Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

Bild:
<< vorherige Seite

Arminius und Thußnelda.
[Spaltenumbruch] der einzusetzen; Diese beyde Könige aber nicht
allein/ sondern auch der/ welcher solch Reich be-
hauptete/ büßten dem gemeinen Ruffe nach ihr
Leben in der Schlacht ein/ welche von dem Fal-
le dreyer gekrönten Häupter einen ewigen Nah-
men behalten wird/ und deßhalben noch so viel
merckwürdiger ist/ daß sich nach etlichen Jah-
ren einer fand/ der sich nicht allein für den Kö-
nig Astinabes ausgab/ sondern auch durch so
viel Merckmahle und Anzeigungen sein Vor-
geben bescheinigte/ daß alle Unpartheyische ur-
theilten/ er müste entweder der rechte Astinabes/
oder sein Geist in einem andern Leibe seyn.
Wiewohl sein Reich inzwischen vom Hippon
behauptet/ und dieser als ein Betrüger aus dem
Wege geräumet ward.

Klodomir hingegen lebte mit seiner Gemah-
lin Riama in höchster Vergnügung/ und stand
etliche Jahr mit ungemeiner Klugheit Britan-
nien für. Nach seines Vaters Jngrams To-
de aber ward er in einem Jahre dreymahl gekrö-
net. Sein friedliebendes Gemüthe brachte die
durch die Meinungen der Druyden/ Eubagen
und Barden in Deutschland erwachsene Zwy-
tracht so fern zu einem Vertrage/ daß sie sich
nebst einander ohne Verdammung eines oder
des andern Jrrthums zu dulden gelobten. Sei-
ne Herrschafft erreichte noch den Sturm des
grossen Salomins/ welcher wie er unter dem
grösten Gethöne der Waffen gebohren/ also
auch unter derselben Krachen seine Seele aus-
zublasen versehen war. Er war auffs neue mit
einer ungläublichen Macht in das Pannonische
Reich eingefallen/ und belagerte Siegestadt.
Selbige aber verthäidigte Nezir ein Norichi-
scher Ritter mit einer unerhörten Tapfferkeit/
welche diesen unersättlichen Wüterich lehrte/
daß ein unerschrockenes Helden-Hertz mehr als
ein eisernes Bollwerck sey/ und hierdurch verur-
sachte/ daß er für Ungedult im Lager seine Blut-
dürstige Seele ausblies/ und der/ dessen
[Spaltenumbruch] Ehrsucht Meer und Gebürge nicht hemmeten/
alhier in einer Pfütze Schiffbruch leiden muste.
Es richtete aber Salomins arglistiger Heerfüh-
rer den Leib-Artzt eigenhändig hin/ um seinen
Tod so lange zu verbergen/ biß sein Sohn
Miles das Hefft der Herrschafft in Händen
hatte/ die Belägerten aber/ denen das einge-
worffene Feuer numehr allen Auffenthalt
und Lebensmittel gefressen/ und derogestalt
dem Feinde ein schlechtes Sieges-Mahl übrig
gelassen hatte/ sich in den unzehlbaren Hauffen
der Belägerer zu stürtzen/ und ihr Leben noch
um viel Feindes-Blut zu verkauffen gezwun-
gen worden. Also wird zuweilen auch die Tu-
gend übermannet/ und die Hertzhafftesten fallen
mehrmahls von dem Geschoß eines Verzagten:
als welche bey zuhangendem Siege nichts we-
niger als die Tapffern/ wagen. Wiewohl in
solchen Fällen der Sieg so wenig für Ehre/
als der Untergang für Schande/ ja die/ wel-
che derogestalt umkommen/ wohl für erschla-
gen/ nicht aber für überwunden zu halten sind.
