Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

Bild:
<< vorherige Seite

Arminius und Thußnelda.
[Spaltenumbruch] für des Neptunus Sohn/ und der stumme
Mast-Baum für einen Redner ausgeruffen.
Das zerbrochene Schiff Argos ward auff der
Corinthischen Land-Enge dem Meer-Gotte zu
einem Heiligthum gewiedmet/ und darbey
jährlich von gantz Griechen - Lande Lust-
Spiele gehalten. Bacchus/ welcher von
der Stadt Nysa aus Arabien biß in Jn-
dien schiffte/ spannte an seinen Siegs - Wa-
gen Tiger an; Gleich als ob er mit Bezwin-
gung etlicher Völcker die Natur selbst bemeistert
hätte/ und richtete an dem Munde des Ganges
auf zwey Bergen so viel Säulen auf/ als wenn
daselbst das Gräntzmaal aller Schiffarthen wä-
re. Die Araber und Phönicier preisten ihn
für den Urheber der Schiffarth und Kauffmann-
schafft; für einen Lehrmeister des Sternen-
Lauffs/ und verneuerten das Gedächtniß seiner
dreyjährigen Reise mit einem jährlichen Feyer.
Weil aber Hercules sich aus den engen Ufern
der Mittelländischen See wagte/ oder auch nur
das Eyland Gades erreichte/ schämte sich Grie-
chenland nicht zu tichten: daß er daselbst beyde
Meere zusammen gegraben, und die Berge
Calpe und Abila nicht so wol zu seinen Ehren-
Säulen/ als zu Gräntzmaalen des Erdbodens/
und der verwegenen Schiffer aufgerichtet hät-
te. Ulyssens weltberühmte Umirrungen blie-
ben in dem Umkreisse des Mittel-Meeres.
Denn daß er nach seiner Heimkunfft vom
Neoptolemus wieder vertrieben/ von ihm am
Einflusse des Tagus die Stadt Ulyßipo ge-
baut/ Britannien und Deutschland befahren
worden sey/ ist einer Griechischen Erfindung sehr
ehnlich. Malovend brach ein: Jch muß den
Griechen hierinnen das Wort reden/ weil wir
Deutschen aus glaubhaften Merckmaalen dar-
für halten/ daß Ulysses auf den Rhein kommen
sey/ und an dessen linckem Ufer bey den Tenckte-
rern die Stadt Aschburg gebauet habe. Ja
auf der Deutschen und Rhetischen Gräntze ist
so wol Ulyssens Grab/ als ein ihm und seinem
[Spaltenumbruch] Vater Laertes aufgerichtetes und mit Griechi-
scher Schrifft bezeichnetes Altar noch heute zu
sehen. Aber freylich ist von Gades/ aus Deutsch-
land und aus Britannien noch weit in die At-
lantischen Eylande. Rhemetalces setzte bey:
Die so weit herrschenden Persier sind noch nicht
so weit kommen als die Griechen. Nach Jn-
dien haben sie sich an ihrem eigenen Ufer finden
müssen. Das Caspische Meer hat ihnen keine wei-
tere Farth/ als in etliche Flüsse verstattet. Da-
rius/ welcher aus der Euxinischen See bis an
den Jster geschiffet/ und eine Brücke darüber
gebauet/ ist noch fast am weitesten kommen. Die
Jüdischen Schiffarthen haben in der Ost-Seite
von Africa/ an dem Praßischen Vorgebürge
den Monden-Bergen gegen über auf dem Ey-
lande Menuthesias/ Tapabran und dem güld-
nen Chersonesus sich geendigt. Wiewol auch
zuweilen ein oder ander Schiff fernere Reisen
gethan haben mag/ ist selbtes mehr aus Zwange
des Sturmes als aus Willkühr der Menschen
geschehen. Zumahl die meisten Völcker auch
nur an den See-Ufern/ und zwar auch nur des
Tages hinzurudern sich getrauet; biß endlich sie
aus dünnen Fellen/ dergleichen die Veneter in
Gallien noch brauchen/ hernach aus wöllenem
Gespinste/ endlich aus Leinwand biß auf zwölf
Segel ausgespannet/ sich auf das hohe Meer
gewaget/ und des Tages die Sonne/ des Nachts
den gestirnten Bär zum Wegweiser erkieset ha-
ben. Malovend setzte bey: Es wäre schwerlich
ein Volck iemahls in der Schiffarth so gut als
die Deutschen und Britannier erfahren gewest;
daher sie sich über das grosse Welt-Meer nicht
hätten trauen dörffen. Uberdiß taugten die
Sternen/ als bey trübem Wetter verschwinden-
de Zeichen alleine eben so wenig/ als der Alten
kleine/ schwache und langsame Schiffe in die
Atlantischen Länder zu reisen. Denn es wäre
bekandt/ daß Semiramis zwey tausend Schiffe
auf Camelen in Jndien tragen lassen/ welcher
König Starobates vier tausend nur aus Jndi-

schem
Erster Theil. R

Arminius und Thußnelda.
