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Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

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Anderes Buch
[Spaltenumbruch] Als die Königin in Carien Ada dem grossen A-
lexander viel niedliche Speisen geschickt/ hätte er
ihr zu wissen gemacht/ daß die Nacht-Reise ein
viel besserer Koch zum Früh-Maale/ eine spar-
same Mittags-Mahlzeit aber die Würtze seines
Abend-Essens wäe. Aber nunmehr baute/
nach dem Beyspiele der Sicilier/ fast iedermann
aus seinem Leibe der vielfrässigen Verschwen-
dung einen Tempel. Diese Lüsternheit und
der Uberfluß habe das menschliche Leben aller-
erst so theuer gemacht/ und bezahle die Ungesun-
desten umb hundertfachen Preiß. Jn welchem
Absehen des Zamolxis Meynung allerdings
wahr wäre/ daß alles Ubel und Gute des Leibes
aus dem Gemüthe des Menschen herflüsse.
Die Artzneyen/ welche die Reichen aus Ara-
bien und Jndien kommen liessen/ bräche ein
Tagelöhner von gemeinen Stauden ab.
Und da der Egyptier und anderer Völcker
Götter nur die in ihrem Landstriche ge-
wachsenen Früchte ihnen opfern liessen/ wä-
re der Menschen Lüsternheit nach frembden
Gewächsen zweifelsfrey eine schädliche Uppig-
keit. Ein hungriger Magen nehme alles
an/ die Natur aber wäre mit dem schon ver-
gnügt/ was sie verlangt. Zeno fiel ihm ein: Es
wäre keine Feindschafft/ sondern ein Geheimnüß
der Göttlichen Versehung/ daß in einem Lande
nicht alles wüchse/ wormit sie durch solche Dürf-
tigkeit die entfernten Völcker in ein allgemeines
Band und Freundschafft zusammen knüpfte.
Es ist diß/ antwortete Malovend/ eine annehm-
liche Heucheley unserer Schwachheiten/ und ein
scheinbarer Fürwand der Wollüstigen. Die
Uppigkeit alleine hat uns gelehret ihre Gräntzen
überschreiten/ und anfangs nach überflüssi-
ger/ hernach gar nach schädlicher Kost gelüsten;
welche uns vergiftet/ da sie uns nähren soll.
Man schätzet die Speisen nach dem Geschma-
cke/ nicht nach der Gesundheit; ja man mühet
sich nicht ohne empfindlichen Eckel frembder
Gewächse Bitterkeit und den Gestanck der von
[Spaltenumbruch] dem äusersten Meere zu uns geschickter Fische
zu gewohnen. Wie lange hat man den aus
Jndien gebrachten Zinober zu Rom unter die
Artzneyen gemischt/ ehe man erfahren/ daß er
selbst Gift wäre? Wie viel gemeinen Staub
haben die Araber bey der Seuche solcher Sit-
ten den Ausländern für Phönir-Asche und ein
bewährtes Gesundheits-Mittel/ diß/ was in
Sperlings-Köpfen gewachsen/ für süsses Ge-
hirne des Phönixes verkaufft; der doch nie-
mals als gemahlt in der Welt gewesen ist.
Wie viel köstliches gleich auch anderwerts
zu finden/ so kan ich mich doch schwerlich be-
reden lassen/ daß die in den heissen Mittags-
und Morgenländern wachsende Pfeffer/ Zie-
met/ Muscaten und andere brennenden Früch-
te denen Mitternächtischen Leibern zuschlagen
solten. Die Gestirne/ welche uns allhier eine
absondere Beschaffenheit von anderer Lands-
Art geben/ flössen denen hier wachsenden Kräu-
tern und anderen eßbaren Dingen gleiche
Eigenschafften ein. Dahero müssen sie uns
unzweifelbar gesünder seyn/ als die/ welche mit
der Wärmbde unsers Magens und dem Trie-
be unsers Geblüts keine Vergleichung haben.
Rhemetalces setzte hierauff nach: Zeno ist mei-
nem Vaterlande und meines Himmels Ein-
flüssen näher; also scheinets/ müste ich auch sei-
ner Meinung näher als andern kommen.
Denn da die Natur eine Feindin des Uber-
flusßes wäre/ wie Malovend meynte/ würde
er sie dazu selbst machen/ wenn er alle Mit-
theilung frembder Land - Gewächse verdam-
te. Sintemal sie in vielen Land - Strichen
mehr köstliche Früchte wachsen liesse/ als die
Einwohner verzehren könten. Ja in vie-
len unbevolckten Ländern finde man die edel-
sten Gewächse. Aus den unwirthbaren
Sandflächen des grossen Scythiens komme
die so nützliche Rhabarber; aus den un-
bewohnten Stein - Klüfften Asiens der be-
wehrte Bezoar und der kräfftigste Mosch.

