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Ludovici, Carl Günther: Eröffnete Akademie der Kaufleute, oder vollständiges Kaufmanns-Lexicon. Bd. 5. Leipzig, 1756.

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Tartarey
so rühret solches daher, weil sie sich
seit einiger Zeit von den andern tar-
tarischen Nationen abgesondert ha-
ben. Die (a) eigentlich sogenann-
ten Tartarn
bewohnen den westli-
chen Theil der großen Tartarey an
dem caspischen Meere, und sind alle
Mahometaner. Die (b) Kalmu-
cken
bewohnen die Mitte der gros-
sen Tartarey, und sind Götzendie-
ner, siehe Kalmucken. Die (c)
Mongalen, oder Mungalen be-
wohnen endlich den östlichen Theil
dieses Landes gegen das orientali-
sche Meer zu, und sind ebenfalls
Heiden. Alle diese drey Hauptna-
tionen werden wiederum in verschie-
dene Stämme oder Horden abge-
theilet. Ueberhaupt kann man sa-
gen, daß alle mahometanische Tar-
tarn nur von demjenigen leben, was
sie ihren Nachbarn sowol zu
Friedens- als zu Kriegs-Zeiten rau-
ben können, worinn sie von den
Kalmucken und Mungalen ganz un-
terschieden sind, die, ungeachtet sie
Heiden sind, dennoch friedsam und
geruhig von ihrer Viehzucht leben, und
niemanden Uebels thun, es müßte denn
seyn, daß man sie beleidigte, und ihnen
Uebels zu thun den Anfang machte.
Unter diesen Völkern haben einige
ihre beständige Wohnungen; ande-
re hingegen haben weder Städte
noch Dörfer, sondern irren von ei-
nem Orte zum andern herum, nach-
dem die Bequemlichkeit der Vieh-
weide solches erfordert. Sie neh-
men aber alle von ihren Pferden und
deren Füllen diejenigen Lebensmittel,
die wir von den Ochsen, Kühen
und Kälbern nehmen. Denn sie
essen insgemein nur Pferde- und
Schaffleisch, und selten Ochsen-
Küh-oder Kalbfleisch, welches sie
nicht achten. Die Pferdemilch wird
von ihnen eben so, wie bey uns die
Kühmilch gebrauchet; und man ver-
sichert, daß sie wirklich besser und
fetter ist, als die Kühmilch. Aus
[Spaltenumbruch]
Tartarey
eben dieser Pferdemilch wissen sie ei-
nen Branntwein zu machen, wel-
cher eben so helle und so gut ist, als
unser Kornbranntwein, und von
ihnen, eben so, wie der Branntwein
der Jndianer, Arack genennet wird.
Es (5) gehöret aber die große Tar-
tarey nicht, wie einige geglaubet
haben, einem einzigen Herrn: son-
dern sie steht unter der Bothmäßig-
keit des rußischen und chinesischen
Reichs, und verschiedener kleinen
Fürsten oder Chane, die theils über
große, theils über mittelmäßige
oder kleine Provinzen herrschen, und
zum Theil einer andern Macht un-
terworfen sind. Verschiedene von
diesen (6) Provinzen, welche die
große Tartarey ausmachen, wer-
den mit besondern Namen beleget,
als das Königreich Tangut, das
Königreich Caschgar, oder die klei-
ne Bucharey,
die große Bucha-
rey,
das Königreich Cachemir, die
Landschaft Korasan, Turkestan,
das Königreich Astracan. Andere
hingegen werden bloß nach den Na-
men derjenigen tartarischen Natio-
nen genennet, die solche bewohnen,
als die mongalische, oder munga-
lische Tartarey,
das Land der
Kalmucken,
und das Land der
Kosaken.
Der großen und vor-
nehmsten (7) Flüsse, welche dieses
weitläuftige Land bewässern, sind
an der Zahl neune, nämlich der
Amur, Schingal, Selinga, Jeni-
sea, Amu, Khesell, Jaik, Jrtisch und
Oby. Von (8) Handelsstädten
sind in diesem großen Lande wenig
zu merken, außer Astracan in dem
Königreiche gleiches Namens, Ar-
ginskoy und Selinginskoy in Si-
berien, Barantola in dem König-
reiche Tangut, Bokharah in dem
Lande Usbecken, Samarkand in der
Provinz Maurenner, Balk, Ester-
abat und Urgens in dem Lande
Korasan. Uebrigens liegt dieses
Land unter dem schönsten Erd- und

Him-
C 3

[Spaltenumbruch]

