Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ludwig, Carl: Lehrbuch der Physiologie des Menschen. Bd. 1. Heidelberg, 1852.

Bild:
<< vorherige Seite

Einleitung.
Folgen dieser Wärmeentwicklung können sehr eingreifend werden.
Zunächst ist die gebildete Wärme vermögend sich in sichtbare Be-
wegung umzusetzen und dadurch als Triebkraft von mechanischen
Apparaten wirksam zu sein. Diese Umsetzung geschieht, so weit
unsere Einsichten reichen, im thierischen Körper nicht, wohl aber
dürfte es oft vorkommen, dass sich eine sichtbare Bewegung (Rei-
bung u. s. w.) in Wärme verwandelt. -- Weiterhin aber wird die ent-
wickelte Wärme von Bedeutung als eine verwandtschafterzeugende
Bedingung, indem unter ihrem Einfluss Sauerstoffverbindungen, Gährun-
gen u. s. w. erscheinen, die ohne sie nicht stattfinden würden.

b. Electrizitäten. Die electrischen Erscheinungen leiten wir in
Uebereinstimmung mit allen bekannten Thatsachen von dem Vorhan-
densein zweier besonderer gewichtlosen Flüssigkeiten ab, welche
sowohl zu einander als auch zu den wägbaren Stoffen mit Verwandt-
schaften begabt sind. Diese Flüssigkeiten erscheinen entweder neutral,
d. h. in einer so innigen gegenseitigen Durchdringung, dass nirgends
eine räumliche Trennung der beiden verschiedenen Electrizitäten nach-
gewiesen werden kann, oder getrennt, d. h. in einer solchen La-
gerung, dass die positive und negative Flüssigkeit auf räumlich ge-
schiedenen Orten vorkommen. In diesem letzteren, in getrenntem Zu-
stande, in dem die Electrizitäten entweder ruhig (gespannt) oder
bewegt auftreten, sind sie zugleich einzig und allein vermögend, den
wägbaren Stoffen Bewegung mitzutheilen. -- Damit die ruhige Elec-
trizität Bewegung einzuleiten vermögend sei, muss sie auf irgend
welchem electrisch isolirten wägbaren Stoff angehäuft sein, und ihr in
einer bestimmten Entfernung die gleiche oder entgegengesetzte, unter
gleichen Bedingungen befindliche Electrizität genähert werden. Indem
sich dann die gespannten Electrizitäten zu nähern oder zu entfernen stre-
ben, ziehen sie ihre materielle Lagerstätten mit sich. Für diese Art von
bewegender Wirkung finden sich die Bedingungen im thierischen Kör-
per so selten und auch da nur an Orten von so untergeordneter Wich-
tigkeit (z. B. den trocknen Haaren), dass wir unbedenklich dieselben
ausser Acht lassen können. Von einem ganz andern Gewicht für den
Physiologen sind dagegen die in Bewegung begriffenen getrennten elec-
trischen Flüssigkeiten oder die sogenannten Ströme. Ihren Quellen nach
sind dieselben bekanntlich Thermo-, Induktions- und Hydroelectrische
Ströme. Von allen diesen sind für unsere Zwecke nur die letzteren, die
galvanischen oder hydroelectrischen von Bedeutung. -- Galvanische
Ströme entstehen nun bekanntlich wenn eine Einrichtung gegeben ist
wie sie Fig. 1 schematisch darstellt, in welcher zwei electromotorisch
wirksame Stoffe A und B mit dem einen ihrer Enden bei S in Berührung
sind, während sie mit ihren andern in eine zusammenhängende, unter
dem Einfluss der Electrizität chemisch zerlegbare Flüssigkeit tauchen.
Die Ursache des in einer solchen Veranstaltung kreisenden Stromes

