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Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

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Arminius und Thußnelda.
[Spaltenumbruch] nam die Empsahung mit holdseligsten Ge-
behrden und verbindlichster Antwort auf/ und
betheuerte/ sie wäre zu ohnmächtig so übermäßi-
ge Leutseligkeit und Wolthaten zu begreiffen.
Ja sie könte nicht ergründen/ wie zwey so gros-
se Heldinnen nicht die Gemeinschafft einer so
unglücklichen Ausländerin verschmäheten/
nach dem insgemein das Unglück nichts min-
der/ als die Pest für anfällig gehalten würde.
Wiewol sie sich numehr billich aus dem Regi-
ster der Unglückseligen auszuleschen schuldig
wäre/ nach dem sie sich unter der gütigen Be-
schirmung solcher irrdischen Göttinnen befin-
dete. Sie hätte besorgt in die Hände der rau-
hesten Völcker und grimmigsten Feinde ver-
fallen zu seyn/ so hätte sie in ihrer Gefangen-
schafft mehr Vergnügung/ als in der Freyheit;
in diesen kalten Nordländern mehr Feuer un-
verdienter Freundschafft und Gewogenheit
gefunden/ als in den warmen Morgenlän-
dern/ oder in ihrem unbarmhertzigen Vater-
lande bey Bluts-Verwandten anzutreffen wä-
re. Ob nun wol sonst bey derogleichen erste-
ren Zusammenkünfften man biß zu Ergrün-
dung ein- und andern Gemüthes gerne an sich
hält/ so kamen doch diese drey Fürstinnen ein-
ander so offenhertzig für/ daß iede sich euserst be-
mühete/ ihre aufrichtige Zuneigung in der an-
dern Erkäntnüß fest einzudrücken. Worauf
denn Thußnelde und Jsmene für dißmal/ weil
die Königin sich noch schwach und bettlägerig
befand/ Abschied nahmen/ und einander ihrer
Begierde öffterer und fördersamer Wiederer-
sehung vertrösteten. Sie war kaum in ihr
Zimmer zurück kommen/ als der Feldherr und
Jngviomer bey ihr eintraten/ und zwar dieser
schon reisefertig/ und von ihr Abschied zu neh-
men/ und zu der vorstehenden Verehligung
mehr als tausendfaches Glück zu wüntschen.
Thußnelde begegnete Jngviomern mit einer
freundlichen Dancknehmung und zierlichem
Glückwuntsche zu seiner so wichtigen Reise.
[Spaltenumbruch] Gegen dem Feldherrn aber vermochten
Mund/ Augen und Gebehrden nicht genung-
sam ihr Hertz auszuschütten. Nach unzehl-
baren Liebes-Bezeigungen vergaß sie auch
nicht der frembden Königin Lob aufs beste her-
auszustreichen/ wordurch sie beym Feldherrn ein
sonderlich Verlangen erweckte/ sie zu schauen/
und die von ihr gemuthmaste seltzame Begeb-
nüsse zu erfahren. Dieses bewegte Thußnel-
den/ daß sie bald folgenden Tages bey der Kö-
nigin Verlaub sie zu besuchen/ und den Feld-
herrn mitzubringen ausbat.

Die Königin/ welche diese Ersuchung nicht
allein für ein Glücke/ sondern auch für eine
Staffel zu ihrer Befreyung aufnahm/ wolte
ihr Erkäntnüß auch mit Ubernehmung ihrer
Kräffte bestätigen; daher machte sie sich über
Macht aus dem Bette/ wormit sie dem Feld-
herrn und der in ihren Augen so lieben Thuß-
nelde mit desto mehr Ehrerbietung begegnen
könte. Sie lehnte sich auf die Achseln Salo-
ninens/ (also hieß die bey ihr befindliche Frau)
um beyde an der Schwellen ihres Vorge-
machs zu bewillkommen. Der Feldherr ver-
wunderte sich über ihre Gestalt und Annehm-
ligkeit/ und befand beydes in größer Vollkom-
menheit/ als Thußneldens Erzehlung ihm
von ihr fübilden können/ weil doch kein Pin-
sel der Beredsamkeit eine vollkommene Schön-
heit so gut nachbilden kan/ als das lebhaffte
Bild sich in die Taffel des Auges eindrücket.
Ja Thußnelde selbst hätte betheuert/ daß ent-
weder die Verminderung ihres Betrübnüsses/
oder ihre aufrechte Darsiellung des gantzen
Leibes sie über Nacht um ein gutes Theil schö-
ner gemacht hätte. Hertzog Herrmann be-
zeugte gegen sie alle ersinnliche Höfligkeit/
und erlangte bey ihr den Ruhm/ daß er nichts
minder ein geschickter Hoffmann/ als ein tapf-
ferer Heerführer sey. Sie selbst nahm sich
über der Besuchung des Feldherrn etli-

