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Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

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[Spaltenumbruch] ihm kriegenden Persischen ein König-dieser
aber jenem ein Bret-Spiel überschickt; und wie
jener die Gewalt der Klugheit/ also dieser die
Macht des Glückes dardurch entworffen ha-
ben solle. Jm Fall aber auch gleich ihr Spiel
nicht die Freudigkeit anderer Lust-Spiele in sich
hätte/ wäre seine traurige Eigenschafft ihrer
Gefangenschafft so viel anständiger. Rhemetal-
ces versetzte: Er wäre zwar ein naher Nachbar
der Lydier/ welche das Würffel-Bret- und Ball-
Spiel erfunden haben solten/ dißfalls aber wäre
er von ihrer Lebens-Art gantz entfernet/ in dem
er zu keinem als denen Kriegs-Spielen einigen
Zug hätte/ und aus selbten mehr Unlust als Er-
götzligkeit schöpfte. Sintemal der Mensch zu
einer nützlichen Thätigkeit gebohren/ wie der
Himmel zur Bewegung geschaffen wäre. Die
sämmtlichen Spiele aber wären wegen ihrer ver-
gebenen/ wo nicht schädlichen Bemühung/ für
etwas geringers als den Müssiggang zu halten.
Jnsonderheit aber hielte er das Spielen einem
Fürsten für unanständig/ als dessen Ambt wäre
stets mit wichtigen und gemeinnützigen Dingen
unmüssig zu seyn. Weßwegen er die vom Me-
nedemus dem jungen Antigonus beym Spiele
ins Ohr gesagte Lehre als heilsam verehrte: Er-
innere dich/ daß du eines Königs Sohn bist.
Zeno brach Rhemetaleen ein: Dieses wäre ein
allzu scharffes Urthel wider die Spiele/ und
eine zu strenge Einsperrung der Fürsten. Nach
der Meynung des Göttlichen Plato verrichte-
ten GOtt und die Natur alles spielende; war-
um solte alle Ergötzligkeit/ welche doch ein Wetz-
Stein der folgenden Arbeit wäre/ Fürsten ver-
wehret seyn? Die Bewegung der Sterne solle
sich einer spielenden Harffe gleichen. Ja die
Weißheit selbst wäre nichts besser als ein ver-
nünftiges/ und das menschliche Leben grossen
theils ein Affen-Spiel. Dahero der den sieben
Weisen in Griechenland gleich-geschätzte Kö-
nig in Egypten Amasis sich mehrmahls zu ver-
mummen und einen Narren fürzustellen sich
[Spaltenumbruch] nicht geschämet hätte. Es wäre zu wünschen/
daß man alles dis/ was ein Fürst zu lernen hätte/
ihm im Spiele beybringen könte/ wie Parrha-
sius alle seine so liebliche Gemählde mit Singen
verfertigte. Sintemal Fürsten ohnedis nicht
den Büchern/ wie die Sclaven von den Ketten
wollen angefesselt seyn/ und alle Gemächte äu-
serlich entweder dieselbe Anmuth oder Verdrüß-
ligkeit zeugen/ die dem Künstler in seinem Gehir-
ne gesteckt/ wenn ihm die Arbeit entweder schwer
oder gut von Händen gegangen. Wenn das
Meer am annehmlichsten wäre/ spielte es mit
seinen sanften Wellen/ und wenn das Auge der
Welt der Welt seinen Segen austheile/ mit sei-
nen Straalen. Die gütigsten Fürsten wären
zu Kurtzweil geneigt/ die allzu ernsthaften aber
insgemein die grimmigsten gewest. So gar
Socrates und Heraclites hätten zu Ephesus un-
ter den Kindern des Beinleins/ und der sauer-
sehende Cato mit den Würffeln gespielt. Wie
möchte man denn Fürsten eine strengere Weiß-
heit abheischen? König Demetrius hätte es ihm
für keine Schande geachtet/ allerhand Schnitz-
werck/ der junge Dionysius Wagen und Tische
mit seiner Hand zu machen/ und Attalus ertztene
Bilder zu giesse. Der Cizicenische Antiochus hät-
te sich mit tantzenden Tocken/ König Aeropus in
Macedonien mit Laternen-machen/ Hercules/
Agesilaus und Alcibiades mit Spielen der Kin-
der sich erlustigt. Ja/ sagte Malovend/ habe ich
doch den umbs Reich so sorgfältigen Kaiser Au-
gust nach der Abend-Mahlzeit über Mitternacht
mit vierseitigen Würffeln spielen und dabey
zwantzig tausend Groschen verlieren/ und seinen
Mitspielern wol dritthalbmal so viel zum Spie-
le verehren sehen. Rhemetalces fing an: Diese
Freygebigkeit muß dem Spiele noch ein wenig
aushelffen. Denn ein Fürst soll niemals spielen/
als mit Vorsatze zu verlieren. Mit was aber ent-
schuldigt ihr Deutschen eure Lüsternheit zum
Spielen? Sintemal ich nach der Schlacht
wahrgenommen/ daß ihrer viel/ und zwar nüch-

