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Ludwig, Carl: Lehrbuch der Physiologie des Menschen. Bd. 1. Heidelberg, 1852.

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Abnahme des E coeffizenten mit der Ermüdung.
mit andern Worten, die stufenweis aufeinander folgende proportionale
Ausdehnung, welche durch dieselbe Reihenfolge angehängter Ge-
[Abbildung] Fig. 89.
[Abbildung] Fig. 90.
[Abbildung] Fig. 91.
wichte erzeugt werden, ändert sich an dem-
selben Muskel mit der wachsenden Er-
müdung. Den allgemeinen Gang dieser Ver-
änderung geben die Curven 89, 90, 91. In
ihnen bedeuten die Werthe L, L' -- L,
L" -- L' u. s. w. die in Bruchtheilen der
mittleren Muskellänge ausgedrückten Län-
genzuwächse, welche durch eine Stei-
gerung der Gewichte von 5 Gr. auf 10 Gr.,
15 Gr. u. s. w. erzielt wurden. Diese drei
Curven sind ein und demselben Muskel an-
gehörig; die zu je einer derselben gehöri-
gen Werthe gelten für einen während der
ganzen Beobachtung constant erhaltenen
Ermüdungsgrad, und zwar ist Fig. 89 nach
Beobachtungen bei der niedrigsten, Fig. 91
nach denen bei der höchsten Ermüdung
entworfen.

Hier ergibt sich nun, dass ein allmäli-
ger Uebergang im Gesetz des Wechsels
von dem niedrigsten zum höchsten Grad
der Ermüdung stattfindet. Merkwürdiger
Weise nähert sich bei höchster Leistungs-
fähigkeit die Curve der geraden Linie an,
d. h. es verhält sich die Elastizität wie die
eines getrockneten organischen Körpers, während die folgenden den
stufenweisen Uebergang dieser in die Curve des unthätigen Muskels
(S. 321) darstellen. Zugleich ergibt sich aber auch, dass der absolute
Werth des Coeffizienten der Ausdehnbarkeit (der unmittelbar durch
den Werth von L', L" -- L' u. s. w. ausgedrückt ist) für niedere Ge-
wichte bei grösseren Ermüdungen sehr viel beträchtlicher ist, als bei
grösserer Leistungsfähigkeit.

Die Beobachtungen über die Elastizität des nicht ermüdeten Muskels bewegen
sich leider in noch zu engen Grenzen; wahrscheinlich gehen die noch fehlenden
Curvenstücke in einer andern Richtung als die anfänglichen.

Zur Ermittlung der vorgeführten Thatsachen hing Ed. Weber den m. hyoglos-
sus des Frosches passend auf, beschwerte ihn mit einem Gewicht, mass dann auf
sichere Weise seine Länge; darauf setzte er ihn den Schlägen des Induktionsappa-
rates so lange aus, bis er das Maximum seiner Verkürzung erreicht hatte. Nachdem
die Länge des Muskels abermals gemessen war, öffnete er den Induktionskreis und
wiederholte den Versuch mit andern Gewichten und zwar in der Weise, dass er auf das
zuerst angehängte Gewicht von 5 Gr. der Reihe nach aufsteigend die von 10 Gr., 15 Gr.,
20 Gr., 25 Gr., 30 Gr., und dann der Reihe nach absteigend die von 25 Gr., 20 Gr., 15
Gr., 10 Gr., 5 Gr. folgen liess. Einer solchen auf- und absteigenden Beobachtungsreihe

Abnahme des E coeffizenten mit der Ermüdung.
mit andern Worten, die stufenweis aufeinander folgende proportionale
Ausdehnung, welche durch dieselbe Reihenfolge angehängter Ge-
[Abbildung] Fig. 89.
[Abbildung] Fig. 90.
[Abbildung] Fig. 91.
wichte erzeugt werden, ändert sich an dem-
selben Muskel mit der wachsenden Er-
müdung. Den allgemeinen Gang dieser Ver-
änderung geben die Curven 89, 90, 91. In
ihnen bedeuten die Werthe L, L′ — L,
L″ — L′ u. s. w. die in Bruchtheilen der
mittleren Muskellänge ausgedrückten Län-
genzuwächse, welche durch eine Stei-
gerung der Gewichte von 5 Gr. auf 10 Gr.,
15 Gr. u. s. w. erzielt wurden. Diese drei
Curven sind ein und demselben Muskel an-
gehörig; die zu je einer derselben gehöri-
gen Werthe gelten für einen während der
ganzen Beobachtung constant erhaltenen
Ermüdungsgrad, und zwar ist Fig. 89 nach
Beobachtungen bei der niedrigsten, Fig. 91
nach denen bei der höchsten Ermüdung
entworfen.

