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Ludwig, Carl: Lehrbuch der Physiologie des Menschen. Bd. 2. Heidelberg und Leipzig, 1856.

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Filtration; Dauer derselben, chemische Scheidung.
chen von Seiten der gleichartigen einen stärkern Zug empfangen, als
von Seiten der ungleichartigen. Diese Spannung drängt die Theil-
chen der Oberfläche zusammen, so dass jede derselben gleichsam mit
einer Haut überzogen ist, welche ihr den Eintritt in den Porus ver-
wehrt. Die Festigkeit dieser Haut wird sich aber steigern mit dem
Unterschied der Züge nach der einen und der andern Richtung; indem
diese alle möglichen Werthe zwischen einem Maximum und einem Mini-
mum annehmen kann, je nachdem die beiden Flüssigkeiten entweder gar
keine oder eine merkliche Anziehung zu einander zeigen, wird auch die
Oberflächenspannung sehr verschiedenartig ausfallen. Es scheint nun,
als ob auf diesem Wege eine Veränderung in der Dichtigkeit der einan-
der berührenden Oberflächen zweier sich nicht mischender Flüssigkeiten,
z. B. des Oels und Wassers, dadurch erzeugt werden könnte, dass man
in dem Wasser gewisse Salze, z. B. gallensaures Natron, auflöst. Denn
es sollen Fette durch eine mit einer wässerigen Lösung dieses Salzes ge-
tränkte Haut hindurchtreten können (Ochlenowitz, Hoffmann). --
d. Endlich erleidet auch, gleichen Druck vorausgesetzt, die Geschwindig-
keit des Filtrationsstroms eine Veränderung mit der Dauer desselben,
und zwar in der Art, dass die Geschwindigkeit entweder steigt, oder ab-
nimmt. Das erstere tritt gewöhnlich ein, wenn reine, leicht bewegliche
Flüssigkeiten, das letztere, wenn salzige, vorzüglich aber wenn klebrige
(z. B. eiweisshaltige) Flüssigkeiten durch die Poren hindurchgehen. Man
vermuthet, dass sich in dem Falle, in welchem sich der Widerstand mit
der Dauer der Filtration mehrt, sich die Poren allmählig verstopfen durch
einen Absatz aus der durchgehenden Flüssigkeit. Das andere Ergebniss
ist noch nicht hinreichend untersucht; es wäre namentlich interessant,
zu wissen, in welcher Weise die Geschwindigkeiten mit der Zeit zu-
nehmen.

Die Geschwindigkeit eines Filtrationsstromes durch eine thierische
Haut wird unter allen Umständen aber gering sein, weil in den ausser-
ordentlich engen Kanälen, selbst wenn sie sehr kurz sind, sich doch be-
trächtliche Widerstände finden müssen. Diese Behauptung wird be-
kanntlich durch die Erfahrung bestätigt.

Die Frage, ob mittelst der Filtration durch eine thierische Haut in
einer homogenen Flüssigkeit eine chemische Scheidung veranlasst werden
könne, ist durch die bisherigen Versuche verneinend entschieden wor-
den. Jedesmal zeigte die durch das Filter gedrungene Flüssigkeit die
Zusammensetzung der ursprünglich aufgegossenen. Diese Erscheinung
ist besonders dann auffallend, wenn man die Flüssigkeiten auf die Mem-
bran bringt, welche von dieser scheinbar gar nicht aufgenommen werden
können, wie z. B. conzentrirte Lösungen von Glauber- und Kochsalz.
Diese Thatsache scheint in Verbindung mit anderen einmal zu erweisen
(Bd. I. p. 62.), dass die in die Poren der aufquellenden Häute einge-

Filtration; Dauer derselben, chemische Scheidung.
chen von Seiten der gleichartigen einen stärkern Zug empfangen, als
von Seiten der ungleichartigen. Diese Spannung drängt die Theil-
chen der Oberfläche zusammen, so dass jede derselben gleichsam mit
einer Haut überzogen ist, welche ihr den Eintritt in den Porus ver-
wehrt. Die Festigkeit dieser Haut wird sich aber steigern mit dem
Unterschied der Züge nach der einen und der andern Richtung; indem
diese alle möglichen Werthe zwischen einem Maximum und einem Mini-
mum annehmen kann, je nachdem die beiden Flüssigkeiten entweder gar
keine oder eine merkliche Anziehung zu einander zeigen, wird auch die
Oberflächenspannung sehr verschiedenartig ausfallen. Es scheint nun,
als ob auf diesem Wege eine Veränderung in der Dichtigkeit der einan-
der berührenden Oberflächen zweier sich nicht mischender Flüssigkeiten,
z. B. des Oels und Wassers, dadurch erzeugt werden könnte, dass man
in dem Wasser gewisse Salze, z. B. gallensaures Natron, auflöst. Denn
es sollen Fette durch eine mit einer wässerigen Lösung dieses Salzes ge-
tränkte Haut hindurchtreten können (Ochlenowitz, Hoffmann). —
δ. Endlich erleidet auch, gleichen Druck vorausgesetzt, die Geschwindig-
keit des Filtrationsstroms eine Veränderung mit der Dauer desselben,
und zwar in der Art, dass die Geschwindigkeit entweder steigt, oder ab-
nimmt. Das erstere tritt gewöhnlich ein, wenn reine, leicht bewegliche
Flüssigkeiten, das letztere, wenn salzige, vorzüglich aber wenn klebrige
(z. B. eiweisshaltige) Flüssigkeiten durch die Poren hindurchgehen. Man
vermuthet, dass sich in dem Falle, in welchem sich der Widerstand mit
der Dauer der Filtration mehrt, sich die Poren allmählig verstopfen durch
einen Absatz aus der durchgehenden Flüssigkeit. Das andere Ergebniss
ist noch nicht hinreichend untersucht; es wäre namentlich interessant,
zu wissen, in welcher Weise die Geschwindigkeiten mit der Zeit zu-
nehmen.

