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Ludwig, Carl: Lehrbuch der Physiologie des Menschen. Bd. 1. Heidelberg, 1852.

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Brechung durch biconvexe Linsen; Achsenstrahl.

B, Brechung des Lichtes durch eine biconvexe Linse, deren beide Flächen von
optisch gleichartigen Mitteln umgeben sind.

Die ganz allgemeine Aufgabe, den Verlauf eines Strahles der aus dem
vordern Mittel durch die Linse in das hintere Mittel dringt, innerhalb der Linse
und hinter derselben anzugeben, kann gelöst werden, wenn uns bekannt sind:
der Ort, an welchem der aus dem ersten Medium kommende Strahl die vor-
dere Linsenfläche trifft, der Winkel, den er hier mit dem Einfallsloth bildet, das
Brechungsverhältniss zwischen der Substanz der Linse und dem vor und hinter
ihr gelegenen Mittel, die Krümmungshalbmesser der Linsenflächen, und die
Dicke der Linse, d. h. der Abstand ihrer Flächen. Da zur Lösung dieser Aufgabe
eine einfache Anwendung der schon entwickelten Prinzipien genügt, so wer-

[Abbildung] Fig. 40.
den wir sie hier ohne ausführliche Er-
läuterung durch Fig. 40 darlegen.
In dieser Zeichnung stellt L L die
Linse, A 2 den Halbmesser der vor-
deren, A' 3 den der hinteren Fläche
dar. Das Brechungsverhältniss des
Mediums der Linse zu seiner Umgebung
sei 3/4 *). Ist also der Strahl 1 2 mit
dem Einfallswinkel 1 2 5 gegeben,
so construirt sich nach bekannten Re-
geln der Gang des Strahls 2 3 inner-
halb der Linse und die Richtung 3 4
jenseits der hinteren Fläche. Die Dicke
der Linse ist, wie ersichtlich, dadurch
von Bedeutung, dass sie die Länge des
Wegs bestimmt, welchen der an der
ersten Fläche abgelenkte Strahl in der
neuen Richtung zu durchlaufen hat.

Eine Durchmusterung aller möglichen Lagen, welche die Strahlen zur Linse an-
nehmen können, führt zu einigen wichtigen und allgemeinen Ergebnissen. Zuerst ist
es deutlich, dass es nur eine Lage des Strahles zur Linse gibt, in welcher der ein-
fallende Strahl ungebrochen durch dieselbe hindurchgeht. Fig. 41. Diese Forderung

[Abbildung] Fig. 41.
kann nämlich nur dann erfüllt werden, wenn der
Strahl in der Verlängerung der Krümmungshalb-
messer beider Flächen liegt, und diese Eigenschaft
hat nur derjenige, der auf der geraden Verbin-
dungslinie A A' beider Halbmesser gelegen ist,
denn nur in diesem Fall macht der Strahl keinen
Winkel mit einem derselben. In jeder beliebigen
andern Lage, die z. B. die Fortsetzung des Halb-
messers der vordern oder hintern Fläche dar-
stellt, B A, C A u. s. w. oder D A', E A' u. s. w.
erleidet der Strahl eine Brechung wegen des Win-
kels, den er mit dem Halbmesser der entgegen-
gesetzten Fläche ausmacht. Aus diesem Grunde
ist auch der Achsenstrahl an der Linse ein ganz
bestimmter, während er an einer kugeligen
Fläche, die wir früher in Betracht zogen, will-
kührlich unter unendlich vielen angenommen
werden konnte, in dem jeder um die Kugelfläche
gelegene Leuchtpunkt einen Strahl aussendet, der
in der Verlängerung des Radius liegt.

*) So dass wenn der Sinus des Einfallswinkels die Länge von 4 habe, der des Brechungswinkels
3 sei.
Brechung durch biconvexe Linsen; Achsenstrahl.

B, Brechung des Lichtes durch eine biconvexe Linse, deren beide Flächen von
optisch gleichartigen Mitteln umgeben sind.

Die ganz allgemeine Aufgabe, den Verlauf eines Strahles der aus dem
vordern Mittel durch die Linse in das hintere Mittel dringt, innerhalb der Linse
und hinter derselben anzugeben, kann gelöst werden, wenn uns bekannt sind:
der Ort, an welchem der aus dem ersten Medium kommende Strahl die vor-
dere Linsenfläche trifft, der Winkel, den er hier mit dem Einfallsloth bildet, das
Brechungsverhältniss zwischen der Substanz der Linse und dem vor und hinter
ihr gelegenen Mittel, die Krümmungshalbmesser der Linsenflächen, und die
Dicke der Linse, d. h. der Abstand ihrer Flächen. Da zur Lösung dieser Aufgabe
eine einfache Anwendung der schon entwickelten Prinzipien genügt, so wer-

[Abbildung] Fig. 40.
den wir sie hier ohne ausführliche Er-
läuterung durch Fig. 40 darlegen.
In dieser Zeichnung stellt L L die
Linse, A 2 den Halbmesser der vor-
deren, A′ 3 den der hinteren Fläche
dar. Das Brechungsverhältniss des
Mediums der Linse zu seiner Umgebung
sei ¾ *). Ist also der Strahl 1 2 mit
dem Einfallswinkel 1 2 5 gegeben,
so construirt sich nach bekannten Re-
geln der Gang des Strahls 2 3 inner-
halb der Linse und die Richtung 3 4
jenseits der hinteren Fläche. Die Dicke
der Linse ist, wie ersichtlich, dadurch
von Bedeutung, dass sie die Länge des
Wegs bestimmt, welchen der an der
ersten Fläche abgelenkte Strahl in der
neuen Richtung zu durchlaufen hat.

