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Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

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Arminius und Thußnelda.
[Spaltenumbruch] eingefallen/ darüber erschreckt worden. Alles
dieses hätte der Götter unversöhnlichen Zorn/
der Römer unvermeidlichen Verderb angedeu-
tet. Varus habe diß alles verächtlich in
Wind geschlagen/ wiewol dem/ was das Ver-
hängnüß iemanden schon bestimmte/ könne
man nicht entgehen/ wenn man es schon vorher
wahrnehme. Dahero wäre es ihres Orts nu-
mehro eine grosse Thorheit/ wider das Verhäng-
nüß zu Felde ziehen/ eine Klugheit der unauff-
haltbaren Nothwendigkeit aus dem Wege
weichen. Jhrer wären noch eine Handvoll
gegen das sich noch täglich vergrössernde Heer
der Deutschen. Da nun die gantze Römische
Macht gegen diesen Sturm - Wind viel zu
ohnmächtig gewest wäre/ was solten sie wenige
und meist hart verwundete ausrichten? Der
Deutschen Grausamkeit habe zeithero sich nach
den Römischen Sitten mercklich gemiltert.
Und da sie auch ihre Kriegs-Art von Ermor-
dung der Ergebenen nicht zurücke hielte/ wür-
den sie doch ihrer eignen Landsleute und Bluts-
Freunde schonen/ welche in Römischer Gefan-
genschafft begriffen/ also gleichmässiger Rache
unterworffen wären. Sie würden selbst Gott
dancken/ gegen sie die Jhrigen auszuwechseln.
Der Uberwinder schriebe dem Uberwundenen
willkührliche Gesetze für. Dahero sey es mehr
gewöhn-als nützlich gewisse Absätze zu behan-
deln. Denn wer könne dem Sieger die
Hände binden/ daß er die verwilligte Abrede
nicht breche? Dahero hielte er für rathsamer
sich der Gnade ihrer Feinde/ welche ja noch
Menschen/ keine Ungeheuer wären/ zu erge-
ben/ und durch Streichung der Segel den Jh-
rigen und dem Vaterlande sich zu erhalten/
als aus Hartnäckigkeit ihm eitele Ehre erzwin-
gen wollen und zu Grunde gehen. Er wäre
zwar bereit/ wenn denen Belägerten oder Rom
darmit was geholffen würde/ sich zum Schlacht-
Opfer für sie eigenhändig hinzugeben. Auch
schiene die Ergebung schimpflich/ die verzwei-
[Spaltenumbruch] felte Gegenwehr mehr rühmlich zu seyn: Allei-
ne diese wäre doch dem Vater-Lande/ dem sie
durch jene noch erhalten würden/ nicht so nütz-
lich. Nun aber wäre es grössere Liebe dem
Vaterlande mit seiner Schande/ als mit seinem
Tode dienen. Also solten sie sich gegenwärti-
ger Noth nur unterwerffen/ welche die mächti-
gen Götter selbst nicht überwinden könten.
Die meisten fielen dem Cejonius bey; also wur-
den auch die Tapfersten überstimmet/ wie es ins-
gemein zu geschehen pfleget/ wo die Meynun-
gen gezehlet/ nicht gewogen werden.

Der deutsche Ritter/ welcher ihnen bald an-
fangs angedeutet hatte/ daß ihre Ergebung kei-
ne Bedingung zuliesse/ ward hierauf für die
Versammlung gebracht/ und Cejonius eröffne-
te ihm: Nachdem die Götter seinem Feldherrn
die Ehre eines so grossen Sieges zugedacht/ mü-
sten sie der Zeit/ dem Verhangnüsse und seiner
Tugend weichen: sich also ergeben. Jhnen
und allen Uberwundenen sey es ein Trost/ von
einem so grossen Helden überwunden worden
seyn. Weil es auch ihm so gefiele/ wolten sie
durch keine Unterhandlung ihm die Zusage sei-
ner Gnade abnöthigen. Die Tugend eines
hertzhaften Uberwinders sey ein sicherer Pfand
der Sanftmuth/ als betheuerliche Worte. Sich
selbst überwinden sey der gröste Sieg/ und eines
Siegers gröster Ehren- Ruhm/ gegen Gefan-
gene Erbarmnüß üben. Ein einig erhaltener
Feind sey ein schöneres Siegsmahl als tausend
todte Leichen. Nichts hingegen besudele die
Lorbern eines Uberwinders mehr als das Blut/
wormit sie die Rachgier nach schon abgekühltem
Geblüte und geendigter Schlacht bespritze.