Die Geschwindigkeit eines Filtrationsstromes durch eine thierische
Haut wird unter allen Umständen aber gering sein, weil in den ausser-
ordentlich engen Kanälen, selbst wenn sie sehr kurz sind, sich doch be-
trächtliche Widerstände finden müssen. Diese Behauptung wird be-
kanntlich durch die Erfahrung bestätigt.

Die Frage, ob mittelst der Filtration durch eine thierische Haut in
einer homogenen Flüssigkeit eine chemische Scheidung veranlasst werden
könne, ist durch die bisherigen Versuche verneinend entschieden wor-
den. Jedesmal zeigte die durch das Filter gedrungene Flüssigkeit die
Zusammensetzung der ursprünglich aufgegossenen. Diese Erscheinung
ist besonders dann auffallend, wenn man die Flüssigkeiten auf die Mem-
bran bringt, welche von dieser scheinbar gar nicht aufgenommen werden
können, wie z. B. conzentrirte Lösungen von Glauber- und Kochsalz.
Diese Thatsache scheint in Verbindung mit anderen einmal zu erweisen
(Bd. I. p. 62.), dass die in die Poren der aufquellenden Häute einge-

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[146/0162] Filtration; Dauer derselben, chemische Scheidung. chen von Seiten der gleichartigen einen stärkern Zug empfangen, als von Seiten der ungleichartigen. Diese Spannung drängt die Theil- chen der Oberfläche zusammen, so dass jede derselben gleichsam mit einer Haut überzogen ist, welche ihr den Eintritt in den Porus ver- wehrt. Die Festigkeit dieser Haut wird sich aber steigern mit dem Unterschied der Züge nach der einen und der andern Richtung; indem diese alle möglichen Werthe zwischen einem Maximum und einem Mini- mum annehmen kann, je nachdem die beiden Flüssigkeiten entweder gar keine oder eine merkliche Anziehung zu einander zeigen, wird auch die Oberflächenspannung sehr verschiedenartig ausfallen. Es scheint nun, als ob auf diesem Wege eine Veränderung in der Dichtigkeit der einan- der berührenden Oberflächen zweier sich nicht mischender Flüssigkeiten, z. B. des Oels und Wassers, dadurch erzeugt werden könnte, dass man in dem Wasser gewisse Salze, z. B. gallensaures Natron, auflöst. Denn es sollen Fette durch eine mit einer wässerigen Lösung dieses Salzes ge- tränkte Haut hindurchtreten können (Ochlenowitz, Hoffmann). — δ. Endlich erleidet auch, gleichen Druck vorausgesetzt, die Geschwindig- keit des Filtrationsstroms eine Veränderung mit der Dauer desselben, und zwar in der Art, dass die Geschwindigkeit entweder steigt, oder ab- nimmt. Das erstere tritt gewöhnlich ein, wenn reine, leicht bewegliche Flüssigkeiten, das letztere, wenn salzige, vorzüglich aber wenn klebrige (z. B. eiweisshaltige) Flüssigkeiten durch die Poren hindurchgehen. Man vermuthet, dass sich in dem Falle, in welchem sich der Widerstand mit der Dauer der Filtration mehrt, sich die Poren allmählig verstopfen durch einen Absatz aus der durchgehenden Flüssigkeit. Das andere Ergebniss ist noch nicht hinreichend untersucht; es wäre namentlich interessant, zu wissen, in welcher Weise die Geschwindigkeiten mit der Zeit zu- nehmen. Die Geschwindigkeit eines Filtrationsstromes durch eine thierische Haut wird unter allen Umständen aber gering sein, weil in den ausser- ordentlich engen Kanälen, selbst wenn sie sehr kurz sind, sich doch be- trächtliche Widerstände finden müssen. Diese Behauptung wird be- kanntlich durch die Erfahrung bestätigt. Die Frage, ob mittelst der Filtration durch eine thierische Haut in einer homogenen Flüssigkeit eine chemische Scheidung veranlasst werden könne, ist durch die bisherigen Versuche verneinend entschieden wor- den. Jedesmal zeigte die durch das Filter gedrungene Flüssigkeit die Zusammensetzung der ursprünglich aufgegossenen. Diese Erscheinung ist besonders dann auffallend, wenn man die Flüssigkeiten auf die Mem- bran bringt, welche von dieser scheinbar gar nicht aufgenommen werden können, wie z. B. conzentrirte Lösungen von Glauber- und Kochsalz. Diese Thatsache scheint in Verbindung mit anderen einmal zu erweisen (Bd. I. p. 62.), dass die in die Poren der aufquellenden Häute einge-

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Zitationshilfe: Ludwig, Carl: Lehrbuch der Physiologie des Menschen. Bd. 2. Heidelberg und Leipzig, 1856, S. 146. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ludwig_physiologie02_1856/162>, abgerufen am 25.04.2024.