Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

Bild:
<< vorherige Seite

Erstes Buch
[Spaltenumbruch] hen dieser Versammlung gewest/ und hätte er es
dem Verhängniße und ihrer Klugheit heim-
gestellt: Ob sie ihn hierinnen zu einem Kriegs-
Manne/ oder zu ihrem Feld-Herrn gebrauchen
würden. Nach dem ihnen aber das letztere ge-
fallen/ thäte er hierinnen mehr ihrem Willen/
als seinem Ehr-Geitze ein Genügen. Denn
ob wol die verwirrete Beschaffenheit der Zeit/ die
besorgliche Mißgunst derer/ welche nach dieser
Würde gestrebet/ und sein noch nicht allzu hohes
Alter ihn hievon zurücke ziehen wolten; so über-
wiege doch sein Verlangen dem gemeinen We-
sen zu dienen alle andere Bedencken; und die
Bilder seiner lobwürdigen Vorfahren ladeten
ihn gleichsam ein/ lieber mit Schweiß und Blut
in ihre Fußstappen und in dis von ihnen geführ-
te Ambt zu treten/ als die Hände seiner Ergötzlig-
keit halber auf die Schoos zu legen. Denn die
Aufthürmung der Ehren-Säul-wäre ein aber-
gläubischer Zeit-Vertreib und eine Verschwen-
dung der Unkosten; wenn sie allein ein Gedächt-
nüß dessen/ was die Todten gethan haben/ nicht
aber eine Ermahnung seyn sollen/ was denen le-
benden zu thun obliegt. Dahero dasselbige
Bild/ welche nur etliche Tage gestanden/ aber
das Glücke habe/ daß iemand durch rühmliche
Nachartung seinem Befehle gehorsamet/ viel
höher zu schätzen wäre/ als eines/ das tausend
Jahre wider Lufft und Ungewitter getauret/
aber zum unfruchtbaren Anschauen gedienet
hat. Hätten seine Vor-Eltern durch ihre Tha-
ten zuwege gebracht/ daß sie ihm ihren Stab
einhändigten; wolte er sich befleissen durch sein
Thun zu behaupten/ daß er ihr Sohn wäre;
nach dem ein ungerathener Sohn eines Helden
sich gar keines Vaters zu rühmen hätte. Denn
keines frembden Sohn könte er vermöge der
Natur; des Natürlichen aber wüste er es wegen
seiner Untugend nicht zu seyn/ also/ daß wenn
die Todten reden könten/ würden sie ihn/ wenn
er sich ihrer Ankunft rühmte/ entweder Lügens
straffen/ oder ihn als einen Wechsel-Balg aus
[Spaltenumbruch] dem Geschlechte stossen. Dieses und der Noth-
stand Deutschlands zwinge ihn die aufgetragene
Würde willig zu übernehmen. Denn/ wenn
das Gebäu eines Reiches einfallen wolte/ müste
der erste der beste seine Achsel unterschieben/ und
zu denen Stützen nicht diß oder jenes Holtz aus-
schüssen. Bey so gestalten Sachen könte sich
niemand entbrechen/ der sich sonst doch ausdü-
cken würde/ wenn ihn die Scham - Röthe oder
der Mangel eines gültigen Verwands nicht zu-
rücke hielte. Wie er denn feyerlich sich verwahrte:
daß er ihm diese Würde nicht leichte; ihre Uber-
nehmung aber nicht aus Hoffarth/ sondern aus
Liebe des Vaterlandes nicht schwer machte.
Seine Wercke solten nicht nur seine ietzige Er-
klärung beglaubt/ und ihnen wahr machen/ daß
er nicht so wol ihr Feld-Herr seyn/ als ihr Bru-
der leben/ und als ihr Freund für sie und das
Vater-Land sterben wolte. Denn alle andere
Merckmaale der Freundschafft wären ungewiß
oder verdächtig; die grössesten Betheurungen
verhülleten offt ein gehässiges Hertze/ die nütz-
lichsten Dienste verkleideten zuweilen den Ei-
gen-Nutz/ die Freygebigkeit zielte auf anderer
Verbindligkeit/ der Gehorsam rührte nicht sel-
ten mehr aus einem Nothzwange als willkühr-
lichem Eifer her; wenn aber die Freundschafft
mit seinem eigenen für eines andern Erhaltung
verspritzten Blute besiegelt würde/ wäre sie al-
lem Verdacht eines angenommenen Scheines/
aller nachtheiligen Auslegung/ und allem wi-
drigen Urthel überlegen.