Mit dieser erwüntschten Verrichtung und
einer guten Anzahl Römischer Geissel kehrte der
Ritter zu seinem Feldherrn/ Cejonius aber be-
fahl/ daß alle im Lager befindliche Waffen auf
einen Hauffen getragen/ die Pforten des Lägers
aufgesperret/ und ein ieder numehro den Grimm
des Feindes/ den sie mit Waffen abzulehnen

nicht
H 2

Arminius und Thußnelda.
[Spaltenumbruch] eingefallen/ daruͤber erſchreckt worden. Alles
dieſes haͤtte der Goͤtter unverſoͤhnlichen Zorn/
der Roͤmer unvermeidlichen Verderb angedeu-
tet. Varus habe diß alles veraͤchtlich in
Wind geſchlagen/ wiewol dem/ was das Ver-
haͤngnuͤß iemanden ſchon beſtimmte/ koͤnne
man nicht entgehen/ wenn man es ſchon vorher
wahrnehme. Dahero waͤre es ihres Orts nu-
mehro eine groſſe Thorheit/ wider das Verhaͤng-
nuͤß zu Felde ziehen/ eine Klugheit der unauff-
haltbaren Nothwendigkeit aus dem Wege
weichen. Jhrer waͤren noch eine Handvoll
gegen das ſich noch taͤglich vergroͤſſernde Heer
der Deutſchen. Da nun die gantze Roͤmiſche
Macht gegen dieſen Sturm - Wind viel zu
ohnmaͤchtig geweſt waͤre/ was ſolten ſie wenige
und meiſt hart verwundete ausrichten? Der
Deutſchen Grauſamkeit habe zeithero ſich nach
den Roͤmiſchen Sitten mercklich gemiltert.
Und da ſie auch ihre Kriegs-Art von Ermor-
dung der Ergebenen nicht zuruͤcke hielte/ wuͤr-
den ſie doch ihrer eignen Landsleute und Bluts-
Freunde ſchonen/ welche in Roͤmiſcher Gefan-
genſchafft begriffen/ alſo gleichmaͤſſiger Rache
unterworffen waͤren. Sie wuͤrden ſelbſt Gott
dancken/ gegen ſie die Jhrigen auszuwechſeln.
Der Uberwinder ſchriebe dem Uberwundenen
willkuͤhrliche Geſetze fuͤr. Dahero ſey es mehr
gewoͤhn-als nuͤtzlich gewiſſe Abſaͤtze zu behan-
deln. Denn wer koͤnne dem Sieger die
Haͤnde binden/ daß er die verwilligte Abrede
nicht breche? Dahero hielte er fuͤr rathſamer
ſich der Gnade ihrer Feinde/ welche ja noch
Menſchen/ keine Ungeheuer waͤren/ zu erge-
ben/ und durch Streichung der Segel den Jh-
rigen und dem Vaterlande ſich zu erhalten/
als aus Hartnaͤckigkeit ihm eitele Ehre erzwin-
gen wollen und zu Grunde gehen. Er waͤre
zwar bereit/ wenn denen Belaͤgerten oder Rom
darmit was geholffen wuͤrde/ ſich zum Schlacht-
Opfer fuͤr ſie eigenhaͤndig hinzugeben. Auch
ſchiene die Ergebung ſchimpflich/ die verzwei-
[Spaltenumbruch] felte Gegenwehr mehr ruͤhmlich zu ſeyn: Allei-
ne dieſe waͤre doch dem Vater-Lande/ dem ſie
durch jene noch erhalten wuͤrden/ nicht ſo nuͤtz-
lich. Nun aber waͤre es groͤſſere Liebe dem
Vaterlande mit ſeiner Schande/ als mit ſeinem
Tode dienen. Alſo ſolten ſie ſich gegenwaͤrti-
ger Noth nur unterwerffen/ welche die maͤchti-
gen Goͤtter ſelbſt nicht uͤberwinden koͤnten.
Die meiſten fielen dem Cejonius bey; alſo wur-
den auch die Tapferſten uͤberſtimmet/ wie es ins-
gemein zu geſchehen pfleget/ wo die Meynun-
gen gezehlet/ nicht gewogen werden.

