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Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

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Anderes Buch
[Spaltenumbruch] Klodomirs gegen euch heraus gelassene Liebe
rühret nicht allein vom göttlichen Verhängnüs-
se her/ sondern dienet auch zum Heil unserer Län-
der/ und zu Erhaltung unsers Hauses. Dahe-
ro zweifeln wir nicht/ daß ihr so wohl an so viel
Gutem/ als seinen Tugenden und hohen An-
kunfft eure Vergnügung finden werdet. Je-
doch wird die Königin Olorene/ an die wir euch
deßhalben verwiesen/ hierinnen euch eine treue
Wegweiserin abgeben. Lebet also wol. Wie
nun Olorene über ihrem Schreiben erfreuet
war/ nach dem sie ihre Neben-Buhlerin von ih-
rem Ziel abzuziehen Macht und Gelegenheit
bekam; also gab Riamen iedes Wort einen
Stich ins Hertze/ und sie wuste ihr Elend nicht
zu übersehen. Weil nun ieder Augenblick Ver-
liebten in Tage sich verlängert/ feyerte Olorene
nicht/ sondern fügte sich zu Klodomirn/ von wel-
chem Friedebald sich alsofort absonderte/ weil
allem Ansehen nach Olorene mit ihm alleine re-
den wolte. Diese fing alsofort an heraus zu
streichen/ daß sie für seine Vergnügung zeither
mehr/ als er selbst bekümmert gewest wäre. Da-
hero wäre sie nicht in den engen Schrancken ge-
blieben ihm bey Riamen gut in Worten zu seyn/
sondern/ nach dem sie Riamens so grosse Kaltsin-
nigkeit verspüret/ habe sie das Feuer in der
Asche gesucht/ und nunmehr einen Schlüssel ge-
funden Riamens Hertze und die Pforte seiner
Glückseligkeit aufzuschlüssen. Klodomir ward
über so frölicher Botschafft fast für Freuden ent-
zückt; und nach dem er gegen der Königin seine
Verbindligkeit aufs beweglichste ausgedrückt/
war er begierig die Auslegung dieses angeneh-
men Rätzels zu vernehmen. Olorene fing hier-
auf an: Sie habe die ausdrückliche Einwilli-
gung Marcomirs zu seiner Vermählung in ih-
ren Händen/ welcher sich Riame als eine ver-
nünfftige Tochter ohne eusersten Ungehorsam
nicht würde widersetzen können. Klodomir
kam hierüber vollends auser sich/ umarmte bü-
[Spaltenumbruch] ckende Olorenens Knie/ und rieff: Gütiger
Himmel! soll ich am ersten für deine Güte/ daß
du mich mit so ungemeinem Glücke über-
schwemmest; oder dieser meiner Schutz-Göttin
für ihre kluge Vorsorge danckbar seyn! Olore-
ne bestillte ihn/ und versetzte: Es wäre dieses
Werck noch nicht ausgemacht/ und hätte das
Gewebe unsers Glücks keinen so gleichen Fa-
den/ daß nicht noch hin und wieder ein Knoten
daran zu finden wäre. Jedoch stünde es viel-
leicht in seiner Gewalt/ dem/ was ihm noch am
Wege stünde/ selbst abzuhelffen. Klodomir fuhr
alsofort heraus: da seine Gewalt sich dahin er-
streckte/ wäre nichts unter der Sonne/ das ihn
an der Vollziehung hindern solte. Olorene fiel
ihm ein: Er solle sich nicht übereilen. Eshabe
in der Welt mehr als einen güldenen Apfel/ und
die Liebe erlange nicht allezeit unter den mensch-
lichen Gemüths-Regungen den Obsieg. Was
solte diß wol für ein Kleinod seyn/ antwortete
Klodomir/ das ich oder iemand der unschätzba-
ren Riame fürziehen solte? Olorene versetzte:
Wann die Liebe den Richterstul besitzt/ Nichts;
wenn aber Ehrsucht urtheilen soll/ Herrschafft
und Würden. Klodomir stockte hierauf/ fing
aber nach einem wenigen Nachdencken an: Jch
traue ja wol dem grossen Marcomir zu/ daß ich
ihm für seine Tochter die väterliche Kron und
Zepter nicht abtreten solle/ welche er unmöglich
ungekrönet wünschen kan/ weil die Natur ihr
einen Königs-Krantz aufs Haupt zu setzen die
Welt verbinden würde/ wenn das Glücke der
Geburt ihr selbten gleich nicht zueignete. Sol-
te mir aber Kron und Zepter am Wege stehen
oder unfähig machen/ könte ich mich noch wol ü-
berwinden/ daß ich mich ihrer enteuserte. Nein/
nein/ mein lieber Klodomir/ fing Olerene an:
Es ist Marcomirn so wenig anständig einen
ungekrönten Eydam zu haben/ als ich dem Für-
sten Klodomir eine so blödsinnige Liebe zutraue/
daß er in etwas mehr/ als in dem unschätzbarn