Tartarey
ſo ruͤhret ſolches daher, weil ſie ſich
ſeit einiger Zeit von den andern tar-
tariſchen Nationen abgeſondert ha-
ben. Die (a) eigentlich ſogenann-
ten Tartarn
bewohnen den weſtli-
chen Theil der großen Tartarey an
dem caſpiſchen Meere, und ſind alle
Mahometaner. Die (b) Kalmu-
cken
bewohnen die Mitte der groſ-
ſen Tartarey, und ſind Goͤtzendie-
ner, ſiehe Kalmucken. Die (c)
Mongalen, oder Mungalen be-
wohnen endlich den oͤſtlichen Theil
dieſes Landes gegen das orientali-
ſche Meer zu, und ſind ebenfalls
Heiden. Alle dieſe drey Hauptna-
tionen werden wiederum in verſchie-
dene Staͤmme oder Horden abge-
theilet. Ueberhaupt kann man ſa-
gen, daß alle mahometaniſche Tar-
tarn nur von demjenigen leben, was
ſie ihren Nachbarn ſowol zu
Friedens- als zu Kriegs-Zeiten rau-
ben koͤnnen, worinn ſie von den
Kalmucken und Mungalen ganz un-
terſchieden ſind, die, ungeachtet ſie
Heiden ſind, dennoch friedſam und
geruhig von ihrer Viehzucht leben, und
niemanden Uebels thun, es muͤßte denn
ſeyn, daß man ſie beleidigte, und ihnen
Uebels zu thun den Anfang machte.
Unter dieſen Voͤlkern haben einige
ihre beſtaͤndige Wohnungen; ande-
re hingegen haben weder Staͤdte
noch Doͤrfer, ſondern irren von ei-
nem Orte zum andern herum, nach-
dem die Bequemlichkeit der Vieh-
weide ſolches erfordert. Sie neh-
men aber alle von ihren Pferden und
deren Fuͤllen diejenigen Lebensmittel,
die wir von den Ochſen, Kuͤhen
und Kaͤlbern nehmen. Denn ſie
eſſen insgemein nur Pferde- und
Schaffleiſch, und ſelten Ochſen-
Kuͤh-oder Kalbfleiſch, welches ſie
nicht achten. Die Pferdemilch wird
von ihnen eben ſo, wie bey uns die
Kuͤhmilch gebrauchet; und man ver-
ſichert, daß ſie wirklich beſſer und
fetter iſt, als die Kuͤhmilch. Aus
[Spaltenumbruch]
Tartarey
eben dieſer Pferdemilch wiſſen ſie ei-
nen Branntwein zu machen, wel-
cher eben ſo helle und ſo gut iſt, als
unſer Kornbranntwein, und von
ihnen, eben ſo, wie der Branntwein
der Jndianer, Arack genennet wird.
Es (5) gehoͤret aber die große Tar-
tarey nicht, wie einige geglaubet
haben, einem einzigen Herrn: ſon-
dern ſie ſteht unter der Bothmaͤßig-
keit des rußiſchen und chineſiſchen
Reichs, und verſchiedener kleinen
Fuͤrſten oder Chane, die theils uͤber
große, theils uͤber mittelmaͤßige
oder kleine Provinzen herrſchen, und
zum Theil einer andern Macht un-
terworfen ſind. Verſchiedene von
dieſen (6) Provinzen, welche die
große Tartarey ausmachen, wer-
den mit beſondern Namen beleget,
als das Koͤnigreich Tangut, das
Koͤnigreich Caſchgar, oder die klei-
ne Bucharey,
die große Bucha-
rey,
das Koͤnigreich Cachemir, die
Landſchaft Koraſan, Turkeſtan,
das Koͤnigreich Aſtracan. Andere
hingegen werden bloß nach den Na-
men derjenigen tartariſchen Natio-
nen genennet, die ſolche bewohnen,
als die mongaliſche, oder munga-
liſche Tartarey,
das Land der
Kalmucken,
und das Land der
Koſaken.
Der großen und vor-
nehmſten (7) Fluͤſſe, welche dieſes
weitlaͤuftige Land bewaͤſſern, ſind
an der Zahl neune, naͤmlich der
Amur, Schingal, Selinga, Jeni-
ſea, Amu, Kheſell, Jaik, Jrtiſch und
Oby. Von (8) Handelsſtaͤdten
ſind in dieſem großen Lande wenig
zu merken, außer Aſtracan in dem
Koͤnigreiche gleiches Namens, Ar-
ginskoy und Selinginskoy in Si-
berien, Barantola in dem Koͤnig-
reiche Tangut, Bokharah in dem
Lande Usbecken, Samarkand in der
Provinz Maurenner, Balk, Eſter-
abat und Urgens in dem Lande
Koraſan. Uebrigens liegt dieſes
Land unter dem ſchoͤnſten Erd- und