tern

Anderes Buch
[Spaltenumbruch] ihm kriegenden Perſiſchen ein Koͤnig-dieſer
aber jenem ein Bret-Spiel uͤberſchickt; und wie
jener die Gewalt der Klugheit/ alſo dieſer die
Macht des Gluͤckes dardurch entworffen ha-
ben ſolle. Jm Fall aber auch gleich ihr Spiel
nicht die Freudigkeit anderer Luſt-Spiele in ſich
haͤtte/ waͤre ſeine traurige Eigenſchafft ihrer
Gefangenſchafft ſo viel anſtaͤndiger. Rhemetal-
ces verſetzte: Er waͤre zwar ein naher Nachbar
der Lydier/ welche das Wuͤrffel-Bret- und Ball-
Spiel erfunden haben ſolten/ dißfalls aber waͤre
er von ihrer Lebens-Art gantz entfernet/ in dem
er zu keinem als denen Kriegs-Spielen einigen
Zug haͤtte/ und aus ſelbten mehr Unluſt als Er-
goͤtzligkeit ſchoͤpfte. Sintemal der Menſch zu
einer nuͤtzlichen Thaͤtigkeit gebohren/ wie der
Himmel zur Bewegung geſchaffen waͤre. Die
ſaͤm̃tlichen Spiele aber waͤren wegen ihrer ver-
gebenen/ wo nicht ſchaͤdlichen Bemuͤhung/ fuͤr
etwas geringers als den Muͤſſiggang zu halten.
Jnſonderheit aber hielte er das Spielen einem
Fuͤrſten fuͤr unanſtaͤndig/ als deſſen Ambt waͤre
ſtets mit wichtigen und gemeinnuͤtzigen Dingen
unmuͤſſig zu ſeyn. Weßwegen er die vom Me-
nedemus dem jungen Antigonus beym Spiele
ins Ohr geſagte Lehre als heilſam verehrte: Er-
innere dich/ daß du eines Koͤnigs Sohn biſt.
Zeno brach Rhemetaleen ein: Dieſes waͤre ein
allzu ſcharffes Urthel wider die Spiele/ und
eine zu ſtrenge Einſperrung der Fuͤrſten. Nach
der Meynung des Goͤttlichen Plato verrichte-
ten GOtt und die Natur alles ſpielende; war-
um ſolte alle Ergoͤtzligkeit/ welche doch ein Wetz-
Stein der folgenden Arbeit waͤre/ Fuͤrſten ver-
wehret ſeyn? Die Bewegung der Sterne ſolle
ſich einer ſpielenden Harffe gleichen. Ja die
Weißheit ſelbſt waͤre nichts beſſer als ein ver-
nuͤnftiges/ und das menſchliche Leben groſſen
theils ein Affen-Spiel. Dahero der den ſieben
Weiſen in Griechenland gleich-geſchaͤtzte Koͤ-
nig in Egypten Amaſis ſich mehrmahls zu ver-
mummen und einen Narren fuͤrzuſtellen ſich
[Spaltenumbruch] nicht geſchaͤmet haͤtte. Es waͤre zu wuͤnſchen/
daß man alles dis/ was ein Fuͤrſt zu lernen haͤtte/
ihm im Spiele beybringen koͤnte/ wie Parrha-
ſius alle ſeine ſo liebliche Gemaͤhlde mit Singen
verfertigte. Sintemal Fuͤrſten ohnedis nicht
den Buͤchern/ wie die Sclaven von den Ketten
wollen angefeſſelt ſeyn/ und alle Gemaͤchte aͤu-
ſerlich entweder dieſelbe Anmuth oder Verdruͤß-
ligkeit zeugen/ die dem Kuͤnſtler in ſeinem Gehir-
ne geſteckt/ wenn ihm die Arbeit entweder ſchwer
oder gut von Haͤnden gegangen. Wenn das
Meer am annehmlichſten waͤre/ ſpielte es mit
ſeinen ſanften Wellen/ und wenn das Auge der
Welt der Welt ſeinen Segen austheile/ mit ſei-
nen Straalen. Die guͤtigſten Fuͤrſten waͤren
zu Kurtzweil geneigt/ die allzu ernſthaften aber
insgemein die grimmigſten geweſt. So gar
Socrates und Heraclites haͤtten zu Epheſus un-
ter den Kindern des Beinleins/ und der ſauer-
ſehende Cato mit den Wuͤrffeln geſpielt. Wie
moͤchte man denn Fuͤrſten eine ſtrengere Weiß-
heit abheiſchen? Koͤnig Demetrius haͤtte es ihm
fuͤr keine Schande geachtet/ allerhand Schnitz-
werck/ der junge Dionyſius Wagen und Tiſche
mit ſeiner Hand zu machen/ und Attalus ertztene
Bilder zu gieſſe. Der Ciziceniſche Antiochus haͤt-
te ſich mit tantzenden Tocken/ Koͤnig Aeropus in
Macedonien mit Laternen-machen/ Hercules/
Ageſilaus und Alcibiades mit Spielen der Kin-
der ſich erluſtigt. Ja/ ſagte Malovend/ habe ich
doch den umbs Reich ſo ſorgfaͤltigen Kaiſer Au-
guſt nach der Abend-Mahlzeit uͤber Mitternacht
mit vierſeitigen Wuͤrffeln ſpielen und dabey
zwantzig tauſend Groſchen verlieren/ und ſeinen
Mitſpielern wol dritthalbmal ſo viel zum Spie-
le verehren ſehen. Rhemetalces fing an: Dieſe
Freygebigkeit muß dem Spiele noch ein wenig
aushelffen. Denn ein Fuͤrſt ſoll niemals ſpielen/
als mit Vorſatze zu verlieren. Mit was aber ent-
ſchuldigt ihr Deutſchen eure Luͤſternheit zum
Spielen? Sintemal ich nach der Schlacht
wahrgenommen/ daß ihrer viel/ und zwar nuͤch-

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Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 86. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/136>, abgerufen am 18.04.2024.