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Ludwig, Carl: Lehrbuch der Physiologie des Menschen. Bd. 1. Heidelberg, 1852.

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Endosmose.
bran, so werden dadurch noch weitere Complicationen veranlasst wer-
den, denn a) es werden bei Gegenwart wässeriger Lösungen durch die
Verwandtschaften der Membranen, diejenigen der gelösten Stoffe zum
Wasser in einer Weise beschränkt, welche nicht ableitbar ist aus dem
bekannten Verhalten jeder Salzlösung für sich in der Membran. Den
Untersuchungen von Cloetta verdanken wir den bemerkenswerthen
Aufschluss, dass wenn man Stücke des Herzbeutels in eine Lösung
legt, welche zugleich Kochsalz und Glaubersalz aufgelöst enthält,
das Glaubersalz in geringerer Menge von der Membran aufgenommen
wird, als wenn er aus einer Lösung für sich eingedrungen wäre. Diese
Erniedrigung des Glaubersalzgehaltes wächst mit der Menge des
gleichzeitig in der Lösung vorhandenen Kochsalzes. Folgende Zahlen
geben die Belege für diesen Ausspruch. Wenn die Membran von einer
Lösung umspült wurde, welche 10,5 pCt. Na Cl und 5,1 pCt. NaO SO3
enthielt, so trat eine Flüssigkeit in dieselbe, welche 9,1 pCt. Na Cl
und 1,8 pCt. NaO SO3 enthielt; aus einer Lösung, welche dagegen
5,3 pCt. Na Cl und 4,7 pCt. NaO SO3 enthielt, drang eine Flüssigkeit in
dieselbe Membran, in welcher sich 4,3 pCt. Na Cl und 2,2 pCt. NaO SO3
befanden. Als demnach 10,5 pCt. Na Cl in der äussern Flüssigkeit vor-
handen waren, verhielt sich der Procentgehalt der äussern und innern
Glaubersalzlösung wie 1 : 0,35, und als nun 5,3 pCt. Na Cl in der äus-
sern Flüssigkeit vorkamen, verhielten sich die entsprechenden Glauber-
salzlösungen wie 1 : 0,47. -- b) Sehr häufig wird durch den Eintritt
einer Flüssigkeit in eine Membran die Fähigkeit dieser letzteren aufge-
hoben gleichzeitig eine andere aufzunehmen; so schliesst u. A. die
Gegenwart wässriger diejenige öliger Flüssigkeiten aus. Dieses Aus-
schliessungsvermögen der einen Flüssigkeit durch die andere, kann
aber beseitigt werden, wenn in der einen von beiden ein Stoff gelöst
wird, durch den die Adhäsion beider Flüssigkeiten aneinander ermög-
licht ist. So dringt u. A. in eine mit Wasser durchdrängte Membran
Oel ein, vorausgesetzt dass in dem Wasser Seifen oder gallensaure
Salze gelösst waren (Ochlenowitz).

8. Diffusion zweier Flüssigkeiten ineinander, welche
mittelst einer für sie durchgängigen Scheidewand getrennt
sind
. Endosmose. Die Bedingungen dieses Hergangs bestehen darin,
dass zwei in irgend welcher Art verschiedene Flüssigkeiten durch
eine (molekular oder grob) poröse Scheidewand getrennt sind, in
welche eine oder beide Flüssigkeiten so eindringen können, dass sie
sich innerhalb oder an der einen Grenze der Poren in unmittelbarer
Berührung finden. Zugleich wird vorausgesetzt, dass eine etwa vor-
handene Verschiedenheit des hydrostatischen Druckes, den die beiden
Flüssigkeiten auf die Flächen der Scheidewand ausüben, nicht hin-
reicht, um bei dem Widerstand dieser letzteren als Bewegungsur-
sache einer der beiden Flüssigkeiten angesehen werden zu können.

Endosmose.
bran, so werden dadurch noch weitere Complicationen veranlasst wer-
den, denn a) es werden bei Gegenwart wässeriger Lösungen durch die
Verwandtschaften der Membranen, diejenigen der gelösten Stoffe zum
Wasser in einer Weise beschränkt, welche nicht ableitbar ist aus dem
bekannten Verhalten jeder Salzlösung für sich in der Membran. Den
Untersuchungen von Cloetta verdanken wir den bemerkenswerthen
Aufschluss, dass wenn man Stücke des Herzbeutels in eine Lösung
legt, welche zugleich Kochsalz und Glaubersalz aufgelöst enthält,
das Glaubersalz in geringerer Menge von der Membran aufgenommen
wird, als wenn er aus einer Lösung für sich eingedrungen wäre. Diese
Erniedrigung des Glaubersalzgehaltes wächst mit der Menge des
gleichzeitig in der Lösung vorhandenen Kochsalzes. Folgende Zahlen
geben die Belege für diesen Ausspruch. Wenn die Membran von einer
Lösung umspült wurde, welche 10,5 pCt. Na Cl und 5,1 pCt. NaO SO3
enthielt, so trat eine Flüssigkeit in dieselbe, welche 9,1 pCt. Na Cl
und 1,8 pCt. NaO SO3 enthielt; aus einer Lösung, welche dagegen
5,3 pCt. Na Cl und 4,7 pCt. NaO SO3 enthielt, drang eine Flüssigkeit in
dieselbe Membran, in welcher sich 4,3 pCt. Na Cl und 2,2 pCt. NaO SO3
befanden. Als demnach 10,5 pCt. Na Cl in der äussern Flüssigkeit vor-
handen waren, verhielt sich der Procentgehalt der äussern und innern
Glaubersalzlösung wie 1 : 0,35, und als nun 5,3 pCt. Na Cl in der äus-
sern Flüssigkeit vorkamen, verhielten sich die entsprechenden Glauber-
salzlösungen wie 1 : 0,47. — b) Sehr häufig wird durch den Eintritt
einer Flüssigkeit in eine Membran die Fähigkeit dieser letzteren aufge-
hoben gleichzeitig eine andere aufzunehmen; so schliesst u. A. die
Gegenwart wässriger diejenige öliger Flüssigkeiten aus. Dieses Aus-
schliessungsvermögen der einen Flüssigkeit durch die andere, kann
aber beseitigt werden, wenn in der einen von beiden ein Stoff gelöst
wird, durch den die Adhäsion beider Flüssigkeiten aneinander ermög-
licht ist. So dringt u. A. in eine mit Wasser durchdrängte Membran
Oel ein, vorausgesetzt dass in dem Wasser Seifen oder gallensaure
Salze gelösst waren (Ochlenowitz).