Da-

Anderes Buch
[Spaltenumbruch] Als die Koͤnigin in Carien Ada dem groſſen A-
lexander viel niedliche Speiſen geſchickt/ haͤtte er
ihr zu wiſſen gemacht/ daß die Nacht-Reiſe ein
viel beſſerer Koch zum Fruͤh-Maale/ eine ſpar-
ſame Mittags-Mahlzeit aber die Wuͤrtze ſeines
Abend-Eſſens waͤe. Aber nunmehr baute/
nach dem Beyſpiele der Sicilier/ faſt iedermann
aus ſeinem Leibe der vielfraͤſſigen Verſchwen-
dung einen Tempel. Dieſe Luͤſternheit und
der Uberfluß habe das menſchliche Leben aller-
erſt ſo theuer gemacht/ und bezahle die Ungeſun-
deſten umb hundertfachen Preiß. Jn welchem
Abſehen des Zamolxis Meynung allerdings
wahr waͤre/ daß alles Ubel und Gute des Leibes
aus dem Gemuͤthe des Menſchen herfluͤſſe.
Die Artzneyen/ welche die Reichen aus Ara-
bien und Jndien kommen lieſſen/ braͤche ein
Tageloͤhner von gemeinen Stauden ab.
Und da der Egyptier und anderer Voͤlcker
Goͤtter nur die in ihrem Landſtriche ge-
wachſenen Fruͤchte ihnen opfern lieſſen/ waͤ-
re der Menſchen Luͤſternheit nach frembden
Gewaͤchſen zweifelsfrey eine ſchaͤdliche Uppig-
keit. Ein hungriger Magen nehme alles
an/ die Natur aber waͤre mit dem ſchon ver-
gnuͤgt/ was ſie verlangt. Zeno fiel ihm ein: Es
waͤre keine Feindſchafft/ ſondern ein Geheimnuͤß
der Goͤttlichen Verſehung/ daß in einem Lande
nicht alles wuͤchſe/ wormit ſie durch ſolche Duͤrf-
tigkeit die entfernten Voͤlcker in ein allgemeines
Band und Freundſchafft zuſammen knuͤpfte.
Es iſt diß/ antwortete Malovend/ eine annehm-
liche Heucheley unſerer Schwachheiten/ und ein
ſcheinbarer Fuͤrwand der Wolluͤſtigen. Die
Uppigkeit alleine hat uns gelehret ihre Graͤntzen
uͤberſchreiten/ und anfangs nach uͤberfluͤſſi-
ger/ hernach gar nach ſchaͤdlicher Koſt geluͤſten;
welche uns vergiftet/ da ſie uns naͤhren ſoll.
Man ſchaͤtzet die Speiſen nach dem Geſchma-
cke/ nicht nach der Geſundheit; ja man muͤhet
ſich nicht ohne empfindlichen Eckel frembder
Gewaͤchſe Bitterkeit und den Geſtanck der von
[Spaltenumbruch] dem aͤuſerſten Meere zu uns geſchickter Fiſche
zu gewohnen. Wie lange hat man den aus
Jndien gebrachten Zinober zu Rom unter die
Artzneyen gemiſcht/ ehe man erfahren/ daß er
ſelbſt Gift waͤre? Wie viel gemeinen Staub
haben die Araber bey der Seuche ſolcher Sit-
ten den Auslaͤndern fuͤr Phoͤnir-Aſche und ein
bewaͤhrtes Geſundheits-Mittel/ diß/ was in
Sperlings-Koͤpfen gewachſen/ fuͤr ſuͤſſes Ge-
hirne des Phoͤnixes verkaufft; der doch nie-
mals als gemahlt in der Welt geweſen iſt.
Wie viel koͤſtliches gleich auch anderwerts
zu finden/ ſo kan ich mich doch ſchwerlich be-
reden laſſen/ daß die in den heiſſen Mittags-
und Morgenlaͤndern wachſende Pfeffer/ Zie-
met/ Muſcaten und andere brennenden Fruͤch-
te denen Mitternaͤchtiſchen Leibern zuſchlagen
ſolten. Die Geſtirne/ welche uns allhier eine
abſondere Beſchaffenheit von anderer Lands-
Art geben/ floͤſſen denen hier wachſenden Kraͤu-
tern und anderen eßbaren Dingen gleiche
Eigenſchafften ein. Dahero muͤſſen ſie uns
unzweifelbar geſuͤnder ſeyn/ als die/ welche mit
der Waͤrmbde unſers Magens und dem Trie-
be unſers Gebluͤts keine Vergleichung haben.
Rhemetalces ſetzte hierauff nach: Zeno iſt mei-
nem Vaterlande und meines Himmels Ein-
fluͤſſen naͤher; alſo ſcheinets/ muͤſte ich auch ſei-
ner Meinung naͤher als andern kommen.
Denn da die Natur eine Feindin des Uber-
fluſſzes waͤre/ wie Malovend meynte/ wuͤrde
er ſie dazu ſelbſt machen/ wenn er alle Mit-
theilung frembder Land - Gewaͤchſe verdam-
te. Sintemal ſie in vielen Land - Strichen
mehr koͤſtliche Fruͤchte wachſen lieſſe/ als die
Einwohner verzehren koͤnten. Ja in vie-
len unbevolckten Laͤndern finde man die edel-
ſten Gewaͤchſe. Aus den unwirthbaren
Sandflaͤchen des groſſen Scythiens komme
die ſo nuͤtzliche Rhabarber; aus den un-
bewohnten Stein - Kluͤfften Aſiens der be-
wehrte Bezoar und der kraͤfftigſte Moſch.

Da-
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Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 106. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/156>, abgerufen am 19.04.2024.