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Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

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Arminius und Thußnelda.
[Spaltenumbruch] Purper/ seine Vergnügung finden solte. Kron
und Zepter lassen sich leichter schelten/ als weg-
werffen. Und es eckelt einem für diesen nicht
so bald/ als man eines schönen Antlitzes über-
drüßig wird. Die übereilende Hitze der auf-
wallenden Begierde unterdrücket zwar zuwei-
len die Begierde zu herrschen; aber diese den
Fürsten mehr natürliche Wärmde kommt mit
der sich von solchen Dünsten auswickelnden
Vernunfft bald wieder empor. Dahero wird
Klodomir wol das Qvadische und Pannonische
Reich mit der schönen Riama besitzen können.
Diß aber/ was Marcomir für seinen Sohn
Hippon verlangt/ rührt nicht allein ohne diß von
seiner Freygebigkeit her/ sondern ist an sich selbst
eine Nuß/ die güldene Schalen und ein grosses
Gewichte/ aber keinen Kern/ und doch viel U-
berlast hat. Es ist leicht zu errathen/ daß ich die
Feld-Hauptmannschafft Deutschlands meine;
die Bürde nach der sich Fürsten nicht sehnen
dörffen/ welche einer unverschrenckten Gewalt
gewohnt sind/ und die ihre Freyheit nicht selbst
denen Beherrschten dienstbar machen/ ja ihre
eigene Länder zu Unterhaltung der nöthigen
Pracht/ und zu Beschirmung dieses so viel-
köpfichten Leibes erschöpffen wollen. Jch be-
greiffe selbst nicht/ was Marcomir für Ansehn
habe/ daß er diese eitele Ehre auf die Schultern
seines Sohnes zu heben trachtet/ die der Deut-
schen Fürsten Eigensinnigkeit ihm mehrmahls
so sauer und verdrüßlich gemacht. Hingegen
überkommst du mit der unschätzbaren Riama ei-
nen Königlichen Braut-Schatz/ die Anwarth-
schafft zu so vielen Königreichen. Denn diese
stehen auf den zweyen Augen seines einigen
Sohnes Hippon/ und also aufdem Falle. Die
Fürsten sind nichts weniger sterblich als Unter-
thanen/ ja es sterben mehr königliche/ als gemei-
ne Geschlechter ab. Dieses ist mein unvor-
greiflicher Fürtrag/ Klodomir; Klugheit wird
vernünftig unterscheiden/ welche Wageschale
den Ausschlag zu haben verdiene. Dieser lieb-
[Spaltenumbruch] kosende Vortrag Olorenens fiel kaum so ge-
schwinde in die Ohren Klodomirs/ als sein Ge-
müthe ihren Bewegungs-Gründen Beyfall
gab. Dahero schrieb er noch selbigen Tag an
seinen Vater den König Jngram/ und/ weil die
Buchstaben nicht so/ wie ein redender Mund/
schamroth wird/ schüttete er für ihm sein gantzes
Hertze und Absehn aus. Jnzwischen lag Olo-
rene der Princeßin Riama an/ daß sie gegen den/
welchen so wohl das Verhängnüß als ihr Vater
schon zum Gemahlbestimmet hatte/ anständige-
re Bezeugung machen solte. Jhre Landsart
und die Schamhaftigkeit ihres Geschlechts nö-
thigte sie einen Bräutigam anzunehmen/ nicht
zu kiesen. Jhre Jugend bescheide sie der Eltern
Urtheil/ ihre Pflicht des Vatern Wahl sich zu
unterwerffen/ und die Erhaltung ihrer Hoheit
ihrer unzeitigen Zuneigung fürzuziehen. Die
Liebe der Jugend wäre insgemein blind/ daher
hätte sie einer fremden Leitung von nöthen/ sie
wäre ein Kind/ also müste sie aus Mangel der
Klugheit den Gehorsam zur Hoffemeisterin ha-
ben. Denn keine Fehltritte wären schädlicher
als im Heyrathen/ und wer hier irrete/ käme
nimmermehr wieder zu rechte. Riamen war
dieser scharffe Einhalt ein täglich-nagender
Wurm im Hertzen/ und sie hätte für Unwillen
mehrmals zerspringen mögen/ daß ihre Neben-
Buhlerin numehr auch ihre Aufseherin worden
war. Gleichwohlzwang sie der väterliche Be-
fehl diese Gewalt mit Gedult zu ertragen/ und
ihre Empfindligkeit nicht mercken zu lassen;
wiewohl ihr Gemüthe auf Rache und Mittel/
Olorenens Liebe auch einen Stein in Weg zu
werffen/ bedacht war. Massen sie denn eine
ihrer Cammer-Jungfrauen gewann/ die ihr von
Olorenen alle nur erforschliche Heimligkeiten
entdeckte. Hierüber kam Marcomir selbst in
Britannien/ und an den Königlichen Hoff Asti-
nabes der glückseligen Jnseln König/ um Olo-
renen zu werben. Was hier für seltzame Ver-
wickelungen in den Gemüthern sich zusammen

floch-
U 3

Arminius und Thußnelda.
