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Ludwig, Carl: Lehrbuch der Physiologie des Menschen. Bd. 1. Heidelberg, 1852.

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Elektricität. Gesetz der schwankenden Dichtigkeit.
Dauer seiner Einwirkung auf den Nerven in Schwankungen begriffen
ist; er erzeugt dagegen keine Zuckung so lange er mit gleichbleiben-
der Stärke durch den Nerven strömt. Dieses von du Bois zuerst aus-
gesprochene Gesetz wird durch eine graphische Darstellung in vollem
Umfang verständlich werden. Es mögen zu dem Behuf, Fig. 84, die
Ordinaten Y die Stärken des Stromes bedeuten, welche er in verschie-
denen Zeiten X1 X2 ... besitzt, während er auf den Nerven wirkt, *)
[Abbildung] Fig. 84.
die Zeiten denken wir uns auf
die Abszisse aufgetragen. Dem
obigen Gesetz gemäss würde
also ein Strom, dessen Inten-
sitäten sich auf Y1, Y2, Y3, Y4
u. s. w. während der entspre-
chenden Zeit X1, X2, X3, X4 u.
s. w. ändern, erregend wirken, während ein Strom von der Form a c,
dessen Ordinaten während der ganzen Stromdauer unveränderlich
sind, den Nerven in scheinbarer Ruhe lässt.

Die Mittel um die Elektrizität in veränderlicher Dichtigkeit durch den Nerven
strömen zu lassen, sind sehr zahlreich; es möge genügen, einige derselben, die zu-
gleich als Bestätigung des Gesetzes dienen, anzuführen. Berührt man einen Nerven,
an dem noch der zugehörige Muskel befindlich, mit den Polen einer constanten elek-
trischen Batterie, so dass diese durch den Nerven geschlossen wird, so erscheint mit
der Schliessung eine Zuckung, -- die Schliessungszuckung --, während der
Dauer des Schlusses bleibt der Muskel ruhig, er zuckt aber von Neuem, sowie man
den Pol von dem Nerven entfernt, -- die Oeffnungszuckung --, im ersten Fall
stieg also der Strom in dem Nerven von Null bis zu dem hier möglichen Maximum sei-

[Abbildung] Fig. 85.
ner Stärke an; im zweiten Fall sank er
von diesem auf Null zurück. -- Die
Schwankung der Stärke, die hier
durch Oeffnung und Schliessung er-
zeugt wurde, kann begreiflich auch
erzielt werden durch Veränderung in
dem Leitungswiderstand bei geschlos-
sener Kette. Schliesst man z. B. wie in
Fig. 85 den Strom K, Z, B, N durch den
Nerven, so kann man letztern so oft
man will in den zuckungserregenden
Zustand versetzen, wenn man die Ne-
benschliessung B bald öffnet und bald
schliesst, weil hierdurch die Dichtigkeit
des Stromarmes, welcher durch den
Nerven kreist, fortwährend verändert
wird, indem dann die entwickelte E.
bald durch beide Stromarme gehen
kann, bald aber auch nur auf einen
sich beschränken muss.

*) Die Ordinaten bedeuten also die Menge von Electrizität, welche in jedem unendlich kleinen
Zeittheil durch den Querschnitt des Nerven strömt.

Elektricität. Gesetz der schwankenden Dichtigkeit.
Dauer seiner Einwirkung auf den Nerven in Schwankungen begriffen
ist; er erzeugt dagegen keine Zuckung so lange er mit gleichbleiben-
der Stärke durch den Nerven strömt. Dieses von du Bois zuerst aus-
gesprochene Gesetz wird durch eine graphische Darstellung in vollem
Umfang verständlich werden. Es mögen zu dem Behuf, Fig. 84, die
Ordinaten Y die Stärken des Stromes bedeuten, welche er in verschie-
denen Zeiten X1 X2 … besitzt, während er auf den Nerven wirkt, *)
[Abbildung] Fig. 84.
die Zeiten denken wir uns auf
die Abszisse aufgetragen. Dem
obigen Gesetz gemäss würde
also ein Strom, dessen Inten-
sitäten sich auf Y1, Y2, Y3, Y4
u. s. w. während der entspre-
chenden Zeit X1, X2, X3, X4 u.
s. w. ändern, erregend wirken, während ein Strom von der Form a c,
dessen Ordinaten während der ganzen Stromdauer unveränderlich
sind, den Nerven in scheinbarer Ruhe lässt.