Hier ergibt sich nun, dass ein allmäli-
ger Uebergang im Gesetz des Wechsels
von dem niedrigsten zum höchsten Grad
der Ermüdung stattfindet. Merkwürdiger
Weise nähert sich bei höchster Leistungs-
fähigkeit die Curve der geraden Linie an,
d. h. es verhält sich die Elastizität wie die
eines getrockneten organischen Körpers, während die folgenden den
stufenweisen Uebergang dieser in die Curve des unthätigen Muskels
(S. 321) darstellen. Zugleich ergibt sich aber auch, dass der absolute
Werth des Coeffizienten der Ausdehnbarkeit (der unmittelbar durch
den Werth von L′, L″ — L′ u. s. w. ausgedrückt ist) für niedere Ge-
wichte bei grösseren Ermüdungen sehr viel beträchtlicher ist, als bei
grösserer Leistungsfähigkeit.

Die Beobachtungen über die Elastizität des nicht ermüdeten Muskels bewegen
sich leider in noch zu engen Grenzen; wahrscheinlich gehen die noch fehlenden
Curvenstücke in einer andern Richtung als die anfänglichen.

Zur Ermittlung der vorgeführten Thatsachen hing Ed. Weber den m. hyoglos-
sus des Frosches passend auf, beschwerte ihn mit einem Gewicht, mass dann auf
sichere Weise seine Länge; darauf setzte er ihn den Schlägen des Induktionsappa-
rates so lange aus, bis er das Maximum seiner Verkürzung erreicht hatte. Nachdem
die Länge des Muskels abermals gemessen war, öffnete er den Induktionskreis und
wiederholte den Versuch mit andern Gewichten und zwar in der Weise, dass er auf das
zuerst angehängte Gewicht von 5 Gr. der Reihe nach aufsteigend die von 10 Gr., 15 Gr.,
20 Gr., 25 Gr., 30 Gr., und dann der Reihe nach absteigend die von 25 Gr., 20 Gr., 15
Gr., 10 Gr., 5 Gr. folgen liess. Einer solchen auf- und absteigenden Beobachtungsreihe

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[336/0350] Abnahme des E coeffizenten mit der Ermüdung. mit andern Worten, die stufenweis aufeinander folgende proportionale Ausdehnung, welche durch dieselbe Reihenfolge angehängter Ge- [Abbildung Fig. 89.] [Abbildung Fig. 90.] [Abbildung Fig. 91.] wichte erzeugt werden, ändert sich an dem- selben Muskel mit der wachsenden Er- müdung. Den allgemeinen Gang dieser Ver- änderung geben die Curven 89, 90, 91. In ihnen bedeuten die Werthe L, L′ — L, L″ — L′ u. s. w. die in Bruchtheilen der mittleren Muskellänge ausgedrückten Län- genzuwächse, welche durch eine Stei- gerung der Gewichte von 5 Gr. auf 10 Gr., 15 Gr. u. s. w. erzielt wurden. Diese drei Curven sind ein und demselben Muskel an- gehörig; die zu je einer derselben gehöri- gen Werthe gelten für einen während der ganzen Beobachtung constant erhaltenen Ermüdungsgrad, und zwar ist Fig. 89 nach Beobachtungen bei der niedrigsten, Fig. 91 nach denen bei der höchsten Ermüdung entworfen. Hier ergibt sich nun, dass ein allmäli- ger Uebergang im Gesetz des Wechsels von dem niedrigsten zum höchsten Grad der Ermüdung stattfindet. Merkwürdiger Weise nähert sich bei höchster Leistungs- fähigkeit die Curve der geraden Linie an, d. h. es verhält sich die Elastizität wie die eines getrockneten organischen Körpers, während die folgenden den stufenweisen Uebergang dieser in die Curve des unthätigen Muskels (S. 321) darstellen. Zugleich ergibt sich aber auch, dass der absolute Werth des Coeffizienten der Ausdehnbarkeit (der unmittelbar durch den Werth von L′, L″ — L′ u. s. w. ausgedrückt ist) für niedere Ge- wichte bei grösseren Ermüdungen sehr viel beträchtlicher ist, als bei grösserer Leistungsfähigkeit. Die Beobachtungen über die Elastizität des nicht ermüdeten Muskels bewegen sich leider in noch zu engen Grenzen; wahrscheinlich gehen die noch fehlenden Curvenstücke in einer andern Richtung als die anfänglichen. Zur Ermittlung der vorgeführten Thatsachen hing Ed. Weber den m. hyoglos- sus des Frosches passend auf, beschwerte ihn mit einem Gewicht, mass dann auf sichere Weise seine Länge; darauf setzte er ihn den Schlägen des Induktionsappa- rates so lange aus, bis er das Maximum seiner Verkürzung erreicht hatte. Nachdem die Länge des Muskels abermals gemessen war, öffnete er den Induktionskreis und wiederholte den Versuch mit andern Gewichten und zwar in der Weise, dass er auf das zuerst angehängte Gewicht von 5 Gr. der Reihe nach aufsteigend die von 10 Gr., 15 Gr., 20 Gr., 25 Gr., 30 Gr., und dann der Reihe nach absteigend die von 25 Gr., 20 Gr., 15 Gr., 10 Gr., 5 Gr. folgen liess. Einer solchen auf- und absteigenden Beobachtungsreihe

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Zitationshilfe: Ludwig, Carl: Lehrbuch der Physiologie des Menschen. Bd. 1. Heidelberg, 1852, S. 336. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ludwig_physiologie01_1852/350>, abgerufen am 29.03.2024.