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Lohenstein, Daniel Casper von: Anmerckungen über Herrn Daniel Caspers von Lohenstein Arminius. [Bd. 3]. Leipzig, 1690.

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Allgemeine
[Spaltenumbruch] Anlaß giebt/ den rechten sonst unbekanten Weg/
welchen auch der blinde und leblose Stein nicht
sehen und betreten kan/ durch eigenen Fleiß zu
finden und zu gehen.



Allgemeine Anmerckungen.
Das I. Capitel.
Von dem dreyfachen
Zweck des Arminius.

MAn kan niemahls ein sinnreiches
Buch mit grösserer Lust und Nutzen
lesen/ als wenn man desselben Abse-
hen
wol inne hat. Jch zweiffele dem-
nach nicht/ es werde vor allen Dingen nach zuden-
cken nöthig seyn/ was das eigentliche Vorhaben
des seligen Herrns von Lohenstein bey Ver-
fertigung gegenwärtigen Werckes gewesen.

Daß es eine Liebes-Geschichte seyn soll/
giebt die äußerliche Gestalt leichtlich zu erken-
nen; und weil in dergleichen Schrifften die
Haupt-Person an Tugenden und Helden-
Thaten/ nicht weniger als treuer Liebe/ voll-
kommen seyn muß/ als hat der um unsere uralte
Voreltern hochverdiente Arminius mit allem
Rechte zum Grund der Lohensteinischen die-
nen können. Denn wer wolte demselben den
Ruhm eines gantz ungemeinen Heldens streitig
machen/ nachdem die Warheit selbst den klugen
Tacitus (a) genöthiget hat/ diesem Feldherrn
der Teutschen und Ertzfeind der Römer den
Preiß eines unüberwindlichen Erhalters
seines Vaterlands
zu geben. Solten wir
das Glück gehabt haben/ die Gesänge der alten
Barden von ihm zu hören/ oder gar seine Tha-
ten zu sehen/ würden wir diesen theuren Helden
uns weit ansehnlicher in unsern Gedancken ab-
bilden/ als insgemein zu geschehen pfleget; in-
[Spaltenumbruch] dem dasjenige/ was Griechen und Römer von
ihm melden/ ein unvollkommenes und viel ehe
nach seinem Todteu-Gerippe/ als nach dem Le-
ben entworffenes Bild zu nennen ist. Jnzwi-
schen muß dennoch der Fleiß des Georg Spa-
latinus/
(b) Ulrichs von Hütten/ (c) Jo-
hann Heinrich Hagelgansens
(d) und Con-
rad Samuel Schurtzfleischens
(e) gerühmet
werden/ so dasselbe zusammen gelesen und in ge-
höriger Ordnung aufgezeichnet/ was Strabo/
Florus/ Paterculus/ Tacitus/ Dio und

andere/ von ihm uns zu wissen gemachet ha-
ben. Aus diesen wenigen Nachrichten aber
erhellet gleichwohl so viel/ daß/ daferne auch eine
und andere ruhmwürdige Dinge dem Armini-
us von unsern Lohenstein zugeschrieben worden/
von denen man keinen Grund in denen Ge-
schicht-Büchern der Alten findet/ dieses weder
dem Lohenstein zu verargen/ noch dem Arminius
mißzugönnen sey: nachdem die bekanten Tha-
ten dieses letztern schon erhärten/ er habe/ wo nicht
eben die in diesem Buch beschriebene/ dennoch
dergleichen und vielleicht noch grössere Thaten
thun können/ und sey nur zu beklagen/ daß dessen
Wissenschafft mit der Zeit/ durch den Neid der
Römer und die Nachläßigkeit unserer Vorfah-
ren/ untergegangen; massen man auch aus ei-
ner eintzigen Klaue eines Löwen dessen Grösse/
und aus dem bemooßten Mauerwerck die Für-
treffligkeit eines zerstörten Triumphbogens er-
mässen kan.

Wiewohl nun aber Arminius der Mittel-
punct ist/ auf welchen alle Linien/ so in dem Um-
kreiß dieses weitläufftigen Buchs befindlich
seynd/ sich beziehen; so wird man doch allent-
halben gar vielerley merckwürdige Dinge ein-
gemischt befinden/ so Teutsche und von Teut-
schen entsprungene Völcker/ vor und nach Ar-
minius Zeiten in der Welt verrichtet/ also gar/
daß es scheinet/ die Geschichte vom Arminius

sey
(a) Annal. II. 88.
(b) Bey dem Schardio T. l. Rerum German. p. 259.-298.
(c) Bey eben demselben p. 214.
(d) Gedruckt zu Nürnberg 1640. in 12.
(e) Seine Disputation hiervon ist gehalten zu Witten-
berg 1670.

Allgemeine
[Spaltenumbruch] Anlaß giebt/ den rechten ſonſt unbekanten Weg/
welchen auch der blinde und lebloſe Stein nicht
ſehen und betreten kan/ durch eigenen Fleiß zu
finden und zu gehen.