[Spaltenumbruch] fuͤr des Neptunus Sohn/ und der ſtumme
Maſt-Baum fuͤr einen Redner ausgeruffen.
Das zerbrochene Schiff Argos ward auff der
Corinthiſchen Land-Enge dem Meer-Gotte zu
einem Heiligthum gewiedmet/ und darbey
jaͤhrlich von gantz Griechen - Lande Luſt-
Spiele gehalten. Bacchus/ welcher von
der Stadt Nyſa aus Arabien biß in Jn-
dien ſchiffte/ ſpannte an ſeinen Siegs - Wa-
gen Tiger an; Gleich als ob er mit Bezwin-
gung etlicher Voͤlcker die Natur ſelbſt bemeiſtert
haͤtte/ und richtete an dem Munde des Ganges
auf zwey Bergen ſo viel Saͤulen auf/ als wenn
daſelbſt das Graͤntzmaal aller Schiffarthen waͤ-
re. Die Araber und Phoͤnicier preiſten ihn
fuͤr den Urheber der Schiffarth und Kauffmann-
ſchafft; fuͤr einen Lehrmeiſter des Sternen-
Lauffs/ und verneuerten das Gedaͤchtniß ſeiner
dreyjaͤhrigen Reiſe mit einem jaͤhrlichen Feyer.
Weil aber Hercules ſich aus den engen Ufern
der Mittellaͤndiſchen See wagte/ oder auch nur
das Eyland Gades erreichte/ ſchaͤmte ſich Grie-
chenland nicht zu tichten: daß er daſelbſt beyde
Meere zuſammen gegraben, und die Berge
Calpe und Abila nicht ſo wol zu ſeinen Ehren-
Saͤulen/ als zu Graͤntzmaalen des Erdbodens/
und der verwegenen Schiffer aufgerichtet haͤt-
te. Ulyſſens weltberuͤhmte Umirrungen blie-
ben in dem Umkreiſſe des Mittel-Meeres.
Denn daß er nach ſeiner Heimkunfft vom
Neoptolemus wieder vertrieben/ von ihm am
Einfluſſe des Tagus die Stadt Ulyßipo ge-
baut/ Britannien und Deutſchland befahren
worden ſey/ iſt einer Griechiſchen Erfindung ſehr
ehnlich. Malovend brach ein: Jch muß den
Griechen hierinnen das Wort reden/ weil wir
Deutſchen aus glaubhaften Merckmaalen dar-
fuͤr halten/ daß Ulyſſes auf den Rhein kommen
ſey/ und an deſſen linckem Ufer bey den Tenckte-
rern die Stadt Aſchburg gebauet habe. Ja
auf der Deutſchen und Rhetiſchen Graͤntze iſt
ſo wol Ulyſſens Grab/ als ein ihm und ſeinem
[Spaltenumbruch] Vater Laertes aufgerichtetes und mit Griechi-
ſcher Schrifft bezeichnetes Altar noch heute zu
ſehen. Aber freylich iſt von Gades/ aus Deutſch-
land und aus Britannien noch weit in die At-
lantiſchen Eylande. Rhemetalces ſetzte bey:
Die ſo weit herrſchenden Perſier ſind noch nicht
ſo weit kommen als die Griechen. Nach Jn-
dien haben ſie ſich an ihrem eigenen Ufer finden
muͤſſen. Das Caſpiſche Meer hat ihnẽ keine wei-
tere Farth/ als in etliche Fluͤſſe verſtattet. Da-
rius/ welcher aus der Euxiniſchen See bis an
den Jſter geſchiffet/ und eine Bruͤcke daruͤber
gebauet/ iſt noch faſt am weiteſten kommen. Die
Juͤdiſchen Schiffarthen haben in der Oſt-Seite
von Africa/ an dem Praßiſchen Vorgebuͤrge
den Monden-Bergen gegen uͤber auf dem Ey-
lande Menutheſias/ Tapabran und dem guͤld-
nen Cherſoneſus ſich geendigt. Wiewol auch
