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Lohenstein, Daniel Casper von: Agrippina. Breslau, 1665.

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160.Wir rotten Disteln aus und pflantzen edle Lilgen/
Wenn für Octavien Poppee wird erwehl't.
Poppee/ welcher nur noch Eh' und Zepter fehl't.
Jch wiedme beides dir. Jn dessen wolln wir sinnen
Des Otho scheles Aug' ersprüßlich zu gewinnen.
165.Sie sag' ihm: Daß er uns noch heute sehen muß.
Jedoch gesegne sie uns noch durch einen Kuß.
Nero. Paris.
Nero. Es ist ja Seelen-Lust die Mund-Korallen küssen!
Doch ach! Daß umb die Frucht gesaltz'ne Wellen flüssen/
Die nur zu mehrerm Durst die Küssenden reitzt an!
170.Schau't! Wie sie Zauberin Uns nicht verstricken kan!
Sie läß't die Blüth' uns nur der güldnen Aepffel schme-
cken/
Umb unsrer Seele nur mehr Hunger zu erwecken.
Der Liebe süsses Meer ist eine Wunder-flutt/
Jn der der seichte Schaum der Lippen nur die Glutt
175.Der Liebes-Brunst steck't an. Wo schon die Flamme spielet/
Wird die Begterde nur in tieffer Schooß gekühlet.
O Sonne meiner Seel! ach! daß dein holder Schein
So brennet/ und doch nur wil langsam fruchtbar seyn?
Wo reiffe Wollust-Frucht gleich späten Datteln gleichen
180.Hab' ich doch längst den Herbst der hundert Jahr errei-
chet
Jm Wachsthum meiner Gunst/ weil Lieben eine Nacht/
Ja einen Augenblick zu einem Jahre mach't.
Paris. Mein Fürst/ er selbst ist Schuld. Wenn man wil
Früchte zeigen/
185.Wird wilder Stämme Raub getilg't an edlen Zweigen
Der Käyser lib't und reitz't Poppeen ohne Frucht/
Weil Agrippinens Haß/ des Ehmanns Eifer-sucht
Octaviens Verdruß ihr Eh' und Thron entzihen
Als Wurtzeln/ ohne die ihr Liben nicht wird blühen.
190.Poppee brenn't so sehr als er; Sie stell't sich kalt
Wol wissend: Daß so lang' alleine die Gestalt
Der Schönen/ sey ein Port/ biß nach erlangtem Bitten
Verlibter letzter Lust den Schifbruch hat erlitten.
Wenn
160.Wir rotten Diſteln aus und pflantzen edle Lilgen/
Wenn fuͤr Octavien Poppee wird erwehl’t.
Poppee/ welcher nur noch Eh’ und Zepter fehl’t.
Jch wiedme beides dir. Jn deſſen wolln wir ſinnen
Des Otho ſcheles Aug’ erſpruͤßlich zu gewinnen.
165.Sie ſag’ ihm: Daß er uns noch heute ſehen muß.
Jedoch geſegne ſie uns noch durch einen Kuß.
Nero. Paris.
Nero. Es iſt ja Seelen-Luſt die Mund-Korallen kuͤſſen!
Doch ach! Daß umb die Frucht geſaltz’ne Wellen fluͤſſen/
Die nur zu mehrerm Durſt die Kuͤſſenden reitzt an!
170.Schau’t! Wie ſie Zauberin Uns nicht verſtricken kan!
Sie laͤß’t die Bluͤth’ uns nur der guͤldnen Aepffel ſchme-
cken/
Umb unſrer Seele nur mehr Hunger zu erwecken.
Der Liebe ſuͤſſes Meer iſt eine Wunder-flutt/
Jn der der ſeichte Schaum der Lippen nur die Glutt
175.Der Liebes-Brunſt ſteck’t an. Wo ſchon die Flam̃e ſpielet/
Wird die Begterde nur in tieffer Schooß gekuͤhlet.
O Sonne meiner Seel! ach! daß dein holder Schein
So brennet/ und doch nur wil langſam fruchtbar ſeyn?