Die Mittel um die Elektrizität in veränderlicher Dichtigkeit durch den Nerven
strömen zu lassen, sind sehr zahlreich; es möge genügen, einige derselben, die zu-
gleich als Bestätigung des Gesetzes dienen, anzuführen. Berührt man einen Nerven,
an dem noch der zugehörige Muskel befindlich, mit den Polen einer constanten elek-
trischen Batterie, so dass diese durch den Nerven geschlossen wird, so erscheint mit
der Schliessung eine Zuckung, — die Schliessungszuckung —, während der
Dauer des Schlusses bleibt der Muskel ruhig, er zuckt aber von Neuem, sowie man
den Pol von dem Nerven entfernt, — die Oeffnungszuckung —, im ersten Fall
stieg also der Strom in dem Nerven von Null bis zu dem hier möglichen Maximum sei-

[Abbildung] Fig. 85.
ner Stärke an; im zweiten Fall sank er
von diesem auf Null zurück. — Die
Schwankung der Stärke, die hier
durch Oeffnung und Schliessung er-
zeugt wurde, kann begreiflich auch
erzielt werden durch Veränderung in
dem Leitungswiderstand bei geschlos-
sener Kette. Schliesst man z. B. wie in
Fig. 85 den Strom K, Z, B, N durch den
Nerven, so kann man letztern so oft
man will in den zuckungserregenden
Zustand versetzen, wenn man die Ne-
benschliessung B bald öffnet und bald
schliesst, weil hierdurch die Dichtigkeit
des Stromarmes, welcher durch den
Nerven kreist, fortwährend verändert
wird, indem dann die entwickelte E.
bald durch beide Stromarme gehen
kann, bald aber auch nur auf einen
sich beschränken muss.

*) Die Ordinaten bedeuten also die Menge von Electrizität, welche in jedem unendlich kleinen
Zeittheil durch den Querschnitt des Nerven strömt.
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[325/0339] Elektricität. Gesetz der schwankenden Dichtigkeit. Dauer seiner Einwirkung auf den Nerven in Schwankungen begriffen ist; er erzeugt dagegen keine Zuckung so lange er mit gleichbleiben- der Stärke durch den Nerven strömt. Dieses von du Bois zuerst aus- gesprochene Gesetz wird durch eine graphische Darstellung in vollem Umfang verständlich werden. Es mögen zu dem Behuf, Fig. 84, die Ordinaten Y die Stärken des Stromes bedeuten, welche er in verschie- denen Zeiten X1 X2 … besitzt, während er auf den Nerven wirkt, *) [Abbildung Fig. 84.] die Zeiten denken wir uns auf die Abszisse aufgetragen. Dem obigen Gesetz gemäss würde also ein Strom, dessen Inten- sitäten sich auf Y1, Y2, Y3, Y4 u. s. w. während der entspre- chenden Zeit X1, X2, X3, X4 u. s. w. ändern, erregend wirken, während ein Strom von der Form a c, dessen Ordinaten während der ganzen Stromdauer unveränderlich sind, den Nerven in scheinbarer Ruhe lässt. Die Mittel um die Elektrizität in veränderlicher Dichtigkeit durch den Nerven strömen zu lassen, sind sehr zahlreich; es möge genügen, einige derselben, die zu- gleich als Bestätigung des Gesetzes dienen, anzuführen. Berührt man einen Nerven, an dem noch der zugehörige Muskel befindlich, mit den Polen einer constanten elek- trischen Batterie, so dass diese durch den Nerven geschlossen wird, so erscheint mit der Schliessung eine Zuckung, — die Schliessungszuckung —, während der Dauer des Schlusses bleibt der Muskel ruhig, er zuckt aber von Neuem, sowie man den Pol von dem Nerven entfernt, — die Oeffnungszuckung —, im ersten Fall stieg also der Strom in dem Nerven von Null bis zu dem hier möglichen Maximum sei- [Abbildung Fig. 85.] ner Stärke an; im zweiten Fall sank er von diesem auf Null zurück. — Die Schwankung der Stärke, die hier durch Oeffnung und Schliessung er- zeugt wurde, kann begreiflich auch erzielt werden durch Veränderung in dem Leitungswiderstand bei geschlos- sener Kette. Schliesst man z. B. wie in Fig. 85 den Strom K, Z, B, N durch den Nerven, so kann man letztern so oft man will in den zuckungserregenden Zustand versetzen, wenn man die Ne- benschliessung B bald öffnet und bald schliesst, weil hierdurch die Dichtigkeit des Stromarmes, welcher durch den Nerven kreist, fortwährend verändert wird, indem dann die entwickelte E. bald durch beide Stromarme gehen kann, bald aber auch nur auf einen sich beschränken muss. *) Die Ordinaten bedeuten also die Menge von Electrizität, welche in jedem unendlich kleinen Zeittheil durch den Querschnitt des Nerven strömt.

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Zitationshilfe: Ludwig, Carl: Lehrbuch der Physiologie des Menschen. Bd. 1. Heidelberg, 1852, S. 325. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ludwig_physiologie01_1852/339>, abgerufen am 23.04.2024.