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Ludwig, Julie: Das Gericht im Walde. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 20. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. [237]–288. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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Julie Ludwig, eine Nichte Otto Ludwigs, am 23. Nov. 1832 in der kleinen thüringischen Wald- und Bergstadt Grafenthal geboren, verlebte ihre Kindheit theils hier, theils an andern Orten des Herzogthums Meiningen, bis ihr Vater im Jahre 1848 zu dauerndem Aufenthalt nach der Residenz versetzt wurde. Als die Aelteste von vier Geschwistern von den Sorgen des Haushalts früh in Anipruch genommen, konnte sie nur wenig Zeit ihren dichterischen Neigungen widmen. Erst als die Familie nach dem 1864 erfolgten Tode des Vaters nach Düsseldorf übersiedelte, wurde dort ein Band Erzählungen vollendet, der 1868 unter dem Titel "Altes und Neues" erschien. Seitdem ist Nichts mehr von Julie Ludwig's novellistischen Arbeiten in die Oefsentlichkeit getreten, so entschieden günstige Aufnahme das erste Bändchen gefunden hat. Was darin im Stil von Familienmemoiren enthalten ist, Möchte, f" fest die Charakterzeichnung und so gewandt und sicher die Entwicklung der Ereignisse sich darstellt, mancher weiblichen Feder gelingen, ohne über die Ansprüche hinauszugehen, die bei glücklichem Naturell und erfreulichem Stofs selbst von Dilettanten zu erfüllen sind. Die kleine von uns hier mitgetheilte Erzählung indessen zeigt, daß das Talent Julie Ludwig's auch künstlerischen Aufgaben von freier Erfindung und tieferer psychologischer Anlage gewachsen ist; die Feinheit der seelischen Züge, die Energie der landschaftlichen Schilderungen erregen das höchste Interesse und berechtigen zu dem Wunsche, daß die Verfasserin aus ihrer Zurückhaltung heraustreten möge, um uns an der vollen Entfaltung ihres Talents Theil nehmen zu lassen.



Julie Ludwig, eine Nichte Otto Ludwigs, am 23. Nov. 1832 in der kleinen thüringischen Wald- und Bergstadt Grafenthal geboren, verlebte ihre Kindheit theils hier, theils an andern Orten des Herzogthums Meiningen, bis ihr Vater im Jahre 1848 zu dauerndem Aufenthalt nach der Residenz versetzt wurde. Als die Aelteste von vier Geschwistern von den Sorgen des Haushalts früh in Anipruch genommen, konnte sie nur wenig Zeit ihren dichterischen Neigungen widmen. Erst als die Familie nach dem 1864 erfolgten Tode des Vaters nach Düsseldorf übersiedelte, wurde dort ein Band Erzählungen vollendet, der 1868 unter dem Titel „Altes und Neues“ erschien. Seitdem ist Nichts mehr von Julie Ludwig's novellistischen Arbeiten in die Oefsentlichkeit getreten, so entschieden günstige Aufnahme das erste Bändchen gefunden hat. Was darin im Stil von Familienmemoiren enthalten ist, Möchte, f» fest die Charakterzeichnung und so gewandt und sicher die Entwicklung der Ereignisse sich darstellt, mancher weiblichen Feder gelingen, ohne über die Ansprüche hinauszugehen, die bei glücklichem Naturell und erfreulichem Stofs selbst von Dilettanten zu erfüllen sind. Die kleine von uns hier mitgetheilte Erzählung indessen zeigt, daß das Talent Julie Ludwig's auch künstlerischen Aufgaben von freier Erfindung und tieferer psychologischer Anlage gewachsen ist; die Feinheit der seelischen Züge, die Energie der landschaftlichen Schilderungen erregen das höchste Interesse und berechtigen zu dem Wunsche, daß die Verfasserin aus ihrer Zurückhaltung heraustreten möge, um uns an der vollen Entfaltung ihres Talents Theil nehmen zu lassen.



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[0007] Julie Ludwig, eine Nichte Otto Ludwigs, am 23. Nov. 1832 in der kleinen thüringischen Wald- und Bergstadt Grafenthal geboren, verlebte ihre Kindheit theils hier, theils an andern Orten des Herzogthums Meiningen, bis ihr Vater im Jahre 1848 zu dauerndem Aufenthalt nach der Residenz versetzt wurde. Als die Aelteste von vier Geschwistern von den Sorgen des Haushalts früh in Anipruch genommen, konnte sie nur wenig Zeit ihren dichterischen Neigungen widmen. Erst als die Familie nach dem 1864 erfolgten Tode des Vaters nach Düsseldorf übersiedelte, wurde dort ein Band Erzählungen vollendet, der 1868 unter dem Titel „Altes und Neues“ erschien. Seitdem ist Nichts mehr von Julie Ludwig's novellistischen Arbeiten in die Oefsentlichkeit getreten, so entschieden günstige Aufnahme das erste Bändchen gefunden hat. Was darin im Stil von Familienmemoiren enthalten ist, Möchte, f» fest die Charakterzeichnung und so gewandt und sicher die Entwicklung der Ereignisse sich darstellt, mancher weiblichen Feder gelingen, ohne über die Ansprüche hinauszugehen, die bei glücklichem Naturell und erfreulichem Stofs selbst von Dilettanten zu erfüllen sind. Die kleine von uns hier mitgetheilte Erzählung indessen zeigt, daß das Talent Julie Ludwig's auch künstlerischen Aufgaben von freier Erfindung und tieferer psychologischer Anlage gewachsen ist; die Feinheit der seelischen Züge, die Energie der landschaftlichen Schilderungen erregen das höchste Interesse und berechtigen zu dem Wunsche, daß die Verfasserin aus ihrer Zurückhaltung heraustreten möge, um uns an der vollen Entfaltung ihres Talents Theil nehmen zu lassen.

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Zitationshilfe: Ludwig, Julie: Das Gericht im Walde. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 20. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. [237]–288. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ludwig_gericht_1910/7>, abgerufen am 28.03.2024.