[Spaltenumbruch] Purper/ ſeine Vergnuͤgung finden ſolte. Kron
und Zepter laſſen ſich leichter ſchelten/ als weg-
werffen. Und es eckelt einem fuͤr dieſen nicht
ſo bald/ als man eines ſchoͤnen Antlitzes uͤber-
druͤßig wird. Die uͤbereilende Hitze der auf-
wallenden Begierde unterdruͤcket zwar zuwei-
len die Begierde zu herrſchen; aber dieſe den
Fuͤrſten mehr natuͤrliche Waͤrmde kommt mit
der ſich von ſolchen Duͤnſten auswickelnden
Vernunfft bald wieder empor. Dahero wird
Klodomir wol das Qvadiſche und Pannoniſche
Reich mit der ſchoͤnen Riama beſitzen koͤnnen.
Diß aber/ was Marcomir fuͤr ſeinen Sohn
Hippon verlangt/ ruͤhrt nicht allein ohne diß von
ſeiner Freygebigkeit her/ ſondern iſt an ſich ſelbſt
eine Nuß/ die guͤldene Schalen und ein groſſes
Gewichte/ aber keinen Kern/ und doch viel U-
berlaſt hat. Es iſt leicht zu errathen/ daß ich die
Feld-Hauptmannſchafft Deutſchlands meine;
die Buͤrde nach der ſich Fuͤrſten nicht ſehnen
doͤrffen/ welche einer unverſchrenckten Gewalt
gewohnt ſind/ und die ihre Freyheit nicht ſelbſt
denen Beherrſchten dienſtbar machen/ ja ihre
eigene Laͤnder zu Unterhaltung der noͤthigen
Pracht/ und zu Beſchirmung dieſes ſo viel-
koͤpfichten Leibes erſchoͤpffen wollen. Jch be-
greiffe ſelbſt nicht/ was Marcomir fuͤr Anſehn
habe/ daß er dieſe eitele Ehre auf die Schultern
ſeines Sohnes zu heben trachtet/ die der Deut-
ſchen Fuͤrſten Eigenſinnigkeit ihm mehrmahls
ſo ſauer und verdruͤßlich gemacht. Hingegen
uͤberkommſt du mit der unſchaͤtzbaren Riama ei-
nen Koͤniglichen Braut-Schatz/ die Anwarth-
ſchafft zu ſo vielen Koͤnigreichen. Denn dieſe
ſtehen auf den zweyen Augen ſeines einigen
Sohnes Hippon/ und alſo aufdem Falle. Die
Fuͤrſten ſind nichts weniger ſterblich als Unter-
thanen/ ja es ſterben mehr koͤnigliche/ als gemei-
ne Geſchlechter ab. Dieſes iſt mein unvor-
greiflicher Fuͤrtrag/ Klodomir; Klugheit wird
vernuͤnftig unterſcheiden/ welche Wageſchale
den Ausſchlag zu haben verdiene. Dieſer lieb-
[Spaltenumbruch] koſende Vortrag Olorenens fiel kaum ſo ge-
ſchwinde in die Ohren Klodomirs/ als ſein Ge-
muͤthe ihren Bewegungs-Gruͤnden Beyfall
gab. Dahero ſchrieb er noch ſelbigen Tag an
ſeinen Vater den Koͤnig Jngram/ und/ weil die
Buchſtaben nicht ſo/ wie ein redender Mund/
ſchamroth wird/ ſchuͤttete er fuͤr ihm ſein gantzes
Hertze und Abſehn aus. Jnzwiſchen lag Olo-
rene der Princeßin Riama an/ daß ſie gegen den/
welchen ſo wohl das Verhaͤngnuͤß als ihr Vater
ſchon zum Gemahlbeſtimmet hatte/ anſtaͤndige-
re Bezeugung machen ſolte. Jhre Landsart
und die Schamhaftigkeit ihres Geſchlechts noͤ-
thigte ſie einen Braͤutigam anzunehmen/ nicht
zu kieſen. Jhre Jugend beſcheide ſie der Eltern
Urtheil/ ihre Pflicht des Vatern Wahl ſich zu
