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Ludwig, Carl: Lehrbuch der Physiologie des Menschen. Bd. 1. Heidelberg, 1852.

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Electrotonischer Zustand.
schnürt wird, dass der Inhalt des Nerven M zwischen der erregten und der mit
dem Nerven N in Berührung befindlichen Stelle unterbrochen wird. Als Erregungs-
mittel des stromprüfenden Froschschenkels dient also nichts anderes als die im
Marke des erregten Nerven M anschwellenden und sinkenden elektrischen Ströme im
Momente der Schliessung und Oeffnung der Kette K.

Die Stärke des electrotonischen Zuwachses, resp. die durch ihn
herbeigeführte Vermehrung der Nadelablenkung unter Voraussez-
zung einer gleichen Spannweite
der ableitenden Bäusche des
Multiplicators ist abhängig von folgenden Umständen:

a) Der Zuwachs erscheint bei Auflegung der ursprünglich unwirk-
samen oder schwachen Anordnungen des Nerven sehr viel beträcht-
licher als beim Auflegen der ursprünglich kräftigen Anordnung des
Nerven. Diese Behauptung wird dadurch gerechtfertigt, dass die im
electrotonischen Zustand von der Oberfläche des Nerven abgeleiteten
Ströme fast so beträchtlich sind, als die von der Oberfläche und dem
Querschnitte abgeleiteten.

b) Die Stärke des Zuwachses steigert sich mit der Annäherung
an die Electroden des erregenden Kreises; das Gesetz seiner Zunahme
mit der Näherung an den erregenden Kreis ist aber nicht das der
einfachen Proportionalität, sondern das eines ursprünglich raschen

[Abbildung] Fig. 17.
und dann nur sehr allmähligen
Steigens, so dass annähernd
dasselbe durch folgende Curve
(Fig. 17) dargestellt wird; in
dieser Curve bedeuten die Hö-
hen der Ordinaten y die Stärken
des Zuwachses auf der jewei-
ligen Stelle der Nerven N
wenn die erregende Kette
Z P in der gegebenen Stel-
lung sich findet.

Die Auffindung dieses Gesetzes der Veränderung des elektrotonischen Zuwachses
auf der Länge des Nerven, die besondere Schwierigkeiten bietet, ist auf zwei Wegen
möglich. Entweder man verrückt auf den Bäuschen die abgeleitete Stelle und lässt
die erregende unverändert; in diesem Fall misst man die Resultirende aus den
zweien mit der Länge der Nerven veränderlichen Grössen, nämlich der Veränderung
des Nervenstromes und der des elektrotonischen Zuwachses, denn es ist, was beson-
ders hervorzuheben, der Nerv im elektrotonischen Zustand auch noch dem Gesetze
des ursprünglichen Nervenstromes unterworfen. In diesem Fall wird also die
Curve der scheinbaren, (d. h. der am Multiplikator sichtbaren) Stromstärke auf
dem Nerven so sein, wie sie Fig. 18 darstellt. Diese Curve ist folgendermassen
zu verstehen: a o b ist die Curve des Nervenstromes d. h. die Ordinaten a Y
bis b Y bedeuten die Wechsel in der Grösse der Ausschläge, welche man erhält
wenn man über den Nerven, bevor er im elektrotonischen Zustande war, mit je-
desmal gleichweit entfernten Bäuschen hingeht. Die Darstellung, dass von a bis
o die Ordinaten positiv und von o bis b negativ sind, bedeutet die Umkehr des Stro-
mes, wie sie auch durch die Pfeile im Nerven N angedeutet ist. h c und d e bedeu-

Electrotonischer Zustand.
schnürt wird, dass der Inhalt des Nerven M zwischen der erregten und der mit
dem Nerven N in Berührung befindlichen Stelle unterbrochen wird. Als Erregungs-
mittel des stromprüfenden Froschschenkels dient also nichts anderes als die im
Marke des erregten Nerven M anschwellenden und sinkenden elektrischen Ströme im
Momente der Schliessung und Oeffnung der Kette K.

Die Stärke des electrotonischen Zuwachses, resp. die durch ihn
herbeigeführte Vermehrung der Nadelablenkung unter Voraussez-
zung einer gleichen Spannweite
der ableitenden Bäusche des
Multiplicators ist abhängig von folgenden Umständen:

a) Der Zuwachs erscheint bei Auflegung der ursprünglich unwirk-
samen oder schwachen Anordnungen des Nerven sehr viel beträcht-
licher als beim Auflegen der ursprünglich kräftigen Anordnung des
Nerven. Diese Behauptung wird dadurch gerechtfertigt, dass die im
electrotonischen Zustand von der Oberfläche des Nerven abgeleiteten
Ströme fast so beträchtlich sind, als die von der Oberfläche und dem
Querschnitte abgeleiteten.

b) Die Stärke des Zuwachses steigert sich mit der Annäherung
an die Electroden des erregenden Kreises; das Gesetz seiner Zunahme
mit der Näherung an den erregenden Kreis ist aber nicht das der
einfachen Proportionalität, sondern das eines ursprünglich raschen

[Abbildung] Fig. 17.
und dann nur sehr allmähligen
Steigens, so dass annähernd
dasselbe durch folgende Curve
(Fig. 17) dargestellt wird; in
dieser Curve bedeuten die Hö-
hen der Ordinaten y die Stärken
des Zuwachses auf der jewei-
ligen Stelle der Nerven N
wenn die erregende Kette
Z P in der gegebenen Stel-
lung sich findet.