Him-
C 3
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[[37]/0043] Tartarey Tartarey ſo ruͤhret ſolches daher, weil ſie ſich ſeit einiger Zeit von den andern tar- tariſchen Nationen abgeſondert ha- ben. Die (a) eigentlich ſogenann- ten Tartarn bewohnen den weſtli- chen Theil der großen Tartarey an dem caſpiſchen Meere, und ſind alle Mahometaner. Die (b) Kalmu- cken bewohnen die Mitte der groſ- ſen Tartarey, und ſind Goͤtzendie- ner, ſiehe Kalmucken. Die (c) Mongalen, oder Mungalen be- wohnen endlich den oͤſtlichen Theil dieſes Landes gegen das orientali- ſche Meer zu, und ſind ebenfalls Heiden. Alle dieſe drey Hauptna- tionen werden wiederum in verſchie- dene Staͤmme oder Horden abge- theilet. Ueberhaupt kann man ſa- gen, daß alle mahometaniſche Tar- tarn nur von demjenigen leben, was ſie ihren Nachbarn ſowol zu Friedens- als zu Kriegs-Zeiten rau- ben koͤnnen, worinn ſie von den Kalmucken und Mungalen ganz un- terſchieden ſind, die, ungeachtet ſie Heiden ſind, dennoch friedſam und geruhig von ihrer Viehzucht leben, und niemanden Uebels thun, es muͤßte denn ſeyn, daß man ſie beleidigte, und ihnen Uebels zu thun den Anfang machte. Unter dieſen Voͤlkern haben einige ihre beſtaͤndige Wohnungen; ande- re hingegen haben weder Staͤdte noch Doͤrfer, ſondern irren von ei- nem Orte zum andern herum, nach- dem die Bequemlichkeit der Vieh- weide ſolches erfordert. Sie neh- men aber alle von ihren Pferden und deren Fuͤllen diejenigen Lebensmittel, die wir von den Ochſen, Kuͤhen und Kaͤlbern nehmen. Denn ſie eſſen insgemein nur Pferde- und Schaffleiſch, und ſelten Ochſen- Kuͤh-oder Kalbfleiſch, welches ſie nicht achten. Die Pferdemilch wird von ihnen eben ſo, wie bey uns die Kuͤhmilch gebrauchet; und man ver- ſichert, daß ſie wirklich beſſer und fetter iſt, als die Kuͤhmilch. Aus eben dieſer Pferdemilch wiſſen ſie ei- nen Branntwein zu machen, wel- cher eben ſo helle und ſo gut iſt, als unſer Kornbranntwein, und von ihnen, eben ſo, wie der Branntwein der Jndianer, Arack genennet wird. Es (5) gehoͤret aber die große Tar- tarey nicht, wie einige geglaubet haben, einem einzigen Herrn: ſon- dern ſie ſteht unter der Bothmaͤßig- keit des rußiſchen und chineſiſchen Reichs, und verſchiedener kleinen Fuͤrſten oder Chane, die theils uͤber große, theils uͤber mittelmaͤßige oder kleine Provinzen herrſchen, und zum Theil einer andern Macht un- terworfen ſind. Verſchiedene von dieſen (6) Provinzen, welche die große Tartarey ausmachen, wer- den mit beſondern Namen beleget, als das Koͤnigreich Tangut, das Koͤnigreich Caſchgar, oder die klei- ne Bucharey, die große Bucha- rey, das Koͤnigreich Cachemir, die Landſchaft Koraſan, Turkeſtan, das Koͤnigreich Aſtracan. Andere hingegen werden bloß nach den Na- men derjenigen tartariſchen Natio- nen genennet, die ſolche bewohnen, als die mongaliſche, oder munga- liſche Tartarey, das Land der Kalmucken, und das Land der Koſaken. Der großen und vor- nehmſten (7) Fluͤſſe, welche dieſes weitlaͤuftige Land bewaͤſſern, ſind an der Zahl neune, naͤmlich der Amur, Schingal, Selinga, Jeni- ſea, Amu, Kheſell, Jaik, Jrtiſch und Oby. Von (8) Handelsſtaͤdten ſind in dieſem großen Lande wenig zu merken, außer Aſtracan in dem Koͤnigreiche gleiches Namens, Ar- ginskoy und Selinginskoy in Si- berien, Barantola in dem Koͤnig- reiche Tangut, Bokharah in dem Lande Usbecken, Samarkand in der Provinz Maurenner, Balk, Eſter- abat und Urgens in dem Lande Koraſan. Uebrigens liegt dieſes Land unter dem ſchoͤnſten Erd- und Him- C 3

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Zitationshilfe: Ludovici, Carl Günther: Eröffnete Akademie der Kaufleute, oder vollständiges Kaufmanns-Lexicon. Bd. 5. Leipzig, 1756, S. [37]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ludovici_grundriss_1756/43>, abgerufen am 28.03.2024.