Bey Außdrückung dieser Worte und darüber
erwachsender Vergnügung trat ein mit der
Fürstin Walpurgis Leiche vorhin beschäfftigter
Priester mit einem freudigerm Gesichte/ als sein
Todten-Dienst mit sich brachte/ ins Zelt/ und
berichtete: Der Walpurgis Grab wäre fertig/
mit Bitte: Es möchten die Fürsten die Leiche
noch mit einer Hand voll Erde beehren/ und ihr
merckwürdiges Grabmahl anzuschauen unbe-
schwert seyn. Diese waren theils wegen An-

dacht/

Erſtes Buch
[Spaltenumbruch] hen dieſer Verſammlung geweſt/ und haͤtte er es
dem Verhaͤngniße und ihrer Klugheit heim-
geſtellt: Ob ſie ihn hierinnen zu einem Kriegs-
Manne/ oder zu ihrem Feld-Herrn gebrauchen
wuͤrden. Nach dem ihnen aber das letztere ge-
fallen/ thaͤte er hierinnen mehr ihrem Willen/
als ſeinem Ehr-Geitze ein Genuͤgen. Denn
ob wol die verwirrete Beſchaffenheit der Zeit/ die
beſorgliche Mißgunſt derer/ welche nach dieſer
Wuͤrde geſtrebet/ und ſein noch nicht allzu hohes
Alter ihn hievon zuruͤcke ziehen wolten; ſo uͤber-
wiege doch ſein Verlangen dem gemeinen We-
ſen zu dienen alle andere Bedencken; und die
Bilder ſeiner lobwuͤrdigen Vorfahren ladeten
ihn gleichſam ein/ lieber mit Schweiß und Blut
in ihre Fußſtappen und in dis von ihnen gefuͤhr-
te Ambt zu treten/ als die Haͤnde ſeiner Ergoͤtzlig-
keit halber auf die Schoos zu legen. Denn die
Aufthuͤrmung der Ehren-Saͤul-waͤre ein aber-
glaͤubiſcher Zeit-Vertreib und eine Verſchwen-
dung der Unkoſten; wenn ſie allein ein Gedaͤcht-
nuͤß deſſen/ was die Todten gethan haben/ nicht
aber eine Ermahnung ſeyn ſollen/ was denen le-
benden zu thun obliegt. Dahero daſſelbige
Bild/ welche nur etliche Tage geſtanden/ aber
das Gluͤcke habe/ daß iemand durch ruͤhmliche
Nachartung ſeinem Befehle gehorſamet/ viel
hoͤher zu ſchaͤtzen waͤre/ als eines/ das tauſend
Jahre wider Lufft und Ungewitter getauret/
aber zum unfruchtbaren Anſchauen gedienet
hat. Haͤtten ſeine Vor-Eltern durch ihre Tha-
ten zuwege gebracht/ daß ſie ihm ihren Stab
einhaͤndigten; wolte er ſich befleiſſen durch ſein
Thun zu behaupten/ daß er ihr Sohn waͤre;
nach dem ein ungerathener Sohn eines Helden
ſich gar keines Vaters zu ruͤhmen haͤtte. Denn
keines frembden Sohn koͤnte er vermoͤge der
Natur; des Natuͤrlichen aber wuͤſte er es wegen
ſeiner Untugend nicht zu ſeyn/ alſo/ daß wenn
die Todten reden koͤnten/ wuͤrden ſie ihn/ wenn
er ſich ihrer Ankunft ruͤhmte/ entweder Luͤgens
ſtraffen/ oder ihn als einen Wechſel-Balg aus
[Spaltenumbruch] dem Geſchlechte ſtoſſen. Dieſes und der Noth-
ſtand Deutſchlands zwinge ihn die aufgetragene
Wuͤrde willig zu uͤbernehmen. Denn/ wenn
das Gebaͤu eines Reiches einfallen wolte/ muͤſte
der erſte der beſte ſeine Achſel unterſchieben/ und
zu denen Stuͤtzen nicht diß oder jenes Holtz aus-
ſchuͤſſen. Bey ſo geſtalten Sachen koͤnte ſich
niemand entbrechen/ der ſich ſonſt doch ausduͤ-
cken wuͤrde/ wenn ihn die Scham - Roͤthe oder
der Mangel eines guͤltigen Verwands nicht zu-
ruͤcke hielte. Wie er deñ feyerlich ſich verwahrte:
daß er ihm dieſe Wuͤrde nicht leichte; ihre Uber-
nehmung aber nicht aus Hoffarth/ ſondern aus
Liebe des Vaterlandes nicht ſchwer machte.