Massen denn dieser blutige Gewinn die Sey-
then also entkräfftet hatte/ und Klodomirs klu-
ge Herrschens-Anstalten dem Miles so sehr
unter Augen leuchteten/ daß er es rathsamer
hielt/ mit einem so fürsichtigen Feinde Friede
zu schliessen/ als den ungewissen Ausschlag ei-
nes längern Krieges zu erwarten. Dieses
Ansehen brachte auch zu wege/ daß Klodomir
von den meisten Ständen Sarmatiens zu ih-
rem Könige erwehlet ward/ wiewohl Miles/
der ohne seine euserste Gefahr seinen Nachbar
nicht konte sehen so groß werden/ theils durch
Bedräuungen/ theils durch Verheissungen
ein Theil der Sarmater zu Erwehlung Tia-
bors der Dacier Fürstens beredete. Als
nun Klodomir so wohl sein durch rechtmäßige
Wahl erlangtes Recht mit dem Degen zu be-
haupten/ als die durch Tiabors Eindringung
ihm zuwachsende Schande mit der Verursa-
cher Blute auszutilgen beemsigt war/ setzte das

Ver-
Y 2

Arminius und Thußnelda.
[Spaltenumbruch] der einzuſetzen; Dieſe beyde Koͤnige aber nicht
allein/ ſondern auch der/ welcher ſolch Reich be-
hauptete/ buͤßten dem gemeinen Ruffe nach ihr
Leben in der Schlacht ein/ welche von dem Fal-
le dreyer gekroͤnten Haͤupteꝛ einen ewigen Nah-
men behalten wird/ und deßhalben noch ſo viel
merckwuͤrdiger iſt/ daß ſich nach etlichen Jah-
ren einer fand/ der ſich nicht allein fuͤr den Koͤ-
nig Aſtinabes ausgab/ ſondern auch durch ſo
viel Merckmahle und Anzeigungen ſein Vor-
geben beſcheinigte/ daß alle Unpartheyiſche ur-
theilten/ er muͤſte entweder der rechte Aſtinabes/
oder ſein Geiſt in einem andern Leibe ſeyn.
Wiewohl ſein Reich inzwiſchen vom Hippon
behauptet/ und dieſer als ein Betruͤger aus dem
Wege geraͤumet ward.

Klodomir hingegen lebte mit ſeiner Gemah-
lin Riama in hoͤchſter Vergnuͤgung/ und ſtand
etliche Jahr mit ungemeiner Klugheit Britan-
nien fuͤr. Nach ſeines Vaters Jngrams To-
de aber ward er in einem Jahre dreymahl gekroͤ-
net. Sein friedliebendes Gemuͤthe brachte die
durch die Meinungen der Druyden/ Eubagen
und Barden in Deutſchland erwachſene Zwy-
tracht ſo fern zu einem Vertrage/ daß ſie ſich
nebſt einander ohne Verdammung eines oder
des andern Jrrthums zu dulden gelobten. Sei-
ne Herrſchafft erreichte noch den Sturm des
groſſen Salomins/ welcher wie er unter dem
groͤſten Gethoͤne der Waffen gebohren/ alſo
auch unter derſelben Krachen ſeine Seele aus-
zublaſen verſehen war. Er war auffs neue mit
einer unglaͤublichen Macht in das Pannoniſche
Reich eingefallen/ und belagerte Siegeſtadt.
Selbige aber verthaͤidigte Nezir ein Norichi-
ſcher Ritter mit einer unerhoͤrten Tapfferkeit/
welche dieſen unerſaͤttlichen Wuͤterich lehrte/
daß ein unerſchrockenes Helden-Hertz mehr als
ein eiſernes Bollwerck ſey/ und hierdurch verur-
ſachte/ daß er fuͤr Ungedult im Lager ſeine Blut-
duͤrſtige Seele ausblies/ und der/ deſſen
[Spaltenumbruch] Ehrſucht Meer und Gebuͤrge nicht hemmeten/
alhier in einer Pfuͤtze Schiffbruch leiden muſte.
