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Löhe, Wilhelm: Etwas aus der Geschichte des Diaconissenhauses Neuendettelsau. Nürnberg, 1870.

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Pfarrgärtchen gegangen und habe zu meiner Seele gesagt: mir ist's schön genug da, ich brauche nichts weiter. Wenn ich aber von da hinausgieng in den Anstaltsgarten, an dem ich nichts gebaut und nichts gerichtet habe, nie eine Blume, nie eine Beere gepflückt oder gepflanzt, da habe ich oft zu meiner Seele gesagt: "Aber du bist reich, du arme Seele, darfst in dem schönen Garten gehen, vor den duftenden Blumen stille stehen, und lauschen, wie sie sich entfalten und ihren Wohlgeruch geben, ganz abgesehen von dem übrigen materiellen Nutzen, den da die Küchendiaconissin und die Gartendiaconissin preisen! Dir gehört von all der Herrlichkeit nichts, und doch hast du Alles gerade so gut, als wäre es dein." Gerade so reich könntest aber auch du sein, lieber Leser und Leserin, denn es wehrt auch dir kein Mensch dasselbe zu nehmen, was ich nehme, die süße Gartenfreude und die Wohlthat des werdenden Parks und was damit zusammenhängt. Du und deine Kinder können an all dem Diaconissenwesen, Betsaal und Garten, Bildungsmittel haben, mildere Sitten gewinnen, für's Schöne und Gute erwarmen. Denn es ist Alles für dich. - Da fällt mir noch etwas ein! Wie vorigen Frühling die Blumen herzlich schön blühten, da stand ich an einem stillen Morgen bei den blühenden Sträuchern und Blumen unter der Glocke dicht am Betsaal und wünschte, daß die jungen Leute alle, die vorübergiengen, in die blühenden Blumenkelche sehen und sich ihrer freuen möchten. Da kam die Metzgersmagd daher und riß mit rohen Fäusten zu gar keinem Nutzen die schönen Blumenkelche ab, nur damit sie etwas wegzuwerfen hätte. Hat die nicht Schläge verdient für ihre Rohheit, und daß sie der Einladung und dem Geiste, der aus den Blumen an sie hinredete, sich widersetzte wie sie that? Der haben alle meine Blumen umsonst geblüht.

Pfarrgärtchen gegangen und habe zu meiner Seele gesagt: mir ist’s schön genug da, ich brauche nichts weiter. Wenn ich aber von da hinausgieng in den Anstaltsgarten, an dem ich nichts gebaut und nichts gerichtet habe, nie eine Blume, nie eine Beere gepflückt oder gepflanzt, da habe ich oft zu meiner Seele gesagt: „Aber du bist reich, du arme Seele, darfst in dem schönen Garten gehen, vor den duftenden Blumen stille stehen, und lauschen, wie sie sich entfalten und ihren Wohlgeruch geben, ganz abgesehen von dem übrigen materiellen Nutzen, den da die Küchendiaconissin und die Gartendiaconissin preisen! Dir gehört von all der Herrlichkeit nichts, und doch hast du Alles gerade so gut, als wäre es dein.“ Gerade so reich könntest aber auch du sein, lieber Leser und Leserin, denn es wehrt auch dir kein Mensch dasselbe zu nehmen, was ich nehme, die süße Gartenfreude und die Wohlthat des werdenden Parks und was damit zusammenhängt. Du und deine Kinder können an all dem Diaconissenwesen, Betsaal und Garten, Bildungsmittel haben, mildere Sitten gewinnen, für’s Schöne und Gute erwarmen. Denn es ist Alles für dich. – Da fällt mir noch etwas ein! Wie vorigen Frühling die Blumen herzlich schön blühten, da stand ich an einem stillen Morgen bei den blühenden Sträuchern und Blumen unter der Glocke dicht am Betsaal und wünschte, daß die jungen Leute alle, die vorübergiengen, in die blühenden Blumenkelche sehen und sich ihrer freuen möchten. Da kam die Metzgersmagd daher und riß mit rohen Fäusten zu gar keinem Nutzen die schönen Blumenkelche ab, nur damit sie etwas wegzuwerfen hätte. Hat die nicht Schläge verdient für ihre Rohheit, und daß sie der Einladung und dem Geiste, der aus den Blumen an sie hinredete, sich widersetzte wie sie that? Der haben alle meine Blumen umsonst geblüht.

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[85/0085] Pfarrgärtchen gegangen und habe zu meiner Seele gesagt: mir ist’s schön genug da, ich brauche nichts weiter. Wenn ich aber von da hinausgieng in den Anstaltsgarten, an dem ich nichts gebaut und nichts gerichtet habe, nie eine Blume, nie eine Beere gepflückt oder gepflanzt, da habe ich oft zu meiner Seele gesagt: „Aber du bist reich, du arme Seele, darfst in dem schönen Garten gehen, vor den duftenden Blumen stille stehen, und lauschen, wie sie sich entfalten und ihren Wohlgeruch geben, ganz abgesehen von dem übrigen materiellen Nutzen, den da die Küchendiaconissin und die Gartendiaconissin preisen! Dir gehört von all der Herrlichkeit nichts, und doch hast du Alles gerade so gut, als wäre es dein.“ Gerade so reich könntest aber auch du sein, lieber Leser und Leserin, denn es wehrt auch dir kein Mensch dasselbe zu nehmen, was ich nehme, die süße Gartenfreude und die Wohlthat des werdenden Parks und was damit zusammenhängt. Du und deine Kinder können an all dem Diaconissenwesen, Betsaal und Garten, Bildungsmittel haben, mildere Sitten gewinnen, für’s Schöne und Gute erwarmen. Denn es ist Alles für dich. – Da fällt mir noch etwas ein! Wie vorigen Frühling die Blumen herzlich schön blühten, da stand ich an einem stillen Morgen bei den blühenden Sträuchern und Blumen unter der Glocke dicht am Betsaal und wünschte, daß die jungen Leute alle, die vorübergiengen, in die blühenden Blumenkelche sehen und sich ihrer freuen möchten. Da kam die Metzgersmagd daher und riß mit rohen Fäusten zu gar keinem Nutzen die schönen Blumenkelche ab, nur damit sie etwas wegzuwerfen hätte. Hat die nicht Schläge verdient für ihre Rohheit, und daß sie der Einladung und dem Geiste, der aus den Blumen an sie hinredete, sich widersetzte wie sie that? Der haben alle meine Blumen umsonst geblüht.

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Zitationshilfe: Löhe, Wilhelm: Etwas aus der Geschichte des Diaconissenhauses Neuendettelsau. Nürnberg, 1870, S. 85. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/loehe_neuendettelsau_1870/85>, abgerufen am 28.03.2024.