zuweilen ein oder ander Schiff fernere Reiſen
gethan haben mag/ iſt ſelbtes mehr aus Zwange
des Sturmes als aus Willkuͤhr der Menſchen
geſchehen. Zumahl die meiſten Voͤlcker auch
nur an den See-Ufern/ und zwar auch nur des
Tages hinzurudern ſich getrauet; biß endlich ſie
aus duͤnnen Fellen/ dergleichen die Veneter in
Gallien noch brauchen/ hernach aus woͤllenem
Geſpinſte/ endlich aus Leinwand biß auf zwoͤlf
Segel ausgeſpannet/ ſich auf das hohe Meer
gewaget/ und des Tages die Sonne/ des Nachts
den geſtirnten Baͤr zum Wegweiſer erkieſet ha-
ben. Malovend ſetzte bey: Es waͤre ſchwerlich
ein Volck iemahls in der Schiffarth ſo gut als
die Deutſchen und Britannier erfahren geweſt;
daher ſie ſich uͤber das groſſe Welt-Meer nicht
haͤtten trauen doͤrffen. Uberdiß taugten die
Sternen/ als bey truͤbem Wetter verſchwinden-
de Zeichen alleine eben ſo wenig/ als der Alten
kleine/ ſchwache und langſame Schiffe in die
Atlantiſchen Laͤnder zu reiſen. Denn es waͤre
bekandt/ daß Semiramis zwey tauſend Schiffe
auf Camelen in Jndien tragen laſſen/ welcher
Koͤnig Starobates vier tauſend nur aus Jndi-

ſchem
Erſter Theil. R
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0179" n="129"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Arminius und Thußnelda.</hi></fw><lb/><cb/>
fu&#x0364;r des Neptunus Sohn/ und der &#x017F;tumme<lb/>
Ma&#x017F;t-Baum fu&#x0364;r einen Redner ausgeruffen.<lb/>
Das zerbrochene Schiff Argos ward auff der<lb/>
Corinthi&#x017F;chen Land-Enge dem Meer-Gotte zu<lb/>
einem Heiligthum gewiedmet/ und darbey<lb/>
ja&#x0364;hrlich von gantz Griechen - Lande Lu&#x017F;t-<lb/>
Spiele gehalten. Bacchus/ welcher von<lb/>
der Stadt Ny&#x017F;a aus Arabien biß in Jn-<lb/>
dien &#x017F;chiffte/ &#x017F;pannte an &#x017F;einen Siegs - Wa-<lb/>
gen Tiger an; Gleich als ob er mit Bezwin-<lb/>
gung etlicher Vo&#x0364;lcker die Natur &#x017F;elb&#x017F;t bemei&#x017F;tert<lb/>
ha&#x0364;tte/ und richtete an dem Munde des Ganges<lb/>
auf zwey Bergen &#x017F;o viel Sa&#x0364;ulen auf/ als wenn<lb/>
da&#x017F;elb&#x017F;t das Gra&#x0364;ntzmaal aller Schiffarthen wa&#x0364;-<lb/>
re. Die Araber und Pho&#x0364;nicier prei&#x017F;ten ihn<lb/>
fu&#x0364;r den Urheber der Schiffarth und Kauffmann-<lb/>
&#x017F;chafft; fu&#x0364;r einen Lehrmei&#x017F;ter des Sternen-<lb/>
Lauffs/ und verneuerten das Geda&#x0364;chtniß &#x017F;einer<lb/>
dreyja&#x0364;hrigen Rei&#x017F;e mit einem ja&#x0364;hrlichen Feyer.<lb/>
Weil aber Hercules &#x017F;ich aus den engen Ufern<lb/>
der Mittella&#x0364;ndi&#x017F;chen See wagte/ oder auch nur<lb/>
das Eyland Gades erreichte/ &#x017F;cha&#x0364;mte &#x017F;ich Grie-<lb/>
chenland nicht zu tichten: daß er da&#x017F;elb&#x017F;t beyde<lb/>
Meere zu&#x017F;ammen gegraben, und die Berge<lb/>