Seine Wercke ſolten nicht nur ſeine ietzige Er-
klaͤrung beglaubt/ und ihnen wahr machen/ daß
er nicht ſo wol ihr Feld-Herr ſeyn/ als ihr Bru-
der leben/ und als ihr Freund fuͤr ſie und das
Vater-Land ſterben wolte. Denn alle andere
Merckmaale der Freundſchafft waͤren ungewiß
oder verdaͤchtig; die groͤſſeſten Betheurungen
verhuͤlleten offt ein gehaͤſſiges Hertze/ die nuͤtz-
lichſten Dienſte verkleideten zuweilen den Ei-
gen-Nutz/ die Freygebigkeit zielte auf anderer
Verbindligkeit/ der Gehorſam ruͤhrte nicht ſel-
ten mehr aus einem Nothzwange als willkuͤhr-
lichem Eifer her; wenn aber die Freundſchafft
mit ſeinem eigenen fuͤr eines andern Erhaltung
verſpritzten Blute beſiegelt wuͤrde/ waͤre ſie al-
lem Verdacht eines angenommenen Scheines/
aller nachtheiligen Auslegung/ und allem wi-
drigen Urthel uͤberlegen.

Bey Außdruͤckung dieſer Worte und daruͤber
erwachſender Vergnuͤgung trat ein mit der
Fuͤrſtin Walpurgis Leiche vorhin beſchaͤfftigter
Prieſter mit einem freudigerm Geſichte/ als ſein
Todten-Dienſt mit ſich brachte/ ins Zelt/ und
berichtete: Der Walpurgis Grab waͤre fertig/
mit Bitte: Es moͤchten die Fuͤrſten die Leiche
noch mit einer Hand voll Erde beehren/ und ihr
merckwuͤrdiges Grabmahl anzuſchauen unbe-
ſchwert ſeyn. Dieſe waren theils wegen An-

dacht/
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0076" n="28"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Er&#x017F;tes Buch</hi></fw><lb/><cb/>
hen die&#x017F;er Ver&#x017F;ammlung gewe&#x017F;t/ und ha&#x0364;tte er es<lb/>
dem Verha&#x0364;ngniße und ihrer Klugheit heim-<lb/>
ge&#x017F;tellt: Ob &#x017F;ie ihn hierinnen zu einem Kriegs-<lb/>
Manne/ oder zu ihrem Feld-Herrn gebrauchen<lb/>
wu&#x0364;rden. Nach dem ihnen aber das letztere ge-<lb/>
fallen/ tha&#x0364;te er hierinnen mehr ihrem Willen/<lb/>
als &#x017F;einem Ehr-Geitze ein Genu&#x0364;gen. Denn<lb/>
ob wol die verwirrete Be&#x017F;chaffenheit der Zeit/ die<lb/>
be&#x017F;orgliche Mißgun&#x017F;t derer/ welche nach die&#x017F;er<lb/>
Wu&#x0364;rde ge&#x017F;trebet/ und &#x017F;ein noch nicht allzu hohes<lb/>
Alter ihn hievon zuru&#x0364;cke ziehen wolten; &#x017F;o u&#x0364;ber-<lb/>
wiege doch &#x017F;ein Verlangen dem gemeinen We-<lb/>
&#x017F;en zu dienen alle andere Bedencken; und die<lb/>
Bilder &#x017F;einer lobwu&#x0364;rdigen Vorfahren ladeten<lb/>
ihn gleich&#x017F;am ein/ lieber mit Schweiß und Blut<lb/>
in ihre Fuß&#x017F;tappen und in dis von ihnen gefu&#x0364;hr-<lb/>
te Ambt zu treten/ als die Ha&#x0364;nde &#x017F;einer Ergo&#x0364;tzlig-<lb/>
keit halber auf die Schoos zu legen. Denn die<lb/>
Aufthu&#x0364;rmung der Ehren-Sa&#x0364;ul-wa&#x0364;re ein aber-<lb/>
gla&#x0364;ubi&#x017F;cher Zeit-Vertreib und eine Ver&#x017F;chwen-<lb/>
dung der Unko&#x017F;ten; wenn &#x017F;ie allein ein Geda&#x0364;cht-<lb/>