Es richtete aber Salomins argliſtiger Heerfuͤh-
rer den Leib-Artzt eigenhaͤndig hin/ um ſeinen
Tod ſo lange zu verbergen/ biß ſein Sohn
Miles das Hefft der Herrſchafft in Haͤnden
hatte/ die Belaͤgerten aber/ denen das einge-
worffene Feuer numehr allen Auffenthalt
und Lebensmittel gefreſſen/ und derogeſtalt
dem Feinde ein ſchlechtes Sieges-Mahl uͤbrig
gelaſſen hatte/ ſich in den unzehlbaren Hauffen
der Belaͤgerer zu ſtuͤrtzen/ und ihr Leben noch
um viel Feindes-Blut zu verkauffen gezwun-
gen worden. Alſo wird zuweilen auch die Tu-
gend uͤbermannet/ und die Hertzhaffteſten fallen
mehrmahls von dem Geſchoß eines Verzagten:
als welche bey zuhangendem Siege nichts we-
niger als die Tapffern/ wagen. Wiewohl in
ſolchen Faͤllen der Sieg ſo wenig fuͤr Ehre/
als der Untergang fuͤr Schande/ ja die/ wel-
che derogeſtalt umkommen/ wohl fuͤr erſchla-
gen/ nicht aber fuͤr uͤberwunden zu halten ſind.
Maſſen denn dieſer blutige Gewinn die Sey-
then alſo entkraͤfftet hatte/ und Klodomirs klu-
ge Herrſchens-Anſtalten dem Miles ſo ſehr
unter Augen leuchteten/ daß er es rathſamer
hielt/ mit einem ſo fuͤrſichtigen Feinde Friede
zu ſchlieſſen/ als den ungewiſſen Ausſchlag ei-
nes laͤngern Krieges zu erwarten. Dieſes
Anſehen brachte auch zu wege/ daß Klodomir
von den meiſten Staͤnden Sarmatiens zu ih-
rem Koͤnige erwehlet ward/ wiewohl Miles/
der ohne ſeine euſerſte Gefahr ſeinen Nachbar
nicht konte ſehen ſo groß werden/ theils durch
Bedraͤuungen/ theils durch Verheiſſungen
ein Theil der Sarmater zu Erwehlung Tia-
bors der Dacier Fuͤrſtens beredete. Als
nun Klodomir ſo wohl ſein durch rechtmaͤßige
Wahl erlangtes Recht mit dem Degen zu be-
haupten/ als die durch Tiabors Eindringung
ihm zuwachſende Schande mit der Verurſa-
cher Blute auszutilgen beemſigt war/ ſetzte das

Ver-
Y 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0221" n="171"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Arminius und Thußnelda.</hi></fw><lb/><cb/>
der einzu&#x017F;etzen; Die&#x017F;e beyde Ko&#x0364;nige aber nicht<lb/>
allein/ &#x017F;ondern auch der/ welcher &#x017F;olch Reich be-<lb/>
hauptete/ bu&#x0364;ßten dem gemeinen Ruffe nach ihr<lb/>
Leben in der Schlacht ein/ welche von dem Fal-<lb/>
le dreyer gekro&#x0364;nten Ha&#x0364;upte&#xA75B; einen ewigen Nah-<lb/>
men behalten wird/ und deßhalben noch &#x017F;o viel<lb/>
merckwu&#x0364;rdiger i&#x017F;t/ daß &#x017F;ich nach etlichen Jah-<lb/>
ren einer fand/ der &#x017F;ich nicht allein fu&#x0364;r den Ko&#x0364;-<lb/>
nig A&#x017F;tinabes ausgab/ &#x017F;ondern auch durch &#x017F;o<lb/>
viel Merckmahle und Anzeigungen &#x017F;ein Vor-<lb/>
geben be&#x017F;cheinigte/ daß alle Unpartheyi&#x017F;che ur-<lb/>
theilten/ er mu&#x0364;&#x017F;te entweder der rechte A&#x017F;tinabes/<lb/>
oder &#x017F;ein Gei&#x017F;t in einem andern Leibe &#x017F;eyn.<lb/>
