einer über-
stehenden Wassersäule vertragen, bevor Wasser mit einer merklichen Ge-
schwindigkeit durch sie dringt, und dass bei gleichen Drücken die Durch-
gangsfähigkeit der Membran mit der chemischen Zusammensetzung der
Flüssigkeit wechselt und dass namentlich Salz- und Eiweisslösungen
schwieriger filtriren, als reines Wasser. -- Die elastischen Eigenschaften des
homogenen Gewebes haben ebenfalls aus Mangel desselben noch nicht unter-
sucht werden können. Aus Versuchen, die mit möglichst reinen Faser-
netzen angestellt worden sind, darf man schliessen, dass das durchfeuch-
tete elastische Gewebe Theil nimmt an den bemerkenswerthen Eigen-
thümlichkeiten vieler durchtränkter thierischer Substanzen, bei niedrigen
Spannungen ausdehnbarer zu sein, als bei höhern, so dass auch die
Curve der ihm angehörigen Elastizitätscoeffizienten bei wechselnder Span-
nung die Form annimmt, welche Fig. 4. p. 47. des I. Bdes. verzeichnet
ist. -- Mit der Abnahme des Wassergehalts, oder der Gegenwart von
Salzlösung in seinen Poren ist der absolute Werth der Coeffizienten in
einer Zunahme begriffen. -- Bei der Beurtheilung der elastischen Eigen-
schaften eines besondern Stückes unseres Gewebes kommt es natürlich
auch darauf an, ob dasselbe aus einer homogenen Platte, oder aus Fa-
sern besteht; in dem letzten, dem häufigst vorkommenden Falle, wird
namentlich zu berücksichtigen sein, nach welchen Richtungen die Fasern
verlaufen, und wie die Unterbrechungen angeordnet sind. -- Da endlich
das elastische Gewebe ebensowohl als eine vollkommen gleichartige Platte
wie auch als ein Netz von Fasern der verschiedenartigsten Feinheit er-
scheinen kann, so ist dasselbe geeignet, einerseits vollkommen geschlos-
sene Röhren von beliebigem Durchmesser und andrerseits auch ein die
Wandungen derselben verstärkendes Netzwerk darzustellen.

b. Die Muskelschicht *) der Gefässe besteht überall aus der
muskulösen Faserzelle; da die Eigenschaften derselben schon abge-
handelt sind (I. Bd. p. 349.), so werden wir uns hier zu beschränken
haben auf die Folgen, welche aus der besondern Anordnung derselben an
den Gefässen hervorgehen. Zunächst ist hervorzuheben, dass die Mus-
keln nicht an allen Gefässen vorkommen; namentlich fehlen sie vielen
Venen und durchgreifend den allerfeinsten Röhren. Wo sie erscheinen,
kommen sie entweder nur als Ringlagen, wie in den Arterien (Henle),
oder nur als Längsschicht, wie in den Venen, oder zugleich in beiden
Lagerungen vor, wie in den meisten mitteldicken Venen (Kölliker). --
Die Stellung dieser Muskeln zu den Gefässnerven ist meistentheils un-
klar; nur die Muskeln in den Gefässen der Gesichtshaut und der Augen

*) Kölliker, Handbuch der Gewebelehre. 1852. p. 555 u. f.

Gefässhaut; elastisches und muskulöses Gewebe.
Stücke homogener, nicht von groben Löchern durchbrochener Platten
gewinnen konnte. Wir wissen nur, dass selbst sehr dünne Platten der
sog. innersten Arterienhaut einen nicht unbeträchtlichen Druck einer über-
stehenden Wassersäule vertragen, bevor Wasser mit einer merklichen Ge-
schwindigkeit durch sie dringt, und dass bei gleichen Drücken die Durch-
gangsfähigkeit der Membran mit der chemischen Zusammensetzung der
Flüssigkeit wechselt und dass namentlich Salz- und Eiweisslösungen
schwieriger filtriren, als reines Wasser. — Die elastischen Eigenschaften des
homogenen Gewebes haben ebenfalls aus Mangel desselben noch nicht unter-
sucht werden können. Aus Versuchen, die mit möglichst reinen Faser-
netzen angestellt worden sind, darf man schliessen, dass das durchfeuch-
tete elastische Gewebe Theil nimmt an den bemerkenswerthen Eigen-
thümlichkeiten vieler durchtränkter thierischer Substanzen, bei niedrigen
Spannungen ausdehnbarer zu sein, als bei höhern, so dass auch die
Curve der ihm angehörigen Elastizitätscoeffizienten bei wechselnder Span-
nung die Form annimmt, welche Fig. 4. p. 47. des I. Bdes. verzeichnet
ist. — Mit der Abnahme des Wassergehalts, oder der Gegenwart von
Salzlösung in seinen Poren ist der absolute Werth der Coeffizienten in
einer Zunahme begriffen. — Bei der Beurtheilung der elastischen Eigen-
schaften eines besondern Stückes unseres Gewebes kommt es natürlich
auch darauf an, ob dasselbe aus einer homogenen Platte, oder aus Fa-
sern besteht; in dem letzten, dem häufigst vorkommenden Falle, wird
namentlich zu berücksichtigen sein, nach welchen Richtungen die Fasern
verlaufen, und wie die Unterbrechungen angeordnet sind. — Da endlich
das elastische Gewebe ebensowohl als eine vollkommen gleichartige Platte
wie auch als ein Netz von Fasern der verschiedenartigsten Feinheit er-
scheinen kann, so ist dasselbe geeignet, einerseits vollkommen geschlos-
sene Röhren von beliebigem Durchmesser und andrerseits auch ein die
Wandungen derselben verstärkendes Netzwerk darzustellen.