Eine Durchmusterung aller möglichen Lagen, welche die Strahlen zur Linse an-
nehmen können, führt zu einigen wichtigen und allgemeinen Ergebnissen. Zuerst ist
es deutlich, dass es nur eine Lage des Strahles zur Linse gibt, in welcher der ein-
fallende Strahl ungebrochen durch dieselbe hindurchgeht. Fig. 41. Diese Forderung

[Abbildung] Fig. 41.
kann nämlich nur dann erfüllt werden, wenn der
Strahl in der Verlängerung der Krümmungshalb-
messer beider Flächen liegt, und diese Eigenschaft
hat nur derjenige, der auf der geraden Verbin-
dungslinie A A′ beider Halbmesser gelegen ist,
denn nur in diesem Fall macht der Strahl keinen
Winkel mit einem derselben. In jeder beliebigen
andern Lage, die z. B. die Fortsetzung des Halb-
messers der vordern oder hintern Fläche dar-
stellt, B A, C A u. s. w. oder D A′, E A′ u. s. w.
erleidet der Strahl eine Brechung wegen des Win-
kels, den er mit dem Halbmesser der entgegen-
gesetzten Fläche ausmacht. Aus diesem Grunde
ist auch der Achsenstrahl an der Linse ein ganz
bestimmter, während er an einer kugeligen
Fläche, die wir früher in Betracht zogen, will-
kührlich unter unendlich vielen angenommen
werden konnte, in dem jeder um die Kugelfläche
gelegene Leuchtpunkt einen Strahl aussendet, der
in der Verlängerung des Radius liegt.

*) So dass wenn der Sinus des Einfallswinkels die Länge von 4 habe, der des Brechungswinkels
3 sei.
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[199/0213] Brechung durch biconvexe Linsen; Achsenstrahl. B, Brechung des Lichtes durch eine biconvexe Linse, deren beide Flächen von optisch gleichartigen Mitteln umgeben sind. Die ganz allgemeine Aufgabe, den Verlauf eines Strahles der aus dem vordern Mittel durch die Linse in das hintere Mittel dringt, innerhalb der Linse und hinter derselben anzugeben, kann gelöst werden, wenn uns bekannt sind: der Ort, an welchem der aus dem ersten Medium kommende Strahl die vor- dere Linsenfläche trifft, der Winkel, den er hier mit dem Einfallsloth bildet, das Brechungsverhältniss zwischen der Substanz der Linse und dem vor und hinter ihr gelegenen Mittel, die Krümmungshalbmesser der Linsenflächen, und die Dicke der Linse, d. h. der Abstand ihrer Flächen. Da zur Lösung dieser Aufgabe eine einfache Anwendung der schon entwickelten Prinzipien genügt, so wer- [Abbildung Fig. 40.] den wir sie hier ohne ausführliche Er- läuterung durch Fig. 40 darlegen. In dieser Zeichnung stellt L L die Linse, A 2 den Halbmesser der vor- deren, A′ 3 den der hinteren Fläche dar. Das Brechungsverhältniss des Mediums der Linse zu seiner Umgebung sei ¾ *). Ist also der Strahl 1 2 mit dem Einfallswinkel 1 2 5 gegeben, so construirt sich nach bekannten Re- geln der Gang des Strahls 2 3 inner- halb der Linse und die Richtung 3 4 jenseits der hinteren Fläche. Die Dicke der Linse ist, wie ersichtlich, dadurch von Bedeutung, dass sie die Länge des Wegs bestimmt, welchen der an der ersten Fläche abgelenkte Strahl in der neuen Richtung zu durchlaufen hat. Eine Durchmusterung aller möglichen Lagen, welche die Strahlen zur Linse an- nehmen können, führt zu einigen wichtigen und allgemeinen Ergebnissen. Zuerst ist es deutlich, dass es nur eine Lage des Strahles zur Linse gibt, in welcher der ein- fallende Strahl ungebrochen durch dieselbe hindurchgeht. Fig. 41. Diese Forderung [Abbildung Fig. 41.] kann nämlich nur dann erfüllt werden, wenn der Strahl in der Verlängerung der Krümmungshalb- messer beider Flächen liegt, und diese Eigenschaft hat nur derjenige, der auf der geraden Verbin- dungslinie A A′ beider Halbmesser gelegen ist, denn nur in diesem Fall macht der Strahl keinen Winkel mit einem derselben. In jeder beliebigen andern Lage, die z. B. die Fortsetzung des Halb- messers der vordern oder hintern Fläche dar- stellt, B A, C A u. s. w. oder D A′, E A′ u. s. w. erleidet der Strahl eine Brechung wegen des Win- kels, den er mit dem Halbmesser der entgegen- gesetzten Fläche ausmacht. Aus diesem Grunde ist auch der Achsenstrahl an der Linse ein ganz bestimmter, während er an einer kugeligen Fläche, die wir früher in Betracht zogen, will- kührlich unter unendlich vielen angenommen werden konnte, in dem jeder um die Kugelfläche gelegene Leuchtpunkt einen Strahl aussendet, der in der Verlängerung des Radius liegt. *) So dass wenn der Sinus des Einfallswinkels die Länge von 4 habe, der des Brechungswinkels 3 sei.

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Zitationshilfe: Ludwig, Carl: Lehrbuch der Physiologie des Menschen. Bd. 1. Heidelberg, 1852, S. 199. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ludwig_physiologie01_1852/213>, abgerufen am 19.03.2024.