Allgemeine Anmeꝛckungen.
Das I. Capitel.
Von dem dreyfachen
Zweck des Arminius.

MAn kan niemahls ein ſinnreiches
Buch mit groͤſſerer Luſt und Nutzen
leſen/ als wenn man deſſelben Abſe-
hen
wol inne hat. Jch zweiffele dem-
nach nicht/ es werde vor allẽ Dingen nach zuden-
cken noͤthig ſeyn/ was das eigentliche Voꝛhaben
des ſeligen Herrns von Lohenſtein bey Ver-
fertigung gegenwaͤrtigen Werckes geweſen.

Daß es eine Liebes-Geſchichte ſeyn ſoll/
giebt die aͤußerliche Geſtalt leichtlich zu erken-
nen; und weil in dergleichen Schrifften die
Haupt-Perſon an Tugenden und Helden-
Thaten/ nicht weniger als treuer Liebe/ voll-
kommen ſeyn muß/ als hat der um unſere uralte
Voreltern hochverdiente Arminius mit allem
Rechte zum Grund der Lohenſteiniſchen die-
nen koͤnnen. Denn wer wolte demſelben den
Ruhm eines gantz ungemeinen Heldens ſtreitig
machen/ nachdem die Warheit ſelbſt den klugen
Tacitus (a) genoͤthiget hat/ dieſem Feldherrn
der Teutſchen und Ertzfeind der Roͤmer den
Preiß eines unuͤberwindlichen Erhalters
ſeines Vaterlands
zu geben. Solten wir
das Gluͤck gehabt haben/ die Geſaͤnge der alten
Barden von ihm zu hoͤren/ oder gar ſeine Tha-
ten zu ſehen/ wuͤrden wir dieſen theuren Helden
uns weit anſehnlicher in unſern Gedancken ab-
bilden/ als insgemein zu geſchehen pfleget; in-
[Spaltenumbruch] dem dasjenige/ was Griechen und Roͤmer von
ihm melden/ ein unvollkommenes und viel ehe
nach ſeinem Todteu-Gerippe/ als nach dem Le-
ben entworffenes Bild zu nennen iſt. Jnzwi-
ſchen muß dennoch der Fleiß des Georg Spa-
latinus/
(b) Ulrichs von Huͤtten/ (c) Jo-
hann Heinrich Hagelganſens
(d) und Con-
rad Samuel Schurtzfleiſchens
(e) geruͤhmet
werden/ ſo daſſelbe zuſammen geleſen und in ge-
hoͤriger Ordnung aufgezeichnet/ was Strabo/
Florus/ Paterculus/ Tacitus/ Dio und

andere/ von ihm uns zu wiſſen gemachet ha-
ben. Aus dieſen wenigen Nachrichten aber
erhellet gleichwohl ſo viel/ daß/ daferne auch eine
und andere ruhmwuͤrdige Dinge dem Armini-
us von unſern Lohenſtein zugeſchrieben woꝛden/
von denen man keinen Grund in denen Ge-
ſchicht-Buͤchern der Alten findet/ dieſes weder
dem Lohenſtein zu verargen/ noch dem Arminius
mißzugoͤnnen ſey: nachdem die bekanten Tha-
ten dieſes letzteꝛn ſchon erhaͤrten/ er habe/ wo nicht
eben die in dieſem Buch beſchriebene/ dennoch
dergleichen und vielleicht noch groͤſſere Thaten
thun koͤnnen/ und ſey nur zu beklagen/ daß deſſen
Wiſſenſchafft mit der Zeit/ durch den Neid der
Roͤmer und die Nachlaͤßigkeit unſerer Vorfah-
ren/ untergegangen; maſſen man auch aus ei-
ner eintzigen Klaue eines Loͤwen deſſen Groͤſſe/
und aus dem bemooßten Mauerwerck die Fuͤr-
treffligkeit eines zerſtoͤrten Triumphbogens er-
maͤſſen kan.

Wiewohl nun aber Arminius der Mittel-
punct iſt/ auf welchen alle Linien/ ſo in dem Um-
kreiß dieſes weitlaͤufftigen Buchs befindlich
ſeynd/ ſich beziehen; ſo wird man doch allent-
halben gar vielerley merckwuͤrdige Dinge ein-
gemiſcht befinden/ ſo Teutſche und von Teut-
ſchen entſprungene Voͤlcker/ vor und nach Ar-
minius Zeiten in der Welt verrichtet/ alſo gar/
daß es ſcheinet/ die Geſchichte vom Arminius

ſey
(a) Annal. II. 88.
(b) Bey dem Schardio T. l. Rerum German. p. 259.-298.
(c) Bey eben demſelben p. 214.
(d) Gedruckt zu Nuͤrnberg 1640. in 12.
(e) Seine Diſputation hiervon iſt gehalten zu Witten-
berg 1670.
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Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Anmerckungen über Herrn Daniel Caspers von Lohenstein Arminius. [Bd. 3]. Leipzig, 1690, S. 4. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr03_1690/4>, abgerufen am 28.03.2024.