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Ludwig, Carl: Lehrbuch der Physiologie des Menschen. Bd. 1. Heidelberg, 1852.

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Stärke der Lichtempfindung. Mechanische Einwirkungen.
bar, so erhöht sich nun allmälig mit der Intensität der leuchtenden
Theilchen die Empfindung; bei fortgesetzter Steigerung des Lichtes
tritt aber endlich Blendung ein, das Analogon des Schmerzes, bei
deren Anwesenheit durch eine noch kräftigere Wirkung des Lichtes,
keine heftigere Empfindung mehr erzielt werden kann. -- Auf die
Stärke der Empfindung übt ausser der Excursion des schwingenden
Theilchens auch die Wellenlänge einen Einfluss. Die Wellen kürzerer
Längen, d. h. die nach dem violetten Ende des Spektrums hin liegen-
den verschwinden, nämlich bei fortgesetzter Schwächung des Lichtes,
später als die nach dem rothen Ende hin gelegenen. Dove erläutert
dieses daraus, dass sich die rascher aufeinander folgenden Stösse
des blauen Lichtes in den Nerven summiren, während dieses bei den
langsamer aufeinander folgenden des rothen Lichtes nicht geschieht.

Alle übrigen Angaben und namentlich die, dass bei gleicher Lichtintensität die
Farben rücksichtlich der Stärke ihre empfindungserzeugenden Eigenschaften in der
abnehmenden Reihe gelb, grün, hellblau, orange, roth, violett geordnet werden könn-
ten, ruhen auf keinen sicheren Erfahrungen. -- Die Methode, welche Plateau *) an-
wendete um emfindungserzeugende Kräfte der Farben zu messen, ist im Prinzip feh-
lerhaft. Sie gibt in der That nur Aufschluss darüber, in welchem Verhältniss die
Stärke der Nachwirkung steht, welche zwei Farbeneindrücke hinterlassen.

b) Die Empfindlichkeit der Retina gegen weisses Licht sowohl
als gegen gefärbtes, nimmt mit der Dauer ihrer Einwirkung auf die-
selbe ab und zwar um so rascher, je beträchtlicher die Intensität des
Lichtes war. Rücksichtlich des gefärbten Lichtes ist hierbei bemer-
kenswerth, dass durch anhaltende Einwirkung einer Farbe die Em-
pfindlichkeit des Sehnerven nur für diese, aber nicht zugleich für
andere Farben abgestumpft wird.

g) Nach Brewster **) sollen die Seitentheile der Retina (bei
gleicher Pupillenweite?) ein constantes Licht lebhafter empfinden als
die mittleren.

d) Je grösser die Retinaflächen sind, welche gleichzeitig vom
Licht getroffen werden, um so intensiver wirkt dasselbe, wie daraus
hervorgeht, dass ein grelles Licht mit einem, aber nicht mit zwei Au-
gen zugleich, ohne Blendung zu erzeugen, angesehen werden kann.

B. Mechanische Einwirkungen. Durch Druck oder Zerrung
wird unter uns noch unbekannten Umständen bald die Empfindung des
weissen, bald die des gefärbten Lichtes erzielt. -- Auf diesem Wege
kommen die feurigen Kreise zu Stande, welche man bei einem gelinden
Fingerdruck auf das Auge, und zwar auf der dem Druck diametral ent-
gegengesetzt liegenden Augenseite, entstehen sieht; ferner das Fun-
kensehen bei heftigem Schlagen auf das Auge; ferner die leuchtenden
Ringe bei raschen Drehungen des Auges, welche von Zerrungen des

*) Radicke, Handbuch der Optik II. Bd. 259.
**) Poggendorf Annalen 27. Bd. 497.

Stärke der Lichtempfindung. Mechanische Einwirkungen.
bar, so erhöht sich nun allmälig mit der Intensität der leuchtenden
Theilchen die Empfindung; bei fortgesetzter Steigerung des Lichtes
tritt aber endlich Blendung ein, das Analogon des Schmerzes, bei
deren Anwesenheit durch eine noch kräftigere Wirkung des Lichtes,
keine heftigere Empfindung mehr erzielt werden kann. — Auf die
Stärke der Empfindung übt ausser der Excursion des schwingenden
Theilchens auch die Wellenlänge einen Einfluss. Die Wellen kürzerer
Längen, d. h. die nach dem violetten Ende des Spektrums hin liegen-
den verschwinden, nämlich bei fortgesetzter Schwächung des Lichtes,
später als die nach dem rothen Ende hin gelegenen. Dove erläutert
dieses daraus, dass sich die rascher aufeinander folgenden Stösse
des blauen Lichtes in den Nerven summiren, während dieses bei den
langsamer aufeinander folgenden des rothen Lichtes nicht geschieht.

Alle übrigen Angaben und namentlich die, dass bei gleicher Lichtintensität die
Farben rücksichtlich der Stärke ihre empfindungserzeugenden Eigenschaften in der
abnehmenden Reihe gelb, grün, hellblau, orange, roth, violett geordnet werden könn-
ten, ruhen auf keinen sicheren Erfahrungen. — Die Methode, welche Plateau *) an-
wendete um emfindungserzeugende Kräfte der Farben zu messen, ist im Prinzip feh-
lerhaft. Sie gibt in der That nur Aufschluss darüber, in welchem Verhältniss die
Stärke der Nachwirkung steht, welche zwei Farbeneindrücke hinterlassen.