nu&#x0364;ß de&#x017F;&#x017F;en/ was die Todten gethan haben/ nicht<lb/>
aber eine Ermahnung &#x017F;eyn &#x017F;ollen/ was denen le-<lb/>
benden zu thun obliegt. Dahero da&#x017F;&#x017F;elbige<lb/>
Bild/ welche nur etliche Tage ge&#x017F;tanden/ aber<lb/>
das Glu&#x0364;cke habe/ daß iemand durch ru&#x0364;hmliche<lb/>
Nachartung &#x017F;einem Befehle gehor&#x017F;amet/ viel<lb/>
ho&#x0364;her zu &#x017F;cha&#x0364;tzen wa&#x0364;re/ als eines/ das tau&#x017F;end<lb/>
Jahre wider Lufft und Ungewitter getauret/<lb/>
aber zum unfruchtbaren An&#x017F;chauen gedienet<lb/>
hat. Ha&#x0364;tten &#x017F;eine Vor-Eltern durch ihre Tha-<lb/>
ten zuwege gebracht/ daß &#x017F;ie ihm ihren Stab<lb/>
einha&#x0364;ndigten; wolte er &#x017F;ich beflei&#x017F;&#x017F;en durch &#x017F;ein<lb/>
Thun zu behaupten/ daß er ihr Sohn wa&#x0364;re;<lb/>
nach dem ein ungerathener Sohn eines Helden<lb/>
&#x017F;ich gar keines Vaters zu ru&#x0364;hmen ha&#x0364;tte. Denn<lb/>
keines frembden Sohn ko&#x0364;nte er vermo&#x0364;ge der<lb/>
Natur; des Natu&#x0364;rlichen aber wu&#x0364;&#x017F;te er es wegen<lb/>
&#x017F;einer Untugend nicht zu &#x017F;eyn/ al&#x017F;o/ daß wenn<lb/>
die Todten reden ko&#x0364;nten/ wu&#x0364;rden &#x017F;ie ihn/ wenn<lb/>
er &#x017F;ich ihrer Ankunft ru&#x0364;hmte/ entweder Lu&#x0364;gens<lb/>
&#x017F;traffen/ oder ihn als einen Wech&#x017F;el-Balg aus<lb/><cb/>
dem Ge&#x017F;chlechte &#x017F;to&#x017F;&#x017F;en. Die&#x017F;es und der Noth-<lb/>
&#x017F;tand Deut&#x017F;chlands zwinge ihn die aufgetragene<lb/>
Wu&#x0364;rde willig zu u&#x0364;bernehmen. Denn/ wenn<lb/>
das Geba&#x0364;u eines Reiches einfallen wolte/ mu&#x0364;&#x017F;te<lb/>
der er&#x017F;te der be&#x017F;te &#x017F;eine Ach&#x017F;el unter&#x017F;chieben/ und<lb/>
zu denen Stu&#x0364;tzen nicht diß oder jenes Holtz aus-<lb/>
&#x017F;chu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en. Bey &#x017F;o ge&#x017F;talten Sachen ko&#x0364;nte &#x017F;ich<lb/>
niemand entbrechen/ der &#x017F;ich &#x017F;on&#x017F;t doch ausdu&#x0364;-<lb/>
cken wu&#x0364;rde/ wenn ihn die Scham - Ro&#x0364;the oder<lb/>
der Mangel eines gu&#x0364;ltigen Verwands nicht zu-<lb/>
ru&#x0364;cke hielte. Wie er den&#x0303; feyerlich &#x017F;ich verwahrte:<lb/>
daß er ihm die&#x017F;e Wu&#x0364;rde nicht leichte; ihre Uber-<lb/>
nehmung aber nicht aus Hoffarth/ &#x017F;ondern aus<lb/>
Liebe des Vaterlandes nicht &#x017F;chwer machte.<lb/>
Seine Wercke &#x017F;olten nicht nur &#x017F;eine ietzige Er-<lb/>
kla&#x0364;rung beglaubt/ und ihnen wahr machen/ daß<lb/>
er nicht &#x017F;o wol ihr Feld-Herr &#x017F;eyn/ als ihr Bru-<lb/>
der leben/ und als ihr Freund fu&#x0364;r &#x017F;ie und das<lb/>
Vater-Land &#x017F;terben wolte. Denn alle andere<lb/>
Merckmaale der Freund&#x017F;chafft wa&#x0364;ren ungewiß<lb/>