Einleitung.
Folgen dieser Wärmeentwicklung können sehr eingreifend werden.
Zunächst ist die gebildete Wärme vermögend sich in sichtbare Be-
wegung umzusetzen und dadurch als Triebkraft von mechanischen
Apparaten wirksam zu sein. Diese Umsetzung geschieht, so weit
unsere Einsichten reichen, im thierischen Körper nicht, wohl aber
dürfte es oft vorkommen, dass sich eine sichtbare Bewegung (Rei-
bung u. s. w.) in Wärme verwandelt. — Weiterhin aber wird die ent-
wickelte Wärme von Bedeutung als eine verwandtschafterzeugende
Bedingung, indem unter ihrem Einfluss Sauerstoffverbindungen, Gährun-
gen u. s. w. erscheinen, die ohne sie nicht stattfinden würden.

b. Electrizitäten. Die electrischen Erscheinungen leiten wir in
Uebereinstimmung mit allen bekannten Thatsachen von dem Vorhan-
densein zweier besonderer gewichtlosen Flüssigkeiten ab, welche
sowohl zu einander als auch zu den wägbaren Stoffen mit Verwandt-
schaften begabt sind. Diese Flüssigkeiten erscheinen entweder neutral,
d. h. in einer so innigen gegenseitigen Durchdringung, dass nirgends
eine räumliche Trennung der beiden verschiedenen Electrizitäten nach-
gewiesen werden kann, oder getrennt, d. h. in einer solchen La-
gerung, dass die positive und negative Flüssigkeit auf räumlich ge-
schiedenen Orten vorkommen. In diesem letzteren, in getrenntem Zu-
stande, in dem die Electrizitäten entweder ruhig (gespannt) oder
bewegt auftreten, sind sie zugleich einzig und allein vermögend, den
wägbaren Stoffen Bewegung mitzutheilen. — Damit die ruhige Elec-
trizität Bewegung einzuleiten vermögend sei, muss sie auf irgend
welchem electrisch isolirten wägbaren Stoff angehäuft sein, und ihr in
einer bestimmten Entfernung die gleiche oder entgegengesetzte, unter
gleichen Bedingungen befindliche Electrizität genähert werden. Indem
sich dann die gespannten Electrizitäten zu nähern oder zu entfernen stre-
ben, ziehen sie ihre materielle Lagerstätten mit sich. Für diese Art von
bewegender Wirkung finden sich die Bedingungen im thierischen Kör-
per so selten und auch da nur an Orten von so untergeordneter Wich-
tigkeit (z. B. den trocknen Haaren), dass wir unbedenklich dieselben
ausser Acht lassen können. Von einem ganz andern Gewicht für den
Physiologen sind dagegen die in Bewegung begriffenen getrennten elec-
trischen Flüssigkeiten oder die sogenannten Ströme. Ihren Quellen nach
sind dieselben bekanntlich Thermo-, Induktions- und Hydroelectrische
Ströme. Von allen diesen sind für unsere Zwecke nur die letzteren, die
galvanischen oder hydroelectrischen von Bedeutung. — Galvanische
Ströme entstehen nun bekanntlich wenn eine Einrichtung gegeben ist
wie sie Fig. 1 schematisch darstellt, in welcher zwei electromotorisch
wirksame Stoffe A und B mit dem einen ihrer Enden bei S in Berührung
sind, während sie mit ihren andern in eine zusammenhängende, unter
dem Einfluss der Electrizität chemisch zerlegbare Flüssigkeit tauchen.
Die Ursache des in einer solchen Veranstaltung kreisenden Stromes