Wiewohl &#x017F;ein Reich inzwi&#x017F;chen vom Hippon<lb/>
behauptet/ und die&#x017F;er als ein Betru&#x0364;ger aus dem<lb/>
Wege gera&#x0364;umet ward.</p><lb/>
          <p>Klodomir hingegen lebte mit &#x017F;einer Gemah-<lb/>
lin Riama in ho&#x0364;ch&#x017F;ter Vergnu&#x0364;gung/ und &#x017F;tand<lb/>
etliche Jahr mit ungemeiner Klugheit Britan-<lb/>
nien fu&#x0364;r. Nach &#x017F;eines Vaters Jngrams To-<lb/>
de aber ward er in einem Jahre dreymahl gekro&#x0364;-<lb/>
net. Sein friedliebendes Gemu&#x0364;the brachte die<lb/>
durch die Meinungen der Druyden/ Eubagen<lb/>
und Barden in Deut&#x017F;chland erwach&#x017F;ene Zwy-<lb/>
tracht &#x017F;o fern zu einem Vertrage/ daß &#x017F;ie &#x017F;ich<lb/>
neb&#x017F;t einander ohne Verdammung eines oder<lb/>
des andern Jrrthums zu dulden gelobten. Sei-<lb/>
ne Herr&#x017F;chafft erreichte noch den Sturm des<lb/>
gro&#x017F;&#x017F;en Salomins/ welcher wie er unter dem<lb/>
gro&#x0364;&#x017F;ten Getho&#x0364;ne der Waffen gebohren/ al&#x017F;o<lb/>
auch unter der&#x017F;elben Krachen &#x017F;eine Seele aus-<lb/>
zubla&#x017F;en ver&#x017F;ehen war. Er war auffs neue mit<lb/>
einer ungla&#x0364;ublichen Macht in das Pannoni&#x017F;che<lb/>
Reich eingefallen/ und belagerte Siege&#x017F;tadt.<lb/>
Selbige aber vertha&#x0364;idigte Nezir ein Norichi-<lb/>
&#x017F;cher Ritter mit einer unerho&#x0364;rten Tapfferkeit/<lb/>
welche die&#x017F;en uner&#x017F;a&#x0364;ttlichen Wu&#x0364;terich lehrte/<lb/>
daß ein uner&#x017F;chrockenes Helden-Hertz mehr als<lb/>
ein ei&#x017F;ernes Bollwerck &#x017F;ey/ und hierdurch verur-<lb/>
&#x017F;achte/ daß er fu&#x0364;r Ungedult im Lager &#x017F;eine Blut-<lb/>
du&#x0364;r&#x017F;tige Seele ausblies/ und der/ de&#x017F;&#x017F;en<lb/><cb/>
Ehr&#x017F;ucht Meer und Gebu&#x0364;rge nicht hemmeten/<lb/>
alhier in einer Pfu&#x0364;tze Schiffbruch leiden mu&#x017F;te.<lb/>
Es richtete aber Salomins argli&#x017F;tiger Heerfu&#x0364;h-<lb/>
rer den Leib-Artzt eigenha&#x0364;ndig hin/ um &#x017F;einen<lb/>
Tod &#x017F;o lange zu verbergen/ biß &#x017F;ein Sohn<lb/>
Miles das Hefft der Herr&#x017F;chafft in Ha&#x0364;nden<lb/>
hatte/ die Bela&#x0364;gerten aber/ denen das einge-<lb/>
worffene Feuer numehr allen Auffenthalt<lb/>
und Lebensmittel gefre&#x017F;&#x017F;en/ und deroge&#x017F;talt<lb/>
dem Feinde ein &#x017F;chlechtes Sieges-Mahl u&#x0364;brig<lb/>
gela&#x017F;&#x017F;en hatte/ &#x017F;ich in den unzehlbaren Hauffen<lb/>
der Bela&#x0364;gerer zu &#x017F;tu&#x0364;rtzen/ und ihr Leben noch<lb/>
um viel Feindes-Blut zu verkauffen gezwun-<lb/>
gen worden. Al&#x017F;o wird zuweilen auch die Tu-<lb/>
gend u&#x0364;bermannet/ und die Hertzhaffte&#x017F;ten fallen<lb/>
mehrmahls von dem Ge&#x017F;choß eines Verzagten:<lb/>
als welche bey zuhangendem Siege nichts we-<lb/>
niger als die Tapffern/ wagen. Wiewohl in<lb/>