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ihrer unzeitigen Zuneigung fuͤrzuziehen. Die
Liebe der Jugend waͤre insgemein blind/ daher
haͤtte ſie einer fremden Leitung von noͤthen/ ſie
waͤre ein Kind/ alſo muͤſte ſie aus Mangel der
Klugheit den Gehorſam zur Hoffemeiſterin ha-
ben. Denn keine Fehltritte waͤren ſchaͤdlicher
als im Heyrathen/ und wer hier irrete/ kaͤme
nimmermehr wieder zu rechte. Riamen war
dieſer ſcharffe Einhalt ein taͤglich-nagender
Wurm im Hertzen/ und ſie haͤtte fuͤr Unwillen
mehrmals zerſpringen moͤgen/ daß ihre Neben-
Buhlerin numehr auch ihre Aufſeherin worden
war. Gleichwohlzwang ſie der vaͤterliche Be-
fehl dieſe Gewalt mit Gedult zu ertragen/ und
ihre Empfindligkeit nicht mercken zu laſſen;
wiewohl ihr Gemuͤthe auf Rache und Mittel/
Olorenens Liebe auch einen Stein in Weg zu
werffen/ bedacht war. Maſſen ſie denn eine
ihrer Cammer-Jungfrauen gewann/ die ihr von
Olorenen alle nur erforſchliche Heimligkeiten
entdeckte. Hieruͤber kam Marcomir ſelbſt in
Britannien/ und an den Koͤniglichen Hoff Aſti-
nabes der gluͤckſeligen Jnſeln Koͤnig/ um Olo-
renen zu werben. Was hier fuͤr ſeltzame Ver-
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floch-
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[157/0207] Arminius und Thußnelda. Purper/ ſeine Vergnuͤgung finden ſolte. Kron und Zepter laſſen ſich leichter ſchelten/ als weg- werffen. Und es eckelt einem fuͤr dieſen nicht ſo bald/ als man eines ſchoͤnen Antlitzes uͤber- druͤßig wird. Die uͤbereilende Hitze der auf- wallenden Begierde unterdruͤcket zwar zuwei- len die Begierde zu herrſchen; aber dieſe den Fuͤrſten mehr natuͤrliche Waͤrmde kommt mit der ſich von ſolchen Duͤnſten auswickelnden Vernunfft bald wieder empor. Dahero wird Klodomir wol das Qvadiſche und Pannoniſche Reich mit der ſchoͤnen Riama beſitzen koͤnnen. Diß aber/ was Marcomir fuͤr ſeinen Sohn Hippon verlangt/ ruͤhrt nicht allein ohne diß von ſeiner Freygebigkeit her/ ſondern iſt an ſich ſelbſt eine Nuß/ die guͤldene Schalen und ein groſſes Gewichte/ aber keinen Kern/ und doch viel U- berlaſt hat. Es iſt leicht zu errathen/ daß ich die Feld-Hauptmannſchafft Deutſchlands meine; die Buͤrde nach der ſich Fuͤrſten nicht ſehnen doͤrffen/ welche einer unverſchrenckten Gewalt gewohnt ſind/ und die ihre Freyheit nicht ſelbſt denen Beherrſchten dienſtbar machen/ ja ihre eigene Laͤnder zu Unterhaltung der noͤthigen Pracht/ und zu Beſchirmung dieſes ſo viel- koͤpfichten Leibes erſchoͤpffen wollen. Jch be- greiffe ſelbſt nicht/ was Marcomir fuͤr Anſehn habe/ daß er dieſe eitele Ehre auf die Schultern ſeines Sohnes zu heben trachtet/ die der Deut- ſchen Fuͤrſten Eigenſinnigkeit