Calpe und Abila nicht &#x017F;o wol zu &#x017F;einen Ehren-<lb/>
Sa&#x0364;ulen/ als zu Gra&#x0364;ntzmaalen des Erdbodens/<lb/>
und der verwegenen Schiffer aufgerichtet ha&#x0364;t-<lb/>
te. Uly&#x017F;&#x017F;ens weltberu&#x0364;hmte Umirrungen blie-<lb/>
ben in dem Umkrei&#x017F;&#x017F;e des Mittel-Meeres.<lb/>
Denn daß er nach &#x017F;einer Heimkunfft vom<lb/>
Neoptolemus wieder vertrieben/ von ihm am<lb/>
Einflu&#x017F;&#x017F;e des Tagus die Stadt Ulyßipo ge-<lb/>
baut/ Britannien und Deut&#x017F;chland befahren<lb/>
worden &#x017F;ey/ i&#x017F;t einer Griechi&#x017F;chen Erfindung &#x017F;ehr<lb/>
ehnlich. Malovend brach ein: Jch muß den<lb/>
Griechen hierinnen das Wort reden/ weil wir<lb/>
Deut&#x017F;chen aus glaubhaften Merckmaalen dar-<lb/>
fu&#x0364;r halten/ daß Uly&#x017F;&#x017F;es auf den Rhein kommen<lb/>
&#x017F;ey/ und an de&#x017F;&#x017F;en linckem Ufer bey den Tenckte-<lb/>
rern die Stadt A&#x017F;chburg gebauet habe. Ja<lb/>
auf der Deut&#x017F;chen und Rheti&#x017F;chen Gra&#x0364;ntze i&#x017F;t<lb/>
&#x017F;o wol Uly&#x017F;&#x017F;ens Grab/ als ein ihm und &#x017F;einem<lb/><cb/>
Vater Laertes aufgerichtetes und mit Griechi-<lb/>
&#x017F;cher Schrifft bezeichnetes Altar noch heute zu<lb/>
&#x017F;ehen. Aber freylich i&#x017F;t von Gades/ aus Deut&#x017F;ch-<lb/>
land und aus Britannien noch weit in die At-<lb/>
lanti&#x017F;chen Eylande. Rhemetalces &#x017F;etzte bey:<lb/>
Die &#x017F;o weit herr&#x017F;chenden Per&#x017F;ier &#x017F;ind noch nicht<lb/>
&#x017F;o weit kommen als die Griechen. Nach Jn-<lb/>
dien haben &#x017F;ie &#x017F;ich an ihrem eigenen Ufer finden<lb/>
mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en. Das Ca&#x017F;pi&#x017F;che Meer hat ihne&#x0303; keine wei-<lb/>
tere Farth/ als in etliche Flu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e ver&#x017F;tattet. Da-<lb/>
rius/ welcher aus der Euxini&#x017F;chen See bis an<lb/>
den J&#x017F;ter ge&#x017F;chiffet/ und eine Bru&#x0364;cke daru&#x0364;ber<lb/>
gebauet/ i&#x017F;t noch fa&#x017F;t am weite&#x017F;ten kommen. Die<lb/>
Ju&#x0364;di&#x017F;chen Schiffarthen haben in der O&#x017F;t-Seite<lb/>
von Africa/ an dem Praßi&#x017F;chen Vorgebu&#x0364;rge<lb/>
den Monden-Bergen gegen u&#x0364;ber auf dem Ey-<lb/>
lande Menuthe&#x017F;ias/ Tapabran und dem gu&#x0364;ld-<lb/>
nen Cher&#x017F;one&#x017F;us &#x017F;ich geendigt. Wiewol auch<lb/>
zuweilen ein oder ander Schiff fernere Rei&#x017F;en<lb/>
gethan haben mag/ i&#x017F;t &#x017F;elbtes mehr aus Zwange<lb/>
des Sturmes als aus Willku&#x0364;hr der Men&#x017F;chen<lb/>
ge&#x017F;chehen. Zumahl die mei&#x017F;ten Vo&#x0364;lcker auch<lb/>
nur an den See-Ufern/ und zwar auch nur des<lb/>
