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Ludwig, Otto: Der Erbförster. Band 1: Dramatische Werke. Leipzig, 1853.

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Der Erbförster.
Stein.
Bist Du rasend, Junge? Den Augenblick auf Dein
Zimmer! Hörst Du?
Robert.
Vater, ich frage Sie --
Stein.
Zu gehorchen hast Du, nicht zu fragen!
Robert.
Der Jähzorn reißt Sie hin. Vater, ich bitte Sie,
reißen Sie die Narbe hier nicht auf, die nur halb geheilt
ist. Ich will's erwarten, bis Sie ruhig sind, bis Sie
Ihrer wieder mächtig sind.
Stein.
Du siehst, daß ich meiner mächtig bin; Du willst
mich mit Gewalt reizen und es gelingt Dir nicht. Aber
nun kein Wort mehr! Keinen Laut!
Robert (außer sich).
Kein Wort? Hundert Worte, tausend Worte, soviel
die Brust erträgt. Ich will reden; bis ich's los habe da
vom Herzen, will ich reden. Ihrem Möller, Ihren
Schmiedeknechten verbieten Sie zu reden, mir nicht. Zei-
gen Sie Ihre Ungeduld, wie Sie wollen, bleiben Sie oder
geh'n Sie -- reden will ich. Sie sollen's einmal wissen,
daß ich's nicht mehr ertragen will, wie ein Knabe behan-
delt zu sein, daß ich frei sein will, daß ich allein stehen
kann, daß Sie mich sollen achten müssen, daß ich weder
Ihr noch irgend eines Menschen Spielball sein will.
Der Erbförſter.
Stein.
Biſt Du raſend, Junge? Den Augenblick auf Dein
Zimmer! Hörſt Du?
Robert.
Vater, ich frage Sie —
Stein.
Zu gehorchen haſt Du, nicht zu fragen!
Robert.
Der Jähzorn reißt Sie hin. Vater, ich bitte Sie,
reißen Sie die Narbe hier nicht auf, die nur halb geheilt
iſt. Ich will’s erwarten, bis Sie ruhig ſind, bis Sie
Ihrer wieder mächtig ſind.
Stein.
Du ſiehſt, daß ich meiner mächtig bin; Du willſt
mich mit Gewalt reizen und es gelingt Dir nicht. Aber
nun kein Wort mehr! Keinen Laut!
Robert (außer ſich).
Kein Wort? Hundert Worte, tauſend Worte, ſoviel
die Bruſt erträgt. Ich will reden; bis ich’s los habe da
vom Herzen, will ich reden. Ihrem Möller, Ihren
Schmiedeknechten verbieten Sie zu reden, mir nicht. Zei-
gen Sie Ihre Ungeduld, wie Sie wollen, bleiben Sie oder
geh’n Sie — reden will ich. Sie ſollen’s einmal wiſſen,
daß ich’s nicht mehr ertragen will, wie ein Knabe behan-
delt zu ſein, daß ich frei ſein will, daß ich allein ſtehen
kann, daß Sie mich ſollen achten müſſen, daß ich weder
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[56/0070] Der Erbförſter. Stein. Biſt Du raſend, Junge? Den Augenblick auf Dein Zimmer! Hörſt Du? Robert. Vater, ich frage Sie — Stein. Zu gehorchen haſt Du, nicht zu fragen! Robert. Der Jähzorn reißt Sie hin. Vater, ich bitte Sie, reißen Sie die Narbe hier nicht auf, die nur halb geheilt iſt. Ich will’s erwarten, bis Sie ruhig ſind, bis Sie Ihrer wieder mächtig ſind. Stein. Du ſiehſt, daß ich meiner mächtig bin; Du willſt mich mit Gewalt reizen und es gelingt Dir nicht. Aber nun kein Wort mehr! Keinen Laut! Robert (außer ſich). Kein Wort? Hundert Worte, tauſend Worte, ſoviel die Bruſt erträgt. Ich will reden; bis ich’s los habe da vom Herzen, will ich reden. Ihrem Möller, Ihren Schmiedeknechten verbieten Sie zu reden, mir nicht. Zei- gen Sie Ihre Ungeduld, wie Sie wollen, bleiben Sie oder geh’n Sie — reden will ich. Sie ſollen’s einmal wiſſen, daß ich’s nicht mehr ertragen will, wie ein Knabe behan- delt zu ſein, daß ich frei ſein will, daß ich allein ſtehen kann, daß Sie mich ſollen achten müſſen, daß ich weder Ihr noch irgend eines Menſchen Spielball ſein will.

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Zitationshilfe: Ludwig, Otto: Der Erbförster. Band 1: Dramatische Werke. Leipzig, 1853, S. 56. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ludwig_erbfoerster_1853/70>, abgerufen am 19.04.2024.