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Ludwig, Carl: Lehrbuch der Physiologie des Menschen. Bd. 2. Heidelberg und Leipzig, 1856.

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Mittlere Spannung und Geschwindigkeit der Schlauchwelle.
[Abbildung] Fig. 27.
Einrichtung. K stetlt einen Wasserbehälter vor, in dessen einer Seitenwand nahe über
dem Boden ein mit einem Hahn verschliessbares Rohr H eingefügt ist; an dieses
Rohr ist ein Darmstück D eingebunden, in dessen Seitenwand eine senkrechte Glasröhre
deren Lumen sich in der Darmhöhle öffnet. An das Ende des Darms S ist ein messin-
genes Ausflussrohr eingefügt. Nachdem der Behälter bis zu einer beliebigen, aber genau
bekannten Höhe mit Wasser gefüllt ist, öffnet und schliesst man in regelmässiger
Wiederkehr den Hahn, sodass das Wasser in steigender und abnehmender Menge in
den Darm eindringt. Wenn der Spiegel des Wassers auf gleicher Höhe erhalten
wird und die Umdrehung des Hahus nach einer sich gleichbleibenden Regel geschieht,
so geht durch den Schlauch eine Reihe gleichgearteter Wellen, und in Folge dessen
wird die Spannung, welche in H abgelesen werden kann, und der Ausfluss aus der Mün-
dung S innerhalb bestimmten Grenze schwanken. Kennt man nun das Flüssigkeitsvolum,
welches in der Zeiteinheit aus dem Rohr strömt, so erhält man daraus auch sogleich
die mittlere Geschwindigkeit der Flüssigkeit in der Oeffnung. Indem man die Mitte
nimmt aus dem höchsten und niedersten Stand der Flüssigkeit in der spannungsanzei-
genden Glasröhre, erhält man auch zugleich die mittlere Spannung in dem Darm, an
der Stelle, in welcher die Glasröhre eingefügt war. Indem Volkmann diese bei-
den mittleren Werthe bei verschiedenen mittleren Geschwindigkeiten, oder was dasselbe
bedeutet, für ungleich hohe Wasserstände in dem Kasten verglich, kam er zu der
Regel, dass sich für jedes Darmrohr zwei Coeffizienten a und b finden lassen, welche
die Spannung in diesem angeben, wenn man den einen von ihnen mit der einfachen
Geschwindigkeit und den andern mit dem Quadrat derselben multiplizirt. Mit Zei-
chen ausgedrückt war also, wenn w die mittlere Spannung und v die mittlere Ge-
schwindigkeit bedeutet, w = a v + b v2. Es kann demnach, wie man sieht, der
Zusammenhang zwischen Spannung und Geschwindigkeit auf scheinbar denselben Aus-
druck gebracht werden, welcher ihn auch für steife Röhren und paralelle Ströme dar-
stellte (siehe p. 41). Diese Uebereinstimmung hat insofern nichts Auffallendes, als
hier wie dort die hemmenden Ursachen (Reibung und Stösse) zugleich in dem ein-
fachen und dem quadratischen Verhältniss der Geschwindigkeit steigen. Der Unter-

Mittlere Spannung und Geschwindigkeit der Schlauchwelle.
[Abbildung] Fig. 27.
Einrichtung. K stetlt einen Wasserbehälter vor, in dessen einer Seitenwand nahe über
dem Boden ein mit einem Hahn verschliessbares Rohr H eingefügt ist; an dieses
Rohr ist ein Darmstück D eingebunden, in dessen Seitenwand eine senkrechte Glasröhre
deren Lumen sich in der Darmhöhle öffnet. An das Ende des Darms S ist ein messin-
genes Ausflussrohr eingefügt. Nachdem der Behälter bis zu einer beliebigen, aber genau
bekannten Höhe mit Wasser gefüllt ist, öffnet und schliesst man in regelmässiger
Wiederkehr den Hahn, sodass das Wasser in steigender und abnehmender Menge in
den Darm eindringt. Wenn der Spiegel des Wassers auf gleicher Höhe erhalten
wird und die Umdrehung des Hahus nach einer sich gleichbleibenden Regel geschieht,
so geht durch den Schlauch eine Reihe gleichgearteter Wellen, und in Folge dessen
wird die Spannung, welche in H abgelesen werden kann, und der Ausfluss aus der Mün-
dung S innerhalb bestimmten Grenze schwanken. Kennt man nun das Flüssigkeitsvolum,
welches in der Zeiteinheit aus dem Rohr strömt, so erhält man daraus auch sogleich
die mittlere Geschwindigkeit der Flüssigkeit in der Oeffnung. Indem man die Mitte
nimmt aus dem höchsten und niedersten Stand der Flüssigkeit in der spannungsanzei-
genden Glasröhre, erhält man auch zugleich die mittlere Spannung in dem Darm, an
der Stelle, in welcher die Glasröhre eingefügt war. Indem Volkmann diese bei-
den mittleren Werthe bei verschiedenen mittleren Geschwindigkeiten, oder was dasselbe
bedeutet, für ungleich hohe Wasserstände in dem Kasten verglich, kam er zu der
Regel, dass sich für jedes Darmrohr zwei Coeffizienten a und b finden lassen, welche
die Spannung in diesem angeben, wenn man den einen von ihnen mit der einfachen
Geschwindigkeit und den andern mit dem Quadrat derselben multiplizirt. Mit Zei-
chen ausgedrückt war also, wenn w die mittlere Spannung und v die mittlere Ge-
schwindigkeit bedeutet, w = a v + b v2. Es kann demnach, wie man sieht, der
Zusammenhang zwischen Spannung und Geschwindigkeit auf scheinbar denselben Aus-
druck gebracht werden, welcher ihn auch für steife Röhren und paralelle Ströme dar-
stellte (siehe p. 41). Diese Uebereinstimmung hat insofern nichts Auffallendes, als
hier wie dort die hemmenden Ursachen (Reibung und Stösse) zugleich in dem ein-
fachen und dem quadratischen Verhältniss der Geschwindigkeit steigen. Der Unter-