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0021" n="7"/><fw place="top" type="header">Einleitung.</fw><lb/>
Folgen dieser Wärmeentwicklung können sehr eingreifend werden.<lb/>
Zunächst ist die gebildete Wärme vermögend sich in sichtbare Be-<lb/>
wegung umzusetzen und dadurch als Triebkraft von mechanischen<lb/>
Apparaten wirksam zu sein. Diese Umsetzung geschieht, so weit<lb/>
unsere Einsichten reichen, im thierischen Körper nicht, wohl aber<lb/>
dürfte es oft vorkommen, dass sich eine sichtbare Bewegung (Rei-<lb/>
bung u. s. w.) in Wärme verwandelt. &#x2014; Weiterhin aber wird die ent-<lb/>
wickelte Wärme von Bedeutung als eine verwandtschafterzeugende<lb/>
Bedingung, indem unter ihrem Einfluss Sauerstoffverbindungen, Gährun-<lb/>
gen u. s. w. erscheinen, die ohne sie nicht stattfinden würden.</p><lb/>
        <p>b. <hi rendition="#g">Electrizitäten</hi>. Die electrischen Erscheinungen leiten wir in<lb/>
Uebereinstimmung mit allen bekannten Thatsachen von dem Vorhan-<lb/>
densein zweier besonderer gewichtlosen Flüssigkeiten ab, welche<lb/>
sowohl zu einander als auch zu den wägbaren Stoffen mit Verwandt-<lb/>
schaften begabt sind. Diese Flüssigkeiten erscheinen entweder neutral,<lb/>
d. h. in einer so innigen gegenseitigen Durchdringung, dass nirgends<lb/>
eine räumliche Trennung der beiden verschiedenen Electrizitäten nach-<lb/>
gewiesen werden kann, oder getrennt, d. h. in einer solchen La-<lb/>
gerung, dass die positive und negative Flüssigkeit auf räumlich ge-<lb/>
schiedenen Orten vorkommen. In diesem letzteren, in getrenntem Zu-<lb/>
stande, in dem die Electrizitäten entweder ruhig (gespannt) oder<lb/>
bewegt auftreten, sind sie zugleich einzig und allein vermögend, den<lb/>
wägbaren Stoffen Bewegung mitzutheilen. &#x2014; Damit die ruhige Elec-<lb/>
trizität Bewegung einzuleiten vermögend sei, muss sie auf irgend<lb/>
welchem electrisch isolirten wägbaren Stoff angehäuft sein, und ihr in<lb/>
einer bestimmten Entfernung die gleiche oder entgegengesetzte, unter<lb/>
gleichen Bedingungen befindliche Electrizität genähert werden. Indem<lb/>
sich dann die gespannten Electrizitäten zu nähern oder zu entfernen stre-<lb/>
ben, ziehen sie ihre materielle Lagerstätten mit sich. Für diese Art von<lb/>
bewegender Wirkung finden sich die Bedingungen im thierischen Kör-<lb/>
per so selten und auch da nur an Orten von so untergeordneter Wich-<lb/>
tigkeit (z. B. den trocknen Haaren), dass wir unbedenklich dieselben<lb/>
ausser Acht lassen können. Von einem ganz andern Gewicht für den<lb/>
Physiologen sind dagegen die in Bewegung begriffenen getrennten elec-<lb/>
trischen Flüssigkeiten oder die sogenannten Ströme. Ihren Quellen nach<lb/>
sind dieselben bekanntlich Thermo-, Induktions- und Hydroelectrische<lb/>
Ströme. Von allen diesen sind für unsere Zwecke nur die letzteren, die<lb/>
galvanischen oder hydroelectrischen von Bedeutung. &#x2014; Galvanische<lb/>
Ströme entstehen nun bekanntlich wenn eine Einrichtung gegeben ist<lb/>
wie sie Fig. 1 schematisch darstellt, in welcher zwei electromotorisch<lb/>
wirksame Stoffe <hi rendition="#i">A</hi> und <hi rendition="#i">B</hi> mit dem einen ihrer Enden bei <hi rendition="#i">S</hi> in Berührung<lb/>
sind, während sie mit ihren andern in eine zusammenhängende, unter<lb/>
dem Einfluss der Electrizität chemisch zerlegbare Flüssigkeit tauchen.<lb/>