Der deutſche Ritter/ welcher ihnen bald an-
fangs angedeutet hatte/ daß ihre Ergebung kei-
ne Bedingung zulieſſe/ ward hierauf fuͤr die
Verſammlung gebracht/ und Cejonius eroͤffne-
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die Ehre eines ſo groſſen Sieges zugedacht/ muͤ-
ſten ſie der Zeit/ dem Verhangnuͤſſe und ſeiner
Tugend weichen: ſich alſo ergeben. Jhnen
und allen Uberwundenen ſey es ein Troſt/ von
einem ſo groſſen Helden uͤberwunden worden
ſeyn. Weil es auch ihm ſo gefiele/ wolten ſie
durch keine Unterhandlung ihm die Zuſage ſei-
ner Gnade abnoͤthigen. Die Tugend eines
hertzhaften Uberwinders ſey ein ſicherer Pfand
der Sanftmuth/ als betheuerliche Worte. Sich
ſelbſt uͤberwinden ſey der groͤſte Sieg/ und eines
Siegers groͤſter Ehren- Ruhm/ gegen Gefan-
gene Erbarmnuͤß uͤben. Ein einig erhaltener
Feind ſey ein ſchoͤneres Siegsmahl als tauſend
todte Leichen. Nichts hingegen beſudele die
Lorbern eines Uberwinders mehr als das Blut/
wormit ſie die Rachgier nach ſchon abgekuͤhltem
Gebluͤte und geendigter Schlacht beſpritze.

