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Ludwig, Carl: Lehrbuch der Physiologie des Menschen. Bd. 1. Heidelberg, 1852.

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Gleichzeitige Bewegung der drei Gehörknöchelchen.
Seite aber die Gelenkköpfe abstehen. Die Bahn der bewegten Fort-
sätze wird sonach ein Stück eines Kreisbogens senkrecht auf die
Verbindungslinie vom proc. folianus zum proc. brevis incudis dar-
stellen. Diese Bewegung wird gehemmt durch das Trommelfell, das
ligamentum mallei externum (m. laxator tymp. min.) und durch das
ligamentum suspensorium mallei. -- Bekanntlich ist in dem Trom-
melfell der Handgriff des Hammers so befestigt, dass dieser letz-
tere aus der Ebene des Paukenrings heraus in die Trommelhöhle
hineingetrieben wird, mit andern Worten in der Art, dass das Trommel-
fell einen Trichter bildet, dessen weitere Oeffnung gegen den meatus
auditor. extern. hinsieht. In dieser Lage wird aber das Trommelfell er-
halten durch den proc. folianus, der eine Feder darstellt, welche sich
gegen den Paukenring anlegt und den Handgriff des Hammers nach
innen drängt. Demgemäss kann der Handgriff keine Bewegung aus-
führen ohne das Trommelfell mit sich zu führen, und nach dem vorhin
erwähnten, dem Handgriff möglichen Bewegungen kann diejenige
des Trommelfells nur in einem Zu- oder Abnehmen der Tiefe des
Trichters bestehen; das Trommelfell hemmt nun nachweislich die
Bewegung des Handgriffs nur bei der Vertiefung des Trichters, d. h.
dem Einziehen des Trommelfells. In dieser Leistung wird es sehr be-
trächtlich unterstützt durch das lig. mallei externum, während das lig.
suspensor. mallei das Eintreten des Trommelfells in den meat. auditor.
hemmt. -- Diese eben geschilderten Bewegungen können nun veran-
lasst werden durch den musc. tensor tympani, und durch Ungleichheiten
des Luftdruckes diesseits und jenseits des Trommelfells, so dass im
ersten Fall der Angriffpunkt der bewegenden Kräfte am collum mallei
und im zweiten am Trommelfell sich findet. -- Die Sehne des m. ten-
sor tympani geht, nachdem sie ihre Rolle verlassen, bekanntlich von
hinten nach vorn und trifft unter einem rechten Winkel gegen die
Ebene, in welcher die Hammer- und Ambosfortsätze gelegen sind,
oder was dasselbe bedeutet gegen die Projektion des Trommelfells in
der Ebene des Trommel rings; demnach zieht er das Trommelfell nach
hinten. Der Umfang seiner Bewegungen ist nicht bekannt. Die Ver-
kürzung vermittelt ein Zweig aus drittem Aste n. trigemini, wahr-
scheinlich liegen auch die Fasern desselben in den Wurzeln des Quin-
tus, da man die Verkürzung des Muskels erzeugen kann, wenn man
die den Unterkiefer schliessenden Muskeln kräftig verkürzt. Die Be-
wegung dieses Muskels erzeugt einen feinen hohen Ton, der wahr-
seheinlich durch die Zerrung des Trommelfells bedingt ist.

Um die Bewegung des Trommelfells bei energischen Kaubewegungen darzu-
thun, fügt L. Fick *) ein horizontales, enges Glasrohr, in dem sich ein Wassertröpf-

*) Müllers Archiv 1850. 526. Siehe ausserdem über Bewegung des Hammermuskels; Luschka
Archiv für physiolog. Heilkunde, IX. Bd. p. 80 und Hauff, Valentins Jahresbericht über
1850. p. 119.

Gleichzeitige Bewegung der drei Gehörknöchelchen.
Seite aber die Gelenkköpfe abstehen. Die Bahn der bewegten Fort-
sätze wird sonach ein Stück eines Kreisbogens senkrecht auf die
Verbindungslinie vom proc. folianus zum proc. brevis incudis dar-
stellen. Diese Bewegung wird gehemmt durch das Trommelfell, das
ligamentum mallei externum (m. laxator tymp. min.) und durch das
ligamentum suspensorium mallei. — Bekanntlich ist in dem Trom-
melfell der Handgriff des Hammers so befestigt, dass dieser letz-
tere aus der Ebene des Paukenrings heraus in die Trommelhöhle
hineingetrieben wird, mit andern Worten in der Art, dass das Trommel-
fell einen Trichter bildet, dessen weítere Oeffnung gegen den meatus
auditor. extern. hinsieht. In dieser Lage wird aber das Trommelfell er-
halten durch den proc. folianus, der eine Feder darstellt, welche sich
gegen den Paukenring anlegt und den Handgriff des Hammers nach
innen drängt. Demgemäss kann der Handgriff keine Bewegung aus-
führen ohne das Trommelfell mit sich zu führen, und nach dem vorhin
erwähnten, dem Handgriff möglichen Bewegungen kann diejenige
des Trommelfells nur in einem Zu- oder Abnehmen der Tiefe des
Trichters bestehen; das Trommelfell hemmt nun nachweislich die
Bewegung des Handgriffs nur bei der Vertiefung des Trichters, d. h.
dem Einziehen des Trommelfells. In dieser Leistung wird es sehr be-
trächtlich unterstützt durch das lig. mallei externum, während das lig.
suspensor. mallei das Eintreten des Trommelfells in den meat. auditor.
hemmt. — Diese eben geschilderten Bewegungen können nun veran-
lasst werden durch den musc. tensor tympani, und durch Ungleichheiten
des Luftdruckes diesseits und jenseits des Trommelfells, so dass im
ersten Fall der Angriffpunkt der bewegenden Kräfte am collum mallei
und im zweiten am Trommelfell sich findet. — Die Sehne des m. ten-
sor tympani geht, nachdem sie ihre Rolle verlassen, bekanntlich von
hinten nach vorn und trifft unter einem rechten Winkel gegen die
Ebene, in welcher die Hammer- und Ambosfortsätze gelegen sind,
oder was dasselbe bedeutet gegen die Projektion des Trommelfells in
der Ebene des Trommel rings; demnach zieht er das Trommelfell nach
hinten. Der Umfang seiner Bewegungen ist nicht bekannt. Die Ver-
kürzung vermittelt ein Zweig aus drittem Aste n. trigemini, wahr-
scheinlich liegen auch die Fasern desselben in den Wurzeln des Quin-
tus, da man die Verkürzung des Muskels erzeugen kann, wenn man
die den Unterkiefer schliessenden Muskeln kräftig verkürzt. Die Be-
wegung dieses Muskels erzeugt einen feinen hohen Ton, der wahr-
seheinlich durch die Zerrung des Trommelfells bedingt ist.