8. Diffusion zweier Flüssigkeiten ineinander, welche
mittelst einer für sie durchgängigen Scheidewand getrennt
sind
. Endosmose. Die Bedingungen dieses Hergangs bestehen darin,
dass zwei in irgend welcher Art verschiedene Flüssigkeiten durch
eine (molekular oder grob) poröse Scheidewand getrennt sind, in
welche eine oder beide Flüssigkeiten so eindringen können, dass sie
sich innerhalb oder an der einen Grenze der Poren in unmittelbarer
Berührung finden. Zugleich wird vorausgesetzt, dass eine etwa vor-
handene Verschiedenheit des hydrostatischen Druckes, den die beiden
Flüssigkeiten auf die Flächen der Scheidewand ausüben, nicht hin-
reicht, um bei dem Widerstand dieser letzteren als Bewegungsur-
sache einer der beiden Flüssigkeiten angesehen werden zu können.

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[63/0077] Endosmose. bran, so werden dadurch noch weitere Complicationen veranlasst wer- den, denn a) es werden bei Gegenwart wässeriger Lösungen durch die Verwandtschaften der Membranen, diejenigen der gelösten Stoffe zum Wasser in einer Weise beschränkt, welche nicht ableitbar ist aus dem bekannten Verhalten jeder Salzlösung für sich in der Membran. Den Untersuchungen von Cloetta verdanken wir den bemerkenswerthen Aufschluss, dass wenn man Stücke des Herzbeutels in eine Lösung legt, welche zugleich Kochsalz und Glaubersalz aufgelöst enthält, das Glaubersalz in geringerer Menge von der Membran aufgenommen wird, als wenn er aus einer Lösung für sich eingedrungen wäre. Diese Erniedrigung des Glaubersalzgehaltes wächst mit der Menge des gleichzeitig in der Lösung vorhandenen Kochsalzes. Folgende Zahlen geben die Belege für diesen Ausspruch. Wenn die Membran von einer Lösung umspült wurde, welche 10,5 pCt. Na Cl und 5,1 pCt. NaO SO3 enthielt, so trat eine Flüssigkeit in dieselbe, welche 9,1 pCt. Na Cl und 1,8 pCt. NaO SO3 enthielt; aus einer Lösung, welche dagegen 5,3 pCt. Na Cl und 4,7 pCt. NaO SO3 enthielt, drang eine Flüssigkeit in dieselbe Membran, in welcher sich 4,3 pCt. Na Cl und 2,2 pCt. NaO SO3 befanden. Als demnach 10,5 pCt. Na Cl in der äussern Flüssigkeit vor- handen waren, verhielt sich der Procentgehalt der äussern und innern Glaubersalzlösung wie 1 : 0,35, und als nun 5,3 pCt. Na Cl in der äus- sern Flüssigkeit vorkamen, verhielten sich die entsprechenden Glauber- salzlösungen wie 1 : 0,47. — b) Sehr häufig wird durch den Eintritt einer Flüssigkeit in eine Membran die Fähigkeit dieser letzteren aufge- hoben gleichzeitig eine andere aufzunehmen; so schliesst u. A. die Gegenwart wässriger diejenige öliger Flüssigkeiten aus. Dieses Aus- schliessungsvermögen der einen Flüssigkeit durch die andere, kann aber beseitigt werden, wenn in der einen von beiden ein Stoff gelöst wird, durch den die Adhäsion beider Flüssigkeiten aneinander ermög- licht ist. So dringt u. A. in eine mit Wasser durchdrängte Membran Oel ein, vorausgesetzt dass in dem Wasser Seifen oder gallensaure Salze gelösst waren (Ochlenowitz). 8. Diffusion zweier Flüssigkeiten ineinander, welche mittelst einer für sie durchgängigen Scheidewand getrennt sind. Endosmose. Die Bedingungen dieses Hergangs bestehen darin, dass zwei in irgend welcher Art verschiedene Flüssigkeiten durch eine (molekular oder grob) poröse Scheidewand getrennt sind, in welche eine oder beide Flüssigkeiten so eindringen können, dass sie sich innerhalb oder an der einen Grenze der Poren in unmittelbarer Berührung finden. Zugleich wird vorausgesetzt, dass eine etwa vor- handene Verschiedenheit des hydrostatischen Druckes, den die beiden Flüssigkeiten auf die Flächen der Scheidewand ausüben, nicht hin- reicht, um bei dem Widerstand dieser letzteren als Bewegungsur- sache einer der beiden Flüssigkeiten angesehen werden zu können.

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Zitationshilfe: Ludwig, Carl: Lehrbuch der Physiologie des Menschen. Bd. 1. Heidelberg, 1852, S. 63. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ludwig_physiologie01_1852/77>, abgerufen am 25.04.2024.