oder verda&#x0364;chtig; die gro&#x0364;&#x017F;&#x017F;e&#x017F;ten Betheurungen<lb/>
verhu&#x0364;lleten offt ein geha&#x0364;&#x017F;&#x017F;iges Hertze/ die nu&#x0364;tz-<lb/>
lich&#x017F;ten Dien&#x017F;te verkleideten zuweilen den Ei-<lb/>
gen-Nutz/ die Freygebigkeit zielte auf anderer<lb/>
Verbindligkeit/ der Gehor&#x017F;am ru&#x0364;hrte nicht &#x017F;el-<lb/>
ten mehr aus einem Nothzwange als willku&#x0364;hr-<lb/>
lichem Eifer her; wenn aber die Freund&#x017F;chafft<lb/>
mit &#x017F;einem eigenen fu&#x0364;r eines andern Erhaltung<lb/>
ver&#x017F;pritzten Blute be&#x017F;iegelt wu&#x0364;rde/ wa&#x0364;re &#x017F;ie al-<lb/>
lem Verdacht eines angenommenen Scheines/<lb/>
aller nachtheiligen Auslegung/ und allem wi-<lb/>
drigen Urthel u&#x0364;berlegen.</p><lb/>
          <p>Bey Außdru&#x0364;ckung die&#x017F;er Worte und daru&#x0364;ber<lb/>
erwach&#x017F;ender Vergnu&#x0364;gung trat ein mit der<lb/>
Fu&#x0364;r&#x017F;tin Walpurgis Leiche vorhin be&#x017F;cha&#x0364;fftigter<lb/>
Prie&#x017F;ter mit einem freudigerm Ge&#x017F;ichte/ als &#x017F;ein<lb/>
Todten-Dien&#x017F;t mit &#x017F;ich brachte/ ins Zelt/ und<lb/>
berichtete: Der Walpurgis Grab wa&#x0364;re fertig/<lb/>
mit Bitte: Es mo&#x0364;chten die Fu&#x0364;r&#x017F;ten die Leiche<lb/>
noch mit einer Hand voll Erde beehren/ und ihr<lb/>
merckwu&#x0364;rdiges Grabmahl anzu&#x017F;chauen unbe-<lb/>
&#x017F;chwert &#x017F;eyn. Die&#x017F;e waren theils wegen An-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">dacht/</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[28/0076] Erſtes Buch hen dieſer Verſammlung geweſt/ und haͤtte er es dem Verhaͤngniße und ihrer Klugheit heim- geſtellt: Ob ſie ihn hierinnen zu einem Kriegs- Manne/ oder zu ihrem Feld-Herrn gebrauchen wuͤrden. Nach dem ihnen aber das letztere ge- fallen/ thaͤte er hierinnen mehr ihrem Willen/ als ſeinem Ehr-Geitze ein Genuͤgen. Denn ob wol die verwirrete Beſchaffenheit der Zeit/ die beſorgliche Mißgunſt derer/ welche nach dieſer Wuͤrde geſtrebet/ und ſein noch nicht allzu hohes Alter ihn hievon zuruͤcke ziehen wolten; ſo uͤber- wiege doch ſein Verlangen dem gemeinen We- ſen zu dienen alle andere Bedencken; und die Bilder ſeiner lobwuͤrdigen Vorfahren ladeten ihn gleichſam ein/ lieber mit Schweiß und Blut in ihre Fußſtappen und in dis von ihnen gefuͤhr- te Ambt zu treten/ als die Haͤnde ſeiner Ergoͤtzlig- keit halber auf die Schoos zu legen. Denn die Aufthuͤrmung der Ehren-Saͤul-waͤre ein aber- glaͤubiſcher Zeit-Vertreib und eine Verſchwen- dung der Unkoſten; wenn ſie allein ein Gedaͤcht- nuͤß deſſen/ was die Todten gethan haben/ nicht aber eine Ermahnung ſeyn ſollen/ was denen le- benden zu thun obliegt. Dahero daſſelbige Bild/ welche nur etliche Tage geſtanden/ aber das Gluͤcke habe/ daß iemand durch ruͤhmliche Nachartung ſeinem Befehle gehorſamet/ viel hoͤher