Pur-

Anderes Buch
[Spaltenumbruch] Klodomirs gegen euch heraus gelaſſene Liebe
ruͤhret nicht allein vom goͤttlichen Verhaͤngnuͤſ-
ſe her/ ſondern dienet auch zum Heil unſerer Laͤn-
der/ und zu Erhaltung unſers Hauſes. Dahe-
ro zweifeln wir nicht/ daß ihr ſo wohl an ſo viel
Gutem/ als ſeinen Tugenden und hohen An-
kunfft eure Vergnuͤgung finden werdet. Je-
doch wird die Koͤnigin Olorene/ an die wir euch
deßhalben verwieſen/ hierinnen euch eine treue
Wegweiſerin abgeben. Lebet alſo wol. Wie
nun Olorene uͤber ihrem Schreiben erfreuet
war/ nach dem ſie ihre Neben-Buhlerin von ih-
rem Ziel abzuziehen Macht und Gelegenheit
bekam; alſo gab Riamen iedes Wort einen
Stich ins Hertze/ und ſie wuſte ihr Elend nicht
zu uͤberſehen. Weil nun ieder Augenblick Ver-
liebten in Tage ſich verlaͤngert/ feyerte Olorene
nicht/ ſondern fuͤgte ſich zu Klodomirn/ von wel-
chem Friedebald ſich alſofort abſonderte/ weil
allem Anſehen nach Olorene mit ihm alleine re-
den wolte. Dieſe fing alſofort an heraus zu
ſtreichen/ daß ſie fuͤr ſeine Vergnuͤgung zeither
mehr/ als er ſelbſt bekuͤmmert geweſt waͤre. Da-
hero waͤre ſie nicht in den engen Schrancken ge-
blieben ihm bey Riamen gut in Worten zu ſeyn/
ſondern/ nach dem ſie Riamens ſo groſſe Kaltſin-
nigkeit verſpuͤret/ habe ſie das Feuer in der
Aſche geſucht/ und nunmehr einen Schluͤſſel ge-
funden Riamens Hertze und die Pforte ſeiner
Gluͤckſeligkeit aufzuſchluͤſſen. Klodomir ward
uͤber ſo froͤlicher Botſchafft faſt fuͤr Freuden ent-
zuͤckt; und nach dem er gegen der Koͤnigin ſeine
Verbindligkeit aufs beweglichſte ausgedruͤckt/
war er begierig die Auslegung dieſes angeneh-
men Raͤtzels zu vernehmen. Olorene fing hier-
auf an: Sie habe die ausdruͤckliche Einwilli-
gung Marcomirs zu ſeiner Vermaͤhlung in ih-
ren Haͤnden/ welcher ſich Riame als eine ver-
nuͤnfftige Tochter ohne euſerſten Ungehorſam
nicht wuͤrde widerſetzen koͤnnen. Klodomir
kam hieruͤber vollends auſer ſich/ umarmte buͤ-
[Spaltenumbruch] ckende Olorenens Knie/ und rieff: Guͤtiger
Himmel! ſoll ich am erſten fuͤr deine Guͤte/ daß
du mich mit ſo ungemeinem Gluͤcke uͤber-
ſchwemmeſt; oder dieſer meiner Schutz-Goͤttin
fuͤr ihre kluge Vorſorge danckbar ſeyn! Olore-
ne beſtillte ihn/ und verſetzte: Es waͤre dieſes
Werck noch nicht ausgemacht/ und haͤtte das
Gewebe unſers Gluͤcks keinen ſo gleichen Fa-
den/ daß nicht noch hin und wieder ein Knoten
daran zu finden waͤre. Jedoch ſtuͤnde es viel-
leicht in ſeiner Gewalt/ dem/ was ihm noch am
Wege ſtuͤnde/ ſelbſt abzuhelffen. Klodomir fuhr
alſofort heraus: da ſeine Gewalt ſich dahin er-
ſtreckte/ waͤre nichts unter der Sonne/ das ihn
an der Vollziehung hindern ſolte. Olorene fiel
ihm ein: Er ſolle ſich nicht uͤbereilen. Eshabe
in der Welt mehr als einen guͤldenen Apfel/ und
die Liebe erlange nicht allezeit unter den menſch-
lichen Gemuͤths-Regungen den Obſieg. Was
ſolte diß wol fuͤr ein Kleinod ſeyn/ antwortete
Klodomir/ das ich oder iemand der unſchaͤtzba-
ren Riame fuͤrziehen ſolte? Olorene verſetzte:
Wann die Liebe den Richterſtul beſitzt/ Nichts;
wenn aber Ehrſucht urtheilen ſoll/ Herrſchafft
und Wuͤrden. Klodomir ſtockte hierauf/ fing
aber nach einem wenigen Nachdencken an: Jch
traue ja wol dem groſſen Marcomir zu/ daß ich
ihm fuͤr ſeine Tochter die vaͤterliche Kron und
Zepter nicht abtreten ſolle/ welche er unmoͤglich
ungekroͤnet wuͤnſchen kan/ weil die Natur ihr
einen Koͤnigs-Krantz aufs Haupt zu ſetzen die
Welt verbinden wuͤrde/ wenn das Gluͤcke der
Geburt ihr ſelbten gleich nicht zueignete. Sol-
te mir aber Kron und Zepter am Wege ſtehen
oder unfaͤhig machen/ koͤnte ich mich noch wol uͤ-
berwinden/ daß ich mich ihrer enteuſerte. Nein/
nein/ mein lieber Klodomir/ fing Olerene an:
Es iſt Marcomirn ſo wenig anſtaͤndig einen
ungekroͤnten Eydam zu haben/ als ich dem Fuͤr-
ſten Klodomir eine ſo bloͤdſinnige Liebe zutraue/
daß er in etwas mehr/ als in dem unſchaͤtzbarn

Pur-
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Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 156. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/206>, abgerufen am 29.03.2024.