cher
B b 3

Arminius und Thußnelda.
[Spaltenumbruch] nam die Empſahung mit holdſeligſten Ge-
behrden und verbindlichſter Antwort auf/ und
betheuerte/ ſie waͤre zu ohnmaͤchtig ſo uͤbeꝛmaͤßi-
ge Leutſeligkeit und Wolthaten zu begreiffen.
Ja ſie koͤnte nicht ergruͤnden/ wie zwey ſo groſ-
ſe Heldinnen nicht die Gemeinſchafft einer ſo
ungluͤcklichen Auslaͤnderin verſchmaͤheten/
nach dem insgemein das Ungluͤck nichts min-
der/ als die Peſt fuͤr anfaͤllig gehalten wuͤrde.
Wiewol ſie ſich numehr billich aus dem Regi-
ſter der Ungluͤckſeligen auszuleſchen ſchuldig
waͤre/ nach dem ſie ſich unter der guͤtigen Be-
ſchirmung ſolcher irrdiſchen Goͤttinnen befin-
dete. Sie haͤtte beſorgt in die Haͤnde der rau-
heſten Voͤlcker und grimmigſten Feinde ver-
fallen zu ſeyn/ ſo haͤtte ſie in ihrer Gefangen-
ſchafft mehr Vergnuͤgung/ als in der Freyheit;
in dieſen kalten Nordlaͤndern mehr Feuer un-
verdienter Freundſchafft und Gewogenheit
gefunden/ als in den warmen Morgenlaͤn-
dern/ oder in ihrem unbarmhertzigen Vater-
lande bey Bluts-Verwandten anzutreffen waͤ-
re. Ob nun wol ſonſt bey derogleichen erſte-
ren Zuſammenkuͤnfften man biß zu Ergruͤn-
dung ein- und andern Gemuͤthes gerne an ſich
haͤlt/ ſo kamen doch dieſe drey Fuͤrſtinnen ein-
ander ſo offenhertzig fuͤr/ daß iede ſich euſerſt be-
muͤhete/ ihre aufrichtige Zuneigung in der an-
dern Erkaͤntnuͤß feſt einzudruͤcken. Worauf
denn Thußnelde und Jſmene fuͤr dißmal/ weil
die Koͤnigin ſich noch ſchwach und bettlaͤgerig
befand/ Abſchied nahmen/ und einander ihrer
Begierde oͤffterer und foͤrderſamer Wiederer-
ſehung vertroͤſteten. Sie war kaum in ihr
Zimmer zuruͤck kommen/ als der Feldherr und
Jngviomer bey ihr eintraten/ und zwar dieſer
ſchon reiſefertig/ und von ihr Abſchied zu neh-
men/ und zu der vorſtehenden Verehligung
mehr als tauſendfaches Gluͤck zu wuͤntſchen.
Thußnelde begegnete Jngviomern mit einer
freundlichen Dancknehmung und zierlichem
Gluͤckwuntſche zu ſeiner ſo wichtigen Reiſe.
[Spaltenumbruch] Gegen dem Feldherrn aber vermochten
Mund/ Augen und Gebehrden nicht genung-
ſam ihr Hertz auszuſchuͤtten. Nach unzehl-
baren Liebes-Bezeigungen vergaß ſie auch
nicht der frembden Koͤnigin Lob aufs beſte her-
auszuſtreichen/ wordurch ſie beym Feldherꝛn ein
ſonderlich Verlangen erweckte/ ſie zu ſchauen/
und die von ihr gemuthmaſte ſeltzame Begeb-
nuͤſſe zu erfahren. Dieſes bewegte Thußnel-
den/ daß ſie bald folgenden Tages bey der Koͤ-
nigin Verlaub ſie zu beſuchen/ und den Feld-
herrn mitzubringen ausbat.

Die Koͤnigin/ welche dieſe Erſuchung nicht
allein fuͤr ein Gluͤcke/ ſondern auch fuͤr eine
Staffel zu ihrer Befreyung aufnahm/ wolte
ihr Erkaͤntnuͤß auch mit Ubernehmung ihrer
Kraͤffte beſtaͤtigen; daher machte ſie ſich uͤber
Macht aus dem Bette/ wormit ſie dem Feld-
herrn und der in ihren Augen ſo lieben Thuß-
nelde mit deſto mehr Ehrerbietung begegnen
koͤnte. Sie lehnte ſich auf die Achſeln Salo-
ninens/ (alſo hieß die bey ihr befindliche Frau)
um beyde an der Schwellen ihres Vorge-
machs zu bewillkommen. Der Feldherr ver-
wunderte ſich uͤber ihre Geſtalt und Annehm-
ligkeit/ und befand beydes in groͤßer Vollkom-
menheit/ als Thußneldens Erzehlung ihm
von ihr fuͤbilden koͤnnen/ weil doch kein Pin-
ſel der Beredſamkeit eine vollkommene Schoͤn-
heit ſo gut nachbilden kan/ als das lebhaffte
Bild ſich in die Taffel des Auges eindruͤcket.
Ja Thußnelde ſelbſt haͤtte betheuert/ daß ent-
weder die Verminderung ihres Betruͤbnuͤſſes/
oder ihre aufrechte Darſiellung des gantzen
Leibes ſie uͤber Nacht um ein gutes Theil ſchoͤ-
ner gemacht haͤtte. Hertzog Herrmann be-
zeugte gegen ſie alle erſinnliche Hoͤfligkeit/
und erlangte bey ihr den Ruhm/ daß er nichts
minder ein geſchickter Hoffmann/ als ein tapf-
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Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 197. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/249>, abgerufen am 28.03.2024.