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[53/0069] Mittlere Spannung und Geschwindigkeit der Schlauchwelle. [Abbildung Fig. 27.] Einrichtung. K stetlt einen Wasserbehälter vor, in dessen einer Seitenwand nahe über dem Boden ein mit einem Hahn verschliessbares Rohr H eingefügt ist; an dieses Rohr ist ein Darmstück D eingebunden, in dessen Seitenwand eine senkrechte Glasröhre deren Lumen sich in der Darmhöhle öffnet. An das Ende des Darms S ist ein messin- genes Ausflussrohr eingefügt. Nachdem der Behälter bis zu einer beliebigen, aber genau bekannten Höhe mit Wasser gefüllt ist, öffnet und schliesst man in regelmässiger Wiederkehr den Hahn, sodass das Wasser in steigender und abnehmender Menge in den Darm eindringt. Wenn der Spiegel des Wassers auf gleicher Höhe erhalten wird und die Umdrehung des Hahus nach einer sich gleichbleibenden Regel geschieht, so geht durch den Schlauch eine Reihe gleichgearteter Wellen, und in Folge dessen wird die Spannung, welche in H abgelesen werden kann, und der Ausfluss aus der Mün- dung S innerhalb bestimmten Grenze schwanken. Kennt man nun das Flüssigkeitsvolum, welches in der Zeiteinheit aus dem Rohr strömt, so erhält man daraus auch sogleich die mittlere Geschwindigkeit der Flüssigkeit in der Oeffnung. Indem man die Mitte nimmt aus dem höchsten und niedersten Stand der Flüssigkeit in der spannungsanzei- genden Glasröhre, erhält man auch zugleich die mittlere Spannung in dem Darm, an der Stelle, in welcher die Glasröhre eingefügt war. Indem Volkmann diese bei- den mittleren Werthe bei verschiedenen mittleren Geschwindigkeiten, oder was dasselbe bedeutet, für ungleich hohe Wasserstände in dem Kasten verglich, kam er zu der Regel, dass sich für jedes Darmrohr zwei Coeffizienten a und b finden lassen, welche die Spannung in diesem angeben, wenn man den einen von ihnen mit der einfachen Geschwindigkeit und den andern mit dem Quadrat derselben multiplizirt. Mit Zei- chen ausgedrückt war also, wenn w die mittlere Spannung und v die mittlere Ge- schwindigkeit bedeutet, w = a v + b v2. Es kann demnach, wie man sieht, der Zusammenhang zwischen Spannung und Geschwindigkeit auf scheinbar denselben Aus- druck gebracht werden, welcher ihn auch für steife Röhren und paralelle Ströme dar- stellte (siehe p. 41). Diese Uebereinstimmung hat insofern nichts Auffallendes, als hier wie dort die hemmenden Ursachen (Reibung und Stösse) zugleich in dem ein- fachen und dem quadratischen Verhältniss der Geschwindigkeit steigen. Der Unter-

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Zitationshilfe: Ludwig, Carl: Lehrbuch der Physiologie des Menschen. Bd. 2. Heidelberg und Leipzig, 1856, S. 53. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ludwig_physiologie02_1856/69>, abgerufen am 28.03.2024.