Mit dieſer erwuͤntſchten Verrichtung und
einer guten Anzahl Roͤmiſcher Geiſſel kehrte der
Ritter zu ſeinem Feldherrn/ Cejonius aber be-
fahl/ daß alle im Lager befindliche Waffen auf
einen Hauffen getragen/ die Pforten des Laͤgers
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nicht
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[59/0107] Arminius und Thußnelda. eingefallen/ daruͤber erſchreckt worden. Alles dieſes haͤtte der Goͤtter unverſoͤhnlichen Zorn/ der Roͤmer unvermeidlichen Verderb angedeu- tet. Varus habe diß alles veraͤchtlich in Wind geſchlagen/ wiewol dem/ was das Ver- haͤngnuͤß iemanden ſchon beſtimmte/ koͤnne man nicht entgehen/ wenn man es ſchon vorher wahrnehme. Dahero waͤre es ihres Orts nu- mehro eine groſſe Thorheit/ wider das Verhaͤng- nuͤß zu Felde ziehen/ eine Klugheit der unauff- haltbaren Nothwendigkeit aus dem Wege weichen. Jhrer waͤren noch eine Handvoll gegen das ſich noch taͤglich vergroͤſſernde Heer der Deutſchen. Da nun die gantze Roͤmiſche Macht gegen dieſen Sturm - Wind viel zu ohnmaͤchtig geweſt waͤre/ was ſolten ſie wenige und meiſt hart verwundete ausrichten? Der Deutſchen Grauſamkeit habe zeithero ſich nach den Roͤmiſchen Sitten mercklich gemiltert. Und da ſie auch ihre Kriegs-Art von Ermor- dung der Ergebenen nicht zuruͤcke hielte/ wuͤr- den ſie doch ihrer eignen Landsleute und Bluts- Freunde ſchonen/ welche in Roͤmiſcher Gefan- genſchafft begriffen/ alſo gleichmaͤſſiger Rache unterworffen waͤren. Sie wuͤrden ſelbſt Gott dancken/ gegen ſie die Jhrigen auszuwechſeln. Der Uberwinder ſchriebe dem Uberwundenen willkuͤhrliche Geſetze fuͤr. Dahero ſey es mehr gewoͤhn-als nuͤtzlich gewiſſe Abſaͤtze zu behan- deln. Denn wer koͤnne dem Sieger die Haͤnde binden/ daß er die verwilligte Abrede nicht breche? Dahero hielte er fuͤr rathſamer ſich der Gnade ihrer Feinde/ welche ja noch Menſchen/ keine Ungeheuer waͤren/ zu erge- ben/ und durch Streichung der Segel den Jh- rigen und dem Vaterlande ſich zu erhalten/ als aus Hartnaͤckigkeit ihm eitele Ehre erzwin- gen wollen und zu Grunde gehen. Er waͤre zwar bereit/ wenn denen Belaͤgerten oder Rom darmit was geholffen wuͤrde/ ſich zum Schlacht- Opfer fuͤr ſie eigenhaͤndig hinzugeben. Auch ſchiene die Ergebung ſchimpflich/ die verzwei- felte Gegenwehr mehr ruͤhmlich zu ſeyn: Allei- ne dieſe waͤre doch dem Vater-Lande/ dem ſie durch jene noch erhalten wuͤrden/ nicht ſo nuͤtz- lich. Nun aber waͤre es groͤſſere Liebe dem Vaterlande mit ſeiner Schande/ als mit ſeinem Tode dienen. Alſo ſolten ſie ſich gegenwaͤrti- ger Noth nur unterwerffen/ welche die maͤchti- gen Goͤtter ſelbſt nicht uͤberwinden koͤnten. Die meiſten fielen dem Cejonius bey; alſo wur- den auch die Tapferſten uͤberſtimmet/ wie es ins- gemein zu geſchehen pfleget/ wo die Meynun- gen gezehlet/ nicht gewogen werden. Der deutſche Ritter/ welcher ihnen bald an- fangs angedeutet hatte/ daß ihre Ergebung kei- ne Bedingung zulieſſe/ ward hierauf fuͤr die Verſammlung gebracht/ und Cejonius eroͤffne- te ihm: Nachdem die Goͤtter ſeinem Feldherrn die Ehre eines ſo groſſen Sieges zugedacht/ muͤ- ſten ſie der Zeit/ dem Verhangnuͤſſe und ſeiner Tugend weichen: ſich alſo ergeben. Jhnen und allen Uberwundenen ſey es ein Troſt/ von einem ſo groſſen Helden uͤberwunden worden ſeyn. Weil es auch ihm ſo gefiele/ wolten ſie durch keine Unterhandlung ihm die Zuſage ſei- ner Gnade abnoͤthigen. Die Tugend eines hertzhaften Uberwinders ſey ein ſicherer Pfand der Sanftmuth/ als betheuerliche Worte. Sich ſelbſt uͤberwinden ſey der groͤſte Sieg/ und eines Siegers groͤſter Ehren- Ruhm/ gegen Gefan- gene Erbarmnuͤß uͤben. Ein einig erhaltener Feind ſey ein ſchoͤneres Siegsmahl als tauſend todte Leichen. Nichts hingegen beſudele die Lorbern eines Uberwinders mehr als das Blut/ wormit ſie die Rachgier nach ſchon abgekuͤhltem Gebluͤte und geendigter Schlacht beſpritze. Mit dieſer erwuͤntſchten Verrichtung und einer guten Anzahl Roͤmiſcher Geiſſel kehrte der Ritter zu ſeinem Feldherrn/ Cejonius aber be- fahl/ daß alle im Lager befindliche Waffen auf einen Hauffen getragen/ die Pforten des Laͤgers aufgeſperret/ und ein ieder numehro den Grim̃ des Feindes/ den ſie mit Waffen abzulehnen nicht H 2

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Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 59. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/107>, abgerufen am 28.03.2024.