ihm mehrmahls ſo ſauer und verdruͤßlich gemacht. Hingegen uͤberkommſt du mit der unſchaͤtzbaren Riama ei- nen Koͤniglichen Braut-Schatz/ die Anwarth- ſchafft zu ſo vielen Koͤnigreichen. Denn dieſe ſtehen auf den zweyen Augen ſeines einigen Sohnes Hippon/ und alſo aufdem Falle. Die Fuͤrſten ſind nichts weniger ſterblich als Unter- thanen/ ja es ſterben mehr koͤnigliche/ als gemei- ne Geſchlechter ab. Dieſes iſt mein unvor- greiflicher Fuͤrtrag/ Klodomir; Klugheit wird vernuͤnftig unterſcheiden/ welche Wageſchale den Ausſchlag zu haben verdiene. Dieſer lieb- koſende Vortrag Olorenens fiel kaum ſo ge- ſchwinde in die Ohren Klodomirs/ als ſein Ge- muͤthe ihren Bewegungs-Gruͤnden Beyfall gab. Dahero ſchrieb er noch ſelbigen Tag an ſeinen Vater den Koͤnig Jngram/ und/ weil die Buchſtaben nicht ſo/ wie ein redender Mund/ ſchamroth wird/ ſchuͤttete er fuͤr ihm ſein gantzes Hertze und Abſehn aus. Jnzwiſchen lag Olo- rene der Princeßin Riama an/ daß ſie gegen den/ welchen ſo wohl das Verhaͤngnuͤß als ihr Vater ſchon zum Gemahlbeſtimmet hatte/ anſtaͤndige- re Bezeugung machen ſolte. Jhre Landsart und die Schamhaftigkeit ihres Geſchlechts noͤ- thigte ſie einen Braͤutigam anzunehmen/ nicht zu kieſen. Jhre Jugend beſcheide ſie der Eltern Urtheil/ ihre Pflicht des Vatern Wahl ſich zu unterwerffen/ und die Erhaltung ihrer Hoheit ihrer unzeitigen Zuneigung fuͤrzuziehen. Die Liebe der Jugend waͤre insgemein blind/ daher haͤtte ſie einer fremden Leitung von noͤthen/ ſie waͤre ein Kind/ alſo muͤſte ſie aus Mangel der Klugheit den Gehorſam zur Hoffemeiſterin ha- ben. Denn keine Fehltritte waͤren ſchaͤdlicher als im Heyrathen/ und wer hier irrete/ kaͤme nimmermehr wieder zu rechte. Riamen war dieſer ſcharffe Einhalt ein taͤglich-nagender Wurm im Hertzen/ und ſie haͤtte fuͤr Unwillen mehrmals zerſpringen moͤgen/ daß ihre Neben- Buhlerin numehr auch ihre Aufſeherin worden war. Gleichwohlzwang ſie der vaͤterliche Be- fehl dieſe Gewalt mit Gedult zu ertragen/ und ihre Empfindligkeit nicht mercken zu laſſen; wiewohl ihr Gemuͤthe auf Rache und Mittel/ Olorenens Liebe auch einen Stein in Weg zu werffen/ bedacht war. Maſſen ſie denn eine ihrer Cammer-Jungfrauen gewann/ die ihr von Olorenen alle nur erforſchliche Heimligkeiten entdeckte. Hieruͤber kam Marcomir ſelbſt in Britannien/ und an den Koͤniglichen Hoff Aſti- nabes der gluͤckſeligen Jnſeln Koͤnig/ um Olo- renen zu werben. Was hier fuͤr ſeltzame Ver- wickelungen in den Gemuͤthern ſich zuſammen floch- U 3

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Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 157. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/207>, abgerufen am 19.04.2024.