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Löhe, Wilhelm: Etwas aus der Geschichte des Diaconissenhauses Neuendettelsau. Nürnberg, 1870.

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großer frommer König mit lachendem Munde auswich, weil er das Kalb aus der Kuh nähme. Man kann auch nicht sagen, daß die Erzählungen August Hermann Franke's sich wiederholt hätten, dem so oft das Geld, das er brauchte, unverhofft und wunderbar zu Händen kam. Im Gegentheil hat er je und je die Last der Sorgen schwer empfunden und getragen und dennoch wurde ihm geholfen. An Allerseelen des Jahres 1868 hat er die Geschenke zusammenschreiben laßen, die ihm seit 1854 für das Diaconissenhaus gemacht worden sind und siehe es war nur an Geld 33,601 Gulden und 21 Kreuzer und als er um Allerseelen 1869 zusammenzählte, wie viele Geldgeschenke ihm im Jahreslaufe zu gleichem Zweck übergeben worden waren, waren es in dem einen Jahre 11,866 Gulden und 30 Kreuzer. Wenn der, auf dem im Grunde die ganze Last der Sorgen liegen blieb zurückdenkt und sich die Frage vorlegt, ob er es noch einmal wagen möchte, all das Geld aufzubringen, das er früherhin für die amerikanische Mission und späterhin für das Diaconissenhaus aufgebraucht hat, so schaudert er vor einem "ja" zurück. Er hat für sich gar nichts erworben und nichts davon gebracht und doch ist eine solche große Summa von Geld durch seine armen Hände zum Reiche Gottes gefloßen, ich meine nicht allein die Geldgeschenke und die Naturalgeschenke der Menschen, sondern den gesammten und reichen Gottessegen, der über sein Thun gekommen ist. Als ich ein junger Prediger war, ergriff mich einmal ein Schmied bei meiner Hand, führte mich auf seinen Kornboden und zeigte mir seine reiche Ernte. Der rauhe Mann fing an zu weinen und sagte: da sehen Sie die Menge meiner Sünden! Wie oft habe ich an den Schmied gedacht und an sein Schuldgefühl, das beim Anblick meiner Ernten, die ich für Gott und sein Reich einheimsen durfte, noch 1000 Mal größer sein sollte. Wie gesagt,

großer frommer König mit lachendem Munde auswich, weil er das Kalb aus der Kuh nähme. Man kann auch nicht sagen, daß die Erzählungen August Hermann Franke’s sich wiederholt hätten, dem so oft das Geld, das er brauchte, unverhofft und wunderbar zu Händen kam. Im Gegentheil hat er je und je die Last der Sorgen schwer empfunden und getragen und dennoch wurde ihm geholfen. An Allerseelen des Jahres 1868 hat er die Geschenke zusammenschreiben laßen, die ihm seit 1854 für das Diaconissenhaus gemacht worden sind und siehe es war nur an Geld 33,601 Gulden und 21 Kreuzer und als er um Allerseelen 1869 zusammenzählte, wie viele Geldgeschenke ihm im Jahreslaufe zu gleichem Zweck übergeben worden waren, waren es in dem einen Jahre 11,866 Gulden und 30 Kreuzer. Wenn der, auf dem im Grunde die ganze Last der Sorgen liegen blieb zurückdenkt und sich die Frage vorlegt, ob er es noch einmal wagen möchte, all das Geld aufzubringen, das er früherhin für die amerikanische Mission und späterhin für das Diaconissenhaus aufgebraucht hat, so schaudert er vor einem „ja“ zurück. Er hat für sich gar nichts erworben und nichts davon gebracht und doch ist eine solche große Summa von Geld durch seine armen Hände zum Reiche Gottes gefloßen, ich meine nicht allein die Geldgeschenke und die Naturalgeschenke der Menschen, sondern den gesammten und reichen Gottessegen, der über sein Thun gekommen ist. Als ich ein junger Prediger war, ergriff mich einmal ein Schmied bei meiner Hand, führte mich auf seinen Kornboden und zeigte mir seine reiche Ernte. Der rauhe Mann fing an zu weinen und sagte: da sehen Sie die Menge meiner Sünden! Wie oft habe ich an den Schmied gedacht und an sein Schuldgefühl, das beim Anblick meiner Ernten, die ich für Gott und sein Reich einheimsen durfte, noch 1000 Mal größer sein sollte. Wie gesagt,

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[69/0069] großer frommer König mit lachendem Munde auswich, weil er das Kalb aus der Kuh nähme. Man kann auch nicht sagen, daß die Erzählungen August Hermann Franke’s sich wiederholt hätten, dem so oft das Geld, das er brauchte, unverhofft und wunderbar zu Händen kam. Im Gegentheil hat er je und je die Last der Sorgen schwer empfunden und getragen und dennoch wurde ihm geholfen. An Allerseelen des Jahres 1868 hat er die Geschenke zusammenschreiben laßen, die ihm seit 1854 für das Diaconissenhaus gemacht worden sind und siehe es war nur an Geld 33,601 Gulden und 21 Kreuzer und als er um Allerseelen 1869 zusammenzählte, wie viele Geldgeschenke ihm im Jahreslaufe zu gleichem Zweck übergeben worden waren, waren es in dem einen Jahre 11,866 Gulden und 30 Kreuzer. Wenn der, auf dem im Grunde die ganze Last der Sorgen liegen blieb zurückdenkt und sich die Frage vorlegt, ob er es noch einmal wagen möchte, all das Geld aufzubringen, das er früherhin für die amerikanische Mission und späterhin für das Diaconissenhaus aufgebraucht hat, so schaudert er vor einem „ja“ zurück. Er hat für sich gar nichts erworben und nichts davon gebracht und doch ist eine solche große Summa von Geld durch seine armen Hände zum Reiche Gottes gefloßen, ich meine nicht allein die Geldgeschenke und die Naturalgeschenke der Menschen, sondern den gesammten und reichen Gottessegen, der über sein Thun gekommen ist. Als ich ein junger Prediger war, ergriff mich einmal ein Schmied bei meiner Hand, führte mich auf seinen Kornboden und zeigte mir seine reiche Ernte. Der rauhe Mann fing an zu weinen und sagte: da sehen Sie die Menge meiner Sünden! Wie oft habe ich an den Schmied gedacht und an sein Schuldgefühl, das beim Anblick meiner Ernten, die ich für Gott und sein Reich einheimsen durfte, noch 1000 Mal größer sein sollte. Wie gesagt,

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Zitationshilfe: Löhe, Wilhelm: Etwas aus der Geschichte des Diaconissenhauses Neuendettelsau. Nürnberg, 1870, S. 69. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/loehe_neuendettelsau_1870/69>, abgerufen am 19.04.2024.