Tages hinzurudern &#x017F;ich getrauet; biß endlich &#x017F;ie<lb/>
aus du&#x0364;nnen Fellen/ dergleichen die Veneter in<lb/>
Gallien noch brauchen/ hernach aus wo&#x0364;llenem<lb/>
Ge&#x017F;pin&#x017F;te/ endlich aus Leinwand biß auf zwo&#x0364;lf<lb/>
Segel ausge&#x017F;pannet/ &#x017F;ich auf das hohe Meer<lb/>
gewaget/ und des Tages die Sonne/ des Nachts<lb/>
den ge&#x017F;tirnten Ba&#x0364;r zum Wegwei&#x017F;er erkie&#x017F;et ha-<lb/>
ben. Malovend &#x017F;etzte bey: Es wa&#x0364;re &#x017F;chwerlich<lb/>
ein Volck iemahls in der Schiffarth &#x017F;o gut als<lb/>
die Deut&#x017F;chen und Britannier erfahren gewe&#x017F;t;<lb/>
daher &#x017F;ie &#x017F;ich u&#x0364;ber das gro&#x017F;&#x017F;e Welt-Meer nicht<lb/>
ha&#x0364;tten trauen do&#x0364;rffen. Uberdiß taugten die<lb/>
Sternen/ als bey tru&#x0364;bem Wetter ver&#x017F;chwinden-<lb/>
de Zeichen alleine eben &#x017F;o wenig/ als der Alten<lb/>
kleine/ &#x017F;chwache und lang&#x017F;ame Schiffe in die<lb/>
Atlanti&#x017F;chen La&#x0364;nder zu rei&#x017F;en. Denn es wa&#x0364;re<lb/>
bekandt/ daß Semiramis zwey tau&#x017F;end Schiffe<lb/>
auf Camelen in Jndien tragen la&#x017F;&#x017F;en/ welcher<lb/>
Ko&#x0364;nig Starobates vier tau&#x017F;end nur aus Jndi-<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">Er&#x017F;ter Theil. R</fw><fw place="bottom" type="catch">&#x017F;chem</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[129/0179] Arminius und Thußnelda. fuͤr des Neptunus Sohn/ und der ſtumme Maſt-Baum fuͤr einen Redner ausgeruffen. Das zerbrochene Schiff Argos ward auff der Corinthiſchen Land-Enge dem Meer-Gotte zu einem Heiligthum gewiedmet/ und darbey jaͤhrlich von gantz Griechen - Lande Luſt- Spiele gehalten. Bacchus/ welcher von der Stadt Nyſa aus Arabien biß in Jn- dien ſchiffte/ ſpannte an ſeinen Siegs - Wa- gen Tiger an; Gleich als ob er mit Bezwin- gung etlicher Voͤlcker die Natur ſelbſt bemeiſtert haͤtte/ und richtete an dem Munde des Ganges auf zwey Bergen ſo viel Saͤulen auf/ als wenn daſelbſt das Graͤntzmaal aller Schiffarthen waͤ- re. Die Araber und Phoͤnicier preiſten ihn fuͤr den Urheber der Schiffarth und Kauffmann- ſchafft; fuͤr einen Lehrmeiſter des Sternen- Lauffs/ und verneuerten das Gedaͤchtniß ſeiner dreyjaͤhrigen Reiſe mit einem jaͤhrlichen Feyer. Weil aber Hercules ſich aus den engen Ufern der Mittellaͤndiſchen See wagte/ oder auch nur das Eyland Gades erreichte/ ſchaͤmte ſich Grie- chenland nicht zu tichten: daß er daſelbſt beyde Meere zuſammen gegraben, und die Berge Calpe und Abila nicht ſo wol zu ſeinen Ehren- Saͤulen/ als zu Graͤntzmaalen des Erdbodens/ und der verwegenen Schiffer aufgerichtet haͤt- te. Ulyſſens weltberuͤhmte Umirrungen blie- ben in dem Umkreiſſe des