&#x017F;olchen Fa&#x0364;llen der Sieg &#x017F;o wenig fu&#x0364;r Ehre/<lb/>
als der Untergang fu&#x0364;r Schande/ ja die/ wel-<lb/>
che deroge&#x017F;talt umkommen/ wohl fu&#x0364;r er&#x017F;chla-<lb/>
gen/ nicht aber fu&#x0364;r u&#x0364;berwunden zu halten &#x017F;ind.<lb/>
Ma&#x017F;&#x017F;en denn die&#x017F;er blutige Gewinn die Sey-<lb/>
then al&#x017F;o entkra&#x0364;fftet hatte/ und Klodomirs klu-<lb/>
ge Herr&#x017F;chens-An&#x017F;talten dem Miles &#x017F;o &#x017F;ehr<lb/>
unter Augen leuchteten/ daß er es rath&#x017F;amer<lb/>
hielt/ mit einem &#x017F;o fu&#x0364;r&#x017F;ichtigen Feinde Friede<lb/>
zu &#x017F;chlie&#x017F;&#x017F;en/ als den ungewi&#x017F;&#x017F;en Aus&#x017F;chlag ei-<lb/>
nes la&#x0364;ngern Krieges zu erwarten. Die&#x017F;es<lb/>
An&#x017F;ehen brachte auch zu wege/ daß Klodomir<lb/>
von den mei&#x017F;ten Sta&#x0364;nden Sarmatiens zu ih-<lb/>
rem Ko&#x0364;nige erwehlet ward/ wiewohl Miles/<lb/>
der ohne &#x017F;eine eu&#x017F;er&#x017F;te Gefahr &#x017F;einen Nachbar<lb/>
nicht konte &#x017F;ehen &#x017F;o groß werden/ theils durch<lb/>
Bedra&#x0364;uungen/ theils durch Verhei&#x017F;&#x017F;ungen<lb/>
ein Theil der Sarmater zu Erwehlung Tia-<lb/>
bors der Dacier Fu&#x0364;r&#x017F;tens beredete. Als<lb/>
nun Klodomir &#x017F;o wohl &#x017F;ein durch rechtma&#x0364;ßige<lb/>
Wahl erlangtes Recht mit dem Degen zu be-<lb/>
haupten/ als die durch Tiabors Eindringung<lb/>
ihm zuwach&#x017F;ende Schande mit der Verur&#x017F;a-<lb/>
cher Blute auszutilgen beem&#x017F;igt war/ &#x017F;etzte das<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">Y 2</fw><fw place="bottom" type="catch">Ver-</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[171/0221] Arminius und Thußnelda. der einzuſetzen; Dieſe beyde Koͤnige aber nicht allein/ ſondern auch der/ welcher ſolch Reich be- hauptete/ buͤßten dem gemeinen Ruffe nach ihr Leben in der Schlacht ein/ welche von dem Fal- le dreyer gekroͤnten Haͤupteꝛ einen ewigen Nah- men behalten wird/ und deßhalben noch ſo viel merckwuͤrdiger iſt/ daß ſich nach etlichen Jah- ren einer fand/ der ſich nicht allein fuͤr den Koͤ- nig Aſtinabes ausgab/ ſondern auch durch ſo viel Merckmahle und Anzeigungen ſein Vor- geben beſcheinigte/ daß alle Unpartheyiſche ur- theilten/ er muͤſte entweder der rechte Aſtinabes/ oder ſein Geiſt in einem andern Leibe ſeyn. Wiewohl ſein Reich inzwiſchen vom Hippon behauptet/ und dieſer als ein Betruͤger aus dem Wege geraͤumet ward. Klodomir hingegen lebte mit ſeiner Gemah- lin Riama in hoͤchſter Vergnuͤgung/ und ſtand etliche Jahr mit ungemeiner Klugheit Britan- nien fuͤr. Nach ſeines Vaters Jngrams To- de aber ward er in einem Jahre dreymahl gekroͤ- net. Sein friedliebendes Gemuͤthe brachte die durch die Meinungen der Druyden/ Eubagen und Barden in Deutſchland erwachſene Zwy- tracht ſo fern