zu ſchaͤtzen waͤre/ als eines/ das tauſend Jahre wider Lufft und Ungewitter getauret/ aber zum unfruchtbaren Anſchauen gedienet hat. Haͤtten ſeine Vor-Eltern durch ihre Tha- ten zuwege gebracht/ daß ſie ihm ihren Stab einhaͤndigten; wolte er ſich befleiſſen durch ſein Thun zu behaupten/ daß er ihr Sohn waͤre; nach dem ein ungerathener Sohn eines Helden ſich gar keines Vaters zu ruͤhmen haͤtte. Denn keines frembden Sohn koͤnte er vermoͤge der Natur; des Natuͤrlichen aber wuͤſte er es wegen ſeiner Untugend nicht zu ſeyn/ alſo/ daß wenn die Todten reden koͤnten/ wuͤrden ſie ihn/ wenn er ſich ihrer Ankunft ruͤhmte/ entweder Luͤgens ſtraffen/ oder ihn als einen Wechſel-Balg aus dem Geſchlechte ſtoſſen. Dieſes und der Noth- ſtand Deutſchlands zwinge ihn die aufgetragene Wuͤrde willig zu uͤbernehmen. Denn/ wenn das Gebaͤu eines Reiches einfallen wolte/ muͤſte der erſte der beſte ſeine Achſel unterſchieben/ und zu denen Stuͤtzen nicht diß oder jenes Holtz aus- ſchuͤſſen. Bey ſo geſtalten Sachen koͤnte ſich niemand entbrechen/ der ſich ſonſt doch ausduͤ- cken wuͤrde/ wenn ihn die Scham - Roͤthe oder der Mangel eines guͤltigen Verwands nicht zu- ruͤcke hielte. Wie er deñ feyerlich ſich verwahrte: daß er ihm dieſe Wuͤrde nicht leichte; ihre Uber- nehmung aber nicht aus Hoffarth/ ſondern aus Liebe des Vaterlandes nicht ſchwer machte. Seine Wercke ſolten nicht nur ſeine ietzige Er- klaͤrung beglaubt/ und ihnen wahr machen/ daß er nicht ſo wol ihr Feld-Herr ſeyn/ als ihr Bru- der leben/ und als ihr Freund fuͤr ſie und das Vater-Land ſterben wolte. Denn alle andere Merckmaale der Freundſchafft waͤren ungewiß oder verdaͤchtig; die groͤſſeſten Betheurungen verhuͤlleten offt ein gehaͤſſiges Hertze/ die nuͤtz- lichſten Dienſte verkleideten zuweilen den Ei- gen-Nutz/ die Freygebigkeit zielte auf anderer Verbindligkeit/ der Gehorſam ruͤhrte nicht ſel- ten mehr aus einem Nothzwange als willkuͤhr- lichem Eifer her; wenn aber die Freundſchafft mit ſeinem eigenen fuͤr eines andern Erhaltung verſpritzten Blute beſiegelt wuͤrde/ waͤre ſie al- lem Verdacht eines angenommenen Scheines/ aller nachtheiligen Auslegung/ und allem wi- drigen Urthel uͤberlegen. Bey Außdruͤckung dieſer Worte und daruͤber erwachſender Vergnuͤgung trat ein mit der Fuͤrſtin Walpurgis Leiche vorhin beſchaͤfftigter Prieſter mit einem freudigerm Geſichte/ als ſein Todten-Dienſt mit ſich brachte/ ins Zelt/ und berichtete: Der Walpurgis Grab waͤre fertig/ mit Bitte: Es moͤchten die Fuͤrſten die Leiche noch mit einer Hand voll Erde beehren/ und ihr merckwuͤrdiges Grabmahl anzuſchauen unbe- ſchwert ſeyn. Dieſe waren theils wegen An- dacht/

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/76
Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 28. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/76>, abgerufen am 24.04.2024.