Mittel-Meeres. Denn daß er nach ſeiner Heimkunfft vom Neoptolemus wieder vertrieben/ von ihm am Einfluſſe des Tagus die Stadt Ulyßipo ge- baut/ Britannien und Deutſchland befahren worden ſey/ iſt einer Griechiſchen Erfindung ſehr ehnlich. Malovend brach ein: Jch muß den Griechen hierinnen das Wort reden/ weil wir Deutſchen aus glaubhaften Merckmaalen dar- fuͤr halten/ daß Ulyſſes auf den Rhein kommen ſey/ und an deſſen linckem Ufer bey den Tenckte- rern die Stadt Aſchburg gebauet habe. Ja auf der Deutſchen und Rhetiſchen Graͤntze iſt ſo wol Ulyſſens Grab/ als ein ihm und ſeinem Vater Laertes aufgerichtetes und mit Griechi- ſcher Schrifft bezeichnetes Altar noch heute zu ſehen. Aber freylich iſt von Gades/ aus Deutſch- land und aus Britannien noch weit in die At- lantiſchen Eylande. Rhemetalces ſetzte bey: Die ſo weit herrſchenden Perſier ſind noch nicht ſo weit kommen als die Griechen. Nach Jn- dien haben ſie ſich an ihrem eigenen Ufer finden muͤſſen. Das Caſpiſche Meer hat ihnẽ keine wei- tere Farth/ als in etliche Fluͤſſe verſtattet. Da- rius/ welcher aus der Euxiniſchen See bis an den Jſter geſchiffet/ und eine Bruͤcke daruͤber gebauet/ iſt noch faſt am weiteſten kommen. Die Juͤdiſchen Schiffarthen haben in der Oſt-Seite von Africa/ an dem Praßiſchen Vorgebuͤrge den Monden-Bergen gegen uͤber auf dem Ey- lande Menutheſias/ Tapabran und dem guͤld- nen Cherſoneſus ſich geendigt. Wiewol auch zuweilen ein oder ander Schiff fernere Reiſen gethan haben mag/ iſt ſelbtes mehr aus Zwange des Sturmes als aus Willkuͤhr der Menſchen geſchehen. Zumahl die meiſten Voͤlcker auch nur an den See-Ufern/ und zwar auch nur des Tages hinzurudern ſich getrauet; biß endlich ſie aus duͤnnen Fellen/ dergleichen die Veneter in Gallien noch brauchen/ hernach aus woͤllenem Geſpinſte/ endlich aus Leinwand biß auf zwoͤlf Segel ausgeſpannet/ ſich auf das hohe Meer gewaget/ und des Tages die Sonne/ des Nachts den geſtirnten Baͤr zum Wegweiſer erkieſet ha- ben. Malovend ſetzte bey: Es waͤre ſchwerlich ein Volck iemahls in der Schiffarth ſo gut als die Deutſchen und Britannier erfahren geweſt; daher ſie ſich uͤber das groſſe Welt-Meer nicht haͤtten trauen doͤrffen. Uberdiß taugten die Sternen/ als bey truͤbem Wetter verſchwinden- de Zeichen alleine eben ſo wenig/ als der Alten kleine/ ſchwache und langſame Schiffe in die Atlantiſchen Laͤnder zu reiſen. Denn es waͤre bekandt/ daß Semiramis zwey tauſend Schiffe auf Camelen in Jndien tragen laſſen/ welcher Koͤnig Starobates vier tauſend nur aus Jndi- ſchem Erſter Theil. R

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/179
Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 129. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/179>, abgerufen am 19.04.2024.