Die Ursache des in einer solchen Veranstaltung kreisenden Stromes<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[7/0021] Einleitung. Folgen dieser Wärmeentwicklung können sehr eingreifend werden. Zunächst ist die gebildete Wärme vermögend sich in sichtbare Be- wegung umzusetzen und dadurch als Triebkraft von mechanischen Apparaten wirksam zu sein. Diese Umsetzung geschieht, so weit unsere Einsichten reichen, im thierischen Körper nicht, wohl aber dürfte es oft vorkommen, dass sich eine sichtbare Bewegung (Rei- bung u. s. w.) in Wärme verwandelt. — Weiterhin aber wird die ent- wickelte Wärme von Bedeutung als eine verwandtschafterzeugende Bedingung, indem unter ihrem Einfluss Sauerstoffverbindungen, Gährun- gen u. s. w. erscheinen, die ohne sie nicht stattfinden würden. b. Electrizitäten. Die electrischen Erscheinungen leiten wir in Uebereinstimmung mit allen bekannten Thatsachen von dem Vorhan- densein zweier besonderer gewichtlosen Flüssigkeiten ab, welche sowohl zu einander als auch zu den wägbaren Stoffen mit Verwandt- schaften begabt sind. Diese Flüssigkeiten erscheinen entweder neutral, d. h. in einer so innigen gegenseitigen Durchdringung, dass nirgends eine räumliche Trennung der beiden verschiedenen Electrizitäten nach- gewiesen werden kann, oder getrennt, d. h. in einer solchen La- gerung, dass die positive und negative Flüssigkeit auf räumlich ge- schiedenen Orten vorkommen. In diesem letzteren, in getrenntem Zu- stande, in dem die Electrizitäten entweder ruhig (gespannt) oder bewegt auftreten, sind sie zugleich einzig und allein vermögend, den wägbaren Stoffen Bewegung mitzutheilen. — Damit die ruhige Elec- trizität Bewegung einzuleiten vermögend sei, muss sie auf irgend welchem electrisch isolirten wägbaren Stoff angehäuft sein, und ihr in einer bestimmten Entfernung die gleiche oder entgegengesetzte, unter gleichen Bedingungen befindliche Electrizität genähert werden. Indem sich dann die gespannten Electrizitäten zu nähern oder zu entfernen stre- ben, ziehen sie ihre materielle Lagerstätten mit sich. Für diese Art von bewegender Wirkung finden sich die Bedingungen im thierischen Kör- per so selten und auch da nur an Orten von so untergeordneter Wich- tigkeit (z. B. den trocknen Haaren), dass wir unbedenklich dieselben ausser Acht lassen können. Von einem ganz andern Gewicht für den Physiologen sind dagegen die in Bewegung begriffenen getrennten elec- trischen Flüssigkeiten oder die sogenannten Ströme. Ihren Quellen nach sind dieselben bekanntlich Thermo-, Induktions- und Hydroelectrische Ströme. Von allen diesen sind für unsere Zwecke nur die letzteren, die galvanischen oder hydroelectrischen von Bedeutung. — Galvanische Ströme entstehen nun bekanntlich wenn eine Einrichtung gegeben ist wie sie Fig. 1 schematisch darstellt, in welcher zwei electromotorisch wirksame Stoffe A und B mit dem einen ihrer Enden bei S in Berührung sind, während sie mit ihren andern in eine zusammenhängende, unter dem Einfluss der Electrizität chemisch zerlegbare Flüssigkeit tauchen. Die Ursache des in einer solchen Veranstaltung kreisenden Stromes

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/ludwig_physiologie01_1852
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/ludwig_physiologie01_1852/21
Zitationshilfe: Ludwig, Carl: Lehrbuch der Physiologie des Menschen. Bd. 1. Heidelberg, 1852, S. 7. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ludwig_physiologie01_1852/21>, abgerufen am 18.04.2024.