Die Auffindung dieses Gesetzes der Veränderung des elektrotonischen Zuwachses
auf der Länge des Nerven, die besondere Schwierigkeiten bietet, ist auf zwei Wegen
möglich. Entweder man verrückt auf den Bäuschen die abgeleitete Stelle und lässt
die erregende unverändert; in diesem Fall misst man die Resultirende aus den
zweien mit der Länge der Nerven veränderlichen Grössen, nämlich der Veränderung
des Nervenstromes und der des elektrotonischen Zuwachses, denn es ist, was beson-
ders hervorzuheben, der Nerv im elektrotonischen Zustand auch noch dem Gesetze
des ursprünglichen Nervenstromes unterworfen. In diesem Fall wird also die
Curve der scheinbaren, (d. h. der am Multiplikator sichtbaren) Stromstärke auf
dem Nerven so sein, wie sie Fig. 18 darstellt. Diese Curve ist folgendermassen
zu verstehen: a o b ist die Curve des Nervenstromes d. h. die Ordinaten a Y
bis b Y bedeuten die Wechsel in der Grösse der Ausschläge, welche man erhält
wenn man über den Nerven, bevor er im elektrotonischen Zustande war, mit je-
desmal gleichweit entfernten Bäuschen hingeht. Die Darstellung, dass von a bis
o die Ordinaten positiv und von o bis b negativ sind, bedeutet die Umkehr des Stro-
mes, wie sie auch durch die Pfeile im Nerven N angedeutet ist. h c und d e bedeu-

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[84/0098] Electrotonischer Zustand. schnürt wird, dass der Inhalt des Nerven M zwischen der erregten und der mit dem Nerven N in Berührung befindlichen Stelle unterbrochen wird. Als Erregungs- mittel des stromprüfenden Froschschenkels dient also nichts anderes als die im Marke des erregten Nerven M anschwellenden und sinkenden elektrischen Ströme im Momente der Schliessung und Oeffnung der Kette K. Die Stärke des electrotonischen Zuwachses, resp. die durch ihn herbeigeführte Vermehrung der Nadelablenkung unter Voraussez- zung einer gleichen Spannweite der ableitenden Bäusche des Multiplicators ist abhängig von folgenden Umständen: a) Der Zuwachs erscheint bei Auflegung der ursprünglich unwirk- samen oder schwachen Anordnungen des Nerven sehr viel beträcht- licher als beim Auflegen der ursprünglich kräftigen Anordnung des Nerven. Diese Behauptung wird dadurch gerechtfertigt, dass die im electrotonischen Zustand von der Oberfläche des Nerven abgeleiteten Ströme fast so beträchtlich sind, als die von der Oberfläche und dem Querschnitte abgeleiteten. b) Die Stärke des Zuwachses steigert sich mit der Annäherung an die Electroden des erregenden Kreises; das Gesetz seiner Zunahme mit der Näherung an den erregenden Kreis ist aber nicht das der einfachen Proportionalität, sondern das eines ursprünglich raschen [Abbildung Fig. 17.] und dann nur sehr allmähligen Steigens, so dass annähernd dasselbe durch folgende Curve (Fig. 17) dargestellt wird; in dieser Curve bedeuten die Hö- hen der Ordinaten y die Stärken des Zuwachses auf der jewei- ligen Stelle der Nerven N wenn die erregende Kette Z P in der gegebenen Stel- lung sich findet. Die Auffindung dieses Gesetzes der Veränderung des elektrotonischen Zuwachses auf der Länge des Nerven, die besondere Schwierigkeiten bietet, ist auf zwei Wegen möglich. Entweder man verrückt auf den Bäuschen die abgeleitete Stelle und lässt die erregende unverändert; in diesem Fall misst man die Resultirende aus den zweien mit der Länge der Nerven veränderlichen Grössen, nämlich der Veränderung des Nervenstromes und der des elektrotonischen Zuwachses, denn es ist, was beson- ders hervorzuheben, der Nerv im elektrotonischen Zustand auch noch dem Gesetze des ursprünglichen Nervenstromes unterworfen. In diesem Fall wird also die Curve der scheinbaren, (d. h. der am Multiplikator sichtbaren) Stromstärke auf dem Nerven so sein, wie sie Fig. 18 darstellt. Diese Curve ist folgendermassen zu verstehen: a o b ist die Curve des Nervenstromes d. h. die Ordinaten a Y bis b Y bedeuten die Wechsel in der Grösse der Ausschläge, welche man erhält wenn man über den Nerven, bevor er im elektrotonischen Zustande war, mit je- desmal gleichweit entfernten Bäuschen hingeht. Die Darstellung, dass von a bis o die Ordinaten positiv und von o bis b negativ sind, bedeutet die Umkehr des Stro- mes, wie sie auch durch die Pfeile im Nerven N angedeutet ist. h c und d e bedeu-

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Zitationshilfe: Ludwig, Carl: Lehrbuch der Physiologie des Menschen. Bd. 1. Heidelberg, 1852, S. 84. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ludwig_physiologie01_1852/98>, abgerufen am 29.03.2024.