Wo reiffe Wolluſt-Frucht gleich ſpaͤten Datteln gleichen
180.Hab’ ich doch laͤngſt den Herbſt der hundert Jahr errei-
chet
Jm Wachsthum meiner Gunſt/ weil Lieben eine Nacht/
Ja einen Augenblick zu einem Jahre mach’t.
Paris. Mein Fuͤrſt/ er ſelbſt iſt Schuld. Wenn man wil
Fruͤchte zeigen/
185.Wird wilder Staͤmme Raub getilg’t an edlen Zweigen
Der Kaͤyſer lib’t und reitz’t Poppeen ohne Frucht/
Weil Agrippinens Haß/ des Ehmanns Eifer-ſucht
Octaviens Verdruß ihr Eh’ und Thron entzihen
Als Wurtzeln/ ohne die ihr Liben nicht wird bluͤhen.
190.Poppee brenn’t ſo ſehr als er; Sie ſtell’t ſich kalt
Wol wiſſend: Daß ſo lang’ alleine die Geſtalt
Der Schoͤnen/ ſey ein Port/ biß nach erlangtem Bitten
Verlibter letzter Luſt den Schifbruch hat erlitten.
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[31./0049] Wir rotten Diſteln aus und pflantzen edle Lilgen/ Wenn fuͤr Octavien Poppee wird erwehl’t. Poppee/ welcher nur noch Eh’ und Zepter fehl’t. Jch wiedme beides dir. Jn deſſen wolln wir ſinnen Des Otho ſcheles Aug’ erſpruͤßlich zu gewinnen. Sie ſag’ ihm: Daß er uns noch heute ſehen muß. Jedoch geſegne ſie uns noch durch einen Kuß. Nero. Paris. Nero. Es iſt ja Seelen-Luſt die Mund-Korallen kuͤſſen! Doch ach! Daß umb die Frucht geſaltz’ne Wellen fluͤſſen/ Die nur zu mehrerm Durſt die Kuͤſſenden reitzt an! Schau’t! Wie ſie Zauberin Uns nicht verſtricken kan! Sie laͤß’t die Bluͤth’ uns nur der guͤldnen Aepffel ſchme- cken/ Umb unſrer Seele nur mehr Hunger zu erwecken. Der Liebe ſuͤſſes Meer iſt eine Wunder-flutt/ Jn der der ſeichte Schaum der Lippen nur die Glutt Der Liebes-Brunſt ſteck’t an. Wo ſchon die Flam̃e ſpielet/ Wird die Begterde nur in tieffer Schooß gekuͤhlet. O Sonne meiner Seel! ach! daß dein holder Schein So brennet/ und doch nur wil langſam fruchtbar ſeyn? Wo reiffe Wolluſt-Frucht gleich ſpaͤten Datteln gleichen Hab’ ich doch laͤngſt den Herbſt der hundert Jahr errei- chet Jm Wachsthum meiner Gunſt/ weil Lieben eine Nacht/ Ja einen Augenblick zu einem Jahre mach’t. Paris. Mein Fuͤrſt/ er ſelbſt iſt Schuld. Wenn man wil Fruͤchte zeigen/ Wird wilder Staͤmme Raub getilg’t an edlen Zweigen Der Kaͤyſer lib’t und reitz’t Poppeen ohne Frucht/ Weil Agrippinens Haß/ des Ehmanns Eifer-ſucht Octaviens Verdruß ihr Eh’ und Thron entzihen Als Wurtzeln/ ohne die ihr Liben nicht wird bluͤhen. Poppee brenn’t ſo ſehr als er; Sie ſtell’t ſich kalt Wol wiſſend: Daß ſo lang’ alleine die Geſtalt Der Schoͤnen/ ſey ein Port/ biß nach erlangtem Bitten Verlibter letzter Luſt den Schifbruch hat erlitten. Wenn

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Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Agrippina. Breslau, 1665, S. 31.. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_agrippina_1665/49>, abgerufen am 28.03.2024.