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Ludwig, Carl: Lehrbuch der Physiologie des Menschen. Bd. 2. Heidelberg und Leipzig, 1856.

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Tägliche Schwankung des Pulsschlages.
hungen zu bringen gewusst, so namentlich, dass die Beschleunigung des
Pulses veränderlich sei mit dem Genuss der Nahrungsmittel, der Muskel-
bewegungen, dem Alter, Geschlecht, der Körpergrösse, dem Blutgehalt
u. s. f. -- Nach dem Mechanismus, durch den diese Umstände den
Herzschlag umändern, hat man bis dahin nicht weiter gesucht, und es
ist darum nicht zu entscheiden, durch welche der eben bezeichneten
Weisen sie wirksam sind und ob dieselben die einzigen sind, welche
den Herzschlag eines lebenden Menschen umändern können.

Da der Pulsschlag für den Arzt von grosser Bedeutung ist, so wird
die Angabe der Regeln, nach welchen die Pulsveränderung zu beurthei-
len ist, gerechtfertigt erscheinen. --

1. Die Zahl der Pulsschläge ändert sich mit dem Genuss der Nahrungsmittel.
Fröhlich und Lichtenfels*) geben an, dass nach dem Genuss eines Frühstücks
aus Kaffee der Puls rasch ansteige, dann allmählig bis zum Mittagsessen sinke, von
hier wieder, jedoch nicht so hoch wie früher, ansteige, bis zum Abendbrot falle, nach
diesem abermals steige u. s. f. Dieser Gang wird durch die Curve (Fig. 39.) genauer dar-
gestellt. In dieser Curve sind auf der Achse X die Zeiten nach Stunden aufgetragen,
in der Art, dass zugleich die Zeiten des Essen angegeben sind; auf die erste 0 fällt
das Frühstück, auf die zweite das Mittagsessen, auf die dritte der Abendkaffee und
auf die letzte das Nachtessen; unter diesen die Essenstunde bezeichnenden Zahlen
sind die fortlaufenden Tagesstunden aufgetragen von 7,5 Uhr Morgens bis 11,5 Uhr
Abends. Auf der Achse Y ist die Anzahl der Schläge aufgezeichnet, um welche sich
in der Minute der Puls zu der bezeichneten Zeit vermehrt oder vermindert hatte.
Um die ganze Zahl der Pulsschläge zu finden, muss man also jedesmal diejenigen zu
denen in der Curve verzeichneten zufügen, welche sich nach 10stündigem Enthalten
von aller Nahrung vorfand. In dem vorgerechneten Beispiel betrug dieselbe aber
69,3 Schläge. Aehnliche Beobachtungen giebt Vierordt**).

[Abbildung] Fig. 39.

Mit einer Verlegung der Mahlzeiten muss diese Curve natürlich sehr verschiedene
Gestalten annehmen; unter diesen verdient die hervorgehoben zu werden, welche
beim Hungern sich vorfindet (Fig. 40.). Auf X sind die Zeiten in Stunden nach dem

*) Wiener Akadem. Denkschriften. III. 121.
**) Vierordt, Physiologie d. Athmens. 1845. p. 69.

Tägliche Schwankung des Pulsschlages.
hungen zu bringen gewusst, so namentlich, dass die Beschleunigung des
Pulses veränderlich sei mit dem Genuss der Nahrungsmittel, der Muskel-
bewegungen, dem Alter, Geschlecht, der Körpergrösse, dem Blutgehalt
u. s. f. — Nach dem Mechanismus, durch den diese Umstände den
Herzschlag umändern, hat man bis dahin nicht weiter gesucht, und es
ist darum nicht zu entscheiden, durch welche der eben bezeichneten
Weisen sie wirksam sind und ob dieselben die einzigen sind, welche
den Herzschlag eines lebenden Menschen umändern können.

Da der Pulsschlag für den Arzt von grosser Bedeutung ist, so wird
die Angabe der Regeln, nach welchen die Pulsveränderung zu beurthei-
len ist, gerechtfertigt erscheinen. —