zu einem Vertrage/ daß ſie ſich nebſt einander ohne Verdammung eines oder des andern Jrrthums zu dulden gelobten. Sei- ne Herrſchafft erreichte noch den Sturm des groſſen Salomins/ welcher wie er unter dem groͤſten Gethoͤne der Waffen gebohren/ alſo auch unter derſelben Krachen ſeine Seele aus- zublaſen verſehen war. Er war auffs neue mit einer unglaͤublichen Macht in das Pannoniſche Reich eingefallen/ und belagerte Siegeſtadt. Selbige aber verthaͤidigte Nezir ein Norichi- ſcher Ritter mit einer unerhoͤrten Tapfferkeit/ welche dieſen unerſaͤttlichen Wuͤterich lehrte/ daß ein unerſchrockenes Helden-Hertz mehr als ein eiſernes Bollwerck ſey/ und hierdurch verur- ſachte/ daß er fuͤr Ungedult im Lager ſeine Blut- duͤrſtige Seele ausblies/ und der/ deſſen Ehrſucht Meer und Gebuͤrge nicht hemmeten/ alhier in einer Pfuͤtze Schiffbruch leiden muſte. Es richtete aber Salomins argliſtiger Heerfuͤh- rer den Leib-Artzt eigenhaͤndig hin/ um ſeinen Tod ſo lange zu verbergen/ biß ſein Sohn Miles das Hefft der Herrſchafft in Haͤnden hatte/ die Belaͤgerten aber/ denen das einge- worffene Feuer numehr allen Auffenthalt und Lebensmittel gefreſſen/ und derogeſtalt dem Feinde ein ſchlechtes Sieges-Mahl uͤbrig gelaſſen hatte/ ſich in den unzehlbaren Hauffen der Belaͤgerer zu ſtuͤrtzen/ und ihr Leben noch um viel Feindes-Blut zu verkauffen gezwun- gen worden. Alſo wird zuweilen auch die Tu- gend uͤbermannet/ und die Hertzhaffteſten fallen mehrmahls von dem Geſchoß eines Verzagten: als welche bey zuhangendem Siege nichts we- niger als die Tapffern/ wagen. Wiewohl in ſolchen Faͤllen der Sieg ſo wenig fuͤr Ehre/ als der Untergang fuͤr Schande/ ja die/ wel- che derogeſtalt umkommen/ wohl fuͤr erſchla- gen/ nicht aber fuͤr uͤberwunden zu halten ſind. Maſſen denn dieſer blutige Gewinn die Sey- then alſo entkraͤfftet hatte/ und Klodomirs klu- ge Herrſchens-Anſtalten dem Miles ſo ſehr unter Augen leuchteten/ daß er es rathſamer hielt/ mit einem ſo fuͤrſichtigen Feinde Friede zu ſchlieſſen/ als den ungewiſſen Ausſchlag ei- nes laͤngern Krieges zu erwarten. Dieſes Anſehen brachte auch zu wege/ daß Klodomir von den meiſten Staͤnden Sarmatiens zu ih- rem Koͤnige erwehlet ward/ wiewohl Miles/ der ohne ſeine euſerſte Gefahr ſeinen Nachbar nicht konte ſehen ſo groß werden/ theils durch Bedraͤuungen/ theils durch Verheiſſungen ein Theil der Sarmater zu Erwehlung Tia- bors der Dacier Fuͤrſtens beredete. Als nun Klodomir ſo wohl ſein durch rechtmaͤßige Wahl erlangtes Recht mit dem Degen zu be- haupten/ als die durch Tiabors Eindringung ihm zuwachſende Schande mit der Verurſa- cher Blute auszutilgen beemſigt war/ ſetzte das Ver- Y 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/221
Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 171. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/221>, abgerufen am 28.03.2024.