β) Die Empfindlichkeit der Retina gegen weisses Licht sowohl
als gegen gefärbtes, nimmt mit der Dauer ihrer Einwirkung auf die-
selbe ab und zwar um so rascher, je beträchtlicher die Intensität des
Lichtes war. Rücksichtlich des gefärbten Lichtes ist hierbei bemer-
kenswerth, dass durch anhaltende Einwirkung einer Farbe die Em-
pfindlichkeit des Sehnerven nur für diese, aber nicht zugleich für
andere Farben abgestumpft wird.

γ) Nach Brewster **) sollen die Seitentheile der Retina (bei
gleicher Pupillenweite?) ein constantes Licht lebhafter empfinden als
die mittleren.

δ) Je grösser die Retinaflächen sind, welche gleichzeitig vom
Licht getroffen werden, um so intensiver wirkt dasselbe, wie daraus
hervorgeht, dass ein grelles Licht mit einem, aber nicht mit zwei Au-
gen zugleich, ohne Blendung zu erzeugen, angesehen werden kann.

B. Mechanische Einwirkungen. Durch Druck oder Zerrung
wird unter uns noch unbekannten Umständen bald die Empfindung des
weissen, bald die des gefärbten Lichtes erzielt. — Auf diesem Wege
kommen die feurigen Kreise zu Stande, welche man bei einem gelinden
Fingerdruck auf das Auge, und zwar auf der dem Druck diametral ent-
gegengesetzt liegenden Augenseite, entstehen sieht; ferner das Fun-
kensehen bei heftigem Schlagen auf das Auge; ferner die leuchtenden
Ringe bei raschen Drehungen des Auges, welche von Zerrungen des

*) Radicke, Handbuch der Optik II. Bd. 259.
**) Poggendorf Annalen 27. Bd. 497.
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[229/0243] Stärke der Lichtempfindung. Mechanische Einwirkungen. bar, so erhöht sich nun allmälig mit der Intensität der leuchtenden Theilchen die Empfindung; bei fortgesetzter Steigerung des Lichtes tritt aber endlich Blendung ein, das Analogon des Schmerzes, bei deren Anwesenheit durch eine noch kräftigere Wirkung des Lichtes, keine heftigere Empfindung mehr erzielt werden kann. — Auf die Stärke der Empfindung übt ausser der Excursion des schwingenden Theilchens auch die Wellenlänge einen Einfluss. Die Wellen kürzerer Längen, d. h. die nach dem violetten Ende des Spektrums hin liegen- den verschwinden, nämlich bei fortgesetzter Schwächung des Lichtes, später als die nach dem rothen Ende hin gelegenen. Dove erläutert dieses daraus, dass sich die rascher aufeinander folgenden Stösse des blauen Lichtes in den Nerven summiren, während dieses bei den langsamer aufeinander folgenden des rothen Lichtes nicht geschieht. Alle übrigen Angaben und namentlich die, dass bei gleicher Lichtintensität die Farben rücksichtlich der Stärke ihre empfindungserzeugenden Eigenschaften in der abnehmenden Reihe gelb, grün, hellblau, orange, roth, violett geordnet werden könn- ten, ruhen auf keinen sicheren Erfahrungen. — Die Methode, welche Plateau *) an- wendete um emfindungserzeugende Kräfte der Farben zu messen, ist im Prinzip feh- lerhaft. Sie gibt in der That nur Aufschluss darüber, in welchem Verhältniss die Stärke der Nachwirkung steht, welche zwei Farbeneindrücke hinterlassen. β) Die Empfindlichkeit der Retina gegen weisses Licht sowohl als gegen gefärbtes, nimmt mit der Dauer ihrer Einwirkung auf die- selbe ab und zwar um so rascher, je beträchtlicher die Intensität des Lichtes war. Rücksichtlich des gefärbten Lichtes ist hierbei bemer- kenswerth, dass durch anhaltende Einwirkung einer Farbe die Em- pfindlichkeit des Sehnerven nur für diese, aber nicht zugleich für andere Farben abgestumpft wird. γ) Nach Brewster **) sollen die Seitentheile der Retina (bei gleicher Pupillenweite?) ein constantes Licht lebhafter empfinden als die mittleren. δ) Je grösser die Retinaflächen sind, welche gleichzeitig vom Licht getroffen werden, um so intensiver wirkt dasselbe, wie daraus hervorgeht, dass ein grelles Licht mit einem, aber nicht mit zwei Au- gen zugleich, ohne Blendung zu erzeugen, angesehen werden kann. B. Mechanische Einwirkungen. Durch Druck oder Zerrung wird unter uns noch unbekannten Umständen bald die Empfindung des weissen, bald die des gefärbten Lichtes erzielt. — Auf diesem Wege kommen die feurigen Kreise zu Stande, welche man bei einem gelinden Fingerdruck auf das Auge, und zwar auf der dem Druck diametral ent- gegengesetzt liegenden Augenseite, entstehen sieht; ferner das Fun- kensehen bei heftigem Schlagen auf das Auge; ferner die leuchtenden Ringe bei raschen Drehungen des Auges, welche von Zerrungen des *) Radicke, Handbuch der Optik II. Bd. 259. **) Poggendorf Annalen 27. Bd. 497.

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Zitationshilfe: Ludwig, Carl: Lehrbuch der Physiologie des Menschen. Bd. 1. Heidelberg, 1852, S. 229. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ludwig_physiologie01_1852/243>, abgerufen am 19.03.2024.