1. Die Zahl der Pulsschläge ändert sich mit dem Genuss der Nahrungsmittel.
Fröhlich und Lichtenfels*) geben an, dass nach dem Genuss eines Frühstücks
aus Kaffee der Puls rasch ansteige, dann allmählig bis zum Mittagsessen sinke, von
hier wieder, jedoch nicht so hoch wie früher, ansteige, bis zum Abendbrot falle, nach
diesem abermals steige u. s. f. Dieser Gang wird durch die Curve (Fig. 39.) genauer dar-
gestellt. In dieser Curve sind auf der Achse X die Zeiten nach Stunden aufgetragen,
in der Art, dass zugleich die Zeiten des Essen angegeben sind; auf die erste 0 fällt
das Frühstück, auf die zweite das Mittagsessen, auf die dritte der Abendkaffee und
auf die letzte das Nachtessen; unter diesen die Essenstunde bezeichnenden Zahlen
sind die fortlaufenden Tagesstunden aufgetragen von 7,5 Uhr Morgens bis 11,5 Uhr
Abends. Auf der Achse Y ist die Anzahl der Schläge aufgezeichnet, um welche sich
in der Minute der Puls zu der bezeichneten Zeit vermehrt oder vermindert hatte.
Um die ganze Zahl der Pulsschläge zu finden, muss man also jedesmal diejenigen zu
denen in der Curve verzeichneten zufügen, welche sich nach 10stündigem Enthalten
von aller Nahrung vorfand. In dem vorgerechneten Beispiel betrug dieselbe aber
69,3 Schläge. Aehnliche Beobachtungen giebt Vierordt**).

[Abbildung] Fig. 39.

Mit einer Verlegung der Mahlzeiten muss diese Curve natürlich sehr verschiedene
Gestalten annehmen; unter diesen verdient die hervorgehoben zu werden, welche
beim Hungern sich vorfindet (Fig. 40.). Auf X sind die Zeiten in Stunden nach dem

*) Wiener Akadem. Denkschriften. III. 121.
**) Vierordt, Physiologie d. Athmens. 1845. p. 69.
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[71/0087] Tägliche Schwankung des Pulsschlages. hungen zu bringen gewusst, so namentlich, dass die Beschleunigung des Pulses veränderlich sei mit dem Genuss der Nahrungsmittel, der Muskel- bewegungen, dem Alter, Geschlecht, der Körpergrösse, dem Blutgehalt u. s. f. — Nach dem Mechanismus, durch den diese Umstände den Herzschlag umändern, hat man bis dahin nicht weiter gesucht, und es ist darum nicht zu entscheiden, durch welche der eben bezeichneten Weisen sie wirksam sind und ob dieselben die einzigen sind, welche den Herzschlag eines lebenden Menschen umändern können. Da der Pulsschlag für den Arzt von grosser Bedeutung ist, so wird die Angabe der Regeln, nach welchen die Pulsveränderung zu beurthei- len ist, gerechtfertigt erscheinen. — 1. Die Zahl der Pulsschläge ändert sich mit dem Genuss der Nahrungsmittel. Fröhlich und Lichtenfels *) geben an, dass nach dem Genuss eines Frühstücks aus Kaffee der Puls rasch ansteige, dann allmählig bis zum Mittagsessen sinke, von hier wieder, jedoch nicht so hoch wie früher, ansteige, bis zum Abendbrot falle, nach diesem abermals steige u. s. f. Dieser Gang wird durch die Curve (Fig. 39.) genauer dar- gestellt. In dieser Curve sind auf der Achse X die Zeiten nach Stunden aufgetragen, in der Art, dass zugleich die Zeiten des Essen angegeben sind; auf die erste 0 fällt das Frühstück, auf die zweite das Mittagsessen, auf die dritte der Abendkaffee und auf die letzte das Nachtessen; unter diesen die Essenstunde bezeichnenden Zahlen sind die fortlaufenden Tagesstunden aufgetragen von 7,5 Uhr Morgens bis 11,5 Uhr Abends. Auf der Achse Y ist die Anzahl der Schläge aufgezeichnet, um welche sich in der Minute der Puls zu der bezeichneten Zeit vermehrt oder vermindert hatte. Um die ganze Zahl der Pulsschläge zu finden, muss man also jedesmal diejenigen zu denen in der Curve verzeichneten zufügen, welche sich nach 10stündigem Enthalten von aller Nahrung vorfand. In dem vorgerechneten Beispiel betrug dieselbe aber 69,3 Schläge. Aehnliche Beobachtungen giebt Vierordt **). [Abbildung Fig. 39.] Mit einer Verlegung der Mahlzeiten muss diese Curve natürlich sehr verschiedene Gestalten annehmen; unter diesen verdient die hervorgehoben zu werden, welche beim Hungern sich vorfindet (Fig. 40.). Auf X sind die Zeiten in Stunden nach dem *) Wiener Akadem. Denkschriften. III. 121. **) Vierordt, Physiologie d. Athmens. 1845. p. 69.

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Zitationshilfe: Ludwig, Carl: Lehrbuch der Physiologie des Menschen. Bd. 2. Heidelberg und Leipzig, 1856, S. 71. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ludwig_physiologie02_1856/87>, abgerufen am 29.03.2024.