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Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

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Arminius und Thußnelda.
[Spaltenumbruch] woraus sich die Göttlichen Leitungen durch
Wahrsagung herfür thun; Lasset uns allein
hier wahrnehmen/ daß die Todten denen
Lebenden durch ihr Bey-Spiel mehrmals
die Augen aufsperren. Ja die Todte sind die
getreuesten Spiegel so wol anderwertigen Be-
ginnens/ als Wegweiser unser künftigen Ent-
schlüssungen. Als die andern Fürsten hierzu
gleichfalls ihr Wort gaben und Mitleiden be-
zeugten/ ward die Leiche der Fürstin Walpurgis
von denen Priestern mit Wasser aus dem heili-
gen Brunnen besprengt; ieder Fürst streuete
eine Handvoll Blumen auf die Leiche/ wüntsch-
te ihr eine sanfte Ruhe; und Hertzog Herrmann
gelobte ihrem Geiste ein fettes Rach-Opfer an
ihren Feinden abzuschlachten. Weil nun zu
ihrer Beerdigung Anstalt gemacht ward/ ver-
fügten die Fürsten insgesammt sich in die Cheruski-
schen Zelten/ darinnen eine grosse Menge klei-
ner Tische/ weil eine iede Person auf einem ab-
sondern zu speisen pflegt/ zubereitet/ und mit al-
lerhand Speisen theils in silbernen/ theils ertz-
tenen/ theils irrdenen Schüsseln besetzet. Auf der
Erden hin waren allerhand Häute von Beeren/
Luchsen/ Wölfen/ Füchsen und andern wilden
Thieren/ die im Hartz-Walde gefangen werden/
aufgebreitet. Auf diese nöthigte der Cheruskische
Fürst seine Eingeladene sich niederzulassen/ und
nam endlich seine Stelle zwischen den zweyen
Hörnern der gleichsam in einen halben Mond
sich umbkrümmender Taffeln. Es war alles
nach der Cheruskischen Landes-Art aufs präch-
tigste angestellt/ und einem ieden Gaste ein mit
Silber eingefassetes Horn von Auer-Ochsen mit
Biere/ und ein Becher mit Weine/ derogleichen
numehro auch durch die Gemeinschafft mit den
Römern in Deutschland kommen war/ für gesetzt.

Nach fast vollbrachter Mahlzeit ließ Hertzog
Herrmann ihm einen gantz güldenen Becher
reichen/ stand auf/ tranck selbten dem Hertzoge
der Catten Arpus zu/ und redete die Anwesen-
den mit folgenden Worten an: Edle Deut-
[Spaltenumbruch] schen/ großmüthige Bunds-Genossen; Quin-
tilius Varus hat uns sämmtlich anher beruffen/
daß wir unsere Schwerdter im Blute unserer
Brüder und Bunds-Genossen/ der für Deutsch-
lands Freyheit und die Schand-That des Va-
rus zu rächen ergreiffenden Sicambrer ba-
den solten. Aber so sehr sich Varus betrogen
finden wird/ wenn er gläubt/ daß die Cherus-
ker und Catten nicht für die allgemeine Wol-
fart ihre Jrrungen vergessen könten/ auch Fürst
Arpus und ich allhier einander selbst aufreiben
würden; so wenig traue ich einigem Anwesen-
den Deutschen zu/ daß er glaube/ ich wäre für
die Römer aufgesessen/ und meine Cherusker
wolten wider die Deutschen einen Sebel zücken.
Wir würden nicht mehr unserer Vorfahren
Nahmen zu führen würdig seyn/ wenn wir die-
ses im Schilde führten/ oder zeithero nicht mehr
vom Verhängnüsse wären gedrückt/ als durch
eigene Kleinmuth zu Sclaven gemacht worden.
Mein Anherr König Teutobach ließ von des
Bürger-Meisters Carbo und Silan Legionen
nicht ein Bein davon kommen/ als selbte sich
nur ihren Nachbarn den Galliern näherten;
und wir können die Römischen Adler zwischen
dem Rhein und der Elbe fliegen sehen? Teuto-
bach/ sage ich/ drang mit mehrem Schrecken als
Hannibal durch die felsichte Mauren Jtaliens/
schlug den Manlius und rieb mit dem Cävio
den Kern des Römischen Adels auf. Worüber
Rom erzitterte/ und selbigen unglückseligen Tag
mit Kohlen in seine Zeit-Register schrieb. Und
wir empfinden nicht/ daß zwey Meilweges von
hier in dem Hertzen Deutsch-Landes in unsern
heiligen Heynen unsere Tod-Feinde ihr Lager
und Besatzungen haben? Dem Kayser Julius/
dessen Thaten die Römer selbst mehr für
Gött-als menschlich halten/ boten die einigen
Sicambrer/ ihrer Freunde halber/ die beyih-
nen über dem Rheine Zuflucht gesucht hatten/
die Spitze/ und sagten ihm statt begehrter Aus-
folgung unter Augen: Der Rhein sey die