β. Die Muskelschicht *) der Gefässe besteht überall aus der
muskulösen Faserzelle; da die Eigenschaften derselben schon abge-
handelt sind (I. Bd. p. 349.), so werden wir uns hier zu beschränken
haben auf die Folgen, welche aus der besondern Anordnung derselben an
den Gefässen hervorgehen. Zunächst ist hervorzuheben, dass die Mus-
keln nicht an allen Gefässen vorkommen; namentlich fehlen sie vielen
Venen und durchgreifend den allerfeinsten Röhren. Wo sie erscheinen,
kommen sie entweder nur als Ringlagen, wie in den Arterien (Henle),
oder nur als Längsschicht, wie in den Venen, oder zugleich in beiden
Lagerungen vor, wie in den meisten mitteldicken Venen (Kölliker). —
Die Stellung dieser Muskeln zu den Gefässnerven ist meistentheils un-
klar; nur die Muskeln in den Gefässen der Gesichtshaut und der Augen

*) Kölliker, Handbuch der Gewebelehre. 1852. p. 555 u. f.
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[76/0092] Gefässhaut; elastisches und muskulöses Gewebe. Stücke homogener, nicht von groben Löchern durchbrochener Platten gewinnen konnte. Wir wissen nur, dass selbst sehr dünne Platten der sog. innersten Arterienhaut einen nicht unbeträchtlichen Druck einer über- stehenden Wassersäule vertragen, bevor Wasser mit einer merklichen Ge- schwindigkeit durch sie dringt, und dass bei gleichen Drücken die Durch- gangsfähigkeit der Membran mit der chemischen Zusammensetzung der Flüssigkeit wechselt und dass namentlich Salz- und Eiweisslösungen schwieriger filtriren, als reines Wasser. — Die elastischen Eigenschaften des homogenen Gewebes haben ebenfalls aus Mangel desselben noch nicht unter- sucht werden können. Aus Versuchen, die mit möglichst reinen Faser- netzen angestellt worden sind, darf man schliessen, dass das durchfeuch- tete elastische Gewebe Theil nimmt an den bemerkenswerthen Eigen- thümlichkeiten vieler durchtränkter thierischer Substanzen, bei niedrigen Spannungen ausdehnbarer zu sein, als bei höhern, so dass auch die Curve der ihm angehörigen Elastizitätscoeffizienten bei wechselnder Span- nung die Form annimmt, welche Fig. 4. p. 47. des I. Bdes. verzeichnet ist. — Mit der Abnahme des Wassergehalts, oder der Gegenwart von Salzlösung in seinen Poren ist der absolute Werth der Coeffizienten in einer Zunahme begriffen. — Bei der Beurtheilung der elastischen Eigen- schaften eines besondern Stückes unseres Gewebes kommt es natürlich auch darauf an, ob dasselbe aus einer homogenen Platte, oder aus Fa- sern besteht; in dem letzten, dem häufigst vorkommenden Falle, wird namentlich zu berücksichtigen sein, nach welchen Richtungen die Fasern verlaufen, und wie die Unterbrechungen angeordnet sind. — Da endlich das elastische Gewebe ebensowohl als eine vollkommen gleichartige Platte wie auch als ein Netz von Fasern der verschiedenartigsten Feinheit er- scheinen kann, so ist dasselbe geeignet, einerseits vollkommen geschlos- sene Röhren von beliebigem Durchmesser und andrerseits auch ein die Wandungen derselben verstärkendes Netzwerk darzustellen. β. Die Muskelschicht *) der Gefässe besteht überall aus der muskulösen Faserzelle; da die Eigenschaften derselben schon abge- handelt sind (I. Bd. p. 349.), so werden wir uns hier zu beschränken haben auf die Folgen, welche aus der besondern Anordnung derselben an den Gefässen hervorgehen. Zunächst ist hervorzuheben, dass die Mus- keln nicht an allen Gefässen vorkommen; namentlich fehlen sie vielen Venen und durchgreifend den allerfeinsten Röhren. Wo sie erscheinen, kommen sie entweder nur als Ringlagen, wie in den Arterien (Henle), oder nur als Längsschicht, wie in den Venen, oder zugleich in beiden Lagerungen vor, wie in den meisten mitteldicken Venen (Kölliker). — Die Stellung dieser Muskeln zu den Gefässnerven ist meistentheils un- klar; nur die Muskeln in den Gefässen der Gesichtshaut und der Augen *) Kölliker, Handbuch der Gewebelehre. 1852. p. 555 u. f.

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Zitationshilfe: Ludwig, Carl: Lehrbuch der Physiologie des Menschen. Bd. 2. Heidelberg und Leipzig, 1856, S. 76. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ludwig_physiologie02_1856/92>, abgerufen am 24.04.2024.