Um die Bewegung des Trommelfells bei energischen Kaubewegungen darzu-
thun, fügt L. Fick *) ein horizontales, enges Glasrohr, in dem sich ein Wassertröpf-

*) Müllers Archiv 1850. 526. Siehe ausserdem über Bewegung des Hammermuskels; Luschka
Archiv für physiolog. Heilkunde, IX. Bd. p. 80 und Hauff, Valentins Jahresbericht über
1850. p. 119.
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[274/0288] Gleichzeitige Bewegung der drei Gehörknöchelchen. Seite aber die Gelenkköpfe abstehen. Die Bahn der bewegten Fort- sätze wird sonach ein Stück eines Kreisbogens senkrecht auf die Verbindungslinie vom proc. folianus zum proc. brevis incudis dar- stellen. Diese Bewegung wird gehemmt durch das Trommelfell, das ligamentum mallei externum (m. laxator tymp. min.) und durch das ligamentum suspensorium mallei. — Bekanntlich ist in dem Trom- melfell der Handgriff des Hammers so befestigt, dass dieser letz- tere aus der Ebene des Paukenrings heraus in die Trommelhöhle hineingetrieben wird, mit andern Worten in der Art, dass das Trommel- fell einen Trichter bildet, dessen weítere Oeffnung gegen den meatus auditor. extern. hinsieht. In dieser Lage wird aber das Trommelfell er- halten durch den proc. folianus, der eine Feder darstellt, welche sich gegen den Paukenring anlegt und den Handgriff des Hammers nach innen drängt. Demgemäss kann der Handgriff keine Bewegung aus- führen ohne das Trommelfell mit sich zu führen, und nach dem vorhin erwähnten, dem Handgriff möglichen Bewegungen kann diejenige des Trommelfells nur in einem Zu- oder Abnehmen der Tiefe des Trichters bestehen; das Trommelfell hemmt nun nachweislich die Bewegung des Handgriffs nur bei der Vertiefung des Trichters, d. h. dem Einziehen des Trommelfells. In dieser Leistung wird es sehr be- trächtlich unterstützt durch das lig. mallei externum, während das lig. suspensor. mallei das Eintreten des Trommelfells in den meat. auditor. hemmt. — Diese eben geschilderten Bewegungen können nun veran- lasst werden durch den musc. tensor tympani, und durch Ungleichheiten des Luftdruckes diesseits und jenseits des Trommelfells, so dass im ersten Fall der Angriffpunkt der bewegenden Kräfte am collum mallei und im zweiten am Trommelfell sich findet. — Die Sehne des m. ten- sor tympani geht, nachdem sie ihre Rolle verlassen, bekanntlich von hinten nach vorn und trifft unter einem rechten Winkel gegen die Ebene, in welcher die Hammer- und Ambosfortsätze gelegen sind, oder was dasselbe bedeutet gegen die Projektion des Trommelfells in der Ebene des Trommel rings; demnach zieht er das Trommelfell nach hinten. Der Umfang seiner Bewegungen ist nicht bekannt. Die Ver- kürzung vermittelt ein Zweig aus drittem Aste n. trigemini, wahr- scheinlich liegen auch die Fasern desselben in den Wurzeln des Quin- tus, da man die Verkürzung des Muskels erzeugen kann, wenn man die den Unterkiefer schliessenden Muskeln kräftig verkürzt. Die Be- wegung dieses Muskels erzeugt einen feinen hohen Ton, der wahr- seheinlich durch die Zerrung des Trommelfells bedingt ist. Um die Bewegung des Trommelfells bei energischen Kaubewegungen darzu- thun, fügt L. Fick *) ein horizontales, enges Glasrohr, in dem sich ein Wassertröpf- *) Müllers Archiv 1850. 526. Siehe ausserdem über Bewegung des Hammermuskels; Luschka Archiv für physiolog. Heilkunde, IX. Bd. p. 80 und Hauff, Valentins Jahresbericht über 1850. p. 119.

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Zitationshilfe: Ludwig, Carl: Lehrbuch der Physiologie des Menschen. Bd. 1. Heidelberg, 1852, S. 274. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ludwig_physiologie01_1852/288>, abgerufen am 24.04.2024.