Gräntz-
Erster Theil. C

Arminius und Thußnelda.
[Spaltenumbruch] woraus ſich die Goͤttlichen Leitungen durch
Wahrſagung herfuͤr thun; Laſſet uns allein
hier wahrnehmen/ daß die Todten denen
Lebenden durch ihr Bey-Spiel mehrmals
die Augen aufſperren. Ja die Todte ſind die
getreueſten Spiegel ſo wol anderwertigen Be-
ginnens/ als Wegweiſer unſer kuͤnftigen Ent-
ſchluͤſſungen. Als die andern Fuͤrſten hierzu
gleichfalls ihr Wort gaben und Mitleiden be-
zeugten/ ward die Leiche der Fuͤrſtin Walpurgis
von denen Prieſtern mit Waſſer aus dem heili-
gen Brunnen beſprengt; ieder Fuͤrſt ſtreuete
eine Handvoll Blumen auf die Leiche/ wuͤntſch-
te ihr eine ſanfte Ruhe; und Hertzog Herrmann
gelobte ihrem Geiſte ein fettes Rach-Opfer an
ihren Feinden abzuſchlachten. Weil nun zu
ihrer Beerdigung Anſtalt gemacht ward/ ver-
fuͤgten die Fuͤrſten insgeſam̃t ſich in die Cheruſki-
ſchen Zelten/ darinnen eine groſſe Menge klei-
ner Tiſche/ weil eine iede Perſon auf einem ab-
ſondern zu ſpeiſen pflegt/ zubereitet/ und mit al-
lerhand Speiſen theils in ſilbernen/ theils ertz-
tenen/ theils irrdenen Schuͤſſeln beſetzet. Auf der
Erden hin waren allerhand Haͤute von Beeren/
Luchſen/ Woͤlfen/ Fuͤchſen und andern wilden
Thieren/ die im Hartz-Walde gefangen werden/
aufgebreitet. Auf dieſe noͤthigte der Cheruſkiſche
Fuͤrſt ſeine Eingeladene ſich niederzulaſſen/ und
nam endlich ſeine Stelle zwiſchen den zweyen
Hoͤrnern der gleichſam in einen halben Mond
ſich umbkruͤmmender Taffeln. Es war alles
nach der Cheruſkiſchen Landes-Art aufs praͤch-
tigſte angeſtellt/ und einem ieden Gaſte ein mit
Silber eingefaſſetes Horn von Auer-Ochſen mit
Biere/ und ein Becher mit Weine/ derogleichen
numehro auch durch die Gemeinſchafft mit den
Roͤmern in Deutſchland kom̃en war/ fuͤr geſetzt.

Nach faſt vollbrachter Mahlzeit ließ Hertzog
Herrmann ihm einen gantz guͤldenen Becher
reichen/ ſtand auf/ tranck ſelbten dem Hertzoge
der Catten Arpus zu/ und redete die Anweſen-
den mit folgenden Worten an: Edle Deut-
[Spaltenumbruch] ſchen/ großmuͤthige Bunds-Genoſſen; Quin-
tilius Varus hat uns ſaͤm̃tlich anher beruffen/
daß wir unſere Schwerdter im Blute unſerer
Bruͤder und Bunds-Genoſſen/ der fuͤr Deutſch-
lands Freyheit und die Schand-That des Va-
rus zu raͤchen ergreiffenden Sicambrer ba-
den ſolten. Aber ſo ſehr ſich Varus betrogen
finden wird/ wenn er glaͤubt/ daß die Cheruſ-
ker und Catten nicht fuͤr die allgemeine Wol-
fart ihre Jrrungen vergeſſen koͤnten/ auch Fuͤrſt
Arpus und ich allhier einander ſelbſt aufreiben
wuͤrden; ſo wenig traue ich einigem Anweſen-
den Deutſchen zu/ daß er glaube/ ich waͤre fuͤr
die Roͤmer aufgeſeſſen/ und meine Cheruſker
wolten wider die Deutſchen einen Sebel zuͤcken.
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Nahmen zu fuͤhren wuͤrdig ſeyn/ wenn wir die-
ſes im Schilde fuͤhrten/ oder zeithero nicht mehr
vom Verhaͤngnuͤſſe waͤren gedruͤckt/ als durch
eigene Kleinmuth zu Sclaven gemacht worden.
Mein Anherr Koͤnig Teutobach ließ von des
Buͤrger-Meiſters Carbo und Silan Legionen
nicht ein Bein davon kommen/ als ſelbte ſich
nur ihren Nachbarn den Galliern naͤherten;
und wir koͤnnen die Roͤmiſchen Adler zwiſchen
dem Rhein und der Elbe fliegen ſehen? Teuto-
bach/ ſage ich/ drang mit mehrem Schrecken als
Hannibal durch die felſichte Mauren Jtaliens/
ſchlug den Manlius und rieb mit dem Caͤvio
den Kern des Roͤmiſchen Adels auf. Woruͤber
Rom erzitterte/ und ſelbigen ungluͤckſeligen Tag
mit Kohlen in ſeine Zeit-Regiſter ſchrieb. Und
wir empfinden nicht/ daß zwey Meilweges von
hier in dem Hertzen Deutſch-Landes in unſern
heiligen Heynen unſere Tod-Feinde ihr Lager
und Beſatzungen haben? Dem Kayſer Julius/
deſſen Thaten die Roͤmer ſelbſt mehr fuͤr
Goͤtt-als menſchlich halten/ boten die einigen
Sicambrer/ ihrer Freunde halber/ die beyih-
nen uͤber dem Rheine Zuflucht geſucht hatten/
die Spitze/ und ſagten ihm ſtatt begehrter Aus-
folgung unter Augen: Der Rhein ſey die

Graͤntz-
Erſter Theil. C
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Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 17. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/65>, abgerufen am 24.04.2024.